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Ausgabe:

1979

Spalte:

252-257

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Hiob 1 - 19 1979

Rezensent:

Kegler, Jürgen

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr.4

252

Altes Testament

Tengströni, Sven: Die Hexateucherzählung. Eine literaturgeschichtliche
Studie, übers, v. H. Zeitler. Lund: Liber Läro-
medel (CWK Gleerup) [1976]. VIII, 187 S. 8° = Coniectanea
Biblica, Old Testament Series, 7. Skr. 51,-.

Bei der vorliegenden Veröffentlichung handelt es sich, wie schon
im Untertitel zum Ausdruck kommt, um eine literaturgeschichtliche
Arbeit. Literaturgeschichtliche Fragestellungen spielen in
Kapitel I (Der Einleitungsabschnitt, Gen 11,27-13,18) und in
Kapitel IV (Das literarische Hauptthema: Die Verheißung an die
Väter) die Hauptrolle, während in Kapitel II (Sichern in der Erzählung
des Hexateuchs) und in Kapitel III (Sichern und die
Stämme Israels) die Behandlung geschichtlicher und geographischer
Probleme einen breiteren Raum einnimmt.

Da der Vf. sowohl die Quellentheorie der literarkritischen Forschung
als auch die form- und überlieferungsgeschichtliche Kompilationstheorie
für fragwürdig hält, ist es nach seiner Ansicht erforderlich
, für die Analyse der erzählenden Teile des Hexateuchs nach
neuen methodischen Möglichkeiten zu suchen. Er betrachtet es als
seine Aufgabe, mit Hilfe der literaturgeschichtlichen Betrachtungsweise
die literarischen Zusammenhänge des Pentateuchs zu untersuchen
. Dabei beschränkt er sich zunächst auf eine Teilaufgabe,
nämlich die Herausarbeitung, Deutung und zeitliche Einordnung
der ältesten Schicht des Hexateuchs unter Beachtung von Strukturen
und Zusammenhängen. Untersuchungen über die jüngeren
Bestandteile (die aus Jerusalemer Tradition stammende P-Schicht
und verstreute Zusätze = E), die er mit Hilfe einer literaturgeschichtlichen
Erweiterungstheorie zu erklären versucht, sollen
folgen.

Bei seiner Analyse geht der Vf. von der Einleitung des Erzählungswerkes
(Gen 11,27-13,18) aus, d. h. von einem Abschnitt, der
die Einleitung zur Abrahamerzählung und zugleich zur gesamten
Hexateucherzählung bildet.

Da in der Erzählung des Hexateuchs Sichern eine wichtige Rolle
spielt und die Gestalt Josephs besonders hervorgehoben wird,
andererseits jede Spur einer Verknüpfung mit Jerusalem fehlt -
Gen 14 wird als völlig isolierter Fremdkörper betrachtet - ist anzunehmen
, daß das gesamte Erzählungswerk noch vor der Königszeit
in Sichern entstanden ist.

Diese Annahme erhält nach Ansicht des Vf. durch die Zuordnung
der verschiedenen Stämme und Stämmegruppen Israels zu Sichern
einen noch höheren Grad von Wahrscheinlichkeit. Im ursprünglichen
Erzählungswerk (Gen 29-30) werden die zwölf Stämme bewußt
in konzentrischen Kreisen um Sichern herum angeordnet.
Auch der Name Israel ist ebenso wie das Zwölfstämmesystem in
Sichern entstanden. Somit dürfte nach Ansicht des Vf. die Vorstellung
von der Gemeinschaft der zwölf Stämme dem Begriff der
Amphiktyonie nicht fernstehen, wenn auch unsicher bleibt, wie die
Organisation des Verbandes funktionierte.

Die altisraelitische literarische Tradition von Sichern wurde
durch die deuteronomistische Schule fortgesetzt.

Als literarisches Hauptthema der ältesten Schicht des Hexateuchs
ist nach Ansicht des Vf. die Verheißung an die Väter zu betrachten
. Die Formulierungen in der Einleitungs- und Abschlußerzählung
der Abrahamsgeschichte (Gen 12,1; 22,1) werden als
Struktursignal betrachtet, das anzeigt, daß beide Erzählungen vom
gleichen Verfasser stammen und aufeinander bezogen sind.

Die Verheißung zahlreicher Nachkommen erfüllt sich während
des Aufenthaltes in Ägypten.

Der rote Faden für die Erzählung von der Wüstenwanderung
ist das Thema Glaube und Unglaube.

Die Eigenart und die besondere Bedeutung der Landnahmeerzählung
in Jos 2-9 besteht - entgegen der Annahme von A.Alt
und M.Noth, daß es sich primär um ätiologische Lokalsagen handelt1
- gerade in den Hauptlinien des Zusammenhanges, insofern
der Weg vom Jordanübergang zum Zentrum des Landes beschrieben
werden soll, wobei Jos 8,30.31b mit dem Hinweis auf den
Altarbau in Sichern eine Schlüsselstellung einnimmt.

