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Ausgabe:

1978

Spalte:

908-910

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Heinz

Titel/Untertitel:

Religionspädagogische Rekonstruktionen 1978

Rezensent:

Neidhart, Walter

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Theologisohe Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 12

908

oftmals die Frommen mehr leiden als die Gottlosen - diese ganze
Problematik als mindestens eine Wurzel von Theologie überhaupt
kommt zu kurz.

Psychologisch scheint mir damit eine Unterbelichtung des
Themas .Konfliktfähigkeit' zusammenzuhängen, die bei Stichs
Ansatz zwar u.a. der Frage nach der Authentizität der Partner
inhäriert und unter dem Begriff der „Konfrontation" mit angesprochen
, aber insgesamt zu wenig in ihrer positiven Funktion
gesehen wird. Hier wie an anderen Stellen wäre eine gründlichere
Konfrontation christlicher Theologie und Carkhuffscher Werte-
Implikate nötig: „Konfrontation findet sich in allen zwischenmenschlichen
Beziehungen mit Ausnahme derjenigen zwischen
zwei oder mehr Personen, welche störungsfrei auf den höchsten
Entwicklungsstufen funktionieren." (Carkhuff nach Stich 186;
Hervorhebg. v.Rez.) Einen Absatz vorher hat Stich selber übrigens
Konfrontation noch „als Bestandteil reifen menschlichen Zusammenlebens
" qualifiziert, wobei er darunter allerdings nur die zweifelhafte
Fähigkeit versteht, andere auf ihre „kleineren oder größeren
Ungereimtheiten rechtzeitig und mit Geschick aufmerksam"
zu machen (186).

„Der Klient wird ein .heiler' Mensch, wenn der Therapeut ihm
in der Beziehung zum Klienten vorlebt, was es bedeutet, ein
.heiler' Mensch zu sein. Therapie ist Unterricht im richtigen
Leben." (09) Und: „Die Voraussetzung des helfenden Gesprächs
ist, daß die helfende Person auf höheren Stufen der menschlichen
Dimensionen funktioniert als der Gesprächspartner. Diese Überlegenheit
der helfenden Person begründet in vielfacher Hinsicht
den Heilungsvorgang." (187) Diese Grundhypothesen des Autors
mögen violleicht stimmen, solange man sie als rein psychologische
Beschreibungen versteht; sie werden äußerst problematisch, wenn
man sie ethisch interpretiert: Die Überlegenheit des helfenden
Partners kann bestenfalls darin bestehen, daß er aus der Solidarität
moralischer Insuffizienz heraus dem Ratsuchenden seinen
Glauben bezeugt, daß Gott ihn trotz und in seiner sittlichen Unzulänglichkeit
annimmt. Dieser Glaube an die gratia praeveniens
kann Überlegenheit im Umgang mit der eigenen Schwäche bedeuten
. Eine Identifizierung von besserem Funktionieren im Kommunikationsverhalten
, moralisch ,höherer' Qualität, Glauben und
Gesundheit, wie sie einige Stellen in Stichs Text nahezulegen
scheinen, wäre fatal. Ich bezweifle auch ihre empirische Richtigkeit
.

In meiner Rezension überwiegen kritische Anfragen. Im Buch
überwiegen wertvolle Informationen, anregende Hypothesen und
hilfreiche methodische Analysen. Einer der wesentlichsten Hinweise
steht unter „Abschied von C. Rogers": „Freiheit als Form
der Selbst6es<tmmttn<7, des Selbstenhvurfes und nicht nur der
Selbstfindung wird in anderen Therapieformen klarer erarbeitet."
(60) Dieses aktive Ergreifen durch einen Akt der Entscheidung in
Beziehung zu setzen zum Annehmen dessen, was uns ohne unser
Zutun angeboten und für uns als Chance immer schon vorhanden
ist, das wäre eine psychologisch und theologisch gleichermaßen
fruchtbare Aufgabe. Stichs Arbeit regt dazu an, sie in Angriff zu
nehmen. Für die Gestaltung von Theorie und Praxis der Seelsorge
in den nächsten Jahren ist das Buch daher unentbehrlich.

Bielefeld Dietrich Stollberg

Albrecht, Horst: Zwanghafte Predigt? Pastoralpsychologische
Einsichten zur Homiletik (EvTh 37, 1977 S. 325-343).

Bambauer, Klaus: Von der Erfahrbarkeit des Geglaubten. Bemerkungen
zum Defizit religiöser Erfahrung in Theologie und Kirche
(DtPfrBl 76, 1976 S. 69-71).

Baumann, Theodor: Die psychischen Vorgänge bei den Ekstasen
und die sogenannte „intellektuelle" Vision (ARPs 12, 1976
S. 118-149).

