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1979

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 3

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gegenüber dem Kultus in der ägyptischen und mesopota-
mischen Weisheitsliteratur, um dann nach der gleichen Methodik
die israelitische zu untersuchen, nämlich Prov 1 bis 9;
10—31, Hiob : Erzählung; Gesprächsgang, Kohelet, Sirach, Sa-
pientia. Es folgt eine Erörterung der Lehrgedichte und Wcis-
heitspsalmen. „Conclusions" bieten abschließend die Ergebnisse
in systematischer Zusammenfassung dar.

Dem Leser führt die aufwendige Mühe Hiob in der Erzählung
als einen Mann vor Augen, der auf genaue Erfüllung der
kultischen Pflichten bedacht war. Prov 3,9f enthält die Mahnung
, am Kultus teilzunehmen, der Lohn werde eine gute
Ernte sein. Schließlich gelangt Vf. zu der Feststellung, die
Grundsätze für weises Verhalten im Kult seien genau die gleichen
, die für das Verhalten in den Bereichen der Weltordnung
galten.

Jesus Sirach liefert umfangreiches Material. Er unterstreicht
Gebet und Gehorsam gegenüber der Tora und hält die kultische
Religiosität für einen wesentlichen Teil von Israels religiösem
Erbe und des Weisen eigener Frömmigkeit. Das Gebet
hebt gleichfalls der Verfasser der Sapientia hervor. Darüber
hinaus verwirft er nicht jüdischen Kult und die Anbetung von
Götterbildern (dazu hätte ferner die Epistula Jeremiae herangezogen
werden sollen). Hierher gehört endlich die Warnung
vor der fremden Frau in den Proverbien, wenn man sie als
Verehrerin einer Fruchtbarkeitsgöttin zu beurteilen hat. Vf.
schlußfolgert, die Weisen hätten sich in Übereinstimmung mit
der priesterlichen Tradition befunden. Sie redeten von Opfer
und Gebet, von Gelübde und Orakel und gebrauchten kultische
Terminologie.

Es ist freilich die Frage, ob man so formalistisch prozedieren
darf, weil es ja nicht ausgemacht ist, daß der Kultus einen
Teil der durch den weisheitlichen Erkenntnisdrang vorausgesetzten
Ordnung vorstellt, die im Laufe der israelitisch-jüdischen
Geschichte obendrein nicht durchgehend dieselbe bleibt.
Beachtung verdient dabei der Hinweis von Rads (a. a. O.,
S. 241), im Kontext weisheitlicher Lehre erscheine der Kultus
nur als eine Angelegenheit des Einzelmenschen.

So trägt es auch nicht viel aus, wenn Vf. auf Grund einer
umfänglichen Erörterung der Weisheits- und Lehrpsalmen nur
in zwei Fällen (Ps 19 B; 119) die Vermutung äußern kann, die
Gedichte seien für kultischen Gebrauch bestimmt gewesen. Er
kann dann nur noch behaupten, die Weisen des Alten Orients,
auch die in Israel, hätten Anteil an der Abfassung von Poesie
ähnlich den Kultliedern gehabt, um ihre Verehrung der Götter
zum Ausdruck zu bringen, wie er schon bei Sirach zeigte. Er
hat allerdings nicht bedacht, daß Weisheitliches umgekehrt in
Kultliedern Aufnahme fand.

Immerhin ist dem Vf. zu danken, daß er den hier anstehenden
Aufgabenbereich anpackte. Mit Recht stellt er heraus, wie
der Weise selbst und die Menschen, die er anredet, nicht außerhalb
des kultischen Lebens stehen. Um so eher kann eine aus
prophetischer Tradition herrührende kritische Haltung verständlich
sein, wie sie Prov 21,3 und in anderen Sprüchen zum
Ausdruck kommt. Kohelet nimmt eine ebenfalls kritische und
zurückhaltende Position ein. Er ist skeptisch angesichts des
Glaubens, Gott lasse sich durch kultische Betätigung beeinflussen
und in seinen Entscheidungen bestimmen. Wieder einen
anderen Blickwinkel entdeckt Vf. in der Hiobdichtung. Sie
wolle den Kultus auf eine neue theologische und kosmologische
Basis stellen. Gott und der Kosmos hätten keine Relation zum
moralischen Verhalten des Menschen. Die einzig gültige Grundlage
für die Kultreligion sei das Gefühl der Ehrfurcht, hervorgerufen
durch die geheimnisvolle Majestät des Göttlichen. Leider
wertet Vf. solche Erkenntnisse nicht aus. Auf dem von ihm
bearbeiteten Sektor wird Weiteres zu leisten sein, denn es ist
zu den anstehenden Fragen noch nicht das letzte Wort gesprochen
.

