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Ausgabe:

1978

Spalte:

778

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Peters, George W.

Titel/Untertitel:

Missionarisches Handeln und biblischer Auftrag 1978

Rezensent:

Lehmann, Arno

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 10

778

komitees 1976 und schließlich in Form oines Beschlusses
der Vollversammlung in Daressalam 1977) offiziell für
Bemühungen in dieser Richtung ausgesprochen.

Der vorliegende Band führt in den Stand der Diskussion
ein, indem er nach einer Einleitung von H. Meyer und
H. Schütte 10 Aufsätze von W. Pannenberg (ev.), H.
Schütto (kath.), H. Dietzfelbinger (ev.), V. Pfnür (kath.),
H. Meyer (ev.), H. Döring (kath.), V. Vajta (ev.), P.
Brunner (ev.), H. Jorissen (kath.) und W. Kasper (kath.)
zum Abdruck bringt, die teilweise schon an anderer Stelle
veröffentlicht wurden und die die Hoffnungen und Probleme
deutlich machen, die mit dem Projekt verbunden
sind. Besonderes Gewicht bekommt der Band durch Vorworte
von Kardinal Willebrands und Landosbischof Dr.
Heintze. Im Anhang ist eine deutsche Übersetzung des
lateinischen CA-Textes von H. Bornkamm abgedruckt—
offenbar in der (zutreffenden) Überzeugung, daß bei dieser
ganzen Diskussion nicht nur katholische, sondern auch
lutherische Leser eine Information über den Gegenstand,
um den es hier eigentlich geht, dringend nötig haben.

Wie in der Einleitung richtig gesehen wird, liegen die
Motive für die katholische Initiative in dieser Sache darin,
daß es sich hier um einen Text handelt, der in besonderem
Maße so etwas wie die Identität der lutherischen Kirche
(inmitten aller innerlutherischen theologischen Pluralität,
ja Disparatheit der Lehrmeinungen) dokumentiert. Außerdem
ist die CA „die am meisten auf Versöhnung angelegte
" (15) unter den lutherischen Bekenntnisschriften.
Aber damit kommen natürlich zugleich auch die Probleme
dieses ganzen Unternehmens in den Blick, wie sie durch
alle Beiträge hindurch angesprochen und diskutiert werden.

Ein erster Problemkreis könnte mit dem Stichwort
„katholische Interpretation der CA" bezeichnet werden.
W. Kasper nennt es ein „Ergebnis der bisherigen Diskussion
", daß die CA katholisch interpretierbar und
insofern auch katholisch rozipierbar sei, u. zw. ,,im Lieht
des Selbstverständnisses heutiger katholischer Theologie"
(151). Daß eine etwaige Rezeption von einer solchen
Interpretationsmöglichkeit abhängt, ist einsichtig. Nur:
Was hieße konkret „katholische Interpretation", wenn man
diibei an die gegenwärtige römisch-katholische Kirche
denkl ! Selbst wenn man einmal in Rechnung stellt, daß
neuere Untersuchungen im Blick auf die Aussagen des
Tridentinums echte Konvergenz!inien zur CA — etwa
in der Rechtfertigungsfrage oder in der Präge des Meßopfers
— herausgearbeitet haben: Ist die CA auch für die
inariologischen Dogmen von 1854 und 1950 und für die
verbindlichen Aussagen über das Papsttum im I. und II.
Vaticanum offen 1 Dieses Problem wird in verschiedenen
Beiträgen angesprochen, vor allem von H. Döring (S. 93ff.).
Man fragt sich, ob nicht eine offizielle über das II. Vati-
oanum hinausführende Erklärung der katholischen Kirche
im Blick auf die genannten Lehren notwendig wäre, wenn
das Ganze nicht auf eine ungute Vereinnahmung der CA
hinauslaufen soll.

Als Pendant dazu stellt sich — zweitens — das Problem
, welche Rolle in einem solchen Rezeptionsvorgang
die Interpretation, die die lutherischen Kirchen dieser
ihrer Bekenntnisschrift gegeben haben und geben, sowie
die faktische Stellung dieses Bekenntnisses in Glaube und
Lohre der lutherischen Kirchen heute spielen. Für die
Frage des Verhältnisses Luthers zur CA — die jüngst von
P. Manns in der Ökumen. Rundschau (1977, H. 4) unter
der Formulierung „Ökumene auf Kosten Luthers ?"
pointiert angesprochen wurde — wird mit Recht geltend
gemacht, daß die CA, und nicht etwa Luthers Frühwerk,
„Maßstab des Lutherisch-Reformatorischen" sei, wie ihn
sich die lutherische Kirche gegeben hat (Pfnür, 64f.).
Allerdings stellt sich dann weiter das Problem der Interpretation
, die die CA in verbindlicher Form durch die
anderen luthorischen Bokenntnissehriften, darunter
Schriften Luthers selbst, gefunden hat. Darf man eine
Anerkennung der CA ohne diesen verbindliehen Kontext

