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Ausgabe:

1979

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 3

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mit der Situation junger Menschen in der Gesellschaft im
Vollzug der Mitmenschlichkeit" (179). Im folgenden Aufsatz
von 1973 geht Bäumler von Mollenhauers Hypothese aus, die
theologischen Begründungen evangelischer JA seien „nachträgliche
Rechtfertigung pädagogischer Handlungsmuster". Die
theologische Theorie wirke nur als Verstärker im Hinblick
auf den jeweils gewählten Sozialisationsmodus (186). Solche
theologische Legitimierung einer bestimmten Praxis nennt
Bäumler mit D. Rössler „positionelle Theologie", der er die
„kritische Theologie" gegenüberstellt. Sie soll in der Praxis
kirchlicher JA „den Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen
Prozeß der Emanzipation und Demokratisierung" herstellen
(194).

Ergebnisse der von Mollenhauer und andern 1969 vorgelegten
empirischen Untersuchung „Evangelische JA in Deutschland
" sind auch Ausgangspunkt des 1970 in der Frör-Festschrift
erschienenen Beitrags „Zwischen Gemeinde und Gesellschaft".
Mollenhauer hatte eine Isolierung der evangelischen JA von
der Gemeinde und von der Gesellschaft behauptet. Bäumler
will diese Isolierung überwinden, indem er die Problemgeschichte
der evangelischen JA, insbesondere die Zielproblematik
untersucht und ein neues Ziel formuliert: „die Beteiligung
an der Herstellung des geschenkten Friedens unter den Bedingungen
des Unfriedens" (216).

Der vorletzte Aufsatz ist dem Verhältnis von kirchlicher JA,
Konfirmandenunterricht und schulischem Religionsunterricht
gewidmet. Im Anschluß an K. Fror und H.-N. Caspary untersucht
Bäumler die Funktionen und Strukturen dieser Praxis-
fclder. Caspary schlägt folgende Differenzierung vor: Der
Schwerpunkt des schulischen Religionsunterrichts liegt in der
kognitiven, der des Konfirmandenunterrichts in der affektiven
, der der JA in der pragmatischen Dimension. Bäumler
ergänzt hypothetisch: „Die Lernziele des Religionsunterrichts
sind Lehrern und Schülern weithin vorgegeben. In einer Konfirmandenarbeit
nach dem Kurssystem können die Jugendlichen
zwischen unterschiedlichen Lernzielen wählen. Die Lernziele
der JA werden im kommunikativen Prozeß sich selbstregulierender
Gruppen Jugendlicher unter Beratung von Sozialpädagogen
definiert" (228).

Im letzten und umfänglichsten Aufsatz zieht Bäumler ein
Resume: „Zum gegenwärtigen Stand der Theoriebildung kirchlicher
JA". Der Vf. konstatiert eine Theoriemüdigkeit, obwohl
die Theoriediskussion im Bereich evangelischer JA noch gar
nicht begonnen habe. In der „Polarisierungsdebatte" der sechziger
Jahre, „in der die am Anfang des 19. Jahrhunderts entstandenen
Grundkonzepte erwecklich-missionarischer und so-
zialdiakonischer JA unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen
theologisch legitimiert werden sollten", sei die Zicl-
diskussion in legitimatorischer Absicht an die Stelle kritischer
Theoriebildung getreten (232). Die Diskussion um die beiden
Grundkonzeptionen scheint vorläufig abgeschlossen zu sein,
doch konnte das Verhältnis von Theologie und Humanwissenschaften
in einer Praxistheorie kirchlicher JA noch nicht befriedigend
geklärt werden. Bäumler erläutert den hermeneu-
tischen, erziehungswissenschaftlichen, gruppendynamischen,
systemtheoretischen und am ausführlichsten den sozialisations-
theoretischen Ansatz für eine Theorie kirchlicher JA. Den
letzteren mit der These, „es gebe im Grunde nur einen zentralen
Inhalt der JA, nämlich die an ihm teilnehmenden jungen
Leute selbst" (251), hält er für den ergiebigsten. Der
sozialisationstheoretische Rahmen wird anhand der Untersuchung
von Gernot Czell, Sozialisationsforschung und evangelisch
-kirchliche JA (1976) abgesteckt. Mir ist nicht klar, wie
dieser Ansatz mit der früher betonten maßgebenden Bedeutung
der biblischen Botschaft verbunden wird. Genügt es, daß
theologische Elemente in den Rahmen der Praxistheorie
kirchlicher JA eingehen, „sofern die Frage nach dem Zusammenhang
von Subjekt, Gesellschaft und Geschichte das zentrale
Problem fundamental-theologischer Theoriebildung ist"
(267)? Welchen Stellenwert hat die Tradition der Verheißungsgeschichte
(179) für dieses zentrale Problem? Die einseitige
Betonung des sozialisationstheoretischcn Ansatzes könnte der
„Polarisierungsdebatte" neuen Auftrieb geben. Wie dieser

Ansatz sich praktisch auswirkt, läßt sich nur auf dem „Expcri-
mentierfeld" kirchlicher JA selbst erfahren. Vorzüge und Nachteile
der verschiedenen Ansätze würden jedoch schon in der
Praxistheorie deutlicher, wenn die methodischen Konkretionen
stärker in den Blick kämen.

