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Ausgabe:

1978

Spalte:

120-122

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Staats, Reinhart

Titel/Untertitel:

Theologie der Reichskrone 1978

Rezensent:

Haendler, Gert

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119

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 2

120

berechnet ist. Der vorliegende erste Band enthält die ersten
zwei Dialoge, die den Problemen nachgehen, daß Vater und
Sohn gleichewig und wesenseins seien und daß der Sohn
zugleich nach der Natur aus dem Vater hervorgegangen sei.

Die zwischen 423 und 425 verfaßten Dialoge sind ein Nachläufer
der trinitarischen Problematik und gehören noch
nicht in den christologischen Streit. Die indirekte Überlieferung
zeigt, daß das Werk später wenig Beachtung fand, vor
allem von Monophysiten wenig zitiert wurde. Leider hat D.
nicht genügend Schlüsse aus der Art der späteren Benutzung
gezogen. Die direkte Überlieferung ist schlechter als
bei anderen Werken Kyrills, vollständige Ubersetzungen in
orientalische Sprachen oder ins Lateinische fehlen.

Die Bemerkungen zur direkten Überlieferung sind in diesem
Band sehr knapp. Man muß den betreffenden Abschnitt
in SCh 97 hinzuziehen, da die vier Haupthandschriften
auch Zeugen von De incarnatione sind. Die Begründung
für das Stemma S. 119 überzeugt. Allerdings stimmen die
Zeitangaben für die Handschriften auf den S. 87 ff., 119 und
129 nicht ganz überein. Viele Aussagen D.s über seine Prinzipien
der Textkonstituierung (S. 115 ff.) können jedoch
noch nicht überprüft werden, da sie Stellen aus den Dialogen
3—7 betreffen.

Die französische Übersetzung ist mit großer Gründlichkeit
und auch in sehr ausgewogener Verwertung der deutschen
Ubersetzung von H. Hayd (BKV 1897), die S. 121 f. richtig
beurteilt wird, erarbeitet. Schon sie zeigt, daß der Nachdruck
dieser Edition auf dem theologischen Verständnis
liegt. Das wird auch durch Einleitung und Kommentierung
bestätigt. Die Einleitung, zu der auch die Praefatio von
SCh 97 hinzuzuziehen ist, zeugt von einem tiefen Verständnis
Kyrills. Allerdings sind die orientalischen Quellen m. E.
nicht genügend gründlich ausgewertet und charakterisiert
(vgl. z. B. u. a. S. 19, A. 4; S. 20, A. 1). Auf den Seiten 359 bis
404 folgt ein Abschnitt „Notes et explications", also nicht
etwa ein fortlaufender Kommentar. Es handelt sich um sehr
ausführliche Bemerkungen zu ausgewählten Stellen besonderer
theologischer Begrifflichkeit. Hier trägt die große Belesenheit
D.s und seine jahrelange Beschäftigung mit Kyrill
reife Frucht. Leider bleiben wichtige Stellen ohne kommentierende
Bemerkung und werden methodische Grundlinien
der Argumentation Kyrills nicht deutlich. Kyrill fußt oft auf
dem Johannesevangelium. Auch sein einige Jahre nach den
Dialogen verfaßter Kommentar zu diesem Evangelium war
eine Auseinandersetzung mit den Arianern. Es fehlen Verweise
auf Diskrepanzen oder Übereinstimmungen mit diesem
Kommentar, wodurch manches in den Dialogen deutlicher
werden könnte.

Im Sachapparat vermerkt D. allein Bibelstellen. Nur ungern
vermißt man hier die Angabe von Quellen, von Parallelen
, von abhängigen Zeugen, weil erst dadurch dem Leser
eine theologiegeschichtliche Einordnung dieses Werkes
Kyrills möglich wäre. Nur auf ein Beispiel kann hier verwiesen
werden. S. 160 entwickelt Kyrill die Auffassung, daß
der Logos gemäß der Schrift Fleisch wurde, aber nicht in
einem Menschen war. Er verwertet hier Äthan., C. Arian.
III 30 (Migne PG 26, 388AB) und stützt sich wie dieser auf
Joh 1,14. Vom Text des Athanasios aus werden erst die
Sätze Kyrills verständlich. Es zeigen sich aber auch andere
Akzentuierungen bei Kyrill. Kyrill hatte für seine anti-
arianischen Schriften Athanasios, Didymos und anderes
Orthodoxes und Heterodoxes ausgewertet. Nicht immer
läßt sich die Abhängigkeit genau bestimmen, doch hinweisen
sollte man im Sachapparat darauf.

Zitiert wird in dem Band nach den Seitenzahlen der Edition
Auberts. Das erschwert den Gebrauch vorliegender
Edition etwas, ist aber darin begründet, daß die Edition D.s
nur sukzessive erscheint. Warum allerdings auf die Angabe
der Spalten aus der Patr. Gr., die ja viel verbreiteter als die
Edition Auberts ist, verzichtet wurde, ist nicht einzusehen.
Die Konkordanz S. 405/06 ist nur ein umständlicher Ersatz,
deren Benutzung dadurch erschwert wird, daß die Orientierung
nach dem Ende der Mignespalte erfolgt.

