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Ausgabe:

1979

Spalte:

228-229

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Villalón, José R.

Titel/Untertitel:

Sacrements dans l'Esprit 1979

Rezensent:

Heidrich, Peter

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227

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 3

22N

logische Theologie wiederum läßt den Tod nur als das Gottwidrige
gelten, die Hoffnung nur als Hoffnung gegen den
Tod, während bei Barth auf Grund der in Christus schon vollbrachten
Erlösung der Tod auch positiv gewürdigt werden
kann (171). Aber diese Differenzen sind für W. nur solche
innerhalb der Klammer einer weitgehenden sachlichen Gemeinsamkeit
in der christlichen Theologie hinsichtlich des angeschnittenen
Themas, welche W. insgesamt herauszustellen
bemüht ist (292).

(4) Diese Gemeinsamkeit gilt gewiß nicht in jeder Hinsicht,
wie schon die innerprotestantischen Unterschiede zeigen können
. Und sie muß dann zurücktreten, wenn sich der Eindruck
aufdrängt, daß die Frage nach dem Zwischenzustand und das
Insistieren auf dem Tatcharakter des Todes weitere Leitgedanken
und die Kriterien sind, von denen aus die Aussagen
protestantischer Theologen sondiert werden. Nicht nur, dafj
damit m. E. Fragestellungen an andere herangetragen werden,
die eine vergleichende Darstellung teilweise doch schief erscheinen
lassen (so, wenn z. B. die gelegentliche Äußerung
Barths von der noch ausstehenden Bruderschaft aller vor Gott,
99ff) Hinweis auf eine beibehaltene Lehre vom Zwischenzustand
sein soll oder wenn Bonhoeffers Gedanke des Todes
als höchstes Fest auf dem Wege zur Freiheit die These Rahners
vom Tod als eigener Tat der kreatürlichen Freiheit und somit
als Vollendung vom Menschen aus untermauern soll in Antithese
dazu, daß Barth und Jüngcl die Passivität des Menschen
im Tode nachdrücklich behaupten, z. B. 198), es werden vielmehr
auch gewichtige Differenzen markiert.

Diese liegen vor allem in dem Stellenwert, den der Tod als
Entscheidungssituation besitzt, wobei sich W. mit Rahner
durchaus der Zweideutigkeit aller Objektivationen der Grundentscheidung
des Menschen bewußt ist (246). Die Entscheidungssituation
des Todes, so lautet der Hauptvorwurf Barth
gegenüber, werde durch den „Triumph der Gnade" eigentlich
aufgehoben und somit einer Geschichtslosigkeit des Heils das
Wort geredet. Das sei besonders daran bemerkbar, daß für
Barth der menschliche Tod nur noch als Zeichen des Gerichtes
gilt, nicht aber mehr mit dem Tod als Möglichkeit des „doppelten
Ausgangs unserer Freiheitsgeschichte mit Gott" gerechnet
wird (95). Offensichtlich liegt dem Vf. daran, in Übereinstimmung
mit der katholischen Tradition Freiheit und
Selbständigkeit des Menschen hinsichtlich der Erlangung des
Heils zu unterstreichen und einer bei Barth befürchteten Verharmlosung
des Todes zu widerstehen. Nur wenn der Tod als
Tat der Freiheit zur Vollendung hin begriffen wird, kann der
letzte Ernst des menschlichen Lebens gesichert sein, als dessen
Kehrseite allerdings die Möglichkeit radikaler Selbstverfehlung
im Tode nicht auszuschließen sein wird. Denn es gilt:
„Die Geschichte selbst baut ihre Ewigkeit" (296). Hingegen
lege die Formulierung Barths, daß unser Leben in seiner verdienten
Schande und seiner unverdienten Ehre vor Gott verewigt
wird, die Vermutung nahe, daß unser Heil gänzlich
unabhängig von uns und der Gestaltung unseres Lebens bereitet
ist (271). — Ob aber das Aufrichten dieser Alternative
Barths Intention trifft, ist sehr die Frage, geht es ihm doch
um die Aufhebung der Selbstmacht des Todes und um die
Befreiung zu einem natürlichen Sterben, das den Menschen
auch davon frei macht, die Frage seines Lebens selbst zu
beantworten. Gott wird antworten. Diese Antwort und also
das Gericht Gottes bleibt allen menschlichen Entscheidungen
auch immer transzendent, ohne daß deshalb diese gleichgültig
würden (s. dazu KD III/4, S. 675ff).

