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Ausgabe:

1979

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 6

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Daß das Thema der Ideologien noch viel zu wenig in die ökumenische
Debatte eingeflossen ist und auch in Chiang Mai nur unbefriedigend
bewältigt wurde, führt im vorliegenden Sammelband
mehrfach zu Selbstkritik, der wir uns anschließen. Äußerst wichtig
18t die Feststellung, daß der Dialog mit den Religionen die innerchristliche
Ökumene in überraschender Weise stimuliert: „Wir
machen die Erfahrung, daß die Bewegimg gegenseitiger Annäherung
zwischen den Kirchen heute einen ihrer wichtigsten Katalysatoren
im Gespräch mit Menschen anderer Religionen hat" (Msgr.
Rossano, 131).

Es ist zu wünschen, daß das Buch viel Nachdenken anregt, um
den Boden für die Praxis des Dialogs weiter vorzubereiten. Diese
Praxis ist vielleicht eine der ganz großen Möglichkeiten für die
spirituelle Erneuerung der Christenheit. Und „wer das Risiko der
Praxis vermeiden will, erfährt auch nicht ihre Chancen" (Milden-
berger, 150).

Horst bei Circlfawald Michael von Brück

Friedman, Joel; Stephanopoulos, Robort G.: Reflections upon tho
Lambcth Palace Conference of 1888: an unpublished letter of
Edward White Benson, Archbishop of Canterbury (GOTR21,
1976 S. 224-230).

Gassmann, Günther: Das ökumenische Engagement der Anglikanischen
Gemeinschaft. Zur Lambethkonferenz 1978 (ÖR 28,
1979, S. 24-32).

Gualticri, Antonio R.: The failuro of dialectic in Hendrik Krae-
mers's evaluation of non-Christian faith (JES 15, 1978 S. 274
bis 290).

Religious liberty in tho crossfire of creeds (JES 14, 1977 S. 569
bis 737).

Siegman, Henry: A decade of catholic-jewish rolations: a reassess-

ment (JES 15, 1978 S. 243-260).
Wille, Wilhelm: Zum Weg der „Vereinigung von Theologen der

Dritten Welt" (ÖR 28, 1979 S. 138-53).

Referate über theologische Dissertationen in Maschinenschrift

Dinger, Rainer: Der johanneische Weg zum Verstehen des Glaubens
. Eine Aufzeichnung des Gespräches über die Auslegung des
Johannesevangeliums zwischen Rudolf Bultmann und seinen
Schülern unter besonderer Berücksichtigung des Beitrags Von
Ernst Fuchs. Diss. Tübingen 1978. 375 S.

Die Abhandlung stellt zunächst R. Bultmanns (I) Auslegung
des Johannesevangeliums vor dem Hintergrund von dessen theologischem
Programm von Glauben und Verstehen dar. Es wird gezeigt
, w ie Bultmann Gottes Dasein beim Menschen im jeweiligen
Jetzt der Vollzüge von Offenbarung und Glaube in der Koinzidenz
von Eschatologie und Geschichte zu erfassen sucht.

Die dogmatisch-theologische Kritik dieser Konzeption wendet
sich vor allem gegen Bultmanns Gebrauch der paradoxalen Denkform
. Im Denken Bultmanns liegt Gott als Gott jenseits von Welt
und Geschichte und als Gott in seiner Offenbarung ständig mit sich
im Streit, ohne daß diesem Denken eine im Sein Gottes selber begründete
und in Jesus Christus offenbar gewordene Uberwindung
des Streites erscheint. Die Gegenwart Gottes in der Geschichte
wird immer nur als Aufhebung der Geschichte qualifiziert, so daß
Gott zum Konkurrenten des Todes zu werden, ja diesem letztlich
auf dem Felde der Geschichte zu unterliegen droht, weil er den ihm
widersprechenden Menschen der Sünde nicht zum eigentlichen
lieben hin umzukehren vermag.

Es wird jedoch hervorgehoben, daß Bultmanns Johannesauslegung
diese äußerste Konsequenz nicht nur nicht zieht, daß
sie ihr vielmehr in glücklicher Inkonsequenz begegnet, wenn sie
von der „inneren Einheit der gläubigen Existenz in der Welt und
ihrer jenseitigen Vollendung" handelt.

Die Darstellung der exegetischen Kritik durch Bultmanns Schüler
beginnt mit einem Referat des Versuches von E. Käsemann
(II), die theologische Kritik am Johannesevangelium und an seiner
Interpretation durch Bultmann mit Hilfe der historischen Einordnung
des „Johannes" in naiv-doketistisch denkenden Kreisen
am Rande der Großkirche zu legitimieren. Weil K. die johanneische
Darstellung von Jesu Geschichte als den Versuch versteht, den
Auferstandenen verkündigend zu vergegenwärtigen, ohne solche
Gegenwart auf das Kreuz Jesu von Nazareth zurückzubeziehen,
darum ist die johanneisch verstandene Offenbarung in der Geschichte
ebensowenig zugänglich wie das von Bultmann auf das
Jetzt der Aufhebung von Geschichte reduzierte Eschaton.