Der hier besprochene Band trägt die Nr. 231. Die Reihe
begann im Jahre 1942. 1965 zählte sie 100, im Jahre 1973 bereits
200 Bände. Dazu kommen viele verbesserte Nachauflagen
. Wenn man die schwierige finanzielle Lage, die aus den
Rapports financiers der letzten Bulletins des amis de ,Sour-
ces chretiennes' zu entnehmen ist, berücksichtigt, wird man
diese Leistung bewundern, die nicht zuletzt der Tatkraft
C. Mondeserts, S. J., zu verdanken ist, der sich auf viele
Mitarbeiter und die Mitglieder des Institut des Sources
Chretiennes stützen kann. Dafür sollte auch in dieser Zeitschrift
Dank gesagt werden, verbunden mit dem Wunsch,
daß die SCh auch weiterhin in so gediegener Art, wie in
vorliegendem Band, die spätantike christliche Literatur zugängig
machen können.

Berlin Friedhelm Winkelmann

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Staats, Reinhart: Theologie der Reichskrone. Ottonische
„Renovatio Imperii" im Spiegel einer Insignie. Stuttgart:
Hiersemann 1976. VII, 185 S., 21 Abb. a. Taf. gr. 8° = Monographien
zur Geschichte des Mittelalters, in Verb, mit
F. Prinz hrsg. von K. Bosl, 13. Lw. DM 110,-.

Die überarbeitete Habilitationsschrift, die von der Theologischen
Fakultät Heidelberg angenommen wurde, untersucht
die Reichskrone als ein aussagekräftiges Beispiel, um
die „eigentümliche Erneuerung der konstantinischen Reichsidee
im 10. Jh. zu erfassen" (Vorwort). Von 21 Abbildungen
am Ende des Bandes lassen 6 Einzelheiten der Reichskrone
erkennen, soweit dies in Schwarzweißbildern möglich ist.
Die Arbeit ist primär theologiegeschichtlich ausgerichtet, sie
berücksichtigt aber auch benachbarte Bereiche wie Mediävistik
, Byzantinistik und Kunstgeschichte. Einleitend legt
Staats die ikonographische und ikonologische Fragestellung
vor (S. 1—18). Der Teil B „Das theologische Programm der
Reichskrone" (S. 19—95) beschreibt die heutige Gestalt jener
Krone, die als einzige Herrscherkrone der Welt die Gestalt
eines Oktogons zeigt. Die Achtzahl spielte in der Patristik
eine Rolle: Euseb, Augustin, Cassiodor, Isidor von Sevilla,
Beda und Hraban werden genannt. Der Sonntag konnte als
8. Tag gedeutet werden, die Achtzahl der Seligpreisungen
sowie die Achtzahl der Töne spielte eine Rolle. Besondere
Bedeutung kommt dem achteckigen Aachener Münster zu,
in dem sich Otto I. im bewußten Anschluß an Karl d. Gr.
936 krönen ließ. „Die spätere Behauptung, die Reichskrone
sei ,Kayser Karls Krön' ist zwar historisch-chronologisch
falsch, darf aber als ein sachlich zutreffendes Interpreta-
ment gelten" (S. 32). Die Zahl der Perlen hängt mit Zahlen
der Johannesapokalypse zusammen. Die vier Bildplatten
werden ausführlich erörtert. Die dort verzeichneten Bibelsprüche
lassen sich im engen Zusammenhang mit Krönungs-
ordines verstehen. Die Platten mit Bildern von David und
Salomo sind für St. ein besonders wichtiges Argument, da
Otto I. und sein Sohn Otto II. in den 60er Jahren des 10. Jhs.
als David und Salomo bezeichnet wurden. Eine dritte Platte
zeigt den König Hiskia und den Propheten Jesaja, der die
Worte sagt „Ecce adiciam super dies tuos XV annos" (Jes
38, 5). Dieser Gnadenzuspruch des Propheten an den todkranken
König als Bild auf der Reichskrone wird in seiner
Bedeutung herausgestrichen: „Die Tatsache, daß hier im
Gefolge einer christlich-liturgischen Tradition ein todkranker
, auf Gnade angewiesener König vorbildlich die Reichskrone
ziert, zeigt, wie weit sich das christliche Herrscherideal
von der Apotheose des Divus Augustus im antiken
Rom entfernt hat. Dort durfte und konnte Krankheit und
Tod nicht zum Inhalt seiner Verherrlichung gehören. Es ist
kaum zuviel gesagt, wenn wir feststellen, daß Krankheit
und Tod im Bilde eines idealen Herrschers das qualifizieren-