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Ausgabe:

1978

Spalte:

868-869

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Introduction critique à l'Ancien Testament 1978

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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867

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 12

868

Johannes von Salishury, Petrus Comestor, Stephan Langton und
den Correctoria des 18. Jhs.

Es folgt dann in einem zweiten Teile die durch einen ausführlichen
Apparat bereicherte Textedition der Quaestiones zu 180
Stellen aus den beiden Samuelbüchern (S. 63-150). Um einen
Eindruck von der Art der Erklärung zu vermitteln, seien zwei
kurze Beispiele vorgeführt. Zu 1 Sam 16,13 - ,,Et directus est
spiritus Domini in David a die illa et in reliquum" - heißt es: Ideo
directus in eum fuisse spiritus Domini dicitur, eo quod tunc psal-
mos canere coeperit; und bei 2 Sam 14,2 - „Misit Thecuam et tulit
inde mulierem sapientem" - liest man: Thecua civitas est de qua
fuit Arnos propheta. Putatur autem eadem vidua avia fuisse
ejusdem Arnos prophetae.

Am Schluß des Buches findet der Leser mehrere nützliehe
Register, u. a. eines, welches die Belegstellen darüber verzeichnet,
wo die Quaestiones in der mittelalterlichen christlichen Exegese
Aufnahme gefunden haben. Die Publikation ist in Ausstattung,
Akribie und Wert für die theologische Arbeit ein gleicherweise
mustergültiges Werk.

Leipzig Wolfram Herrinann

Böhmer, Siegmund: Heimkehr und neuer Bund. Studien zu Jere-
mia 30-31. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1976]. 160 S.
gr. 8° = Göttinger theologische Arbeiten, hrsg. v. G. Strecker,
5. Kart. DM 22,-.

Seitdem Aufkommen einer kritischen Sicht der Entstehung des
Jeremiabuches im 19. Jh. ist die Auseinandersetzung um die
Authentizität der sichtlich eine besondere Größe darstellenden
Kapitel 30-31 nicht verstummt. Trotz stärkerer Differenzierung
der Fragestellung und Verfeinerung der Methodik ist gegenwärtig
die im vorigen Jh. erreichte Alternative: Hauptmasse des Textkomplexes
jeremianisch (jer.) - nur ein Minimalbestand authentisch
, noch immer nicht überwunden. Dies ist auch das Ergebnis
der Forschungsübersicht, die dieses Buch, der Abdruck einer
Göttinger Dissertation von 1974, eröffnet. Dem Vf. stellte sich
demnach die Aufgabe, die Texte in Jer 30f. auf dem Hintergrund
der Heilserwartung Jeremias einerseits und der der Exilszeit
andererseits zu analysieren.

In einem ersten Arbeitsgang werden die Heilsworte Jeremias
außerhalb K. 30f. herausgearbeitet und von den nichtjer. Texten
dieser Art unterschieden. Als Texte aus der Frühzeit Jeremias
werden l,8.17f. (eine Beurteilung von 17f. fehlt allerdings);
3,6-13; 3,22; 4,lf.; 4,14, als Heilsworte aus Seiner SpätzeitK. 45;
39,15-18 (nur inhaltlich authentisch); 32,15; 24,5 vorgestellt.
Hingegen werden 29,10-14; 23,1-8; 3,14-17.18; 18,7-12; 1,10;
12,14-17; 32,36-41.42-44; K. 33; 42,10-12 als exilisch (und meist
dtr.) oder nachexilisch beurteilt. Gegenüber der verhalten-nüchternen
Erwartung Jeremias (Rettung für sich selbst, Heil durch
Umkehr zu Jahwe nach dem Gericht für das ehemalige Nordreich,
gleiches Angebot an Juda vor dem Gericht, Überlebenszusage an
Baruch, Ebed-Melech und die Rekabiter, normales Leben im Lande
nach dem Gerinnt, Fürsorge Jahwes für die Gola von 597) entwerfen
die nachjer. Texte ein großartiges Zukunftsbild des Heilshandelns
Jahwes.

Auf diesem Hintergrund prüft der Vf. die in K. 30f. enthaltenen
Texte. 30,1-4 ist eine einheitliche dtr. Einleitung und sagt nichts
Zuverlässiges über die Entstehung des Textkomplexes aus. Als jer.
Heilsworte werden 31,18-20, 31,15-17 und 31,2-6 (außer der
Glosse 5b, 6b ist ein Zitat) herausgearbeitet. Sie stammen aus der
Frühzeit des Propheten und betreffen das Gebiet des Nordreiches.
Außerdem sind noch zwei jer. Gerichtsworte festzustellen: 30,12
bis 15 und 30,23f. (= 23,19f.), die durch Zusätze (30,16.17) oder
den neuen Kontext zu Heilsworten umfunktioniert worden sind.
Die verbleibenden Texte sind exilischer und nachexilischer Herkunft
. Der Vf. teilt sie in die Kategorien „nachjer. poetische
Sprüche", „dtr. Prosatexte" (30,1-4.31,27-30.31,31-34) und „nicht-
dtr. Prosatexte" ein.

