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Ausgabe:

1978

Spalte:

826-828

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Junkin, Edward Dixon

Titel/Untertitel:

Religion versus revolution 1978

Rezensent:

Nowak, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 11

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vor. Drei weitere Bände sind angekündigt, von denen der 8. und
9. „Anonyme Predigten (nach Bibliotheken geordnet)" bringen
sollen; dazu wird ein 10.Ergänzungsband kommen. Erst der 11.
und etwa folgende Bände werden dann dieses ganze Material als
Registerbände aufschließen und so für die Forschung voll verwertbar
machen. Hierfür sind Register der Themen, der Texte, der
Schriftetellen, ein Register der liturgischen Sonn- und Festtage,
zu denen Sermones vorliegen, sowie ein Bibliotheks- bzw. Handschriftenregister
in Vorbereitung. Daß die Einzelpredigten dann
auch einwandfrei zitiert werden können, ermöglicht deren fortlaufende
Numerierung. Das s.Z. vom Rez. des „Wegweiser"
gewünschte Schriftstellenverzeichnis wird also hier seinen Platz
finden. Dem jetzt vorliegenden Band ist eine Sigeltabelle beigegeben
, die für die Sermones de tempore, de Sanctis und de Commune
Sanctorum et de occasionibus ihre liturgischen Anlässe
erkennbar macht. Da in dem Zeitraum von 1150-1350 im Unterschied
zur ausgehenden Hoch- und zur Spätscholastik die Sonntage
nicht nach dem Trinitatisfest, sondern nach Pfingsten zählen,
ist die Sigelliste entsprechend angelegt. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft
ist es zu danken, daß das Repertorium zum
Druck kommen konnte.

Der große erste Abschnitt dieses 7. Bandes (1-495) bringt „Sermones
fratrum minorum". Er wird wie alle anderen Abschnitte
durch ein Verzeichnis der Bibliotheken eröffnet, in welchem sich
solche Predigtsammlungen befinden; natürlich ist jeweils auch die
Katalognummer angegeben. Die Minoritenpredigten sind als
„collectio generalis", zusammenhängende Sammlungen gallika-
nischen Ursprungs, mit ihnen vergleichbare Sammlungen und
„Collectiones aliae" jeweils nach ihren bibliothekarischen Fundorten
angeordnet. Für jede Predigt werden, soweit sie festzustellen
sind, folgende Angaben gemacht: liturgischer Anlaß, Textanfang,
Textatelle, Beginn der Predigt. Schon am äußeren Umfang dieser
Gruppe von Predigten zeigt es sich, welche Bedeutung in diesem
Zeitraum gegenüber der trockenen und lehrhaften Predigtweise
der Scholastik die Predigt der Bettelorden und zumal der Minderbrüder
durch ihre Nähe zur Gemeinde wie gewiß auch durch die
sich in ihnen freier entfaltende Individualität der Prediger gewonnen
hat. Es folgen diesem ersten großen Teil „Sermones reli-
giosorum (monachorum)" (496-528). Hier handelt es sich nur um
vier Sammlungen in vier Bibliotheken. Von ihnen ist einzig bei der
in Kopenhagen befindlichen der Franziskaner Johannes de Minda
als Sammler angegeben. (Auf S.527 vermißt man die Seitenüberschrift
: Paris, Nat. lat. 13587.) „Sermones super Sacras Scriptu-
ras" werden nachfolgend aufgeführt (529-550). In einem voranstehenden
Verzeichnis werden „I. Auetores" solcher Predigtsammlungen
genannt mit Angabe der von ihnen behandelten Bücher
der Heiligen Schrift; näheres über diese Predigten ist den Bänden
1-5 zu entnehmen wie auch dem 6. Band. Unter „II. Codices"
folgt der Hinweis auf Sammlungen, die dann mit einigen in anderem
Zusammenhang dargestellten Ausnahmen inhaltlich dargestellt
werden, wie für den ersten Abschnitt oben angegeben. Der
folgende Abschnitt „Sermones pastorales" (551-602) enthält Pre-
digtaammlungen aus fünf Bibliotheken, von denen die in Graz
befindliche ausdrücklich „ländliche" Predigten und der Pariser
Codex auch solche zum Commune Sanctorum gesammelt haben.
Es schließt sich ein Abschnitt an: „Sermonum series (collectiones)
titulis insignatae" (603-665). Gerade sie erscheinen mir bezeichnend
für die Wende in der Geschichte der Predigt, die sich vom
12. bis 13. Jh. vollzogen hat: unter dem Einfluß der Scholastik
kommt es zu einem neuen Durchdenken des traditionellen Predigtstoffes
; man will nicht mehr nur das Erbe von den Vätern her im
Anschluß an bewährte Predigt- und Materialsammlungen reproduzieren
. Die Prediger sind weithin geistig genug geschult, um aus
ihrer Predigtperikope deren zentrale Gedanken selbst zu erheben.
Die Predigten werden so thematisch, und das für den Prediger
entscheidende Anliegen wird nicht selten in oinem einzigen Begriff
zusammengedrängt. Von dieser neuen Predigtweise her mag es
sich ergeben haben, daß nun ganze Sammlungen unter einem doch
irgendwie für sio bezeichnenden Titel zusammengestellt werden.
Der Abschnitt bringt eingangs eine ganze Liste solcher „Titel".
Soweit die Verfasser bekannt sind, wird auf ihre Erwähnung in
den vorausgehenden Bänden verwiesen. Hier werden die Sammlungen
„Cordulus", „Hortulus deliciarum" (mit für die erwähnte
Predigtart bezeichnenden Dispositionen des 14. Jhs.), „Möns Dei",
„Opus Mariae virginis", „Patris opus", „Peregrinus", „Propter
Sion", „Romanus" vorgestellt. Ein Abschnitt „Prothemata"
(666-681) beschließt den Band mit Sammlungen solcher. Das
vorangestellte Verzeichnis bringt zunächst wieder die Verfasser
solcher Sammlungen, die, soweit nicht an anderer Stelle des Reper-
toriums enthalten, hier aufgeführt sind. Eine kurze Notiz am
Schluß weist noch auf Prag und Venedig als Fundorte weiterer
Sammlungen hin, die aber nach des Vfs. Urteil einer früheren Zeit
angehören.

