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1979

Kategorie:

Judaistik

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Neuerscheinungen

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187

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 3

Iss

den des Jupiter Capitolinus („Judensteuer"), das Verhalten Domitians
gegenüber den dem Judentum Zuneigenden (Judaizers),
schließlich über die Affäre zwischen Titus und Agrippas II.
Schwester Berenike. The Jewish revolt of A. D. 115—117 mit
ihren z. T. erstaunlichen, wenn auch nur vorübergehenden Erfolgen
in der Kyrenaika und in Ägypten und ihre negativen
Auswirkungen werden in XV beleuchtet (389—427). Der Diaspora
des 2. und 3. Jh. endlich gilt c. XIX (507-525), zumal
ihrer Bedeutung in Kleinasien, ihrem weiteren Bestand in
Ägypten und ihrem Anwachsen in Rom. In Conclusion (XXI)
faßt M. S. die wichtigsten Ergebnisse ihrer Untersuchungen
über das Verhalten Roms gegenüber der Judenschaft zusammen
(539—543) und gibt einen Ausblick auf deren Stellung
unter den christlichen Kaisern des 4. Jh. (543—545). Beigegeben
wird außer 5 Appendices ein ausführlicher (575—595) Index der
Namen und Sachen, der sich als recht hilfreich bewähren
dürfte, nicht zuletzt durch die weitgehende Untergliederung
der Stichwörter (so sind z. B. unter coins of Palestinian cities
für die betr. Städte oder unter Josephus für die von ihm angeführten
Dokumente^ jeweils die Bezugnahmen bei M. S. nachgewiesen
). Die wichtigste Literatur ist im Rahmen des Abkürzungsverzeichnisses
angeführt (IX—XIV).

Sein besonderes Gewicht erhält das anschaulich, des öfteren
in bildhafter Sprache geschriebene Opus ebenso durch die oben
bezeichnete Thematik wie durch das spezifische Sachwissen der
Vfn. Als Althistorikerin bringt sie die reiche Kenntnis der Geschichte
des Imperiums in den großen Linien und in den Einzelheiten
(einschließlich z. B. der Zivilverwaltung, der militärischen
Organisation, des Rechts) in das Handbuch ein, die
vielfältig für das Verständnis der jeweiligen Situation der Judenschaft
und das Verhalten der römischen Seite bedeutsam
werden. So vermag sie in der Beurteilung der Ereignisse der
letzteren gerecht zu werden, die nach ihr weithin'1 eine folgerichtige
, jeweils der Gesamtlage entsprechende, vom Staatsinteresse
bestimmte Politik gegenüber der Judenschaft durchführt
, und zugleich die Geschichte der Judenschaft genauer
in die des Imperiums einzuordnen. Von der eingehenden Schilderung
der Ereignisse in Palästina in den 135 Jahren vor der
Tempelzerstörung her wird weithin historisch faßbar, wie die
Katastrophe eine längere Periode der jüdischen Geschichte mit
ihrem Ineinander von Motiven (auch von sachlichen und persönlichen
) abschließt. Andererseits bietet das Handbuch erstmals5
einen eingehenderen, nach Epochen gegliederten Überblick
über die Geschichte der jüdischen Diaspora im römischen
Reich.

Die Fundierung der Darstellung insgesamt wird für den
Leser deutlich von der Arbeit mit den Texten her (übrigens
auch rabbinischen); sie werden nötigenfalls kritisch beleuchtet
oder nach bestimmten Einzelheiten erörtert, auch in Auseinandersetzung
mit der reich herangezogenen Literatur. Durch
die Kombination verschiedenartiger Quellenaussagen werden
vielfältig besondere Lichter gesetzt (auch die Münzen werden
häufig ausgewertet). Bedingte Aussagen sind angesichts des
begrenzten Materials nicht zu vermeiden. Die eigenständige
Darstellung wird nicht zuletzt bedeutsam durch die Einbeziehung
sowohl der kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Gegebenheiten wie der Voraussetzungen und der Konsequenzen
im geistigen und speziell im religiösen Bereich des
Judentums (nicht zuletzt der Diaspora).

Halle (Saale) Gerhard Delling

1 Von daher ergibt sich eine Abgrenzung von S. Safrai - M. Stern, The
Jewish Peoplc in the First Century I, Assen 1976 (dazu s. ThLZ 103, 1978
Sp. 346f).

2 Dafür ist ausführliches Quellenmaterial verfügbar. S. M. war zunächst
durch einen eingehenden Kommentar zu Philons Legatio ad Gaium (-1970) bekannt
geworden.

3 Über ihren Quellenwert s. App. B (558 -560).

* Ausnahmen zumal im Vorgehen der Statthalter in Palästina In den letzten
Jahrzehnten vor 70 n. Chr.

'• Vgl. Delling. HUCA 45. 1974 (copyr. 1975) 136.176.

Klein, M. L.: Meturgeman and Neofiti 1 — A Rejoinder (Bibl

59, 1978 S. 267).
Vanderkam, James C.: The Textual Affinities of the Biblical

Citations in the Genesis Apocryphon (JBL 97, 1978 S. 45-55).

