Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1978

Spalte:

736-738

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Sirat, C.

Titel/Untertitel:

Jewish Philosophical Thought in the Middle Ages 1978

Rezensent:

Maier, Johann

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

735

Thoologische Literaturzoitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 1(1

730

Toxtcs macht. Der Übersetzung folgen die Erläuterungen,
die prägnant und sachgerecht sind. Die Vfu. versteht es,
ihr Fachwissen so in die Erläuterungen einzubringen, daß
der Leser nicht überfordert, sondern zum Weitorlesen und
Nachdenken angeregt wird. Man erlebt einen erfreulich
wissenschaftsoffenon Umgang mit der Botschaft des Arnos,
der im guten Sinn aufbauend ist, ohne im Blick auf das
sogenannte „einfache Gomeindeglied" erbaulich EU wirken,

154 Anmerkungen am Ende des Buches geben dem
Loser über die Erläuterungen hinaus gute Hinweise auf
die nouoro Literatur und die Diskussion einzelner Fragen.

In der Frage der Echtheit der Texte urteilt die Vfn.
konservativ. Da für sie alles, „was heute auf dem Gebiet
der Zuweisung eines Stückes zu einer möglichen Redaktion
behauptet und vorgelegt wird, Hypothese oder mehr oder
weniger begründbaie Vermutung bleibt" (16), meint sie
die These „von einem früh durchkomponierten Werk nicht
einfach von der Hand weisen zu können". Hier wird man
z.B. für die Texte Am 3,7 4,0—13 8,11—12 und die
hymnischen Stücke die Lage kritischer beurteilen wollen.
Auch bei der Einteilung und Abgrenzung der Texte sind
öfters Anfragen am Platz. Am Rand sei vermerkt, daß
Am 8,5 „und dor Sabbat, daß wir Korn anbioten" wohl aus
Versehen fehlt.

Ruppert biotot einführend einen Üborbliok über dio
literarischen und theologischen Fragen der Genesis. Dio
Urgeschichte wird gegen den Mythos, den er als Göttor-
geschichte definiert und gegen die Geschichtsschreibung
abgegrenzt. Unter Hinweis auf Gimkcl wird dio Sage als
Ausgangspunkt der Untersuchung genommen. Für sie sei
die Offenheit zur Geschichte und Heilsgcschichte charakteristisch
. Nach der Darstellung der literarischen Quellen
warnt dor Vf. unter Hinweis auf dio Toledot-Eintoilung
von P vor oinor zu scharfen Trennung von Urgeschichte
und Patriarchenerzählungen, von „Urgeschohen" und
Heilsgeschichte.

Für die Erläuterungon von Gen 1 —11 wird die Einteilung
der Texte in Schöpfungserzählungen, Schuld-Strafe -
Erzählungen und Erzählungen von den Errungenschaften
(vgl. Westermann, Genesiskommentar) gonutzt. Die Patri-
archonerzähluugen reflektieren uralte Überlieferungen,
während die Josephsgeschichte „vor allem von der nicht
zuletzt am salomonischen Königshof in Jerusalem gepflegten
Weisheit durchwobt ist" (17). Dio Einführung
schließt mit der Feststellung, daß wir dio Genesis als
Christen lesen und ihr Kerygma uns trifft, „wenngleich
ihre oft fremde Botschaft der hermenoutischen Umsetzung
in unsere heutig* Situation und in unser Verständnis
bodarf" (18), wozu dieses Buch ein bescheidener Beitrag
sein sollo.

Die einzelnen Toxtabschnitto werden in Übersetzung
und mit kurzen Erklärungen versehen dargeboten. Dio
Erklärungen sind bei aller Kürze treffend und einprägsam
und bringen dio wichtigsten exegetischen Erkenntnisse zur
Sprache. Z. B. weist Gen 1 — 2,4a der Vf. auf die Unterscheidung
von Wort- und Tatbericht hin und charakterisiert
den Text als „hymnisches Glaubensbekenntnis".
Die Sintfluterzählung wird nach J und P getrennt besprochen
. Der 2. Teil des Buches enthält Gen 12—25,18.
Dor Vf. verzichtet auf eine Trennung dor Texte nach
Quellen, macht aber in der Übersetzung durch verschiedene
Drucktypen und in der Erläuterung auf sie aufmerksam.
Die Erläuterungen sind immer überzeugend verständlich,
und man wird dem Vf. danken, daß er die Erkenntnisse
der historisch-kritischen Exegese in solcher Weise einbringt.
Kritische Anfragen wären bei dem Verhältnis von Urgeschichte
und Vätergeschichte und bei der Beurteilung
des Elohisten angebracht.

Beitie Bände wird man gern einem breiten Leserkreis
auch in protestantischen Gemeinden empfehlen.

