Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1978

Spalte:

878-880

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Grosche, Robert

Titel/Untertitel:

Kommentar zum Römerbrief 1978

Rezensent:

Becker, Werner

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

877

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 12

878

muß diese jüdisch sein? Daß bald von 3 V2. t>a>d von 3 Tagen das, also braucht man die fernliegenden hellenistischen Belege gar
gesprochen wird, beweist noch nicht Herkunft aus Daniel (§ 13). nicht anzusehen und kann die Auferstehung Jesu aus jüdischer
Lk 4,25 zeigt gerade umgekehrt, daß die apokalyptische Zahl 3 l/2 Tradition ableiten. Zweifellos liegen jüdische Vorstellungen sehr
nachträglich in andere Tradition eindringt. Daß der „dritte Tag" viel näher, besonders die sicher vorchristliche von der Erhöhung
der Auferstehung Jesu aus jüdischer Vorstellung vom Auferstehen des leidenden und getöteten Gerechten und seinem Auftreten im
nach 3 1/i Tagen stammt, ist schwerlich einleuchtender als der Gericht gegen seine Gegner. Aber Erscheinungen vor dem Welt-
Verweis auf Hos 6,2 (rabbinisch auf Auferstehung gedeutet!) oder endo sind kaum belegbar. Doch selbst wenn es so etwas gegeben
auf die historische Tatsache einer Entdeckung des offenen Grabes hätte, müßte ich (mit Wilckens gegen Berger, Anm. I 631), die
durch Maria Magdalena am Ostersonntag (womit natürlich die historische Frage stellen. Die Jüugerflucht läßt sich nicht mit
Auferstehung nicht bewiesen wäre, weil sich dies auf manche Art Sach 13,7 abtun (S. 234); sie ist sicher historisch, sonst müßte sich
erklären ließe). Endlich stellt die Entdeckung des offenen Grabes nicht ein Nichtjünger, Joseph von Arimathia, um die Bestattung
(§ 14) doch etwas sehr anderes dar als das vergebliche Suchen des kümmern. Ebenso zweifellos scheint mir festzustehen, daß die
Leichnams (2 Kön 2,17). Daß also Jesu Auferstehung analog dem 1 Kor 15,5-8 Aufgezählten überzeugt waren, den lebenden Jesus
Geschick jüdischer Märtyrer zu vorstehen und vielleicht schon von gesehen zu haben; denn wenn auch die alttestamentliche Formel
Jesus selbst so verstanden worden sei, bleibt doch wohl vorläufig „er erschien" nicht notwendig ein Sehen einschließt, beweisen doch
noch unbewiesene Hypothese, die bedenkenswert ist und mir 1 Kor 9,1 wie Joh 20,18.25.29 und die Erschoinungsberichte aller
jedenfalls näher zu liegen scheint als die Ableitung aus dem Helle- Evangelien, wohl auch Lk 1,11 und Apg 26,13.16, daß es im Neuen
nismus. Testament keine Spur einer Tradition gibt, die das nicht täte.

Teil II bespricht die Erscheinungen. §§ 1-8 beschreiben eine Dabei ist für 1 Kor 15,8 Paulus Augenzeuge, Petrus und Jakobus

bestimmte, noch sehr allgemein verwendete „Schulsprache" für hat er etwa 5 Jahre nach Jesu Tod zwei Wochen lang in Jerusalem

Erscheinungen. Wichtig ist die Identifikation des Erscheinenden, gesehen; von den übrigen Zwölfen kennt er sicher Johannes (Gal

Spezifischer sind Elemente, die das Tun des Angeredeten (§ 9), die l,18f.; 2,9) und von den über 500 offenbar auch eine g anze Anzahl

Weitergabe oines Auftrags (§ 10), die Erfüllung vorangegangenen (1 Kor 15,6b); außerdem haben Jerusalemer jahrelang mit ihm zu-

Suchcns oder Bittens (§ 11), Verheißung für den Angesprochenen sammengearbeitet (Barnabas, Markus). Sie alle wußten, daß Jesus

(§ 12) intendieren. Daß im Neuen Testament Jesus an die Stelle nicht nur getötet, sondern nach Dt 21,23 (Gal 3,13) als von Gott

Gottes oder des Engels alttestamentlicher Berichte treten kann, Verfluchter hingerichtet worden war. Begegnete er ihnen also als

setzt nach Berger voraus, daß es in den Himmel aufgenommene Lebendiger, konnte das für sie doch nichts anderes bedeuten als

Menschen gibt, die erscheinen können (§ 13). Belehrung und Auf- Auferweckung dos Toten, Erhöhung zu Gott und Rechtfertigung

trag ist dabei vom bloßen Wiedererkennen noch zu unterscheiden. durch ihn. Solches Verständnis des Erfahrenen war einem dama-

§§ 14-15 differenzieren zwischen „Offenbarung" des Gottessohnes Ijgen Juden durchaus zugänglich, auch wenn es eine Erscheinung

und „Erscheinung" des Kyrios. Da nur dieser Titel mit „sehen" War, zu der es außer der Erscheinung Gottes selbst im Alten

verbunden wird, kann lKorl5,5(-8) nicht ursprünglich mit V.3f. Testament keine Parallelen gegeben hat. Natürlich konnte das

zusammengehören, was freilich von der Struktur der Formel her, vorschieden interpretiert werden, je nachdem, ob der Ton auf die

wo je eine Langzeile durch eine Kurzzeile („begraben", „erschic- Uberwindung des Todes, die Einsetzung in himmlische Herrschaft,

nen") bestätigt wird, wiederum unwahrscheinlich bleibt. Erst den Auftrag zur Verkündigung oder die Hoffnung auf die Ender-

diese, nach Berger sekundäre, Verknüpfung läßt aus den Genann- eignisse gelegt wurde, und dafür sind Bergers Formanalysen

ton Zeugen der Auferstehung werden, während primär nur die wichtig. Die Erfahrung der Erscheinung des lebenden Jesus aber

Legitimation bezeugt war. Daß dabei die Erscheinungen vor „allen 8tand am Anfang. Sie mußte in irgendeiner Weise bewältigt werden.

