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Ausgabe:

1978

Spalte:

775-776

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Winter, Friedrich

Titel/Untertitel:

Seelsorge an Sterbenden und Trauernden 1978

Rezensent:

Wikström, Owe

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Seite 1

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Theologische Litcraturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 10

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griffe. Aber das Ergebnis steht auch ohne diese Bezüge
von Anfo"g an so fest, daß die Rnge nach der Rolle der
Hl. Schrift nicht mein- übersehen werden kann, Ist ein
Synodentext ein ausreichender Ersatz dafür? Bei dem
Beitrag von F. Knmphaus (katli.) hat man dagegen trotz
des langen Anmursehs von Anlang an den Eindruck, festen
Boden unter den Füllen zu haben. Und das kommt unverkennbar
von der beherrschenden Stellung, die der für
das Thema „Erneuerung durch Versöhnung" geschickt
gewählte Abschnitt aus 2Kor 5 für diese, auch der Gestalt
nach ausgezeichneten Predigt hat.

Mager wie die knappe Viertelseitc des Synodentextes
sind auch die Beitrage über die „Einheit der Christen".
Ein Hauch von Resignation liegt darüber, von der Mahnung
zu Geduld und Zufriedenheit mit dem bisher Erreichten
nur schwach aufgefangen. Die nachsynodale Wirkungs-
geschiohte ist ja mit der Abfassung einer Predigtreihe
noch nicht voll crfal.it. Kür die empirische Homiletik wäre
es interessant zu erfragen, was über die Brücke der vorgelegten
Predigteil nun bis zu den Hörern gedrungen und
was von ihnen aufgenommen wurde. Erst dann wären die
Autoren des S.y nodenl extes und der Predigten auch durch
die Fragestellung aus dem kirchlichen Binnenraum in die
Welt vorgedrungen, um die es ja bei diesen Bemühungen
geht.

TbelDen Hektiard Altmun

Winter, Friedrich: Seelsorge an Sterbenden und Trauernden.

Berlin: Evang. Vorlagsanstall u. Güttingen: Vandenhoeok
& Ruprecht [1970]. 180 S. 8°.

Freud behauptete, daß besonders sexuelle Impulse im
Unbewußten eingelagert seien. Wenn diese Impulse nicht
anerkannt werden und nur zum Teil zum Ausdruck kommen
, führt das zu Problemen und in extremen Fällen zu
Neurosen.

Das war vielleicht der Fall zur Zeit des alten Freud —
dem Zeitalter der sexuellen Prüderie. Heutzutage ist eine
neue Prüderie und ein kollektives Schweigen erschienen.
Jetzt geht es um den Tod.

Wahrend man im Mittelalter in frommen Familien
einen Schädel auf dem Schreibtisch hatte, um ,,ars morien-
• di" zu lernen, wendet man sich jetzt verlegen ab, wenn
jemand über Sterben oder Tod spricht. Sowohl intellektuell
wie emotional hat der Gegenwartsmensch die Fähigkeit
verloren, seine Gedanken von Unruhe, Angst oder
Vertrauen, was den Tod betrifft, auszudrücken. Im Unbewußten
leben aber die existentialen Kragen ihr Schattendasein
. In der psychologischen und religionspsychologischen
Literatur dos 20. Jhs. gibt es einen Uberlluß an Studien
über Kinder und Jugendliche, während Alter, Sterben
und Tod durch Abwesenheit glänzen. Der Mangel an
Studien über den Tod zeugt von einem neuen kollektiven
Verdrängen.

Um so wichtiger sind moderne, theoretisch stringente,
aber praktisch verwendbare Handbücher. Bücher, die man
christlichen Seelsorgen oder Laien übergeben kann. Deshalb
ist Winters Buch auch in Schweden zu begrüßen.

Das Buch gibt eine außerordentliche Antwort auf
Winters eigene Zielsetzung: „Die folgenden Überlegungen
haben zum Ziel, die in Literatur und Praxis vorherrschende
isolierte Beachtung post- und prämortalen Handelns
der christlichen Gemeinde zu durchbrechen; denn
sachlich und praktisch gehört es zusammen. Die Frage
lautet: Wie sieht die Zusammenschau einer kirchlichen
Begleitung im Sterben und Trauern aus ?"

