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Ausgabe: | 1979 |
Spalte: | 249-250 |
Kategorie: | Religionswissenschaft |
Autor/Hrsg.: | Mensching, Gustav |
Titel/Untertitel: | Der offene Tempel 1979 |
Rezensent: | Tröger, Karl-Wolfgang |
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Theologische Litoraturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr.4
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rückzugreifen, der durch Behandlung der im Neuen Testament
aufgeworfenen Fragen wie z. B. Elternehrung, Zerrüttung der
Familienverhältnisse in der eschatologischen Endzeit, richtiges
und falsches Verhalten der Väter innerhalb der Gemeinde (vgl.
Haustafeln), Einheit von Gott als Vater, Richter und Herrscher
u. a. ungleich umfassender informiert.
Abschließend sei der interessierte Leser, der noch mehr über das
Thema des Vaterbildes erfahren möchte, auf die weitere Sammlung
von Beiträgen hingewiesen, die unter dem Titel „Das Vaterbild im
Abendland: Rom, Frühes Christentum, Mittelalter, Neuzeit,
Gegenwart" ebenfalls von Hubertus Teilenbach herausgegeben
wurde.
Jena Theodor Lohmann
Mensching, Gustav: Der offene Tempel. Die Weltreligionen im Gespräch
miteinander. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt [1974].
I, 286 S. 8°.
Gedanken zur „religiösen Weltlage" leiten dieses Buch ein (Kapitel
I). Das Gespräch der Religionen ist in Gang gekommen, und
die Kooperation der Weltreligionen für weltweiten Frieden und
Abrüstung und umfassende Gerechtigkeit hat sich längst bewährt.
Es ist daher an der Zeit, daß sich möglichst viele religiös Gebundene
und Interessierte mit den Möglichkeiten und Grenzen des interreligiösen
Gesprächs vertraut machen, um sachgemäßer der Verständigung
unter den Religionen dienen zu können.
Das Buch von G.Mensching ist diesem Anliegen gewidmet. Es
nennt als Aufgabenstellung die „systematische Darstellung der
wechselseitigen Stellungnahmen der Weltreligionen zueinander"
(31). Damit soll „einerseits das Problemgebiet des Wechselgesprächs
der Weltreligionen in seiner Vielfältigkeit erhellt werden,
andererseits aber auch eine möglichst zuverlässige Basis geschaffen
werden für eine etwa erstrebte eigene Stellungnahme im Wechselspiel
des Angebots religiöser Werte und Wahrheiten" (251). Bei
letzterem zeigt sioh das weite Herz des Autors, dessen an sich wohltuende
Toleranz den christlichen Leser nicht nur zum ständigen
Überdenken seiner eigenen Glaubenshaltung herausfordern, sondern
auch zu engagiertem Einspruch veranlassen kann.
Das von M. verwendete Schema zur Bewältigung des immensen
Stoffes ist einfach und zweckdienlich: es wird jeweils eine Religion
ins Verhältnis zu den anderen Religionen gesetzt. Daraus ergeben
sich folgende Kapitel: IL Das Christentum im Gespräch mit den
Fremdreligionen (im einzelnen: Das Verhältnis von Christentum
und Kirche zu den nichtchristlichen Religionen insgesamt; die
Stellungnahmen von Christentum und Kirche zum Judentum und
zur jüdischen Religion; Christentum und Islam; Christentum und
Buddhismus; Christentum und Hinduismus; III. Das Judentum
im Gespräch mit dem Christentum; IV. Der Buddhismus .. .;
V. Der Hinduismus .. .; VI. Der Islam im Gespräch mit den
Fremdreligionen.
Diese Kapitel sind aus der Fülle dessen, was der Fachmann zu
sagen weiß, geschrieben - aber dies in konzentrierter Form, ohne
sich in zahllose interessante, aber hier entbehrliche Details zu verlieren
. So wurde vormieden, das handliche Buoh zu einem unhandlichen
Opus aufzublähen. Gleichwohl sind diese Kapitel eine Fundgrube
für Theologen und Nichttheologen, für jeden, der wissen will,
wie eine Religion sich selbst versteht, was sie über die anderen
Religionen und das Phänomen „Religion" an sich und grundsätzlich
denkt. Natürlich fehlt auch nicht die innerchristliche Diskussion
über das Verhältnis von Christentum und Religion und über
das Problem des Absolutheitsanspruchs. M. schlägt gegenüber dem
Anspruch einer exklusiven Absolutheit die Denkhaltung der „in-
kluaiven Absolutheit" vor, wonach „die außerchristlichen Religionen
alle irgendwie einbezogen werden müssen in den Prozeß göttlicher
Offenbarung, die nach katholischer Auffassung natürlich
ihren Höhepunkt im Christentum findet" (63f; zur „inklusiven,
jedoch christozentrischen Absolutheit" bei F. Heiler s. 48).
