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Ausgabe:

1979

Spalte:

219-221

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Titel/Untertitel:

Computational analysis of Kierkegaard's Samlede Vaerker 1979

Rezensent:

Kloeden, Wolfdietrich

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219

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 3

seine Bemühungen um das Werk Thomas von Aquinos bekannte
katholische Philosoph ihm wesentliche Anliegen mit
sprachlicher Überzeugungskraft formuliert. In den Aufsätzen
der etwa ersten Buchhälfte bringt der Autor sein Unbehagen
am Einbruch des heutigen Modernismus in die katholische
Theologie essayistisch zum Ausdruck. Er stellt dem geschickt
wahrhafte Katholizität entgegen, z. B. in den Beiträgen:
„Sakralität und ,Entsakralisierung"', „Nicht Worte, sondern
Realität: Das Sakrament des Brotes", „Was unterscheidet den
Priester? — Ein notgedrungener Klärungsversuch", „Was ist
eine Kirche? Vor-Überlegungen zum Thema .Sakralbau'", „Was
heifjt ,Gott spricht'?". Auch der evangelische Leser wird
hier so manchen Anstoß zu ernsthaftem Nachdenken über
theologische Grundthemen unserer Zeit empfangen, aber sich
vielleicht doch letztlich nicht in eine Parteinahme hineinziehen
lassen. Das ist bei den vor allem moralphilosophischen Beiträgen
des letzten Teiles anders. Hier fühlt man sich als Leser
ganz unmittelbar angerufen und aufgerufen. Etwa durch die
Erörterungen zur Tugend der Tapferkeit in dem ursprünglich
englisch erschienenen Aufsatz „Ist .Heldentum' noch aktuell?"
oder durch die Rede zur Eröffnung einer Woche der Brüderlichkeit
1973 mit dem Thema „Das Recht des Anderen" oder
auch durch den ausgesprochen anregenden Rundfunkvortrag
„Die Kunst, sich richtig zu entscheiden". Höhepunkte des Bandes
sind für mein Empfinden die akademische Festrede „Mißbrauch
der Sprache — Mißbrauch der Macht", die in ganz vorzüglicher
Weise die Auseinandersetzung Piatons mit den
Sophisten seiner Zeit analysiert und aktualisiert und dann die
Auseinandersetzung mit dem philosophischen Ansatz Jean-
Paul Sartres unter dem Titel „Kreatürlichkeit und menschliche
Natur". Für den Theologen am wichtigsten dürfte der Aufsatz
„Die mögliche Zukunft der Philosophie" sein, da er u.a. die
Notwendigkeit einer „kontrapunktischen Kooperation" der
Theologie mit Wissenschaft und Philosophie mit überzeugender
Deutlichkeit herausarbeitet. „Der .Dienst', den Wissenschaft
und Philosophie der Theologie zu leisten aufgefordert
sind, schließt vor allem dieses ein: daß sie die Theologie
daran hindern, sich in eine vermeintliche Autarkie davonzumachen
. Sogar das berüchtigte Wort von der cmcilla theolo-
giae, tausendmal mißdeutet, u. zw. von beiden Seiten her, besagt
schließlich nichts anderes als die Notwendigkeit der
Kooperation. Die Theologie bedarf der Verbindung mit Philosophie
und Wissenschaft. . ." (299).

Die Lektüre dieses Bandes ist im ganzen ausgesprochen anregend
und gewinnbringend.

Berlin Hans-Hinrich Jcnssen

McKinnon, Alastair: Computational Analysis o£ Kierkegaard's
Samledc Vaerker. Leiden: Brill 1975. VII, 1038 S. 4° = The
Kierkegaard Indices, compiled by A. McKinnon, IV. Lw.
hfl. 390.-.

Der vierte Band in der Reihe „The Kierkegaard Indices",
erarbeitet unter Leitung von Professor McKinnon (McGill
University Montreal) ist nicht nur eine Zusammenfassung des
zusammengetragenen Materials der vorangegangenen drei
Bände (vgl. ThLZ 98, 1973 Sp. 541-546; 100, 1975 Sp. 383 bis
386), sondern enthält darüber hinaus das zum Programm gemachte
und für die Kierkegaard-Forschung wichtige Bekenntnis
McKinnons, daß statistische Informationen wie genaue
, vollständige Einordnungen und Angaben jedes Wortes zum
„besseren Verständnis seines [Kierkegaards1] Denkens" führen
könnten (Vorwort, S. I.). Zweifellos erfüllt dieser vierte Band
seine Aufgabe. McKinnon meint mit Recht, daß er diese lexikalische
und statistische Dokumentation dem Andenken Kierkegaards
schuldig wäre. Denn nach McKinnons Meinung ist
Kierkegaard einer der großen Sprachmeister der Welt. Diese
Aussage ist berechtigt, denn Kierkegaard ist als Sprachschöpfer
innerhalb der Weltliteratur durchaus einem Luther ebenbürtig
.