Dieses Studium fängt mit einem theoretischen Teil an,
das das Phänomen Tod von u. a. sprachlichen, sozialen,
psychischen, juristischen Ausgangspunkten her behandelt.
Viele neuere Werke brechen mit dieser Behandlung des
Themas ab. Das Wichtige in Wintors Buch ist die sorgfältige
Verarbeitung der Probleme über das Sterben und
den Sinn des Todes. Er stellt und diskutiert u.a. folgende
Fragen: Wie erklärt ein Mensch seinen Tod? Den Tod
andrer Menschen 7 Warum entsteht diese Erklärung ! Wie
wird ein Mensch, der einen Sinn mit dein Tod gefunden
hat, in seiner Einstellung zum Lehen beeinflußt ?

Winters Versuch mit der Typologie einer Sinngebung
des Todes ist sehr interessant. Vielleicht könnte das noch
gründlicher diskutiert worden sein. Auf diese Weise
hätte Winters Darstellung des Kapitels „Theologie vom
Tode" einen viel besseren „Sitz im Leben" bekommen.

Nach dem einleitenden theoretischen Teil folgt der
blauptteil von Winters Arbeit „Geleit zum Tode". Hier
geht es teils um die Begleitung der Sterbenden (prämortale
Hilfe), teils um die Begleitung der Trauernden (postmortales
Geleit). Der Vf. gibt uns fundierte Kenntnisse pastoral-
medizinischer und psychologischer Art über Krankheit.
Sterben, Tod und Trauer. Einigo Beispiele von Überschriften
geben uns einen guten Einblick in den Inhalt:
Aus der Geschichte, Begleiter, Besuch, Gespräch (wichtig
!), Lösung. Wahrheit, am Sterbebett, Selbstmord, die
Bestattung als gottesdicnstliche Handlung, die Bestattung
als Möglichkeit christlicher Freiheit. An diesen Titeln
merkt man, daß es der praktische Seelsorger ist, der die
Feder führt. Alles ist klug und abgewogen geschrieben. Als
Religionspsyohologe fehlt einem aber die Hilfe, die der
Vf. von den klassischen Schilderungen sowohl der Psychologie
des Sterbens als auch der Trauer sicher erhalten
hätte. Tin Laufe der letzten fünf bis zehn Jahre haben es
eine Menge von Studien ermöglicht, den Zusammenhang
zwischen Religiosität und Todesangst aufzuweisen, wobei
es besonders darum geht, welche Phasen der Trauernde
durchmacht, auf welche Weise man empfänglich für Versuche
ist, nicht nur den Tod anderer, sondern auch den
eigenen Tod zu bedenken. Diese Untersuchungen in der
unmittelbaren Nähe des Todes sind vor allem in der
Zeitschrift „Omega" — Journal of Death and Dying —
vorhanden. Diese neue Wissenschaft — Thanatology —
hat den christlichen Seelsorger viel zu lehren.

Aber diese Anmerkung hindert nicht, folgendes Urteil
abzugeben: ein gutgeschriebenes, erwünschtes, sorgfältiges
und vor allem praktisches, nützliches Buch.

SkeUelteä Owe Wikutrüin

MISSIONSWISSENSCHAFT, ÖKUMENE

Meyer, Barding, u.a. [Hrsg.]: Katkeliaeke Anerkennum; des
Alicslnirser Bekenntnisses.' Kiu VnrstnL! zur Einheit zwischen
katholischer und lutherischer Kirche. Mit Beitragen von
\ . Pannenberg, II. Schütte, H. Dietzfelbingor, V. Pfnür,
H. Meyer, H. Döring, V. Vajta, P. Brunner, H. Jorissen,
W. Kasper. Vorworte v. .J. Kardinal Willobrands u. G.
Heintze. Mit dein Text des Augsburgischen Bekenntnisses
nach einer Übersetzung v. H. Bornkamm. Frankfurt/M.:
Lembeck u. Knecht [J977]. 179 S. 8° = Ökumenische Perspektiven
, hrsg. v. H. .Meyer, '.). DM 25,—.

Seit einigen Jahren ist die Frage einer Anerkennung
der Confossio Augustana durch die römisch-katholische
Kirche im Gespräch. Der katholische Theologe Vinzenz
Pfnür, Paderborn, hat diesen Gedanken 1974 in einem
Vortrag auf einer Sitzung der internationalen lutherisch-
katholischen Arbeitsgruppe geäußert. Wichtig ist sodann
ein Vortrag Joseph Ratzingers (jetzt Erzbisehof und
Kardinal in München) gewesen, in dem er 1976 seinerseits
diesen Gedanken aufgriff und von dem Ziel einer „korporativen
Vereinigung" zwischen lutherischer und katholischer
Kirche sprach. Seitdem haben sich das vatikanische Einheitssekretariat
in Rom und der Lutherische Well bund (letz-
terer zunächst bei einer Konsultation über ökumenische
Methodologie 1970, sodann bei der Sitzung des Exekutiv-