Gleich im Anschluß hieran müßte auch gefragt werden, ob
nicht gerade der zuletzt ausgesprochene Gedanke das dem
Vf. wichtige Anliegen der Lehre vom Zwischenzustand, einer
postmortalen „Hervorläuterung" der im Leben getroffenen
Grundentscheidung (277), aufnimmt. Und es stellt sich sogleich
die grundsätzliche Frage, ob es solcher Lehre noch bedarf,
wenn auch für W. die Aussage Barths gilt, daß Gott unser
Jenseits ist (292). Bedeutet dann das Verhandeln einer Lehre
vom Zwischenzustand nicht Rückfall in ein Denken, welches
das „Weiterleben nach dem Tode" als ein für sich isolierbares
Problem und quasi substanzhaft sieht, wohingegen ewiges

Leben doch die ewige Beziehung Gottes zum Menschen auch
über den Tod hinweg meint? Wird damit nicht eine zunächst
geschaffene Klarheit, den Modus des ewigen Lebens betreffend
, beseitigt? Verwirrend muß doch auch in diesem Zusammenhang
erscheinen, wenn das Thema „Identität des irdischen
mit dem Auferstehungssubjekt" dahingehend erläutert wird,
daß eine im Tode durchgehaltene Leiblichkeit, die sich im
Auferstehungsleib vollendet, postuliert wird (269). Wiederum
sind die damit verbundenen Einzelaussagen beachtlich, daß
nämlich „Leiblichkeit" letzte Erschlossenheit für das Du bedeutet
und somit Hoffnung auf Gott als das Jenseits meines
Lebens dieses in allen seinen Daseinsbezügen umfaßt.

(5) Zwei Gedankenkreise sollen noch hervorgehoben werden
: Es ist einmal die wohltuende Bejahung des Gedankens
der „Unsterblichkeit der Seele" als Erläuterung der Aussage
„Auferstehung der Toten". Unabhängig von zeitbedingten Vorstellungen
sei am Sachgehalt beider Aussagen festzuhalten, die
im Kern dasselbe meinten: „Der Mensch als Person lebt weiter
, im Tod beginnt ein neues Leben in der Gemeinschaft mit
Gott" (327). Aber könnte nicht, wie W. in seinem Referat über
den Stand der Diskussion in dieser Sache auch dartut, der Ton
mehr darauf gelegt werden, daß beide Aussagen einander begrenzen
(318)? Das hieße dann: Während „Auferstehung der
Toten" das ewige Leben des Menschen als „Neuschöpfung"
durch Gottes Gericht hindurch bezeichnet, bringt der Gedanke
der „Unsterblichkeit der Seele" den Aspekt des Bleibens, der
Identität, des Fortbestandes der Person an der Schwelle des
Todes in der Treue Gottes zum Ausdruck. Zum anderen ist es
die Auslegung des Satzes 1 Kor 13,8: Die Liebe höret nimmer
auf. Stärker als der Tod ist die Liebe — das gilt nicht nur von
der Agape, sondern ist schon vorgezeichnet im Eros und wird
in ihm empfunden (336ff). Hier bewährt sich nochmals der
transzendentale Ansatz.

Es bleibt dem Rez. zuletzt eine Frage bei dem insgesamt
sehr gedankenreichen und diskussionswürdigen Buch, das fast
ein Studierwerk für die im Titel angezeigte Thematik darstellt
und hier keineswegs ausschöpfend vorgeführt werden konnte.
Wenn es um die Frage des Todes als Frage an das Leben geht,
müßte dann nicht auch die Aussage vom Tod als der Sünde
Sold noch stärker zur Geltung gebracht werden als es geschehen
ist, und zwar vielleicht in der Form, daß der Tod als
Wissen um den Tod media in vita Gericht ist?

Berlin Bernd Hildebrandt

Villalön, Jose R.: Sacrements dans l'Esprit. Existence Humainc
et Theologie Sacramentelle. Paris :Beauchesne [1977]. 444 S.
8° = Theologie Historique, 43. Kart. ffr. 114.-.

Der Vf. ist Professor an der World University in Puerto-
Rico. Das vorliegende Werk entfaltet das Thema seiner Dissertation
. Bisher hat sich der Vf. durch exegetische Studien ausgewiesen
, z. B. über Qumranfragen.

Das Anliegen des vorliegenden Buches ist sicher systematisch
-theologischer Natur, die Durchführung der Arbeit läßt
das Buch indes bei der biblischen Theologie einordnen. Es
liest sich gut, der Druckzustand ist ausgezeichnet, Druckfehler
fehlen fast ganz. Über 30 Seiten lang ist das Literaturverzeichnis
, man fragt sich gelegentlich bei älterer ev.-theol. Literatur,
warum das eine genannt wird und das andere nicht, warum
etwa Leisegang und nicht Otto, andererseits repräsentiert der
Überblick die internationale Literatur beider Konfessionen.
V.d.Leeuw hätte wohl herangezogen werden können, Verweise
auf selbstverständliche Gebrauchsliteratur wie Handkonkordanzen
sollten sich erübrigen.

Kann der Mensch Gott wahrhaft begegnen und wie? — das
ist die elementare Ausgangsfrage des Buches. Die Professoren
Molari und Masi werden genannt als Anreger, Schillebeeckx,
Rahner und Semmelroth gaben mit ihren Arbeiten zum Thema
Sakrament den theologischen Hintergrund der vorliegenden
Studie. Die beiden Teile des Buchs sind unterschiedlich in
Umfang und Darstellungsart.