Neues Testament

Prabhu, George M. Soares, S. J.: The Formula Quotations in
the Infancy Narrative of Matthew. An Enquiry into the
Tradition History of Mt 1-2. Romc: Biblical Institute Press
1976. XV, 346 S., 5 S. griech. gr. 8° = Analecta Biblica In-
vestigationes Scientificac in Res Biblicas, 63. Lire 14.000.

Ziel der 1969 bei Leon-Dufour in Fourviere-Lyon gearbeiteten
, hier für den Druck umgearbeiteten Dissertation ist ein
traditionsgeschichtliches i a decomposition of Mt's Infancy
Narrative into the redactional and pre-redactional elements,
by starting from the formula quotations, the one certainly
redactional dement (41). Die formula quotations (etwa unser
„Reflexionszitate") bilden eine einheitliche Gruppe mit den drei
Kennzeichen: a fulfilment formula; an extra-narrative commen-
tary funetion; and a non-Septuagintal text form (40). Kap. 1
dient dem Nachweis, daß die Zitate innerhalb des Matthäus-
Evangeliums, die eine etwas andere Struktur haben, aus der Tradition
übernommen worden seien. Prabhu folgt mit der Abhebung
der beiden Zitat-Formen gegeneinander Massebieau (1895).
Die Textform der „traditionellen" Belege (oft nach LXX) weicht
von der der formula quotations ab. Schon die gelegentliche (an
Mt 2,5f gezeigte) Annäherung solcher Belege an die Textform
der formula quotations kann auf den Gedanken bringen, die
formula quotations könnten ein Spezifikum des Evangelisten
sein. Dem steht jedoch die Lösung entgegen (etwa bei
G. Strecker), Matthäus könne die Reflexionszitate nicht geschaffen
haben, da er die anderen Zitate der LXX annähere, die sein
Bibelbuch gewesen sei. Man müsse diese Reflexionszitate aus
einem Testimonienbuch ableiten. Prabhu widmet einen Teil
seiner Kraft der Widerlegung dieser These.

Das geschieht in mehreren Arbeitsgängen. Die traditionellen
Zitate werden geprüft. Sie sind in der Regel nicht der LXX
angenähert (81f). Wo dies doch, im Einzelfall, so ist, müsse
man mit einer vor-redaktionellen Assimilation rechnen. The
LXX is not „Matthew's Bible" (83). Dagegen weisen die formula
quotations auf die Hand des Redaktors i Sie sind in den Kontext
eingebettet (48) und tragen die Merkmale des Evangelisten
(50ff). Selbst ihre „Grundform" ist redaktionell, wegen
ihrer Diktion (59ff) und ihrer alttestamentlichen Analogien
(62): a redactional creation, inspired by OT forms (59 u. 62).
Damit ist die Plattform geschaffen für die wesentlichste Erkenntnis
dieses Buches. Denn nun kann die in den formula
quotations dargebotene Textform ohne zusätzliche Hypothesen
untersucht werden. Ergebnis: Die von den formula quotations
eingeleiteten Zitate sind kontextgebunden! a highly spezialized
gioup of quotations, with a very individual theological and
hermeneutical slant (73) sind es, ad hoc compositions (74).
Zur Erklärung dieser Beobachtung sollten wir mit einer freien
Übertragungsmethode rechnen, die schon bei der LXX-Über-
setzung und den Targumen zu erkennen ist: Each Version . . .
provides a new and coherent contemporizing interpretation of
the original text. Man kann all diese Übersetzungen mit ihren
charakteristischen Abwandlungen und in ihrer Freiheit dem
MT gegenüber nur begreifen als a targumic interpretation-
translation. Damit fällt das gewichtige Stichwort der „targu-
misation" (85). Hiermit ist eine entscheidende These erreicht,
die man künftig auch außerhalb der hier beachteten Beschränkung
auf das Matthäus-Evangelium wird diskutieren müssen.
Der Evangelist erscheint als ein Übersetzer, der dem MT eigenständig
gegenübersteht, insofern er ihn, gewiß angenähert an
die LXX-Sprache, selbständig zu übertragen in der Lage war.
Prabhu zeigt dies ausführlich am Beispiel Mt 4,14—16 (85ff). In
Kap. 3 wird die Erkenntnis außerdem noch an dem Beispiel
Mt 21,4f (Einzug in Jerusalem) vorgeführt. Das Ergebnis ist
kompliziert. Sowohl der Kontext beeinflußt das Zitat (Auslassung
unnötiger Einzelheiten usw.) als auch das zitierte Bibelwort
die Erzählung. Contcxt and quotation each influences and
is influeneed by the other (159f). Dabei übernimmt die Theologie
des Evangelisten eine steuernde Funktion. Genau diese
Zitat-Steuerung unter christologischen Gesichtspunkten macht
die matthäische Form der Targumisierung aus, that their
christological relevance is made piain.