Aposteln" sukzessive stattfanden und als nicht abgeschlossen j)aß dies nur möglich gewesen wäre, wenn schon der Glaube an

gedacht waren, daß ferner die vor Jakobus auf den Topos vom em Wiedererscheinen von Toten, die zum Himmel erhöht waren,

Bruder als Helfer oder Dolmetscher zurückgehen könnte (Anm. II existierte, gilt doch nur unter der Voraussetzung, daß es sich um

554), ist ebenfalls sehr fraglich. Vom Schon dos Menschensohns rem innerpsychisch erklärbare Visionen gehandelt hätte, deren

(§ 16) reden nur Apg 7,56 und Mk 14,62; als Gerichtsdrohung Entstehen im Denken der Jünger nur unter solchen Umständen

gehören die Stellen zu einer anderen Gattung als die Osterge- begreiflich wäre. Entsprechendes gilt für die mir noch weniger

schichten. § 17 formuliert die Ergebnisse: eine sehr alte Tradition einleuchtende Herleitung aus hellenistischen Denkmodellen. Diese

versteht Auferstehung und Aufstieg zum Himmel als ein Ereig- Voraussetzung teile ich nicht. Darum meine ich, daß im Rahmen

nis oder kennt eine Zwischenphase zwischen beiden. 1 Kor 15,3-8 ^ jüdischen Glaubens an die Auferstehung am Ende der Tage

wie die Evangelien bilden schon eine Synthese, in der 1. die Tat- umj deren apokalyptische Fortbildungen, an die Rechtfertigung

sache der Auferstehung bewiesen (Engelbotschaft, Wiedererken- deg iejdenden Gerechton durch Gott und an die im Alten Testa-

nen, leeres Grab) und 2. der Aposteldienst begründet werden soll ment bezeugten Theophanien die den Zeugen von 1 Kor 15,5-8

(ohne daß von Auferstehung die Rede ist), wobei sich 3. indivi- widerfahrenen Erscheinungen zum Glauben an die Auferstehung

duello (sekundär vorgeordnete!) und kollektive Erscheinungen jeSu führen mußten, und nur weil eine solche vor dem Ende reicÄ«

verbinden. Aufgrund der erst nachträglichen Kombination von erwartet wurde, konnte sie (im Sinne vom Rom 1,4 oder 1 Kor 15,4

1 und 2 sind keine anderen historischen Rückschlüsse möglich als oder l Tjm gjg usf j als da8 entscheidende und einzigartige Heils-

die auf die Geltung bestimmter Autoritäten, die sich vom Kyrios erejgnjs verstanden werden,
eingesetzt wissen. Nach § 18 besteht also das Geheimnis der Auferstehung
nur im Geheimnis Jesu selbst, der als Sohn Gottes Zürich Eduard Schwelm

geglaubt wurde. Darin ist der Glaube an die Auferstehung schon--

vorentschieden da diese traditionell zum Geschick des Gerechten l Die These Bergers wurde aufgenommen von B. Pesch in: Die Entstehung

■ .. . « des Auferstchungsgiaubens, ThQ 153, Tübingen 1973, 222-226, bestritten von

8 nort- . . . . , ,. • „„.dienst- P. Stuhlmacher, ebd. 246, M.Hengel, ebd. 257-260, A.Vögtle in: ders. und R.

Irotz allen Einwänden ist nochmals iostzunaiten, wie veiui pcsch w|e kam M JUm 0gterg|BUben? Düsseldorf 1975, 79-85, J. M. Nütiel

lieh die Bearbeitung des ungeheuren Materials ist. Die Verbindun- BZ 20 197fl 59_94

gen zu Sap 2-5 und zu einer letztlich auf Daniel fußenden Märty-

rertradition sind ernst zu nehmen. Violleicht findet sich einmal

weiteres jüdisches Material, das so oder so diesen Zusammenhang

Weiter klären kann. Die Formuntorsuchungon der verschiedenen Grosche, Robert: Kommentar zum Römerbrief. Im Auftrag der
Traditionen (Offenbarung «Ich Gottessohn«, Sellen des kyrios; Nachlaßverwalter hrsg. v. F.-.l. Illings. Werl: Dietrieh-C.m-Ide-
Wiedererkennen, Beauftragung usf.) helfen weiter. Daß ich trotz- Verlag 197g 202 g. go
dem anderer Meinung bin als die beiden referierten Bucher, ist _^

noch abschließend zu begründen. , f _ , D'es kleine Buch, mit Sorgfalt aus dem Nachlaß des 1968 ver-
Hasenfratz erklärt- im Judentum gibt es keine Auferstehung storbenen Autors herausgegeben, gehört zu den Dokumenten des
eines Toten vor dem Ende der Welt, also ist der Ursprung dieser katholischen Lebens und Denkens, deren Herausgabo der „Druck-
Vorstellung hellenistisch Berger erklärt: im Judentum gibt es sperre" der damaligen Regierung im Jahre 1941 zum Opfer gefallen