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Ausgabe:

1978

Spalte:

139-142

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Ein katholischer Katechismus 1978

Rezensent:

Jetter, Hartmut

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 2

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Ende einer Diskussion: Der Papst hat gesiegt, das Kirchenvolk
ist befriedigt, die Antizölibatären sind ausgeschieden.
Zum Thema ist nichts Neues zu sagen. Aber es ist gut, daß
Inhalt und Art der Diskussion in der Aufklärung endlich
einmal in einem Buch zusammengefaßt sind. Mit ihm hat
ein erfahrener Priester mit 45 Jahren promoviert. Er hat
nichts von Belang ausgelassen oder falsch gezeichnet. Manches
könnte man sich gestraffter vorstellen, andererseits
ist es gerade sein Verdienst, daß er die Zwischentöne und
Nuancen zur Sprache bringt.

Wo steht der Verfasser selbst? Manchmal meint man, er
mache sich lustig über die Rationalität der Aufklärer, die
Theologie mit Vernunft verwechseln. Mit besonderem Einfühlungsvermögen
hat er Johann Baptist Hirschers Position
nachgezeichnet. Insgesamt wird man sagen müssen,
das Buch sei eine historisch und systematisch geglückte und
auch sprachlich lebendige Darstellung.

Für den protestantischen Theologen bleibt freilich nach
allem der bittere Geschmack, daß das oft zitierte böse Wort,
das die Gleichsetzung von Institution und Charisma auf
allen Stufen der vergangenen Diskussion markiert, nicht
sterben wird: Si non caste, saltem caute.

Bensheim Joachim Lell

I Vgl. Joseph Lecuyer: Die Geschichte des Dekrets über Dienst
und Leben der Priester, in LThK, Vatikanum IL Bd. III, 1968, S.
128 ff. hier 136.

* Gottfried Maron: Evangelischer Bericht vom Konzil, IV. Session,
1966, S. 38 fl.

' LThK a. a. O. 217.

' MDKI 18,1967, 102 ff.; Ein Überblick über die wichtigsten Stimmen
der Gegner, Befürworter und Ausgleicher, s. MDKI 19,1968,
87 fl.

* Z. B. Verlautbarung der deutschen katholischen Bischöfe am
27./28. 12. 1963; Wortlaut in MDKI 20, 1969, 12 ff.

* Heiner Grote: Die katholische Rechte seit dem II. Vatikanischen
Konzil. In: MDKI 20, 1969, S. 4. Gerhard May: Zölibat und Zölibatskrise
. In: Das Zeichen 76, Mai 1969, S. 164 fl.

' Die Zölibatsfrage in Holland und anderswo, MDKI 21, 1970, 23 f.
s Erwin Fahlbusch: Zölibat und Ökumenismus oder: Ist die römisch
-katholische Kirche dialogfähig? MDKI 21,1970, 75 ff.

* Vgl. Ernst-Albert Ortmann: Die Väter haben gesprochen, Bericht
über die 3. Bischofssynode (30. 9. bis 6. 11.1971, Rom) in MDKI
22, 1971, 96 ff.: Die Priesterweihe an verheiratete Männer gibt es
nicht einmal in Sonderfällen.

Georg Denzler: Das Papsttum und der Amtszölibat (Serie: Päpste
und Papsttum Band 5).

Teil 1: Die Zeit bis zur Reformation, Stuttgart 1973.
Teil 2: Von der Reformation bis in die Gegenwart, 1976.

II A. Roskoväny: Coelibatus et breviarium: duo gravissima clerl-
corum officia, e monumentis omnium seculorum demonstrata.
Bd. 1-3. Pest 1861; Bd. 6. Nitra 1877.

Dyer, George J. [Hrsg.]: Ein katholischer Katechismus, übers,
von A. Pieper und I. Wild. München: Kösel-Verlag [1976].
342 S. 8°. Lw. DM 25,-.

Eine bereits abgeschriebene literarische Gattung des konfessionellen
Schrifttums ist in diesen Jahren zu einer kaum
erwarteten Blüte gekommen. Jahrhundertelang hat man
Katechismen nur noch abgedruckt, sie höchstens revidiert,
und auch dies nur für Kinder und Konfirmanden. Der in
deutscher Übersetzung 1968 erschienene „Holländische Katechismus
" war dann ein Ereignis! Ein Ereignis auch insofern
, daß er spontan Nachfolger gefunden hat: Der „Katechismus
1974" von Hans Martin Heibich, das „Neue Glaubensbuch
" (1974), „Erfahrung mit Gott (Einübung in den
christlichen Glauben)" von Jörg Zink (1974), Hans Küngs
„Christ sein" (1974) und nicht zuletzt der „Evangelische
Erwachsenenkatechismus" von 1975. Dazwischen seit 1973
noch die 16 Briefe zur „Information über den Glauben" von
Helmut Thielicke, als Herder-Taschenbuch 1975 gesammelt
erschienen. Diese Arbeiten füllen bereits ein ganzes Bücherbord
. Dazu gesellt sich nun „Ein katholischer Katechismus".
Und schon folgen weitere Titel: Karl Rahners „Grundkurs
des Glaubens", 1976, Walter Schlenker, „Glaubwürdig Christ
sein" (Kreuzverlag 1977) sowie „Aufschlüsse — Ein Glaubensbuch
für Erwachsene", 1977 im Auftrag der evangelischen
Kirchen in der DDR herausgegeben (Evang. Verlagsanstalt
, Berlin). — Zweifellos ein bemerkenswertes Phänomen
in diesen Jahren!

