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Ausgabe:

1979

Spalte:

352-354

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Meyer, Ivo

Titel/Untertitel:

Jeremia und die falschen Propheten 1979

Rezensent:

Thiel, Winfried

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 5

332

,Kohelet' gibt Vf. durch ,Rassembleur' wieder: „Einer, der
eine Versammlung einberuft". Die Amtsbezeichnung wurde
zum Eigennamen. Das Grundwort ,chokma' sieht er an Hand
von ,philophie' entsprechend ausgedrückt.

In Abwägung der Vorstellungen über Zusammensetzung
und Aufbau des Büchleins, dessen Gedankenfolge und
scheinbare Gedankensprünge unterschiedlich erklärt werden
können, sieht Vf. auch, daß die innere Geschlossenheit
der Kapitel 1—3 größer ist als die der Kapitel 4—12. Auf alle
Fälle sei jedoch die Erkenntnis richtig, die Sentenzen hätten
nicht eine wahllose Zusammenstellung erfahren, sondern
ließen eine Ordnung erkennen. Hinsichtlich seiner Überzeugung
vom Aufbau kommt Vf., wie er selbst bekennt, von

H. L. Ginsberg (The Structure and Contents of the Book of
Koheleth, SVT III, 1955, 138-149) her. Er gliedert nach Titel
(1,1), These (1,2) und Problem (1,3) das Buch in zwei
Hauptteile (I. Urteil über die menschliche Lage: 1,4—4,3;
II. Überprüfung der menschlichen Lage: 4,4—12,7), die wieder
je aus zwei Abschnitten aufgebaut sind (I. A 1,4—2,26;
B 3,1-4,3; II. A 4,4-6,9; B 6,10-12,7), welche nochmals in
mehrere Unterteile zerfallen. Den Schluß des Ganzen bildet
12,8.

Man findet eine sehr ähnliche Gliederung bei M. Thilo,
Das Alte Testament ausgelegt für Bibelleser, 3. Bd. 1950:

I, 1-4,3 (1. Hauptteil); 4,4-6,9 (2. Hauptteil); 6,10-11,6 (3.
Hauptteil); 11,7-12,7 (Schluß); 12,8-14 (Anhang).

Die Gliederung entdeckt man, nachdem sie schon in
Haupt-, Neben- und Untertiteln die Übersetzung begleitete,
nochmals übersichtlich zusammengestellt in dem Abschnitt
über die Struktur (65; Gliederung und Translation lassen
sich dann im Kommentar wieder antreffen). Sie erscheint
freilich z. T. etwas gewaltsam, um eine Parallelstruktur der
beiden vom Vf. angenommenen Hauptteile zu erreichen.
Ginsberg ist hier beweglicher und verzichtet vor allem im
zweiten Teil (ab 4,4) auf eine genaue Disposition, weil sie
offensichtlich undurchführbar bleibt.

Der Vf., der seinem Buche den Nebentitel „Was ist das
Leben wert?" gegeben hat, müht sich um den gegenwärtigen
Zugang. Er will durch lexikographische, strukturale, syntaktische
und literarische Entschlüsselung des Textes den
theologischen Gehalt des Predigers selbst zum Sprechen
bringen. Er nennt ihn ein Buch der Infragestellungen, denn
es frage nach dem Sinn menschlicher Existenz. Kohelet ist
jedoch kein Skeptiker, sondern er verweist den Menschen
nur an den ihm zukommenden Platz. Der hier redende Weisheitslehrer
erkannte, daß der Mensch unvermögend ist vor
den letzten Rätseln des Lebens. Dennoch endet sein zweiflerisches
Fragen nicht in Resignation oder Frivolität. Es will
im Gegenteil aufbauen. Kohelet stellt die Frage nach dem
Glück und löst sie auf seine Weise. Das Leben, das ein
Mensch hat, muß unbedingt als Gabe Gottes gelten, auch
wenn sein Sinn nie vollkommen begriffen werden kann. Kohelet
predigt — anders als all diejenigen, die vor ihm Zeugnis
von Jahwe gaben — den Deus absconditus, den der
Mensch respektieren und verehren sollte, denn er vermag
nur aus der Gnade zu leben, die er von ihm empfängt. Es ist
die höchste Weisheit, in der Hoffnung auf die Huld Gottes
sich darauf zu verlassen, daß im Dasein gewiß ein Sinn
liegt, das Menschsein anzunehmen und auf der Ebene des
Menschen die Menschlichkeit zu realisieren.

Im Mai 1973 schloß Vf. die Arbeit an dem angezeigten
Band ab. Es ist zu erwarten und zu hoffen, daß bald der
Kommentar zum zweiten Teil vorliegen wird.