Im Schlußteil faßt der Vf. das Ergebnis seiner Analyse in einem
Überblick über die von ihm eruierte Grunderzählung des Hexateuchs
, die Texte aus dem Bestand von Gen 11,27 bis Jos 24 umfaßt
, zusammen.

Literatur-, Abkürzungs- und Bibelstellenverzeichnis sind dankenswerterweise
beigefügt.

Die Arbeit stellt einen weiteren Beitrag zur literaturgeschichtlich
orientierten Hexateuchforschung dar, nachdem P. Weimar und
E.Zenger2 in ähnlicher Weise versucht haben, die vorjahwistische
Exodusgeschichte zu rekonstruieren.

Ohne Zweifel finden sich in Tengströms Arbeit interessante Beobachtungen
, die Beachtung verdienen; ob aber damit die Quellentheorie
widerlegt ist, ist eine andere Frage.

Verarbeitete sichemitischeTraditionen brauchen wohl auch nicht
unbedingt auf Sichern als Entstehungsort des ältesten Erzählungswerkes
des Hexateuchs hinzudeuten. Auch die Frage nach seinor
Entstehungszeit scheint nicht erledigt zu sein. Die Annahme, daß
ein solches gesamtisraelitisches Werk nicht vor David denkbar sei,
hat immer noch viel für sich.3

Jena Eva Oßwald

1 A.Alt, Josua »= Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel, Bd. I,
München *1959, S. 176ff; M.Noth, Das Buch Josua, HAT I, 7, Tübingen '1953.

■ Exodus. Geschichten und Geschichte der Befreiung Israels = Stuttgarter
Bibelstudlen, 75. Stuttgart 1975.

• Vgl. zum Problem 8. Herrmann, Das Werden Israels = ThLZ 87, 1962
Sp. 572.

Horst, Friedrich: Hiob. Teilbd. 1. Neukirchen - Vluyn: Neukirche-
ner Verlag des Erziohungsvereins 1968. XII, 288 S. gr. 8° = Biblischer
Kommentar. Altes Testament, XVI, 1.

Fr. Horst starb am 12. 6. 1962, während der Arbeit am 19. Kapitel
des Hiobbuches; er schrieb den Kommentar über den leidenden
Hiob selber als Leidender. Der Herausgeber hat, da noch keine
Einleitung vorlag, den Artikel „Hiob" des Vf. aus dem Evangelischen
Kirchenlexikon als Einleitung vorgefügt.

In dieser Einleitung vertritt der Vf. die Auffassung, daß Prosaerzählung
und Versdichtung ursprünglich selbständig waren. Die
Prosaerzählung von dem vorbildlich frommen Hiob ist in edomiti-
schem Milieu beheimatet. Sie zeigt Spuren eines Wachstums. Der
Kern liegt in Kap. 1 und in 42,11-17 vor, er wurde um eine weitere
Erprobung (2,1-10) erweitert; eine noch spätere Erweiterung liegt
im Motiv der drei Freunde vor (2,11-13), dem der zweite Schluß in
42,7-10 entspricht (S.IX).

Die Reden Hiobs und seiner Freunde sind „dramatisierte Klage'';
sie werden durch eine Klage eröffnet (Kap. 3) und mit einer Klage,
die in einem dem Reinigungsoid zugehörenden Unschuldsbekenntnis
gipfelt, beschlossen (29-31). Die drei Redegänge (4-14; 15-21;
22-27) werden jeweils durch Bestreitungen der Freunde strukturiert
. Hiobs Klage ist nur selten Klage über Krankheit, meist Klage
über Mühsal und Not, klagende Enttäuschung über Gott. Aus der
Klage erwächst die Bitte, der Wunsch nach dem Tod. Im 2. Redegang
konzentriert sich die Bitte auf das Gehör bei Gott, im 3. auf
den Wunsch, Gott selbst zu begegnen.

Die Freunde reden als Nichtbetroffene. Sie bieten Lehrmeinungen
, für die sie sich auf Uberlieferungen und eigene Oifenbarungs-
erlebnisse berufen. Sie halten Hiob das - lehrmäßige - Schicksal
der Frevler vor und fordern seine Unterwerfung unter Gott. Doch
statt eines Sündenbekenntnisses beteuert Hiob seine Unschuld. Er
bestreitet die „Vergeltungslehre" der Freunde, indem er die empirische
Erfahrung den Thesen der Freunde entgegensetzt. Der Redestreit
endet mit einer offenen Herausforderung Gottes (31,35-37)
(S.XI).

In Kap.24-27 ist der Redegang gestört. Diesem „Konglomerat"
ist in Kap. 28 das Lied der göttlichen Weisheit angefügt worden.
Die in ihm enthaltene Reflexion paßt weder zu den Worten der
Freunde noch zu Hiob, sondern ist eine theologische Stell ungnahme
(S.XI). Später eingefügt sind auch die Elihu-Reden (32-37), die in
vier Phasen vier Hiobworte bestreiten (33,8-11; 33,13; 34,5f;
35,2f) (S.XI).

38,1-42,6 enthält eine doppelte Theophanie mit zwei Gottesreden
und zwei Unterwerfungserklärungen Hiobs, wobei die