Für den aufmerksamen Beobachter ist dabei folgendes
interessant: Jedes dieser in der Gattung vergleichbaren
Werke versucht, die gestellte Aufgabe auf eine andere
Weise zu lösen: Höchstverschiedene Ansätze, ganz verschiedenartige
Zusammensetzung der Verfasser, ganz unterschiedliche
Methoden. Unter diesem Eindruck geht man an
die Lektüre dieses aus den USA kommenden Werkes. Achtzehn
zum Teil auch in Deutschland bekannte Theologie-
Professoren, überwiegend Jesuiten, versuchten, in genau
588 Einzelfragen und Antworten den katholischen Glauben
zu formulieren, ihn für die Gegenwart zu deuten und Anleitung
zu geben für Moral und Frömmigkeit. In Aufbau
und Anordnung erhebt der amerikanische Versuch keinen
Anspruch auf einen ungewöhnlich neuen Weg. Die vier
Hauptkapitel lauten:

Der katholische Glaube (Offenbarung, Kirche, Gott, Schöpfung
und Sündenfall, Gnade, Christologie, Mariologie,
Eschatologie).

Die christlichen Sakramente (im allgemeinen und im einzelnen
) .

Grundlagen der Moral (Sittengesetz, Gewissen, Glaube,
Hoffnung und Liebe).

Das christliche Leben (Frömmigkeit, Sexualität, Gerechtigkeit
und Wahrheit, Leben, gerechte Gesellschaft, sittliche
und religiöse Erziehung u. a.).

Die Einzelkapitel entfalten sich — vergleichbar den traditionellen
Katechismen — in eine unterschiedliche Anzahl
von Fragen und Antworten. Der Gedankengang innerhalb
der einzelnen Abschnitte geht überwiegend nach folgendem
Muster vor:

1. Biblische Begründung (dabei haben sich die einzelnen
Verfasser durchaus mit unterschiedlicher Neigung zu der
„biblischen Erneuerung" in der katholischen Theologie bekannt
).

2. Entwicklung der betreffenden Lehre im Laufe der Kirchengeschichte
(von den Kirchenvätern über das Mittelalter
, eventuell, wo es sich besonders nahelegt, auf die Reformatoren
und entsprechend auf das Tridentinum eingehend
). Sodann Auszüge aus Enzykliken der jüngeren Vergangenheit
und aus dem Vatikanum II.

Will der Leser nun einfach diesem Wege folgen, muß er
oftmals Geduld aufbringen, bis er auf Dinge stößt, wo er
Ausrufezeichen am Rande notiert. Das ist vor allem dann
der Fall, wenn der betreffende Autor sich betont darum bemüht
, die Linien bis in die Gegenwart hinein auszuziehen
oder wo er Einblick gibt in eine noch offene theologische
Diskussion. Erregend wird es dann, wenn der Katechismus
dazu ermuntert, die eigene Gewissensentscheidung zu wagen
, nämlich dort, wo es abzusehen ist, daß auch das Kirchliche
Lehramt hier noch nicht das letzte Wort gesprochen
hat.

Um diesem neuen Versuch insgesamt gerecht zu werden,
sollte man ihn zunächst noch nicht mit den oben genannten
gegenwärtigen Partnern vergleichen, sondern ihn einmal
am eigenen Anspruch messen. Dazu heißt es: „Die Schwierigkeiten
, die sich einem solchen Katechismus (der von allen
gelesen und verstanden werden kann, wenigstens von allen
Erwachsenen) entgegenstellen, sind in der Tat sehr groß.
Die Vermittlung, die in ihm geleistet werden sollte, nämlich
die Vermittlung zwischen einer heute verantwortbaren, verständlichen
und auch überzeugenden Glaubensaussage mit
der Tradition der Schultheologie und des Kirchlichen Lehramtes
und schließlich mit den Erkenntnissen der durch moderne
Wissenschaften herausgeforderten gegenwärtigen
Theologie ist gerade heute erst als Aufgabe erkannt. Von
ihrer Bewältigung sind wir allerorts noch ziemlich weit
entfernt." In der Tat: „Ein katholischer Katechismus" ist
ein eindrucksvoller Beleg für die hier genannten grundsätzlichen
Schwierigkeiten. Gelungen ist ihm die Darlegung
der heute wesentlichen Glaubensaussagen für den katholischen
Christen. Gelungen, jedenfalls in der Kürze eines
Katechismus, scheint mir auch die Verknüpfung dieser
grundlegenden Aussagen mit der Tradition der Theologie