Das Literaturverzeichnis am Ende ist ziemlich reichhaltig. Dennoch vermißt
man einige Titel, die hätten herangezogen werden sollen. Nicht in jedem Falle
ist die letzte Auflage genannt und manchmal wird ein Aufsatz nach der Erstveröffentlichung
, manchmal nach dem Wiederabdruck in einem Sammelband
notiert. Man stöfjt auch auf Fehler. So ist z. B. unter den Büchern bei Dahood
der Titel unvollständig: Proverbs and Northwest Scmitic Philology. Geses Buch
heifit „Lehre und Wirklichkeit in der alten Weisheit' (nicht Orient). Unter den
Artikeln lautet der zweite Aufsatztitel Fichtners: „Zum Problem Glaube und

Geschichte in der israelitisch-jüdischen Wcishcitsliteratur". Die Liste liefie sich
vermehren. Die Abkürzungen sind z. T. anders gebräuchlich als hier angegeben
.

Leipzig Wolfram Herrmann

Anderson, Bernhard W.: From Analysis to Synthcsis: The Interpretation
of Genesis 1-11 (JBL 97, 1978 S. 23-29)

Cogan, Mordechai i Israel in Exile — The View of a Josianic
Historian (JBL 97, 1978 S. 40-44).

Coogan, Michael David: A Structural and Literary Analysis of
the Song of Deborah (CBQ 40, 1978 S. 143-166).

Dahood, M.: $ir „emissary" in Psalm 78,49 (Bibl 59, 1978 S.
264).

-: Arnos 6,8 m'tä'eb (Bibl 59, 1978 S. 265-266).
—: Exodus 15,2 'anwehü and Ugaritic snwt (Bibl 59, 1978 S.
260-261).

-: New Readings in Lamentations (Bibl. 59, 1978 S. 174-197).
-: Vocative Lamedh in Psalm 74,14 (Bibl 59, 1978 S. 262-263).
Isbell, Charles D.: Another Look at Arnos 5:26 (JBL 97, 1978
S. 97-99).

McNeely, Richard I.: First and Second Kings. Chicago, Iii.:

Moody Press [1978). 158 S. 8°.
Maier, Johann: Die Tempelrolle vom Toten Meer, übers, u.

erläutert. München-Basel: Reinhardt [1978]. 128 S. m. 2 Abb.,

3 Tab. 8° = Uni-Taschenbücher, 829. Kart. DM 15,80.
Nordheim, E. von: Ein Prophet kündigt sein Amt auf (Elia am

Horeb) (Bibl 59, 1978 S. 153-173).
Tosato, A.: La colpa di Saul (1 Sam 15,22-23) (Bibl 59, 1978

S. 251-259).

Wittsruck, Thornc: The Influencc of Tresty Cursc Imagery on

the Beast Imagery of Daniel 7 (JBL 97, 1978 S. 100-102).
Zuck, Roy B.: Job. Chicago, III.: Moody Press [1978]. 192 S. 8°.

Judaica

Attridge, Harold W.: The Interpretation of Biblical History in
the Antiquitates Judaicae of Flavius Josephus. Missoula,
Mont.: Scholars Press [1976]. XI, 205 S. 8° = Harvard Dis-
sertations in Religion, 7. $ 6.-.

Mit einer weit zurückgreifenden Übersicht über die Forschung
führt H. Attridge in c. I zielstrebig auf seine besondere
Aufgabe zu. A. geht davon aus (c. II), daß Josephus in ant 1-10
(abgesehen von der Bibel, die er hauptsächlich in der Gestalt
der LXX benutzt) wenig von jüdischer Literatur beeinflußt ist
(gewisse theologische Entsprechungen finden sich in Jub und
den pseudo-philonischen ant bibl). Dagegen sind Anlage und
Zielsetzung der ant speziell von den „Römischen Altertümern"
des Dionysios von Halikarnass mitbestimmt, eines typischen
Vertreters der rhetorischen Geschichtsschreibung1. Die erbauliche
, erziehliche und zugleich apologetische Aufgabe, die sich
Josephus für die ant setzte, stellt er im Proömium heraus
(1,1-26). Es ist das besondere Verdienst der Untersuchung, daß
sie die Durchführung dieser Aufgabe in ant 1—10 vor allein
für zwei entscheidende Aussagenbereiche aufzeigt.

In c. III geschieht das für den Gedanken der Vorsehung Gottes
des Helfers und Verbündeten Israels. Im Walten seiner Pro-
noia gegenüber Israel wird Gottes vergeltende Gerechtigkeit exemplarisch
sichtbar. Dahinter tritt nach A. der alttestamentliche
Bundesgedanke zurück. Gottes belohnende Providentia wird
zumal in ant 1—4 in der wunderbaren Hilfe für das bedrängte
Israel sichtbar (Motiv der Peripetie). In ant 5-10 wird Gottes
Vorsehung vor allem an der Erfüllung der Prophetie demonstriert
. Die Geschichte Israels ermutigt zum Vertrauen auf Gottes
Beistand gegenüber den seinem Willen Gehorsamen. Die
Grundlinien der ethisierenden Geschichtsbetrachtung in ant
1—10 zieht sodann c. IV nach. Die sittlichen Qualitäten, die an
den großen Gestalten der Geschichte Israels vor allem gerühmt
werden, sind Besonnenheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit und insbesondere
Frömmigkeit, die als vollständige Hingabe an Gott,
als Gehorsam gegen seinen Willen, als Antwort auf seine Providentia
verstanden wird (116). Das Gegenteil ist das Ver-