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Ausgabe:

1978

Spalte:

38-39

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Le confessioni di fede dei Valdesi riformati 1978

Rezensent:

Molnár, Amedeo

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Theologische Literalurzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 1

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zwei »idealtypische Abarten von Zwcireichclchrc", „die sich nicht
auf Luther berufen können", in Zukunft zu vermeiden: „1. Beschränkung
des Auftrags der Kirche auf die Verkündigung des
geistlichen Regiments Gottes im Individuum und passives Ge-
schchenlassen der soziopolitischen Prozesse; 2. Beschränkung
des Auftrags der Kirche auf die Verkündigung der geistlichen
Regiments Gottes im Individuum und aktives, aber unkritisches
Unterstützen sozio politischer Systeme nach deren
angeblich eigenen Gesetzen (Zerreißen des Zusammenhangs von
Vernunft/Gesetzen und Liebe)" (S.10). Zugleich gibt das Buch
durch andere Dokumente Beispiele und Hinweise für eine
sachgemäße Anwendung der Lehre von den beiden Reichen.

Cottbus Gottfried Forck

Kunzelmann, Adalbero OSA f: Geschichte der deutschen
Augustiner-Eremiten. VII: Die kölnische Provinz vom Beginn
der Neuzeit bis zur Säkularisation. Würzburg: Augustinus-
Verlag 1976. XVI, 661 S. 8° = Cissiciacum, hrsg. v. W. Eckermann
, C. P. Mayer, M. K. Wernickc u. A. Zumkeller, XXVI.
DM 185,-.

Als K. im August 1975 mit der Feder in der Hand starb,
hatte er den 7. Teil seines monumentalen Werkes beendet und
den 8. bereits angefangen. Es bleibt eine staunenswerte
Leistung, im Pensionsalter noch ein solches Werk zu beginnen
und in einem Jahrzehnt fast zur Vollendung zu bringen. Der
7. Band umfaßt die Geschichte der kölnischen Provinz vom
Beginn der Neuzeit bis zur Säkularisation im Jahre 1802, setzt
also den 4. Band fort. Das 1. Kapitel (1—34) schildert die Auseinandersetzung
mit der deutschen Reformkongregation und
der neuen Lehre Luthers. Dieses Kapitel ist wohl das interessanteste
für die deutsche Kirchengcschichtc. Es zeigt uns, mit
welcher Gewalt die sächsische Reformkongregation auch in die
kölnische Provinz eingriff, ja ihren Hauptsitz Köln in ihre
Hand brachte. Alle Versuche der Ordensleitung, einen Einbruch
dieses Reformgeistes zu verhindern, scheiterten. Schon im
Jahre 1509 nutzte es nichts mehr, daß der Ordensgeneral unter
Strafe der sofortigen Exkommunikation die Reformer aufforderte
, Köln zu verlassen. Sie hörten nicht darauf. So groß
war damals schon die Autoritätskrise in der Kirche und im
Orden. Bemerkenswert ist, wie spät auch der Ordensgcncral
Gabriel Venetus sich der Größe der Krise bewußt wird und in
seinem Orden gegen Luthers Schriften vorgeht. Erst Anfang
1524 verordnet er, daß Brüder, die in ihren Predigten lutherische
Lehren vertraten oder im Besitz lutherischer Bücher
seien, alle Grade verlieren sollten. Man muß dabei bedenken,
daß im Gegensatz dazu der Ordensgcncral der Franziskaner
Lychetus bereits Anfang 1520 persönlich nach Erfurt kam und
hier drei besonders qualifizierte Visitatoren einsetzte und
ihnen die Dienstanweisung gab, für die Reform der Klöster zu
sorgen und Luthers Bücher in den Konventen herauszusuchen
und zu verbrennen. Die Universität Erfurt gab ihm damals
einen Ehrenempfang, ein halbes Jahr vor dem Empfang
Luthers und Amsdorfs.