Leipzig Wolfram Herrmann

Milgrom, Jacob: Cult and Conscience. The Asham and the
Priestly Doctrine of Repentance. Leiden: Brill 1976. XIII,
173 S. gr. 8° = Studies in Judaism in Late Antiquity, XVIII.
Lw. hfl. 64,-.

Das Buch von Milgrom ist eine detaillierte Studie über
das biblische Konzept des asham- (Schuld-) Opfers; einzelne

Teile erschienen in verkürzter Form auch in Zeitschriften.
Ausgehend von einer philologischen Analyse des Wortes
asham untersucht der Verf. die verschiedenen Komplexe im
Buch Leviticus, in denen vom Schuldopfer die Rede ist: Das
erste große Kapitel ist dem asham für die ,-,Veruntreuung"
der „dem Herrn heiligen Dinge" („Sancta Trespass") gewidmet
und analysiert die Stücke Lev 5,14—16 (asham, The Reparation
Offering; ma'al; qodse JHWH), Lev 27 (46f: „The
common assumption is that it deals with votive dedications
to the sanctuary. However... its sole concern is with the
nature and the manner of the desanctification ... of sanctuary
property outside the sacred precincts"), „Cases of the
asham for Sancta Desecration" (Lev 22,14—16; The Nazirite's
asham, Jeremiah's asham = ein haggadischer Midrasch;
Ezra's asham = ein halakhischer Midrasch) und „The Crux
of Lev 5; 17—19". Es folgt ein zweiter Teil über den asham
für einen Meineid, in dem Lev 5,20—26 („... the asham cases
thus far presume that their respective offenses were commit-
ted unintentionally. This asham passage, however, confronts
us with the one who defrauds both God and his fellow wil-
fully and yet is forgiven if he brings the proper sacriflce",
84f), die Terminologie des Betrugs (gzl, gnb, 'sq und hbl)
sowie „The Psychology of asham" behandelt werden: „The
basic paradox which is presented by Lev 5:20ff is that the
deliberate crime of a false oath is absolved not by the death
but by sacriflce, the asham. Num 5:6—8... provides the
essential clue that confession must accompany remorse and
precede restitution.... From this it follows that confession is
a legal device whereby deliberate sins against God are redu-
ced to inadvertencies eligible for sacrificial expiation.
.. .Thus remorse ('sm) for inadvertencies and remorse plus
confession for deliberate sins constitute the Priestly doctrine
of repentance. It is not, however, equivalent to prophetic
repentance. The prophets taught that repentance alone suf-
flces to obliterate sin whereas the priests insisted that sacrificial
expiation is essential. The comparison of the priestly
and prophetic terms for repentance leads to a historical
conclusion. The prophetic term swb is absent from P. Con-
versely, the priestly term 'sm is absent from the prophets
and, indeed, from all post-exilic literature. Thus it is likely
that the priestly texts on sacrificial expiation stem from a
time when swb was not the exclusive term for repentance.
In other words, they were composed before the exile" (126f).

Mehrere Appendices und Exkurse sowie eine Bibliographie
und verschiedene Indices runden das Buch ab. Mit manchen
der Thesen werden sich die Alttestamentler sicher noch
befassen, doch insgesamt ist die Studie von Milgrom wegen
ihres weiten Horizonts und der extensiven Verwendung sowohl
altorientalischer als auch rabbinischer Parallelen eine
anregende und interessante Lektüre.

Köln Peter Senator

Meyer, Ivo: Jeremia und die falschen Propheten. Freiburg/
Schweiz: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht 1977. 155 S. gr. 8° = Orbis Biblicus et Orientalis,
13.

Dem anzuzeigenden Buch lag eine kath.-theol. Dissertation
(Regensburg 1973) zugrunde, deren Veröffentlichung
der Vf. in Erwartung der Publikation neuerer, einschlägiger
Untersuchungen zurückgestellt hat. In seiner jetzigen Form
ist das Buch eine Art Supplement zu dem umfassender thematisierten
Gemeinschaftswerk von F. L. Hossfeld und
I. Meyer, Prophet gegen Prophet (Biblische Beiträge 9), Freiburg
/Schweiz 1973 (fortan abgekürzt: PgP) bzw. zu dem
darin enthaltenen Jeremia-Kapitel (57-113, 172-179), für
dessen Aussagen hier die exegetischen Begründungen nachgeliefert
werden sollen. Eine vollständige Bearbeitung aller
Prophetentexte des Jeremiabuches wird aber nicht geboten.
Ausgespart wird (neben 37,19, dazu vgl. PgP, 111) der um
das Thema „Falschprophetie" gruppierte Komplex Jer 27 bis
29. Dafür wird auf die in PgP (90-111) angestellten Ana-