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Ausgabe:

1978

Spalte:

741-743

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schenke, Ludger

Titel/Untertitel:

Der gekreuzigte Christus 1978

Rezensent:

Luz, Ulrich

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 10

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Since the book was written not for scholars or for
students, but for the general public, there is virtually no
discussion of points on which authors disagree. In the
564 pages, no modern writer is quoted, and there are
only a handful of references to such by name (given in
brackets and without any indication of the work to which
reference is made). In one sense, it is refreshing to find a
book which reads like a commentary on the Fourth
Gospel, when so many modern works read like a 'Commentary
on Bultmanns' Commentary'. But in another sense
it is disastrous, for the reader cannot help continually
asking whether the contributions of Bultmann, Cullmann
and Dodd can be dismissed without any discussion or
argument.

Yet van den Bussche knew these works, understood
them, and rejected their conclusions. One can only regret
that he did not in this commentary give his reasons for so
doing. Perhaps in 1957—61 he thought it unnecessary when
writing a predominantly devotional work for a homo-
geneous Roman Catholic readership; but that consideration
might have led him to judge differently were he alive
today. As it Stands, the main interest of the book lies in
Iiis fourfold division of the gospel: „The Book of Signs"
(1—4), "The Book of Works" (5—12), "The Book of
Farewells" (13—17) and "The Book of the Passion"
(18 — 21). The first book he judges to be the revelation of
• Icsus as Messiah by signs, the second a revelation of
Jesus as Son of Man, the eschatological Emissary and
Judge sent by the Father. The tliird book then shows him
addressing the Church as its Everlasting Lord, and the
fourth sets the seal on all Jesus's titles by relating the
nccomplishment of his work.

Durham John McHnsh

Schenke, Ludger: Der gekreuzigte Christus. Versuch einer
literarkritischen und traditionsgesehichtlichen Bestimmung
der vormarkinischen Passionsgeschichte. Stuttgart: Kath.
Bibelwerk [1974]. 150 S. 8° = Stuttgarter Bibelstudien,
hrsg. v. H. Haag, R. Kilian u. W. Pesch, 69. Kart. DM 18.—.

Die kleine Studie enthält eine Exegese von Mk 14,
32—15,47 und ist gedacht als Ergänzung zur Dissertation
des Verfassers, die sich mit der Analyse von Mk 14,1 — 31
beschäftigte1. Das Büchlein enthält eine sehr konzentrierte,
informative und übersichtliche Untersuchung der drei
Textkomplexe Mk 14,53-15,20a (S. 15—76), Mk 15,
20b —47 (S. 77—110) und Mk 14,32—52 (S. 111—134)
nebst einer forschungsgeschichtlichen Einführung und
einer Zusammenfassung. Hier die wichtigsten Ergebnisse:

Schenke rechnet mit einer zusammenhängenden vor-
markinischen Passionsgeschichte, die mit der Gothsemane-
perikope einsetzt und mit der Grablegung schließt. Sie
umfaßt im groben etwa Mk 14,32a.34,35a.36—38.42—47.
50.53a.55f.60— 62a.63— 65; 16,(1).3—5.2.16 — 20.22— 27.
29a.31b.32.34a.36a.37.39.42 — 47. Diese älteste Passions-
goschichte schildert Jesu Sterben im Lichte des alt-
testamentlich-jüdiselien Motivkomplexes des leidenden
Gerechten. Die Gethsemaneszene bildet den christologi-
schen Introitus und zeichnet Jesus aktiv als den zum
Leiden bereiten Gerechten ; die folgenden Perikopen zeigen,
wie Jesus leidet. Christologische Höhepunkte sind die
beiden Verhörszenen, die beide ursprünglich zur Leidensgeschichte
gehören: Jesus ist der Gottessohn-Messias (14,
62a), der König der Juden (15,2); die Wahrheit seines
Anspruches bewährt er in seinem Kreuzestod, den die
Gemeinde im Lichte der Traditionen vom leidenden
Gerechten gerade als Zeichen des Messias verstehen lernt.

Diese ursprüngliche Passionsgeschichte ist vormarki-
nisch durch 14,57—59.62b; 15,6—16a.21.29b.30.33.38 ergänzt
worden. Die Ergänzungen verraten wiederum eine
einheitliche Tendenz und ein einheitliches Traditionsmilieu
: hier war eine gesetzeskritisehe. Jesus das auf die

Gemeinde bezogene Tempelzerstörungslogion in den Mund
legende Gemeinde am Werk, die in ihrer Mitte die Söhne
des Kreuzeszeugen Simon von Kyrene hatte. Sie erwartete
das Kommen des Menschensohns zum Gericht über Israel
(Mk 14,62b, vgl. Apg 7,56), fügte die Barabbasepisode, den
Spott der Priester und die Episode vom Tempelvorhang
an, um den Gegensatz zwischen Jesus und Israel zu
betonen. Diese Überarbeitung könnte aus der Tradition
des Stephanuskreises stammen.