Hinter den Wortlisten, den Worthäufigkeitsberechnungen
und diesbezüglichen Graphiken innerhalb des vorliegenden
Bandes verbirgt sich die durch den Computer ermöglichte Gesamtschau
auf die große Meisterschaft Kierkegaards nicht nur
in der Beherrschung der Wortbildung und -Setzung, sondern
auch in der Satzbildung. Das zu besprechende Werk bietet
sich außerdem an als Nachschlagewerk für diejenigen, die die
Geschichte der dänischen Sprache erforschen wollen. Es spiegelt
den Reichtum dieser Sprache in der Literatur der ersten
Hälfte des 19. Jh., dem „Guldalder" („goldenem Zeitalter"),
wider. In diesem Sinne ermuntert McKinnon dazu, mit Hilfe
der Computeranalyse auch andere große dänische Dichter
auf ihren Sprachschatz hin zu untersuchen (vgl. Vorwort, S. I).
Ich glaube nicht, daß man durch eine derartige röntgenähn-
liche Durchleuchtung des Schrifttums Kierkegaards zu der
Auffassung gelangen könnte, hier würde alles unheilvoll zerpflückt
und seziert und damit einem die Lektüre der Schriften
des großen Dänen verdorben. Im Gegenteil, die Arbeit mit
dem vierten Band der Indexreihe regt dazu an, selbst über
Kierkegaards Sätze nachzudenken und zu meditieren.

Der vorliegende Band ist in zwei große Abschnitte geteilt:
Der erste Abschnitt enthält eine Frequenzliste aller Worte mit
einer dieser folgenden, auf die Schriftwerke („Corpus") Kierkegaards
bezogenen, alphabetischen Wortliste. Der zweite Abschnitt
enthält statistisches Material, also Analysen des schriftstellerischen
Werkes mit Berechnungen der Worthäufigkeit
und hierauf bezogenen Graphiken. Die Frequenzliste geht bis
S. 237. Von Seite 238 bis 853 folgt der wichtigste und umfassendste
Teil. Er bildet die alphabetische, auf die Einzcl-
werke Kierkegaards bezogene Wortliste (im Hochformat zu
lesen!), die allerdings nicht die Häufigkeitsworte, d.h. zumeist
die einsilbigen Worte wie „og" („und") usw. enthält.
Letztere finden sich in der eben erwähnten Frequenzliste —
u. zw. wie alle anderen Wörter (a) mit der Zahlenangabe der
Häufigkeit im gesamten Schriftwerk und (b) mit der zahlenmäßigen
Angabe der Einzelbände, worin das betreffende Wort
vorkommt.

Der zweite Abschnitt — betitelt „Analyscs of the Corpus"
hat vier Teile, die von „A" bis „D" mit Zusatzziffern (arabisch
für die Tabellen, römisch für die Graphiken) gekennzeichnet
sind. Jener beginnt mit einer „additional Information* über
die 100 am meisten gebrauchten Wörter im schriftstellerischen
Werk Kierkegaards. Diese erste Tabelle („A 1") zeigt drei
Zeilen für jedes Wort dieser Gruppe. Hervorzuheben ist, daß
die erste Zeile die Häufigkeit jedes einzelnen Wortes dieser
Gruppe in jedem der 36 Einzclwcrkc Kierkegaards wiedergibt
. Die zweite Zeile enthält die angenommene, relative Häufigkeit
eines solchen Wortes, wenn man von einer gleichförmigen
Aufteilung jedes, aus der Gruppe der 100 Wörter
stammenden Einzelwortcs durch alle 36 Werktitel des Schriftwerkes
hindurch ausgeht. Die dritte Zeile gibt dann noch einmal
— prozentmäßig errechnet — das Häufigkcitsvorkommen
des zur Debatte stehenden Wortes im Werkvcrgleich an.

In dem diesem Teil folgenden Teil „B" (Frequenzberechnungen
der gesamten, im Schriftwerk vorkommenden Wörter
auf Tabellen mit diesbezüglichen Graphiken) wird zum Beginn
in der Tabelle „B 1" die Anordnung der Worthäufigkeit
innerhalb des Schriftwerkes von Kierkegaard in absteigender
Linie und in der Tabelle „B 2" in ansteigender Linie wiedergegeben
. In den Tabellen „B 3" bis „B 38" wird diese Aufteilung
der Wortfrequenz in ansteigender Linie für jedes der
36 Einzclwerke Kierkegaards aufgezeichnet. Die diesbezüglichen
Graphiken „B I" bis „B V" geben gute Vcrglcichsmög-
lichkeiten. „B 39" bietet eine Zusammenfassung.

Die Analysen der Wortlängen im Teil „C" und die der Satzlängen
in Teil „D" müssen den Sprachforscher besonders erfreuen
. Die Tabellen „C 1' und „C 2" zeigen die Anzahl der
Worteinheiten mit den verschiedenen Längen innerhalb des
Werk-Vokabulars. Auf den Tabellen „C 3" bis „C 74" finden
sich ähnliche Informationen für jedes der 36 Einzclwerke
Kierkegaards. Darauf bezogen folgen präzis ausgeführte Graphiken
(„C I" bis „C XXXVIT"). Mit einem ähnlichen Verfahren
wie bei Teil „C" werden im Teil „D" die Satzlängen unter-