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Ausgabe:

1978

Spalte:

860-862

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Jesus Christus in Historie und Theologie 1978

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 12 860

859

Die Behandlung des Themas ,,Abendmahl" in der TRE zeigt die
Möglichkeiten dieser Enzyklopädie besonders eindrücklich. Es
wurde schon gesagt, daß zu diesem Thema (fast) eine Monographie
entstanden ist, eine Monographie, die mit den üblichen Lexikonartikeln
fast nur noch das Schema der Einteilung gemeinsam zu
haben scheint. Das führt zur Anfrage des Rezensenten, ob in
solchen Fällen nicht ein Schlußabschnitt möglich wäre, der die
Verbindung aller Einzelabschnitte untereinander noch einmal
herstellt (oder wenigstens ein kürzerer Einführungsabschnitt, der
die Probleme nennt und die Einteilung erklärt). An Raumgründen
müßte dieser Vorschlag jedenfalls nicht scheitern. Wenn für
„Abendmahl" und „Abendmahlsfeier" zusammen fast 300 Seiten
zur Verfügung stehen (und das wird bei vergleichbaren Artikeln in
Zukunft ähnlich sein), dann wird man vielleicht auch noch einige
Schluß- (oder Einführungs-)seiten erübrigen können. Das soll aber
nun innerhalb dieser Rezension der einzige Erweiterungswunsch
sein. Sie will sich nicht an den häufig praktizierten Versuchen beteiligen
, bisher nicht berücksichtigte Stichwörter zu nennen bzw.
einzuklagen, sondern sie geht von dem vorhandenen Material aus.
Zur weiteren Veranschaulichung des Inhalts des ersten Bandes soll
abschließend versucht werden, die 30 Artikel nach ihrer Eigenart
zu klassifizieren bzw. die „Realia" zu ordnen (das von uns lediglich
zu diesem Zweck gebildete Schema ist anspruchslos und dient nur
dem Überblick):

Biblische Namen: 3 (Aaron, Abraham, Adam);

Personen aus der Kirchengeschichte: 9 (Abaelard, Acontius, Adalbert
von Hamburg-Bremen, Adalbert von Prag, Ägidius von
Rom, Aelred von Rievaulx, Äpinus, Afrahat, Africanus);

Personen aus der Theologiegeschichte: 1 (Achelis);

Personen aus der Geschichte des Judentums: 2 (Abraham ibn
Daud, Abraham ben Meir ibn Ezra);

Länder bzw. Erdteile: 3 (Ägypten, Äthiopien, Afrika);

Historische Sachthemen: 5 (Abendland, Abgaben, Ablaß, Adel,
Agapen);

Konfessionskundliches: 1 (Adventisten);
Theologische Hauptthemen: 1 (Abendmahl);
Ethische Themen: 2 (Abstinenz, Affekt);

Praktisch-theologische Themen: 2 (Abendmahlsfeier, Agende);
Philosophische Themen: 1 (Ästhetik).

Irgendwelche Konsequenzen sind aus dieser Aufstellung noch nicht
zu ziehen; erst wenn mehrere Bände vorliegen, wird man sagen
können, ob ein Teilgebiet der Theologie ein Ubergewicht hat oder
andere Tendenzen erkennbar werden. Es bleibt noch anzumerken,
daß die 5. Lieferung, die den ersten Band abschließt, einen Anhang
enthält, in dem sich ein nach Bibelstellen, Namen, Orten und
Sachen gegliedertes Register findet, ebenso das schon erwähnte
Mitarbeiterverzeichnis, des weiteren ein Verzeichnis der Karten,
der Artikel und Verweisstichwörter sowie Corrigenda. Dadurch
wird die Benutzung erleichtert.1 Diesem Ziel fühlt sich auch die
vorliegende Rezension verpflichtet, die nicht anders schließen
kann als mit dem Dank für den Mut und Einsatz von Verlag, Herausgebern
und Mitarbeitern angesichts dieses anspruchsvollen
Unternehmens, das"der Aufmerksamkeit dieser Zeitschrift und
sicher auch ihrer Leser weiterhin gewiß sein kann. Die Ziele einer
Enzyklopädie und einer Literaturzeitung sind sicher in vielem
unterschiedlich; was aber der TRE und der ThLZ gemeinsam sein
kann, ist ihre Verpflichtung gegenüber der Theologie heute.

Leipzig Ernst-Heinz Amberg

1 Dem Gesamtvorhaben TUE wurde ein Abkürzungsverzeichnis vorausgeschickt
, bei dem es sich um eine erweiterte und ergänzte Ausgabe des Internationalen
Abkürzungsverzeichnisses für Theologie und Grenzgebiete (IATG)
von Siegfried Schwertner handelt (1. Aufl. 1974). Das IATG ist nunmehr Bestandteil
der TRE und wird dadurch wohl einen noch größeren Benutzerkreis
gewinnen.

[Conzelmann, Hans:] Jesus Christus in Historie und Theologie.

Neutestamentliche Festschrift für Hans Conzelmann zum 60.
Geburtstag, hrsg. v. G. Strecker. Tübingen: Mohr 1975. VIII,
589 S., 1 Porträt gr. 8°. Lw. DM 89.-.

