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Ausgabe:

1978

Spalte:

596-597

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Albanese, Catherine L.

Titel/Untertitel:

Sons of the fathers 1978

Rezensent:

Wendelborn, Gert

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.595 Theologische Literaturzeitung 108. Jahrgang 1978 Nr. 8 SM

einen geschlosseneren Eindruck hinterlassen haben. Sein schriftlicher
Niederschlag ist thematisch z.T. noch etwas zufällig ausgefallen
(abgesehen von den drei letzten Beitrügen, in denen auoh
Spannungen zwischen untersehiedlichen Auffassungen, /,. Ii. bei
Grane und Selge, sichtbar weiden). Es wäre wünschenswert, wenn
bei interdisziplinärer Arbeit die Themen noch enger aufeinander
bezogen würden.

Krummenhennersdorf Biegfried liräuer

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Kirchliches Jahrbuch für die Evangelisehe Kirche in Deutsehland
, 1933-1944. Begründet v. J. Schneider, hrsg. v. J. Beckmann
. 60.-71.Jahrgang. 2.Aufl. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn [1976]. 559 S. gr. 8°. Lw. DM 38,-.

Das Kirchliehe Jahrbuch, das mit seinem 59. Jahrgang 1932,
damals von Hermann Sasse herausgegeben, auf Grund der kirchlichen
Verhältnisse im Dritten Reich, sicher auch wegen der 1932
geäußerten scharfen Kritik am Programmpunkt 24 der NSDAP
durch den Herausgeber, sein Erscheinen einstellen mußte, wurde
im Jahre 1948 unter der Herausgeberschaft von Lic. Dr. Joachim
Beckmann (Düsseldorf), nachmals Präses der Evang. Kirche im
Rheinland, fortgeführt.

Die Jahre 1933 bis 1944 wurden als Dokumentation über den
Kirchenkampf mit dem Bandtitel: Evangelische Kirche im Dritten
Reich herausgebracht. Die Jahre darauf (1945-1948) wurden 1949
dokumentiert; seitdem nahm man die jährliche Erscheinungsfolge
wieder auf.

Das Kirchliche Jahrbuch 1933-1944, dessen Neuauflage nach
28 Jahren erscheint, stellte in der Nachkriegszeit neben Heinrich
Hermelinks Dokumentation (Kirche im Kampf, Stuttgart und
Tübingen 1950) sowie Heinrich Schmid (Apokalyptisches Wetterleuchten
, München 1947) die bekannteste Textsammlung kirchlicher
Verlautbarungen aus der Zeit des Dritten Reiches dar,
natürlich unter Berücksichtigung auch einiger staatlich-politischer
Texte. Waren Schmids und Hermelinks Publikationen materialmäßig
stärker vom Standpunkt der süddeutschen intakten Landeskirchen
Bayern und Württemberg konzipiert, so zog Beckmanns
Dokumentensammlung, durch sparsame Zwischentexte kommentiert
, stärker Material aus dem altprcußischen Bereich heran, ohne
jedoch die anderen Landeskirchen, zumal Württemberg, Bayern
und Hannover auszusparen. Während der territoriale Kirchenkampf
in diesem Dokumentationsrahmen also vornehmlich durch
altpreußische BK-Verlautbarungen präsent erscheint, so fehlt doch
andererseits auch die Würdigung des Kirchenkampfes in anderen
Landeskirchen nicht ganz. So findet sich als „bedeutsamstes Dokument
" des „beginnenden Widerstands" in den Landeskirchen im
Frühjahr 1934 die „Kundgebung der evangelisch-lutherischen Kirche
in Bayern" (S.56ff.), an der exemplarisch gezeigt wird, wie
auch in außeraltpreußischen Landeskirchen, die nicht unter der
direkten Herrschaft des auch als altpreußischer Landesbischof
fungierenden Reichsbischofs Ludwig Müller standen, der „Ernst
der Lage" erkannt worden sei und sich Bekenntnisgemeinschaften
bildeten, „die den bekenntnisbestimmten Charakter ihrer Landeskirche
gegenüber dem auch bei ihnen wirksam werdenden deutschchristlichen
Einfluß zu wahren und zu stärken" versuchten (S. 256).
Und auch der innerhalb der Bekenntnisfront bruderrätlieher Observanz
ziemlich beargwöhnte lutherische Landesbischof Marahrens
wird nicht nur durch Dokumente des Versagens der Landesbischöfe
, sondern auch in seinem Kampf um die 13. Durchführungsverordnung
vom 20. März 1937 mit dem Reichskirchenminister
Kerrl ausführlich vorgestellt (S. 167 ff.).