Die markinische Redaktion wird im Hauptkorpus der
Markuspassion weniger deutlich sichtbar als in dem nach
Schenke von Markus erstmals zusammengestellten Introitus
Mk 14,1 — 31. Auf den Evangelisten geht im wesentlichen
die Abfassung oder die Einfügung der noch verbleibenden
Textabschnitte zurück. Deutlich hebt Markus
die Übereinstimmung der Passion mit dem alttestament-
lichen Gotteswillen hervor (14,48f.). Das Thema des
Jüngerversagens als Teil des Messiasgeheimniskonzepts
wird hervorgehoben (14,51f.66—72, vgl. 15,40f. als positiver
Kontrast). 15,35.36b wird zu einem markinischen
Höhepunkt: Das Messiaswunder zur Errettung des Gekreuzigten
wird verweigert; als Gekreuzigter und so Gehorsamer
ist Jesus Gottes Sohn (15,39 Tradition!). Durch
die erst von Markus angefügte Kultlegende Mk 16,1 — 8
erhält die Passionsgeschichte einen neuen Zielpunkt:
Mt 16,7 ruft der Auferstandene seine Jünger erneut in
die Nachfolge, wobei er der Gekreuzigte bleibt (16,6.8).

Die Markuspassion ist ja neuerdings zum bevorzugten
Übungsplatz traditionsgeschichtlicher Untersuchungen geworden
. Von einem völligen Konsens ist die Forschung
naturgemäß weit entfernt, auch wenn sich gewisse Tendenzen
deutlich herausstellen; dazu gehört wohl die
Annahme einer durchgehenden vormarkinischen Passionsgeschichte
und eine in vielen Einzelresultaten übereinstimmende
Abhebung der Redaktion von der vormarkini-
•schen Überlieferung. Schenkes Werklein besticht durch
klare methodische Grundsätze, z. B. eine nur ganz behutsame
Verbindung traditionsgeschichtlicher und historischer
Argumente, und durch eine betonte Zurückhaltung gegenüber
extremen Thesen, etwa einer zu großzügigen Markusredaktion
oder einer zu minutiösen Analyse traditionsgeschichtlicher
Schichten. So eignet ihm ein leicht konservativer
Einschlag in der traditionsgeschichtlichen Rekonstruktion
, der sich mit vorsichtig-positiven Urteilen
über den historischen Gehalt, der hinter einzelnen Abschnitten
steht, verbindet. Beide Tendenzen scheinen mir
durchaus wesentliche Elemente eines neuen Konsenses
über die Vorgeschichte der Markuspassion zu sein.

Weitgehende Zustimmung zur Gesamtkonzeption entbindet
natürlich nicht von kritischen Fragen im einzelnen,
die der Rez. in Fülle hat: Das Pilatusverhör bleibt ein
schwieriger Text, dem Schenke mit der Umstellung von
V. 2 und 3 — 5 und dem Postulat, daß das eigentliche
Urteil des Pilatus zugunsten von V. 6—15 unterdrückt
worden sei, Gewalt antut. Daß die Paralleltraditionen
15,23 und 36a beide der ursprünglichen Passionsgeschichte
angehören, ist schwerverständlich. Daß V. 35.36b dem
Evangelisten zuzuschreiben ist, bleibt m. E. unbeweisbar;
eher ist die These diskutabel, daß die Episode mit dem
Centurio (15, 39) Markus bereits traditionell vorgegeben
war. Völlig unmöglich ist für mich die These, daß das Ohr
des Knechtes des Hohenpriesters nach dem ursprünglichen
Textsinn von einem der Häscher abgeschlagen
worden sei (S. 119f.). Eine Gefahr liegt auch darin, daß das
Ergebnis relativer inhaltlicher Geschlossenheit von ursprünglicher
Passionsgeschichte, Bearbeitutig und marki-
nischer Redaktion zu leicht zu einem (pseudo)-methodischen
Kriterium der Zuweisung von Stoffen wird: Es
„müssen" keineswegs „alle Verse, in denen sich...Anklänge
" an Leidenspsalmon „nachweisen oder auch nur
vermuten lassen, der ursprünglichen Fassung der" vormarkinischen
Passionsgeschiehte „zugewiesen werden"
(S. 103).