Der letzte Abschnitt versucht, „Die Komposition von Jer 30 bis
31" zu erhellen. Ordnungsprinzipien der Sprüche sind Stichwortassoziation
(übersehen ist dabei die Verbindung von 31,7-9 und

10-14 durch qibbes „sammeln") und Sachgesichtspunkte: K. 30
stellt die Erwartung des Heils für Israel neben die des Unheils für
die Völker, in K. 31 steht allein das zukünftige Leben Israels im
Mittelpunkt. Für die Entstehung der Komposition ergeben sich
zwei Möglichkeiten: 1. K. 30 und 31 waren je selbständige Sammlungen
und wurden durch die Deuteronomisten verbunden (Bundesformel
31,1) und gerahmt (30,lff. 31,27ff.). 2. Die Deuteronomisten
sammelten die jer. und nachjer. Sprüche und gestalteten
die Komposition; die nichtdtr. (besser: nachdtr.) Texte kamen
später hinzu. Die Entstehungszeit der Komposition ist die zweite
Hälfte der Exilszeit, als Entstehungsort der Schichten sind sowohl
Palästina als auch Babylonien möglich. Anschließend wird die
„theologische Eigenart" der vier Schichten skizziert. Ein Anhang
vorfolgt Geschichte und Funktion der sogenannten Bundesformel
von Hosea bis P (S. 107: „Der Name .Bundesformer ist nicht
schlechterdings unzutreffend, denn berlt meint an den besprochenen
Stellen nicht nur die Verpflichtung, mit der sich Jahwe in
einer Zusage bindet oder die er Israel durch sein Gebot auferlegt,
sondern hat fast immer auch das Verhältnis zwischen Gott und
Volk im Blick.").

Wie weit man den Ergebnissen der Arbeit zustimmt, hängt wohl
weitgehend davon ab, in welchem Umfang man eine Heilserwartung
Jeremias für möglich hält und d. h. wie man die in Frage
kommenden einzelnen Texte beurteilt. Rez. gesteht gern, mit
S. Böhmers vorsichtigem Ansatz jer. Heilsworte grundsätzlich
übereinzustimmen. Nicht alles jedoch überzeugt: Die Authentizität
von 24,5 (8*) erscheint noch als diskutabel, die jer. Herkunft
von 3,6ff. jedoch wird auch durch die Argumentation des Vfs. (er
bezieht sich später auch überwiegend auf 3,12f.) nicht wahrscheinlicher
. Besonders unbefriedigt lassen den Leser die Erwägungen
zum Abfassungsort und zur Geschichte der Komposition von
K. 30f. (Ob es wohl daran liegt, daß die redaktionsgeschichtliche
Fragestellung so wenig Beachtung findet?) Hier bleiben jedenfalls
Fragen offen, die noch ihrer Erledigung harren.

Berlin Winfried Thiel

Cazelles, Henri: Introduction critique ä l'Ancien Testament. Paris:
Desclee & Cie [1973]. XVI, 852 S., 8 Taf., 9 Ktn gr. 8° = Introduction
ä la Bible, Edition nouvelle, LT.

Der vorliegende zweite Band der .Introduction ä la Bible'
beschreitet in verschiedener Hinsicht neue Wege zur Darbietung
des traditionellen Stoffes der .Einleitung in das Alte Testament'.
Schon äußerlich zeigt dies der ungewohnt farbenfrohe Schutzumschlag
mit einem photographischen Blick in den Garten des
Katharinen-Klosters auf der Sinai-Halbinsel. Auch im Inneren des
stattlichen Bandes sind einige Photographien von in populären
bibelwissenschaftlichen Veröffentlichungen beliebten Sujets eingeschaltet
- durchweg von geringer technischer Qualität. Der etwas
trockene Stoff der alttestamentlichen Einleitung soll offensichtlich
dem Leser schmackhaft gemacht werden. Dieses vollauf berechtigte
und begrüßenswerte Anliegen zeigt sich auch in der recht
lebendigen Darstellungsweise der insgesamt vierzehn Verfasser
unter Leitung von H. Cazelles. Eine straffe Gliederung mit vielen
Zwischenüberschriften erleiohtert sehr den Überblick.

Die Absicht von Verleger und Herausgeber wird besonders
deutlich in der Auswahl des dargebotenen Stoffes. Die Darstellung
der Forschungsgeschichte wird auf einen vernünftigen Umfang
beschränkt. Die der Behandlung der einzelnen alttestamentlichen
Bücher jeweils vorausgestellte Bibliographie ist nicht auf Vollständigkeit
orientiert, sondern nennt nur wenige sorgsam ausgewählte
besonders wichtige Publikationen. Vorzug haben dabei
Veröffentlichungen in französischer Sprache. Die Erwähnung von
Untersuchungen speziellen Charakters bleibt den knappgefaßten
Anmerkungen vorbehalten. Dafür werden sehr viel ausführlicher,
als es sonst üblich ist, der geschichtliche .Sitz im Leben' der alttestamentlichen
Bücher und Literaturgattungen, ihr kultur- und
religionsgeschichtlicher Hintergrund sowie die für ihre Interpretation
relevanten archäologischen Ergebnisse berücksichtigt. Beibehalten
wurden - vornehmlich bei den historischen Büchern -
die traditionell üblichen Inhaltsangaben, über deren Sinn und