Kapitel VII nennt als das Ziel der Bemühungen des Autors: „Die
Aufgaben der Weltreligionen heute" - 1. „Kommunikation unter
Weltreligionen", 2. „Hilfe für die Welt". Der Schlüssel des Buches
ist jedoch in Kapitel VIII (nicht VII, so 249) zu finden: „Toleranz
im Gespräch der Religionen miteinander". M. schreibt: „Was aber
nun die sich nach unserer Meinung aus dem dargestellten Gespräch
der Weltreligionen als Postulat ergebende Grundhaltung betrifft,
so kann es sich, scheint mir, nur um das Gebot der Toleranz handeln
, die in der Religionsgeschichte in doppelter Form auftritt: als
formalo und als inhaltliche Toleranz." Formale Toleranz ist „das
bloße Unangetastetlassen fremder Glaubensüberzeugungen" im
Sinne der „Glaubensfreiheit". Ihr entspricht dio „formale Intoleranz
" (251). „Inhaltliche Toleranz" aber „bedeutet darüber hinaus
die positive Anerkennung fremder Religion als echter und berechtigter
Möglichkeit der Begegnung mit dem Heiligen", was aber
nicht „die Preisgabe der eigenen religiösen Überzeugung" bedeutet
. Im Negativen entspricht dieser Haltung die „inhaltliche Intoleranz
", die fremde Religionen um der „Wahrheit" willen ablehnt
, bekämpft und verfolgt (252).
Im Sinne solcher inhaltlichen Toleranz des Christen gegenüber
den nichtchristlichen Religionen möchte der Autor (darin R.Otto
folgend) auch die christliche Mission verstehen „als eine Möglichkeit
der Selbstdarstellung in einer in inhaltlich toleranter Weise
betrachteten Welt der Fremdreligionen" (252). Das setzt freilich
das Abrücken von der eigentlichen Intention des,,Missionsbefehls''
Mt28,19f voraus (vgl. in diesem Sinne auf S.236 das Zitat von
R.Paret). Nichts gegen die Verurteilung eines „religiösen Imperialismus
" (235), nichts gegen die geforderte Hochachtung vor dem
Glauben der anderen - aber seine Uberzeugung, daß die Wahrheit
in Jesus Christus ist, wird der an Christus Glaubende gerade im
Gespräch und bei der Zusammenarbeit mit Angehörigen nichtchristlicher
Religionen nicht verleugnen können und dürfen. Das
wäre dem interreligiöson Dialog auch nicht dienlich! Doch gerade
hier schuldet man dem Autor Dank, weil er durch seine Klarheit
und Offenheit den Leser zwingt, sich in diesen zentralen und brisanten
Fragen selbst Klarheit zu verschaffen (vgl. z. B. 235).
M. macht deutlich, daß es sich beim Gespräch der Weltreligionen
nicht um eine Spezialstrecke von Gelehrten oder Religions-Hob-
byisten handelt. Wer dabei an die zahlreichen Begegnungen von
Vertretern aller großen Religionen im Interesse weltweiter Verständigung
und Friedenssicherung denkt, wird den Ernst und die
Bedeutung des interreligiösen Gesprächs nicht hoch genug einschätzen
. Aber es geht, abgesehen von diesen dringlichen Aufgaben
, zunächst einmal um den Abbau eingefleischter Vor- und
Fehlurteile über die Religionen sowie ignoranter und intoleranter
Haltungen ihren Vertretern gegenüber. Es wäre daher wünschenswert
, wenn viele dieses Buch lesen, die bisher aus Mangel an Informationen
unangemessene und fragwürdige Vorstellungen über dio
nichtchristlichen Religionen haben. Sie könnten sich durch die
Lektüre dieser Publikation sachkundiger machen.
Berlin Karl-Wolfgang Trüger
Biechler, James E.: Christian humanism oonfronts Islam: sifting
the Qur'an with Nicholas of Cusa (JES 13, 1976, S.l-14).
Breton, Stanislas: Teleologie et ontogenie. Variations sur les „Oracles
Chaldaiques" (RSR 66,1978, S.5-25).
Bürkle, Horst: Heilung in afrikanischen und indischen Religionen.
(Quat. 42, 1978, S. 83-95).
Laplantine, Francois: Religion naturelle et religion revelee. L'ex-
emple des Vierges miraculeuses dans le Bas Berry (RSR 66,
1978, S.63-71).
Leeuw, G. van der: Phänomenologie der Religion. 4. Aufl. Un-
veränd. Nachdruck der 2., durchges. und erweit. Aufl. Tübingen
: Mohr 1977. XII, 808 S. 8' = Neue theologische Grundrisse
, hrsg. v. R. Bultmann. Lw. DM 98.—.
(s. ThLZ 82, 1957, 183 f)
Moffitt, John: Incarnation and avatara: an imaginary conversa-
tion (JES 14, 1977, S.260-287).
Zuosse Evan M.: The degoneration paradigm in the western study
of World religions (JES 13, 1976, S. 15-36).