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Ausgabe: | 1978 |
Spalte: | 81-96 |
Autor/Hrsg.: | Greschat, Martin |
Titel/Untertitel: | Der Ansatz der Theologie des Marin Bucers 1978 |
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Theologische Literaturzeitung
Monatsschrift für das gesamte Gebiet der Theologie und Religionswissenschaft
Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Herausgeber: Professor D. Ernst Sommerlath, D. D., Leipzig
in Verbindung mit Professor Dr. habil. Ernst-Heinz Amberg 33523
NUMMER 2 103. JAHRGANG FEBRUAR 1978
Spalte Spalte Spalte
Der Ansatz der Theologie Martin Exegesis (H. Graf Reventlow) . . 103 Stürner, w.: Natur und Gesellschaft
uci h c o. Groos, G.: Albert Schweitzer (H.-H. im Denken des Hoch- und Spatmit-
Bucers. Von M. Greschat .... 81 Jenssen) .......... 95 telalters (H. Zimmermann) .... 122
Albrecht, D. [Hrsg.]: Katholische Guilluy p [Ed ] ■ La culpabilite fon- Towner, W. S.: The Rabbinic „Enume-
Kirche und Drittes Reich (K. Meier) 133 damentale (I Bertinetti) 142 ration o£ Scriptural Examples"
Anz, w.: Idealismus und Nachidealis- Hagen, K.: A Theology of Testament , <«• Seidel) . ■ ■ ■ • • • ■ • • ■ 107
mus (W. Göbell)........ 131 in the Young Luther (H. Junghans) 127 Weber, O : Karl Barths Kirchliche
A?5^üS?sl A': .Re5act«tioTneS 5 Hengel, M.: Juden, Griechen und Bar- B0^™3"15:, ^L61^1^ g V°n •«•
zwei Büchern, deutsch v. C. J. Perl hal„ ,r ripiiwi ina H.-J. Kraus (W. Krotke).....150
(H.-J. Diesner)......... 117 Kraus H -Js Weber oZ Weier- R-: Das Theologieverständnis
Banks, R.: Jesus and the Law in the f-%f- ZiS^Li?',^' ' Martin Luthers (B. Lohse) .... 125
Synoptic Tradition (G. Sellin) ... 112 ^ a"„W,e isheit «p- &au er) 100 wild, I., s. Dyer, G. J.......139
Brantschen, J. B.: Zelt zu verstehen Mm™n£L?;: Deuteronomium 1, 1 - 6,3
w.Harnisch) . .......144 "^«^^16^*1^'™^'°" 104 Referate über theologische Dis-
Cyrille d'Alexandrie: Dialogues sur la scnicntiicn untersucht (W.Thiel) . 104 . "
Trinlte I Traduction et Notes par Moll, H.: Die Lehre von der Eucha- sertationcn in Maschinenschrift:
G M Mat'thieu de Durand <F Win- ristle als Opfer (H. Feld)..... 147
kelraann) . . . 118 Osten-Säcken^ P. von der: Römer 8 als Ogawa, A.: L'Histoire de Jesus chez
Durnnri G M dp <: rvrllle d'Alexan- Beispiel paulinischer Soteriologie Matthieu ...........151
drfe 118 (H.-F. Weiß)........ .110 Thiel, W.: Die soziale Entwicklung
Dyer; G. J.' [Hrsg.]': Ein katholischer Perl, C. J., s. Augustinus, A..... 117 Israels In vorstaatlicher Zelt ... 155
Katechismus übers v A Pieper u Picard, P.: Zölibatsdiskussion im ka- _ ., .