Der vorliegende Band dieses noch nicht abgeschlossenen Reper-
toriums bezeugt jedenfalls eine große und entsagungsvolle Arbeitsleistung
. Alle am Hochmittelalter interessierte Forschung wird
dem Vf. dafür dankbar sein; denn indem für die Predigt dieser Zeit
in hohem Maß ihre unmittelbare Bezogenheit auf die Lebenssituation
ihrer Hörer charakteristisch ist, indem sie Beispiele aller Art,
Legenden, Historien, Anekdoten, Naturbeschreibungen als homiletische
Hilfsmittel auswertet, erschließt das Repertorium ja auch
dem säkularen Forscher eine Fundgrube an Material.

g Greifswald William Nagel

Iserloh, Erwin: Charisma und Institution im Leben der Kirche.
Dargestellt an Franz v. Assisi und der Annutsbewegung seiner
Zeit. Wiesbaden: Steiner 1977. 35 S. 8° = Institut für Europäische
Geschichte Mainz, Vorträge 69. Kart. DM 6,40.

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Junkin, Edward Dixon: Religion Versus Revolution. The Interpretation
of the French Revolution by German Protestant
Churchmen, 1789-1799.1 and II. Austin, Texas: Best Printing
1974. XII, I, 964 S. 8°.

Die Studie von Junkin, eine Basler Dissertation von 1968, muß
trotz mancher Unausgewogenheiten in Anlage, Durchführung und
Urteilssicht als ein willkommener Beitrag zur neueren evangelischen
Kirchengeschichte angesehen werden. Sie versteht sich als
eine Gabe an die „Theologie der Revolution", die in den sechziger
Jahren stark die Szene beherrschte, und der Autor läßt seine
Leser keinen Augenblick im Zweifel, wo er selbst steht. Im Schlußteil
(Kap.V) entwickelt er sogar theologisch-ethische Maximen
und Handlungsanweisungen für die Christen im revolutionären
Weltprozeß unserer Tage (852ff.). Da für ihn die Wurzeln des
modernen Revolutionsgedankens in den vorrevolutionären Epochen
der Christentumsgeschichte liegen, wie sein Rekurs auf
mittel- und spätmittelalterliche Gruppen asketischer und schwärmerisch
-apokalyptischer Prägung zeigt (829ff.), will er die Christen
heute um so eher an der Kampffront revolutionärer Umbrüche
wissen, die er - im Anschluß an das Werk von Griewank - sorgfältig
abhebt von Begriffen wie Rebellion oder Widerstandshandeln
(819ff.).

Das Einstiegskapitel (Kap.I) soll dem Leser Basisinformationen
für das Verständnis der Französischen Revolution und ihre Interpretation
sowie über die zeitgenössische Situation in den deutschen
Territorien vermitteln. Durchgehend auf Sekundärliteratur aufgebaut
, bieten diese etwas flächigen Darlegungen nichts Neues und
machen den Leser sogar etwas stutzig, weil Junkin zu vorschnellen
Harmonisierungen und Glättungen des Antlitzes dieser bei aller
Großartigkeit doch auch tragischer Züge nicht entbehrenden
Revolution neigt. Den Kern des Buches bilden die Kapitel II bis
IV, wobei der Rez. am meisten aus Kap. IV gelernt hat, das den
Komplex „Patriotism: The Christian and his Country" behandelt.
Kap.II „Revolution: The Ethical issue for German Protestant«"
beginnt mit einem Überblick über die Haltung der deutschen
Intellektuellen zur Französischen Revolution. Die theologischen
Voten sind nach Junkin vornehmlich von der Frage nach Gottes
Aktion in der Geschichte bestimmt, wobei Gott in unterschiedlicher
Perspektive gesehen worden sei, „prophetically or provi-