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Ausgabe:

1979

Spalte:

300-301

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Plattdüütsche Predigten ut us Tied 1979

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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299

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 4

300

bart. Damit ist die mit den Berichten über Erscheinungen des Auferstandenen
ausgesagte Evidenz, was die ursprünglichste und
eigentlichste Begründung des Osterglaubens, d. h. die volle Durchsicht
in das göttliche Wesen Jesu angeht, als nicht notwendig primär
erklärt" (108). Und 2. „daß man vom Tod Jesu als der innersten
Mitte der Christologie nur dann reden kann, ohne wesentliches
zu verkürzen, wenn man zugleioh die ganze Dimension der Hoffnung
im Blick behält, die das Wort von der Auferstehung Christi
meint" (117).

Diese These wird in drei Schritten allgemeinverständlich entfaltet
:

1. am Problem des „garstigen Grabens" in Form der alten und
(seit E. Käsemanns Aufsatz über den historischen Jesus) neuen
Rückfrage nach dem historischen Jesus, eingeleitet durch eine
Methoden-Reflexion über das Wesen geschichtlichen Erkennens
im Verhältnis zu Glaubenserkenntnissen;

2. am Problem von Tod und Auferstehung Jesu als Versuch, die
Zwei-Naturen- und Zwei-Stände-Lehre neu und elementarisiert
auszusagen (65ff.);

3. am Problem des konkreten Christseins, das sich in der Spannung
zwischen Erlösung und Weltverantwortung bewegt (117ff.).
Beachtenswert ist das „Ziehen Christi ins Fleisch", das antido-

ketische Beharren auf dem Ansatz aller Christologie beim Geschick
Jesu während seines Lebens und in seinem Todeskampf (41 f.), auf
der Menschlichkeit Gottes in Jesus Christus, und die entsprechende
Betonung der lebenspraktischen Realisierung von Christologie.
Diskutabel ist der kerygmatheologische und zugleich meditative
und emotiv geprägte Akzent. Fragwürdig sind manche exegetischen
Beiträge. Konfessionell bedingt sind z. B. die Hinweise auf
das Lehramt, die Tradition der Kirche, auf die Korrespondenz von
Philosophie und Theologie im Medium der Sinn-Frage, auf das
Apriori in aller menschlichen Vernunft. Unklar bleibt schließlich
die als Laien ausgegebene Zielgruppe und damit die Verwendung
(etwa in der Erwachsenenbildung).

Stadt Rehburg Uwe Gerber

Praktische Theologie: Allgemeines

Kugler, Georg, u. Herbert Lindner: Trauung und Taufe: Zeichen
der Hoffnung. Begründung undModelle. München: Kaiser [1977].
106 S. 8° = ganz praktisch/anleitungen. DM 12,-.

Im Gefolge von J.Matthes wollen die Verfasser die „Kasual-
kirche" ernst nehmen und suchen für Trauung und Taufe nach
neuen Wegen ihrer praktischen Gestaltung. Der Erfassung der
Situation, d. h. der Erhellung der Motive, die zur Inanspruchnahme
der genannten Kasualien führen und der Erwartungen, die
sich daran knüpfen, wird große Aufmerksamkeit gewidmet. Die
bekannten Aufsätze von Y. Spiegel und K.-F. Daiber werden dabei
weiterführend ausgewertet. Obwohl selbstverständlich gilt: „Empirische
Daten sind keine geistlichen Normen" (33), suchen die
Verfasser doch nach theologisch legitimen Möglichkeiten, der realen
Situation möglichst weitgehend gerecht zu werden. Die Kategorien
der Korrelation und der theologisch vorzüglich interpretierten
Komplementarität erweisen sich dabei als hilfreich. Wenn eine
wirklich „komplementäre Gemeindearbeit" im Hinblick auf die
Kasualien praktiziert werden soll, muß der Verlauf der Handlungen
stärker der Eigenart und dem Verständnishorizont der drei
hauptsächlich in der heutigen Volkskirche anzutreffenden Gruppen
entsprechen, nämlich dem der traditionell orientierten „Gemeindekirche
", dem der in der BRD etwa 60% aller nominellen
Kirchenmitglieder umfassenden „Kasualkirche" und dem der
„engagierten Christen", für die ein kritisches Verhältnis sowohl zur
Gemeindekirche als auch zur Kasualkirche als charakteristisch angesehen
wird. Man braucht dann mehrere Agenden. Die praktischen
Vorschläge, die vor allem für den Bereich der Kasualkirche
und der engagierten Christen vorgelegt werden, sind ausgesprochen
anregend. In entschiedenem Gegensatz zu den theologischen
Postulateu der letzten Jahrzehnte wird gesagt: „Dio Tendenz,