I.Wild ((H. jetter) . . . '. 139 tholischen Deutschland der Aufklä- Zeitschriftenschau: Territorial -
Fliickinger, F.: Die protestantische rungszeit (J. Lell)........ 136 kirchengeschichte:
Theologie des 19. Jahrhunderts Pieper, A., s. Dyer, G. J....... 139
(W. Göbell) .......... 131 Seybold, K.: Bilder zum Tempelbau Zeitschrift für bayerische Kirchenge-
Goldstein, H.: Paulinische Gemeinde (G- Wallis) ........... 102 schichte (H. Junghans) .....157
im Ersten Petrusbrief (Chr. Wölfl) . 115 Staats, R.: Theologie der Reichskrone
Gooding, D. W.: Reilos of Ancient (G. Haendler) ......... 120
Der Ansatz der Theologie Martin Bucers
Von Martin Greschat, Münster
I fand8. Der auf diese Zustimmung folgende Bericht über die
Theologische Äußerungen Bucers besitzen wir von dem genannte Disputation bezeichnete dann sein da vertretenes
Augenblick an, wo er für uns geschichtlich greifbar wird1. Anliegen als einen von Luther übernommenen Gedanken,
Zu einer eigenständigen theologischen Position begannen dem er. Bucer, sich lediglich angeschlossen habe«. Um je-
diese Überlegungen sich jedoch erst im Juli 1519 zu formen. doch Sanz sicher zu gehen, daß er an diesem für ihn offen-
Bucer selbst berichtete darüber: zunächst nur kurz, mit der kundig zentralen Punkt wirklich voll und ganz mit Luthers
Hervorhebung der ihm wichtigen These in einem Brief an Lehre übereinstimme, bat Bucer den Reformator, ihn zu
den langjährigen Freund und Vertrauten Beatus Rhena- korrigieren, falls er sich bei diesem theologischen Ansatz
nus2; dann, ein halbes Jahr später und nun sehr viel aus- Seirrt habe1«. Danach scheint das Bild des Theologen Bucer
führlicher, in einem Schreiben an Luther». Die These Bucers, War = er brach mit dem Thomismus, um sich voll und ganz
über die er in jenem Sommer 1519 im Heidelberger General- der Reformation lutherscher Prägung zuzuwenden11. Al-
studium des Dominikanerordens hatte disputieren lassen«, lein> mit einer solchen Erklärung ist die grundsätzliche
lautete: die christliche Liebe gewinne ihre Struktur und FraSe übersprungen, ob ein derartiger geistiger Umkeh-
Zielsetzung im Blick auf den Mitmenschen, vom Nächsten rungsprozeß in derart chemisch reiner Form überhaupt
her (Caritas: ordinata a proximo); sie sei also nicht orien- denkbar ist. Beiseite gelassen ist auch die Frage, inwiefern
tiert am eigenen Ich (Caritas: ordinata a seipso). Diese Be- Bucers betonter Zusammenschluß mit Luther an diesem
hauptung mußte die Gemüter erregen*. Denn sie war bis in Punkt schon Ausdruck einer inhaltlichen theologischen
den Wortlaut hinein als direkter Widersprach gegen den Ubereinstimmung sein muß.
Lehrer und Heiligen des Ordens, Thomas von Aquin, for- Zu denken gibt bereits die Tatsache, daß Bucer im unmit-
muliert, der durchgängig betont hatte, daß die christliche telbaren Anschluß an jene Bitte um evtl. Korrekturen Lu-
Tugend der Liebe bei der wahren Selbstliebe ihren Anfang thers an seiner Position erklärte, er kenne, abgesehen von
nehme6. Welche Bedeutung liegt darin für die Theologie der Hl. Schrift, keine höheren theologischen Autoritäten als
Bucers, daß er, der seit Jahren im strengen Thomismus aus- Luther — und Erasmus!12 Die Faszination, die dieser große
gebildet worden war7, seinen eigenen Ansatz in der Kon- Humanist auch auf den Heidelberger Dominikanermönch
frontation mit dieser Tradition gewann? ausgeübt hat, ist bekannt13; die Identifizierung bzw. sogar
Nun scheint die Antwort auf diese Frage relativ leicht zu Reduzierung der bucerschen Theologie auf eine Spielart des
sein, hat doch Bucer selbst in dem erwähnten Brief an erasmischen Humanismus konnte sich insofern relativ
Luther sich für seinen theologischen Ansatz auf den Witten- leicht aufdrängen14. Das gilt gerade auch für unseren Zuberger
berufen: Luthers Galaterbriefkommentar hatte Bu- sammenhang: Denn es war Erasmus, der in seinem Enchi-
cer nicht zuletzt darum so begeistert, weil er in diesem ridion militis christiani die bucersche Ablehnung einer am
Werk sein eigenes theologisches Anliegen ausgesprochen Ich orientierten Liebe in polemischer Zuspitzung vorweg-
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