Beit-Hallahmi, Benjamin: On the „Religious" Functions of the

Helping Professions (ARPs 12, 1976 S.48-52).
Betzendahl, Herta: Der Psychotherapeut an der Grenze seiner

Möglichkeiten. Eine psychotherapeutische Grenzsituation (WzM

27, 1975 S. 448^53).
Biser, Eugen: Struktur und Funktion des religiösen Aktes (StZ

102, 1977 S. 159-168).
Capps, Donald, Paul Ransohoff, and Lewis Rambo: Publication

Trends in the Psychology of Religion to 1974 (Journal for the

Scientific Study of Religion 15, 1976 S. 15-28).
Gins, Kurt: Inhalt oder Anzahl religiöser Erlebnis-Phänomene?

Zur Frage nach dem Untersuchungsgegenstand empirischer

Religionspsychologie (ARPs 12, 1976 S. 150-175).
Hanselmann, Gerhard: Angst und Vorurteile abbauen. Von der

Verantwortung für psychisch Kranke (DtPfrBl 77, 1977 S.232

bis 235).

Huber, Joseph: Machen unsere Massenmedien verrückt? Patho-
gene Kommunikation und Massen-Medien (WzM 27, 1975
S. 461^69).

Keilbach, Wilhelm: „Religionspsychologische Reduktion" (ARPs

12, 1976 S.9-18).
Krenn, Kurt: Eine profane Beschreibung des Bösen: (ARPs 12,

1976 S. 202-219).
Kretschmer, Wolfgang: Abschied vom Lustprinzip (ZW 48, 1977

S. 17-25).

-: Urbilder zwischen den Polen. Zur Gegenwartswirkung Carl

Gustav Jungs (EvKomm9, 1976 S.664-666).
Linke, Norbert: Von der heilenden Kraft der Musik. Aspekte einer

ästhetisch-therapeutischen Erziehung (EvKomm 9, 1976 S.482

bis 485).

Mann, Ulrich: Zur synoptischen Methode in der Religionspsychologie
(ARPs 12, 1976 S. 19-37).

Menne, Ferdinand W.: Die Verunsicherung der religiösen Sensibilisierung
(US 31, 1976 S.213-217).

Papadimas, Stylianos: Die religiösen Vorstellungen bei den proletarischen
Jugendlichen Griechenlands (ARPs 12, 1976 S.242
bis 250).

Poll, Wilhelm: Zur Psychologie der religiösen Einstellung (ARPs

12, 1976 S. 71-84).
Pruyser, Paul W.: Lessons from Art Theory for the Psychology of

Religion (Journal for the Scientific Study of Religion 15, 1976

S.l-14).

Scharfenberg, Joachim: Religionspsychologie nach Freud (WzM
27, 1975 S. 433-448).

Schrenk, Martin: Dahinter steckt meist die Angst. Wechselwirkungen
zwischen Mitwelt und Inweit (EvKomm 9, 1976 S.409
bis 411).

Staehelin, Balthasar: Sprung in das Ewige. Betrachtungen eines

Medizinpsychologen (StPfrBl 76, 1976 S. 547-549).
Sunden, Hjalmar: Psychoanalytische Religionspsychologie als

Glaubenspsychologie (ARPs 12, 1976 S.38-47).
Thils, Gustave: Existence chretienne et „phenomenes extraordi-

naires" (RevThLouvain 7, 1976 S. 56-59).
Uhsadel, Walter: Carl Gustav Jung und die Theologen (Quatem-

ber40, 1976 S. 152-159).
Wiesenhütter, Eckart: Religion und Tiefenpsychologie. Echnaton,

Mose, Christus, Freud. Gütersloh: Gütorsloher Verlagshaus

Gerd Mohn [1977]. 96 S. 8° = Gütersloher Taschenbücher/

Siebenstern 230. DM 5,80.
Winkler, Klaus: Erfahrungen und Perspektiven (WzM 27, 1975

S.469-472).

KATECHETIK UND
RELIGIONSPÄDAGOGIK

Schmidt, Heinz: Religionspädagogische Rekonstruktionen. Wie

Jugendliche glauben können. Stuttgart: Calwer Verlag [1977].
II, 228 S. 8° = Calwer Theologische Monographien, hrsg. v.
J. Baur, M. Brecht, H. Bürkle, G. Krotschmar, M. Seitz, P.
Stuhlmacher, C. Westermann. Reihe C: Praktische Theologie
und Missionswissenschaft, hrsg. v. H. Bürkle, u. M. Seitz,
3. Kart. DM 28,-.

Der Vf., Dozent am Pädagogisch-Theologischen Zentrum in
Stuttgart, sucht einen Ausweg aus dem Streit zwischen den verschiedenen
kontroversen Konzeptionen des Religionsunterrichts,
indem er „die Botschaft von Jesus Christus und die Alltagswolt
der Schüler in dialektischen Prozessen miteinander verbindet." Als