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Ausgabe:

1978

Spalte:

725-726

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Daniel, Esther and Jeremiah

Titel/Untertitel:

the additions 1978

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Seite 1

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725

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 10

726

hunderts unternommen wurden" (S. 154). Ihr hervorstechendstes
Merkmal sieht der Hrsg. zu Hecht darin,
daß sie das Ziel verfolgt, „den sogenannten Westlichen
Text, auf dem die altlateinische Übersetzung basiert, zu
überwinden und einem vorwiegend alexandrinisch geprägten
Text Geltung zu verschaffen" (S. 155). Ihre früheste
Bezeugung findet er in dem Kommentar des Pelagius
(404 bis 410). Benutzt wird in der Regel die Stuttgarter
Ausgabe von 1969 (= V2).

Für den griechischen Text wird die Ausgabe von
Nestle/Aland verwendet (vgl. S. 161—163). Auch die
orientalischen Übersetzungen werden herangezogen (S.
163—165); dabei konnte der Hrsg. die Hilfe von J. Molitor
und L. Loloir in Anspruch nehmen (vgl. S. 163). Die Angabe
der Zeichen und Abkürzungen schließen die Einleitung
ab (S. 165f.).

Aus dem zur Einleitung Gesagten ergibt sich alles
Wissenswerte über die Textedition selbst. Sie ist so gestaltet
, daß nach dem griechischen Text jeweils der Text der
einzelnen Texttypen folgt. Der erste große Apparat gibt
die Abweichungen vom griechischen Text an und bietet
die Varianten der einzelnen lateinischen Handschriften
und der Kirchenschriftsteller; der zweite große Apparat
bringt „in annähernd (topographisch-)chronologischer
Folge" (S. 165) die Zitate der Kirchenschriftsteller mit
dem jeweiligen Kontext. Der Druck ist übersichtlich und
außerordentlich sorgfältig.

Ich muß gestehen, daß mein zu Band 24 geäußertes
Bedenken (vgl. ThLZ 95, 1970 Sp. 650) auch durch den
neuen Band 25 nicht ganz ausgeräumt worden ist. Wenn
der Hrsg. selbst bemerkt, „daß die einzelnen Textzcilen
im Schema einen stark wechselnden Grad von Sicherheit
über die zur Darstellung gebrachten Texttypen aufweisen,
der im allgemeinen bei der Textzeilo selbst nicht zum
Ausdruck gebracht werden kann" (S. 145), dann bleibt
die Frage bestehen, ob die Edition von Texten niebt der
von Texttypen vorzuziehen wäre. Aber es ist mutatis
mutandis so wie bei jeder Ausgabo des griechischen
Textes: „Der Leser und Benutzer wird und kann sich
sein eigenes Urteil über die entsprechend der Bezeugung
unterschiedlich fundierte Geltung der Texttypen bilden,
wenn er die Kriterien beachtet, nach denen die Zeugen zu
wägen sind, die im kritischen Apparat für die einzelnen
Lesarten angeführt werden" (a. a. O.). Jedenfalls gilt dem
Hrsg. aller Dank und alle Anerkennung dafür, daß er in
einer so vorbildlichen Weise dem Benutzer das gesamte
Material darbietet.

Angezeigt sei noch Band 11: Sapiontia Salomonis,
hrsg. von W. Thiele, dessen 1. Lfg. (S. 1 — 80) einen Teil der
Einleitung umfaßt (Freiburg/Br.: Herder 1977).

Bonn Heinrich Zimmermann

Moore, Carey A.: Daniel, Kätner and Jeremiah: The Additions.

A New Translation with Introduction and Commentary.
Garden City, N. Y.: Doubloday & Co. [1977]. XXX, 374 8.
m. 13 Abb. a. Taf. gr. 8° — The Anchor Bible, 44. Lw. $ 12.—.

Der der Nummer nach letzte Band der Anchor Bible'
beginnt mit einer General Introduction in den Gesamtkomplex
der größeren Zufügungen (Add) zum kanonischen
Text von Dan, Est, Jer in LXX (S. 3—19). Überdies wird
den Add Dan eine gemeinsame Einleitung vorangesetzt
(S. 23—38); außerdem haben diese vier Stücke jeweils
eine eigene Introduction, dio Add Est eine gemeinsame,
I Bar und ep Jer je eine besondere. Moore stellt im Laufe
seiner Arbeit z. T. erhebliche Verschiedenheiten nicht nur
zwischen den drei Gruppen von Add heraus, sondern auch
/.wischen den Zufügungen je zu Dan usw., ja, er kommt
(mit anderen) des öfteren zu weitgehenden Quellenschei-
dungen auch innerhalb der einzelnen Stücke. Bibliographien
sind jeweils den Einleitungen zu Add Dan
(S. 35—38), Add Est, 1 Bar, ep Jer beigefügt.