Für die verspätete Vorlage dieser Besprechung muß sich der
Rezensent entschuldigen. Die Verspätung mag indessen tragbar
sein, da diese Festgabe durch die ungewöhnlich große Zahl von
grundsätzlichen Beiträgen eine Bedeutung hat, die nicht so schnell
überholt oder auch in die laufende Forschung eingearbeitet sein
wird. Dabei reflektiert sie mit der scharfen inneren Spannung, in
der eine Reihe gerade der anspruchsvollen Beiträge zueinander
stehen, recht genau die gegenwärtige Diskussionslage auf dem
Gebiet der neutestamentlichen Arbeit, die kaum noch eine gemeinsame
Grundlage kennt.

In seinem persönlich gehaltenen Vorwort nennt der Herausgeber
G. Strecker das Themafeld des Bandes sowie die Gesichtspunkte
, nach denen die Beiträge geordnet sind. Sie alle wollen von
je eigener Seite her das Problem des historischen Jesus und seiner
christologischen Deutung behandeln. Tatsächlich lassen sich auch
fast alle Aufsätze in diesem Bereich untc; bringen. Dabei kommen
zunächst die Beiträge, die sich mit dem historischen Jesus und
dem Verhältnis der nachösterlichen Verkündigung zu Wort und
Werk Jesu beschäftigen.

S. Schulz eröffnet mit „Der historische Jesus. Bilanz der
Fragen und Lösungen" (S. 3-25), bringt aber doch nur seine bekannten
Lösungen mit ihren apodiktischen Gewaltsamkeiten.
Bemerkenswert ist, mit welcher nicht weiter begründeten Autorität
hier die Mitte der Schrift, der Kanon im Kanon dekretiert und
demgegenüber die Predigt Jesu theologisch verworfen wird, da sie
„theologisch-sachkritisch beurteilt Gesetz und nicht Evangelium"
ist (S. 21; hier wird ein historisch d skutables Urteil Bultmanns
kurzerhand in ein theologisch-qualifizierendes verwandelt). Der
Schlußsatz, daß ohne das paulinische Evangelium die Predigt des
lüstorischen Jesus gesetzlich raiyÖverstanden werden muß, scheint
mir in Spannung dazu doch noch einen Ausgleich zu suchen.
A. Lindemann „Jesus in der Theologie dos Neuen Testaments"
(S. 27-57) begründet ganz einseitig von dem s. E. unmessiani-
schen Selbstbewußtsein Jesu her das Ausscheiden der Verkündigung
Jesu aus der Theologie des Neuen Testaments. Er beruft sich
dafür auch auf die synoptischen Evangelien, obwohl er sieht, daß
ihre Verfasser nicht „unterschieden zwischen Worten des Irdischen
und Worten des Erhöhten, ... als sei die Verkündigung des irdischen
Jesus abzuheben von der Verkündigung der Gemeinde"
(S. 52). Eben das darin angezeigte Problem will gelöst, nicht aber
beseitigt werden! Auch W. Schmithals „Jesus und die Apoka-
lyptik" (S. 59-85) trennt Jesus scharf von der urchristlichen Verkündigung
, ähnlich wie Schulz aus Gründen inhaltlicher Unvereinbarkeit
. „Jesus war Apokalyptiker" (S. 69/70), das Gründungsdatum
der Kirche aber ist strenggenommen noch nicht einmal
Ostern, da „der älteste Osterglaube die Auferstehung Jesu als den
Anbruch der allgemeinen Totenauferstehung deutete", also noch in
einen apokalyptischen Zusammenhang gehört (S. 67), sondern erst
„eine bestimmte Interpretation des Ostergeschehens, die dessen
apokalyptischen Charakter aufhob, nämlich das Messiasbekenntnis
des Petrus" (S. 79). Schmithals legt zur Begründung dessen
durchaus anregende Exegesen vor.

Nur aus technischen Gründen folgt darauf nicht der Aufsatz
von E. Linnemann „Zeitansage und Zeitvorstellung in der Verkündigung
Jesu" (S. 237-263), in dem das Problem des Nebenein-
anders von Zukunfts- und Gegenwartsaussagen in der Reichgottesverkündigung
Jesu im Sinne von E. Fuchs mit der Vorstellung
von der „Zeit zu" gelöst wird. „Gegenwart und Zukunft
korrespondieren . . . miteinander als Bezug und Entzug, als Gewährung
und Vorenthalt" (S. 261). Linnemann sieht, daß Jesu
Hörer eine andere Zeitvorstellung haben; so dürfte sich auch gegen
sie ihr Verdikt über andere Problemlösungen kehren: „Jesus hätte
.. . deutlicher werden müssen, um verstanden zu werden" (S. 253).
P. Stuhl macher „Jesus als Versöhner" (S. 87—104) legt eine
ganz andere Antwort als die ersten drei Beiträge vor auf die Frage
nach dem Verhältnis des historischen Jesus zur Christuspredigt
der Gemeinde. Jesu ureigenste Sache ist die „Verkündigung und
Manifestation der durch ihn selbst von Gott den Menschen eröff-