ins Auge fassen (so fragt mit Recht H. Meyer, 88ff.) ?
Im Blick auf die gegenwärtige faktische Geltung der CA
muß nicht nur das Problem ihrer Relevanz für gegenwärtiges
Glaubensbewußtsein gesehen werden (Schütte,
51 f.), ein Problem, das sich freilich ebenso für die katholischen
Dogmen stellt. Vielmehr muß auch die gewachsene
ökumenische Gemeinschaft der lutherischen Kirchen mit
anderen evangelischen, besonders den reformierten Kirchen
ins Auge gefaßt werden. Die Interpretation, die die Geltung
und manche Einzelaussagen der CA etwa durch die
Leuenberger Konkordie erfahren, wird in dem ganzen
Band an keiner Stelle erwähnt, dürfte aber doch wohl
eine erhebliche Rolle spielen im Zusammenhang des geplanton
Rezoptionsvorgangs. Natürlich sind von bedeutendem
Gewicht für das Ganze auch die verschiedenen
Ergebnisse des lutherisch-katholischen Dialogs (vgl. V.
Vajtas Beitrag, 103ff.), nach deren offizieller kirchlicher
Bedoutung gegenwärtig ja ohnehin in verstärktem Maße
gefragt wird.

Ein dritter Problemkreis besteht in der Frage, welches
kirchliche Ziel eine etwaige Anerkennung der CA durch
die katholische Kirche verfolgt. Das von J. Ratzinger
gegebene Stichwort einer „korporativen Vereinigung in
der Unterschiedenheit" wird in den Beiträgen verschieden
interpretiert. H. Meyer geht davon aus, daß Ratzinger
damit nicht das gemeint habe, was in der ökumenischen
Diskussion mit dem Terminus „organische Union" im
Sinne einer Preisgabe der konfessionellen Identität der
beteiligten Partner bezeichnet werde, obwohl das der
von Ratzinger benutzte Ausdruck nahelege. Vielmehr sei
eher an eine .„Anerkennung' des anderen in seinem
Anderssein und seiner Eigenart" gedacht, u. zw. ohne das
Ziel einer „neuon transkonfessionollen Identität" (88).
Nur eine solche Zielvorstellung hält Meyer für akzeptabel.
V. Vajta denkt an eine „Einheit in versöhnter Verschiedenheit
" geradezu anstelle einer „korporativen Vereinigung
", hat dabei allerdings bewußt den im Augenblick
gegebenen „Zwischenzustand", in dem sich die Kirchen
in ihrem Verhältnis zueinander befinden, im Auge (115).
Demgegenüber versteht W. Kasper die Rede von „korporativer
Voreinigung" im Sinne einer ins Auge zu fassenden
„organischen Union" mit einer neuen kirchlichen Identität.
Für eine solche Zielvorstellung, die über eine bloße wechselseitige
Anerkennung von Kirchen mit verschiedenen Bekenntnissen
, Sakramenten und Ämtern hinausführt,
spricht sich Kasper betont aus (155). Man wird an dieser
Stelle gemeinsam noch weiter sowohl über das Wünschenswerte
wie über das real Mögliche und über einen etwaigen
stufenweisen Prozeß nachdenken müssen. In jedem Falle
sind die Kirchen — nicht nur die unmittelbar beteiligten
— durch das ganze Projekt in besonderem Maße zur Besinnung
und Stellungnahme herausgefordert. Und dazu
bietet dieser Band wiohtige Informationen und Impulse.

Leipzig Ulrich Kflhn

IVIers, George W.: Missionarisches Handeln und biblischer Auftrag
. Eine Theologie der Mission. Bad Liebenzell: Verlag der
Liobenzeller Mission" 1977. 392 S. ■--= Telos-Büchor, 1800.
DM 28,50.

Dieses Buch ist die deutsche Ausgabe von „A biblical
thoology of Missions, das in ThLZ 100, 1975 Sp. 78—80
besprochen worden ist.

Es ist gut und es tut not zu wissen, welche Theologie
der ovangelikalen Kreise hinter dem Missionseinsntz steht,
der bis zu 80% des evangelischen Gesamt-Missionswerkes
beträgt. Die deutsche Fassung empfiehlt sich auch für alle,
welche den Slogan „Missionarische Struktur der Gemeinde"
vertreten; es eignet sich auch — ganz oder in Auswahl —
für die Arbeit von Gemeinde-Seminaren.

Hall«"/Saale Arno Lehmann