In den verschiedenen Einleitungen ebenso wie in den
versweisen Erläuterungen und den Comments zu den
Einzelabschnitten, in denen vor allem bestimmte Ergebnisse
der Notes zusammengefaßt werden, spielen neben
den Fragen nach Zeit und Gebiet der Entstehung der Add,
ihrem Verhältnis zu der jeweiligen kanonischen Schrift,
der Sprache der Abfassung auch die nach den verschiedenen
griechischen Textüberlieferungen und ihrer Bedeutsamkeit,
nach dem literarischen Wert, der religiösen Eigenart der
Add, nach den möglichen Gründen für den Ausschluß aus
dem jüdischen Kanon eine Rolle2. Zur Relation der verschiedenen
Elemente (Grundschrift, Add, deren Teile) zueinander
werden insbesondere die Unterschiede herausgestellt
. Bei der Charakterisierung von Sprache und Inhalt
werden vor allem Verbindungslinien zum Alten Testament
und zur zeitgenössischen jüdischen Literatur gezogen.
Wenn dabei immer wieder aus dem Vorhandensein alt-
testamentlicher Spracheigentümlichkeiten in dem betr.
Add auf Abfassung in hebräischer Sprache und von daher
auf palästinische Herkunft geschlossen wird, so darf
wenigstens zu einem bestimmten Teil der Semitismen3
bemerkt werden, daß sich z. B. in der Schrift Joseph und
Aseneth zahlreiche Einwirkungen von Besonderheiten der
LXX aufzeigen lassen, ohne daß daraus die hebräische
Abfassung von Jos As gefolgert werden kann4. Gelegentlich
werden Ausdruoksweisen als Semitismen erklärt, für die
sieh schon aus einem größeren Lexikon sehr wohl Entsprechungen
nachweisen lassen5. Auch die betont heiden-
feindliche Einstellung einer Schrift spricht noch nicht
o. w. für die Abfassung in Pidästina (zu S. 167.249), vgl.
3 Makk; or Sib.

Wie in den Ausführungen zum sprachlichen Bereich —
die an den general reader (S. V) z. T. nicht geringe Anforderungen
stellen —, so erweist sich Moore auch in den
Sacherläutorungen (besonders in den Notes) als in der
neueren Literatur und im Alten Testament und jüdischen
Texten, vor allem den sog. zwischentestamentlichen, belesener
Autor. Vorarbeiten M.s. zu dem Band liegen in
Aufsätzen besonders zu Est und schon in seiner Diss.
The Greek Text of Esther (Baltimore 1965) vor; er schrieb
auch den Kommentar zum kanonischen Estherbuch für
dio Anchor Bible (1971). In der Übertragung ist er offenbar
um eine eingängige Wiedergabe des griechischen Textes
bemüht, die freilich teilweise den besonderen (zumal den
biblischen) Stil der Add verbirgt. Doch wird die wörtliche
Übersetzung dann häufig in den Notes angogeben. Zur
Übertragung werden in einem Apparat Unterschiede der
verschiedenen Textauffassungen — zumal zwischen LXX
und „Theodotion" — angezeigt. Längere und wichtigere
Varianten werden in den Notes oder auch in den Comments
vorgeführt. Die z. T. weitgehenden inhaltlichen Differenzen
zwischen den griechischen Texten finden mit Grund
besondere Beachtung.

Insgesamt gibt der Band vielfältiges Material für die
Beurteilung der Form und des Inhalts der Add. Dabei
werden nicht nur dio Ergebnisse der Forschung aufgearbeitet
, sondern auch mannigfache Anregungen für das
weitere wissenschaftliche Gespräch gegeben.

Halle/Saalo Gerhard Delling

■ Zu weiteren Bänden vgl. T. Holtz, ThLZ 93, 1988, Sp. 348—350 (Bd. II
hat der Verlag leider nicht zur Besprechung vorgelegt); 97, 1972, 593—596;
Delling, OLZ 71, 1976, Sp. 566f.

ä Ferner wird nach dem Echo der Texte in der alten Kirche gefragt.
3 Anders steht es mit nachweisbaren Übersetzungsfehlern.

* Umgekehrt können, wie gerade in letzter Zeit verschiedentlich bemerkt
worden ist, literarische Texte In Palästina griechisch abgefaßt worden sein.

• So begegnet z. B. die Wendung „die KonlgsherrRChaft (Ibernehmen" aus
Bei et Draco 1 mit denselben griechischen Vokabeln u.a. bei Herodot und
Arlstot.