Leipzig Hans Seidel

JUDAICA

Sind, O.i Jcnish PkilotOBhlesJ Tlioughl in Iii« iHiddl» Ages.

Jerusalem: Ketor f'ubl. House [1975]. X, 510 S. hubr. m.
Abb. gr. 8°.

Einleitend (S. 1 — 20) definiert die Verfasserin als
Gegenstand ihrer Darstellung das Bestreben, das philo-
sophisch-wissenschaftlicho Denken der mittelalterlichen
Umwelt mit der biblisch-jüdischen Tradition in Einklang
zu bringen bzw. letztoro mit Hilfe dor ersteren zu rechtfertigen
. Somit handelt es sich im Grunde um eine Geschichte
dor mittelalterlichen jüdischen Theologie. In der
Antike gibt os dafür nur das — im Judentum allerdings
wirkungslos gebliebene — Beispiel Philos von Alexandrien.
Erst in dor islamischen Umwelt, in der Begognung mit den
an der antiken Philosophie orientierton Denkern wie al-
Kindi und al-Faräbi und mit dem mu'ta/.ilitischen Kalain
ergab sich auch für das Judentum dio Notwendigkeit einer
erneuten systematischen Auseinandersetzung • mit der
geistigen Umwelt, die infolge der gemeinsamen arabischen
Kulturspracho zu einom Teil des eigenen Bildungsmilieus
geworden war.

Der Teil I dor eigentlichen Darstellung gilt eben
solchen noch stark an der islamischen Theologie orientierten
Donkorn dor „gaonäisehcn" Zeit, wobei dio Auseinandersetzung
mit den oppositionellen Karäorn eine besondere
Rollo spielte: Saud ja Gaon, Haj Gaon und dio frühen
karäischen Exogeten werden hier (S. 21 — 52) behandelt.
Dabei wird der Auseinandersetzung mit dor christlichen
Theologie wohl zu geringes Gewicht beigemessen, wie auch
David al-Muqammis nur am Rande erwähnt erscheint.
Teil II (S. 53 — 92) enthält dio frühen jüdischen Neu-
platoniker, Isaak Israeli, Dunasch b. Tamim, den Kitäb
ma'ani an-nafs, Salomo ibn Gabirol, Josef ihn Zaddik,
Mose ibn Ezra, boachtlioherweise unter Ausklammerung
des Bachja ibn Paquda, dor als reiner Erbauungsschriftsteller
abgetan wird (S. 92), obwohl er zumindest wir-
kungsgesellichtlich hier durchaus einen Platz hätte. Der
Nouplatonismus wirkto auch unter den meisten Autoren der
nächsten Gruppe weiter, die im Teil III (S. 93—124) unter
dem Titol „Die Astrologie in der jüdischen Philosophie"
behandelt wird, was dem Thema „Astrologie" wohl zu
viel Eigengewicht verleiht, mag sie auch für Abraham bar
Chijja und Abraham ibn Ezra eine beträchtliche Funktion
orfüllou. In dor Tat wird die Darstellung dos erstoren
durch die Eschatologio beherrscht, diejenige des zweiten
durch eine ganze Reihe von Themen. Breit dargelegt wird
IV. der Inhalt des „Kuzari" Johuda Hallovis (S. 125 bis
104), in dem 0. Sirat offenbar den authentischen Repräsentanten
„jüdischer Philosophie" im Mittelalter schlechthin
sioht. Hior hat dio persönliche Überzeugung der Vfn.
dio Wertung ganz entscheidend mitbestimmt.

Nicht unter die in der Einleitung gebotene Definition
fallen die auch wirkungsgeschichtlich unmaßgeblichen
orientalischen Autoren, die in Teil V (S. 165—183) vorgestellt
werdon. Doch ist hier forschungsgeschichtlieh viel
Neues erschlossen: Der ismaelitisch beeinflußte Natanel
al-Fajjumi, der extrem „philosophische" Jehuda b. Nissim
ibn Malka (Vertreter eines astrologischen Determinismus)
und der die Aristoteles-Kritik des Chasdaj Crescas weithin
vorwegnehmende Abu-l-Barakat al-Bagdadi.

Auch im Teil VI (S. 184—212: Anfänge der aristotelischen
jüdischen Philosophie) wird nach einer (sehr
populär gehaltenen) Einführung in den Aristotelismus und
einer Beschreibimg von Abraham ibn Dauds „Ämunah
ramah" zwei Randgestalten erheblich viel Raum zugestanden
: Mose b. Josef Hallevi und Jehuda b. Salomo
ha-Kohen.

Teil VII (S. 213—264) ist Mose b. Maimon gewidmet,
mit dein sich alle weiteren Denker positiv oder negativ
auseinanderzusetzen hatten. Wälirend die Themen und
Phasen des maimonidischen Streites relativ knapp behau-