Dagegen versucht E. Haenchen (III), das Johannesevangelium
einerseits von seiner Interpretation durch Bultmann abzusetzen,
indem er auf die johanneische Darstellung des Weges Jesu in dessen
zeitlicher und räumlicher Erstreokung hinweist, andererseits will
H. das Evangelium vor seiner Auslegung durch Käsemann schützen
, indem er den Weg des johanneischen Jesus insbesondere als
Weg zum Kreuz verstehen lehrt.

G. Bornkamms Interpretation (IV) beschreibt in der Zuordnung
der Zeit Jesu zur Stunde, der Zeichen Jesu zum Wort und der

" ganzen Geschichte Jesu zu der diese Geschichte als Sendung des
Sohnes offenbarenden Verkündigung des Parakleten eine Bewegung
, an der dor christliche Glaube im Vollzug seines Verstehcns
und Vorstandenwerdens in der Geschichte teilnimmt. Wie aus dor
nachösterlichen Perspektive des Evangelisten schon von der Geschichte
Jesu selber gesagt worden kann, daß sie zu dem Bekenntnis
von Joh 6,69 führt, so gilt rückblickend vom Ziel der johanneischen
Darstellung aus (Joh 20,30f), daß sie den Glauben hervorruft
, der auf immer neuen Glauben hin verständlich auszusagen
vermag, von woher er sich begründet versteht und wohin er sich
geführt weiß.

In dor Kritik von Bornkamms Beitrag wird ausgeführt, daß es
Bornkamm noch nicht gelingt, das Verhältnis der christologisch
verstandenen Geschichte Jesu zu der durch den Heiligen Geist
mitgeteilten Wahrheit des Glaubens anders als paradox zu denken,
weil Bornkamm es unterläßt, die Gesehichto Jesu im Vollzug
trinitariseh-theologischer Auslegung als Wiederholung der Selbstbeziehung
Gottes zu bestimmen, in der dieser sich seinem eigenen
Wesen entsprechend verhält.

Die Auslegung von E. Fuchs (V) zeigt dagegen, daß die dem
Denken Bultmanns verpflichtet bleibende Theologie keineswegs
dort zu denken aufhören muß, wo sie zum Ziel des christologisch
verstandenen Weges Jesu vorgodrungen ist. Die Abhandlung versucht
, die im ganzen Schrifttum von Fuchs verstreuten Beiträge
zur Johannesauslogung in systematisch geordneter Übersicht darzustellen
, wobei dem jeweils behandelten Aspekt der johanneischen
Verkündigung von Jesu Geschichte emo Dimension des Liebesgeschehens
entspricht, wie es sich auch abgesehen vom christlichen
Glauben zwischen Menschen vollzieht. Doch wird die Erfahrung
jenes Geschehens bei Fuchs nicht unabhängig vom christlichen
Glaubon erörtert.

So befaßt sich der Abschnitt (1) „Das Wort der Liebe" im Anschluß
an Joh 3,16ff; 1,1 f mit dem sprachlichen Inhalt der Sendung
Jesu, dem darin implizierten Verständnis der durch Sprachlichkeit
konstituierton Existenz, sowie deren Ursprung in dem von
Gott von Anfang an zu sich selbst gesprochenen Ja.

(2) „Das Ereignis der Liebe" - Im Zusammenhang dor Auslegung
von Joh 1,14 wird der Begriff des Sprachereignisses als Inbegriff
der sakramental verstandenen Geschichte Jesu erläutert, während
die Eigenart jenes Ereignisses an Hand von Joh 5.19 u. ö. bzw.
6,44; 12,32 als Bewegung der Entzogenheit bzw. Bezogenheit des
Menschen im Verhältnis zu der ihm geltenden Wahrheit des Wortes
der Liebe beschrieben wird.

(3) „Die Tat der Liebe" - Die Tat wird erörtert unter dem inneren
Aspekt, demgemäß Wort und Ereignis der Liebe den Glauben
versammeln (Joh 17 / Das Gebet der Liebe), und unter dem Aspekt
der nach außen hin sichtbaren Wirksamkeit des Glaubens (Joh
13,34f / Das Gebot der Liebe).

(4) „Der Sieg der Liebe" - Hier wird versucht, die Verkündigung
von der in Jesu Geschichte wirksam gewordenen Liebe mit dem