Gutenberg b. Hallc/S. Eberhard Winklcr

Colombo, Giuseppe: Per ü rinnovamento dclla catechesi in

Italia: prospettive teologiche (Teologia 2,1977 S. 170-187).
Del Monte, Aldo: II rinnovamento della catechesi in Italia ncl

decennio 1966-1976 (Teologia 2,1977 S. 111-128).
Gianetto, Ubaldo: Orientamcnti generali del rinnovamento

della catechesi ncl nostro secolo (Teologia 2,1977 S. 129 bis

159).

Simon, Maurice: La teologia della catechesi (Teologia 2,1977
S. 160-169).

Stoodt, Dieter: Religionspädagogik zwischen Festhalten und
Loslassen (DtPfrBl 78, 1978 S. 419-422).

ökumenik: Catholica

Schnell, Ursula: Das Verhältnis von Amt und Gemeinde im
neueren Katholizismus. Berlin-New York: de Gruyter 1977.
VIII, 330 S. 8° = Theologische Bibliothek Töpclmann, 29.
Lw. DM 98.-.

Der Titel der von E. Schlink betreuten Heidelberger Dissertation
ist nicht ganz exakt: Sie stellt nicht nur die Beziehungen
zwischen Amtsträger und Gemeinde dar, sondern
bietet eine umfassende theologiegeschichtlichc Untersuchung
der Relationen zwischen Klerikern und Laien in der Theologie
und im Leben der römisch-katholischen Kirche. Obschon zeitlich
auf die letzten 450 Jahre begrenzt, greift sie damit
thematisch weiter aus als die bekannte Studie von P. Dabin,
Le sacerdoce royal des fideles dans la tradition anciennc et
moderne (Brüssel-Paris 1950); selbstverständlich wird auch
die neueste Entwicklung des letzten Vicrteljahrhunderts berücksichtigt
. Das kann hohes Interesse beanspruchen: Die
Studie wirft Licht nicht nur auf einen äußerst komplizierten
Gegenstand des ökumenischen Gesprächs, sondern auch auf
eine innerkatholisch brennende Frage.

Das 1. Kap. (1—43) erörtert, nach einer kursorischen Übersicht
über die Entwicklung seit dem Neuen Testament, die
Beziehungen zwischen Klerikat und Laikat vom Tridentinum
bis 1917. Ganz im Sinn der Bemerkung Gratians von den
„duo genera christianorum" wird auf Grund eines ständisch
ausgerichteten Kirchenbildes in dieser Epoche vor allem die
Differenz herausgearbeitet. Eine gewisse Wende bahnt sich
jedoch bereits im 19. Jh. unter dem theologischen Einfluß der
Tübinger Schule und dem praktischen der Laienbewegungen an.
Aus dem Gegenüber, ja Gegeneinander wird allmählich ein
Miteinander. Der Ausbau dieser neuen Sicht von 1918 (Erscheinen
des CIC) bis zum Vorabend des II. Vatikanischen
Konzils wird im 2. Kap. (45—113) gezeigt. Das notwendige
lehrhafte Fundament bot die besonders in Frankreich entwickelte
communio-Ekklesiologie, in der die Kirche als
brüderliche Gemeinschaft erscheint. Vor den nicht geleugneten
Unterschieden zwischen Amt und Laienschaft steht nun die
verbindende Gemeinsamkeit. In der Systematik wird dies dadurch
signalisiert, daß das Thema nicht mehr angelegentlich
des Traktates „De ordine", sondern innerhalb der Tauflehre
besprochen wird.

Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt beim II. Vatikanischen
Konzil und der dadurch ausgelösten Entwicklung.
Denn diese Kirchenversammlung spricht erstmals ausdrücklich
, positiv und beinahe enzyklopädisch vom Laien in der
Kirche. In eingehender Analyse aller einschlägigen Dokumente
(Kap. 3: 115—183) zeigt die Vfn., wie ihm nun ein
genuiner Anteil am Amt Christi und an der Sendung der
Kirche zuerkannt wird. Damit sind die neuen theologischen