Kasualien in den Gemeindegottesdionst zu ziehen, ist nicht zu begrüßen
" (39). Damit eröffnen sich wirklich bemerkenswerte Möglichkeiten
zu einer die konkrete Situation der betreffenden Familien
aufnehmenden Gestaltung, zumal auch die Benutzung des
Kirchengebäudes nicht unbedingt einen Vorrang vor dem Gemeindehaus
oder auch der Wohnung genießen soll. Die vielen
praktischen und teilweiso recht beachtlichen Vorschläge können
hier selbstverständlich nicht referiert werden. Charakteristisch ist
insgesamt gesehen, daß versucht wird, stärker Geselligkeit und
Kommunikation, bis hin zu einer für „denkbar" gehaltenen Polonaise
im Traugottesdienst (51), in die Handlungen hineinzunehmen
und daß dem Symbol und seiner Interpretation große Bedeutung
beigemessen wird; so spielen z. B. bei den Vorschlägen zur
Taufe Möglichkeiten des Wasserschöpfens (gemeinsames Holen
von einem Brunnen, Aussprechen von Wünschen beim Hineingießen
in das Taufbecken usw.) und die Meditation der Bedeutungen
des Wassers - als Symbol des Lebens, der Bedrohung des
Lebens, der Freiheit (Wasser hat am Schilfmeer die Kinder Israel
gerettet und ihre Verfolger vernichtet) - eine auffällige Rolle.
Wichtig ist den Verfassern auch eine „Streckung", bzw. „Dehnung"
der Kasualien, d. h. u. a. vorbereitende und nachgehende Seelsorge
, die Anregung zu Taufgedächtnisfeiern usw. Unter diesem
Gesichtspunkt ergibt sich auch, gegenüber bisherigen Tendenzen,
eine recht positive Einstellung zum Fotografieren und Filmen bei
den Handlungen: „Fotografieren besprechen (möglichst viel erlauben
). Im Familienalbum zu blättern und Bilder von der Taufe
anzusehen, kann später eine sehr intensive Form des Taufgedächtnisses
werden!" (77f.).

Zusammengefaßt kann gesagt werden, daß alle diejenigen, die
dio „Zielvorstellung lebendige Volkskirche" bejahen, aus dem
Büchlein großen Gewinn schöpfen werden, daß aber auch diejenigen
, die den nicht organisierbaren „Kasus-Christen" nicht so relativ
positiv wie die Autoren einschätzen, dennoch für Trauungen
und Taufen innerhalb des traditionellen oder kritischen Gemeindekerns
wertvolle Anregungen gewinnen können. Daß die einen wie
die anderen sich nicht alles werden aneignen können und wollen,
versteht sich bei einem solchen dem Experiment im besten Sinne
des Wortes verpflichteten Buch von selbst.

Iiitüii Hans-Hiurich Jonsscn

Dissen Dag un all de Daag. Plattdüütsch Andachtsbook. Celle:
Arbeitskreis „Plattdeutsch und Kirche" Theo]. Akademie Colle/
Hermannsburg [1976]. 383 S. 8°.

Kröger, Heinrich: Plaltdüütsche Predigten ut us Tied, sammelt un
rutgeben. Leer: Schuster [1977]. 337 S. gr. 8° = Schriften des
Instituts für niederdeutscho Sprache. Reihe: Kirche, 2. Lw.
DM 28,-.

Das Wagnis eines plattdeutschen Andachtsbuches war groß,
doch der buchhändlerische Erfolg gab ihm recht. Nach kurzer Zeit
konnte die zweite Auflage erscheinen. Über achtzig Mitarbeiter
schrieben in den verschiedenen niederdeutschen Dialekten. Im Vorwort
wird das Streben nach einer neuen niederdeutschen Kirchensprache
verworfen, mit der Begründung, Gottes Wort sei nicht für
die Mehrheit da, sondern für den Menschen. Die Ordnung ist nach
dem Kalender-, nicht nach dem Kirchenjahr erfolgt. Das leidige
alte Problem, daß sich dann der Oster- oder Pflngsttag verbirgt,
kann erst verschwinden, wenn der Ostertag in einer vielleicht doch
zu erwartenden Neuordnung für immer auf einen festen Kalendertag
gelegt ist. Jeweils am siebenten Tag, der immer als Sonntag
gilt, wird keine neu erarbeitete Andacht dargeboten, sondern eine
Schriftlesung aus einer der vorlutherischon niederdeutschen Bibeln
oder einer der neuen plattdeutschen Übersetzungen, ein Lied aus
dem EKG in plattdeutscher Übertragung der letzten Vergangenheit
oder aus alten niederdeutschen Liederbüchern, z. B. dem
Wienhäuser Liederbuch. Nicht jedem Text ist ein Bibelwort zugeordnet
. Wo es geschieht, steht es nicht immer am Anfang, sondern
auch in der Mitte oder am Ende. Ein strenger Schematismus
ist also vermieden.

Zu den oinzelnon Andachten wäre theologisch, sprachlich und