Dieses Bemühen des Herausgebers, bei aller spürbaren Konzentration
auf die altpreußische BK, was auch in der für ihn durch
Engagement im bekenntniskirchlich-altpreußischen Bereich
(Rheinland) damals besonders zugänglichen Quellen mitbedingt
war, den übergreifenden gesamtkirchlichen Aspekt nicht zu vernachlässigen
und auf historiographische Ausgewogenheit bedacht
zu sein, ist jedenfalls deutlich. Das mag wesentlich dazu beigetragen
haben, daß das Kirchliche Jahrbuch 1933-1944 seine Bedeutung als

Dokumentation des Kirohenkampfgeschchens nicht verlor, als die
Kirchcnkampffurschung der wohliger Jahre zu stärkere kritischer
Objektivität durch Aufweis der differenzierten Breite des Gesche-
bens vorstieß und durch Auswertung des politischen Quellen-
materials auch die religionspolitische Seite des Geschehens klarer
wurde. Durch Abdruck einiger typischer zeitgeschichtlicher Dokumente
konnte so schon frühzeitig das Vordringen auch der weltanschaulichen
Distanzierungskräfte angedeutet werden (Abschnitt
E.: Staat und Partei, S. 438-452), wenngleich die Ressortinteressen
und auch konzeptionellen Unterschiede innerhalb der Religionspolitik
des NS-Systems nicht konturiert sind. Daß sich die außerordentliche
Differenziertheit der Bekennenden Kirche wie des
deutschchristlichen Lagers, ganz zu schweigen von dem breiten
Mittelfeld, strukturell wie konzeptionell naturgemäß einer solchen
Dokumentation weitgehend entzieht und daß jode Dokumentation
eigentlich die Geschichtsschreibung des betreffenden Zeitraums
zum rechten Verständnis voraussetzt, ist klar. Doch ist es gerade
die sparsame Kommentierung des Herausgebers, mit der er die
Texte verlaufsgeschiehtlich begleitet, die - wie im Vorwort hervorgehoben
wird - angesichts des Fehlens einer Gesamtdarstellung die
Dokumentation als „so etwas wie ein Lesebuch über den Verlauf
des Kirchenkampfes mit allen wichtigeren Dokumenten" für eine
eigentlich schon in früheren Jahren notwendige Neuauflage ins
Auge fassen ließ.

Die Neuauflage verdankt der Initiative von Prof. Dr. Klaus
Scholder (Tübingen) ihr Entstehen, der sie schon 1971 angeregt
hat, zumal entsprechende neuere Dokumentationen fehlten und
die umfassenderen Dokumente zur Kirchenpolitik des Dritten Reiches
(Hrsg. v. Georg Kretschmar. Bearbeitet von Carsten Nicolaisen
. Bd. 1: Das Jahr 1933. Bd. 2: 1934/35, München 1971 und 1975),
aus denen gelegentlich wie aus anderer Literatur im Quellennachweis
der Neuauflage des Kirchlichen Jahrbuches präzisierende Angaben
gemacht werden, erst zu erscheinen begannen. Die „Dokumente
", die den modernen zeitgeschichtlichen Interprotations-
standard bieten, lassen sich ohnehin auf Grund ihrer stark kirchen-
und religionspolitischen Orientierung thematisch nicht ohne
weiteres mit der Neuauflage des Kirchlichen Jalubuchs vergleichen
, so daß trotz mancher Überschneidung in den Texten nicht
von Parallelunternehmen gesprochen werden kann. Das Kirchliche
Jahrbuch, durch ganz wenige Texte nur erweitert, ist also
nahezu unverändert, bietet aber in seinem Quellennachweis, von
Hannelore Braun besorgt, gelegentlich bessere Überlieferungen,
frühere Entstehungsstufen und Datierungsvarianten und wird
auch durch gute Register inhaltlich weitgehend erschlossen. Für
den akademischen Unterricht leistet die Neuauflage eine wichtige
Hilfe.

Leipzig Kurt Meier

Albanese, Catherine L.: Sons of the Fathers. The Civil Religion of
the American Revolution. Philadelphia: Temple University
Press [1976]. XIV, 274 S. 8°. £ 12.50.

Das Thema dieses Buches ist die „civil religion" der Gründergeneration
der USA. Die Unterschiede dieser bürgerlichen, schon
weithin säkularisierten Religiosität vom Glaubenserbe der „Pilgerväter
" arbeitet Frau Albanese in wünschenswerter Deutlichkeit
heraus, und hier scheint mir die eigentliche Stärke ihrer Studie zu
liegen. Mit wissenschaftlicher Akribie hat sie lange vernachlässigte
Quellen jener Zeit wie Zeitungen, Briefe, Predigten, Parlamentsreden
und natürlich auch Bücher ausgewertet, und sie weiß für ihre
historischen Behauptungen viele eindrückliche Belege beizubringen
.

Vfn. zeigt anfangs, daß diese „Söhne der Väter" sich bewußt auf
das Erbe ihrer Vorväter beriefen, die vor der britischen Tyrannei
in die Wildnis Nordamerikas geflüchtet waren, um hier als Erwählte
Gottes ein neues Israel zu errichten. Der theologisch geprägte
Freiheitswille der puritanischen Vorfahren konnte gut ihrem
politischen Streben nach Unabhängigkeit vom englischen Mutterland
dienstbar gemacht werden, mußte aber zu diesem Zweck weithin
umgedeutet werden. Vfn. charakterisiert diese Umdeutung
richtig als Verlagerung des Akzentes von den Heilstaten Gottes
auf das menschliche Geschichtshandeln, das das Vorhandene ziel-