Das 2. Kapitel (35—89) berichtet über das Provinzialat des
Roger Juvcnis aus Brügge, der von 1532—1552, also zwei Jahrzehnte
, die Provinz leitete und der auch am Konzil von Tricnt
teilnahm. Es war ein Glück für den Orden wie für die Provinz,
daß zwei so bedeutende Männer wie Ordcnsgencral Scripando
und Provinzial Roger Juvcnis zur gleichen Zeit an ihrer Spitze
standen. Das 3. Kapitel (90—162) schildert die unruhigen Jahre
bis 1589. Es dauerte fast ein Jahrhundert, ehe die Provinz die
Krise der Reformationszeit überwunden hatte. Von 1589—1679
erlebte die Provinz ihr «Goldenes Jahrhundert", das eine Fülle
neuer Klöster besonders in Flandern entstehen ließ (4. Kapitel,
S.163—407). 1629 war der Konvent von Köln innerlich wieder
so erstarkt, daß er beauftragt wurde, den Versuch zu machen,
die untergegangene sächsische Provinz wieder zu errichten. In
Walter Heinrich von Streversdorf erhält sie damals ihren
1. Generalvikar. Als zur gleichen Zeit die Universität Erfurt

nach 109 Jahren zum ersten Mal wieder eine theologische
Doktorpromotion vornimmt, wird der Kölner Lizentiat Jakob
Zelier aus dem Augustinerorden promoviert, und auch die
Priorcn des wiederaufgebauten Konvents der Augustiner zu
Erfurt stammen um die Mitte des 17. Jahrhunderts sämtlich
aus Köln. 1679 wird die Provinz geteilt in eine flandrische und
eine kölnische, deren Geschichte im 5. Kapitel (408—553) dargestellt
wird. Das letzte Kapitel gibt Auskunft über die Geschichte
der wichtigsten Konvente der verkleinerten kölnischen
Provinz, darunter so bedeutender Konvente wie Köln, Trier
und Aachen. Ein ausführliches Personen- und Ortsregister ist
überaus hilfreich, den reichen Inhalt des Buches erschließen zu
helfen. Viele der 3149 Anmerkungen enthalten eine ganze
Biographie der Provinzialc, Prioren und bedeutenden Patres.

Auch dieser Band verdient wieder alles Lob, das schon den
vorhergehenden gespendet wurde. Das Werk ist eine bewunderungswürdige
Leistung; wir können dem verstorbenen Verfasser
für diese für jede weitere Forschung unentbehrliche
Arbeit nur danken.

Erfurt Erich Kleineidam

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

Vinay, Valdo: Le confessioni di fede dei valdesi riformati. Con

i documenti del dialogo fra la „prima" e la „seconda"
Riforma. Torino: Editrice Claudiana [1975]. 212 S., 8 Taf.
gr. 8° = Collana dclla Facoltä valdese di teologia, 12.

Der Anschluß der romanischen Waldenser an die Reformation
hat die rcformationsgeschichtliche Forschung seit jeher
beschäftigt, bisher aber zu keinem schlüssigen Ergebnis geführt
. Neuere Bemühungen durch Heranziehung bisher ungenutzter
Quellen, die das europäische Ausmaß der Wechselwirkungen
innerhalb der vielfach differenzierten Waldenser-
bewegung und ihrer einzelnen Gruppen stärker in Betracht zu
ziehen nötigen, stellen auch an bereits bekannte Quellen Forderungen
nach einer neuen Fragestellung und einer sorgfältigeren
Interpretation. Dieser Aufgabe leistet V. Vinay mit
seiner kritischen Ausgabe von vierzehn Schriftstücken, die die
Zeitspanne von 1530 bis 1894 überbrücken, einen höchst willkommenen
Dienst. Es handelt sich nur etwa in sechs Fällen
tatsächlich um Bekenntnisschriften nach reformierter Art.
Ansonsten überwiegen Dokumente, die den Geisteskampf um
theologische und ckklcsialc Neuorientierung der Waldenser im
Gespräch mit den Reformatoren am Rhein und in Böhmen bezeugen
. Dieses Vorgehen kann jedoch nicht alle Zweifel beheben
, die hinsichtlich der Benennung des Buches im Leser
aufsteigen. Das war ja auch schon beim Titel der Monographie
G. Gonnets (Lc confessioni di fede valdesi prima della Riforma,
Torino 1967) der Fall gewesen.

Der von Vinay gewählte Buchtitel rechtfertigt die Ausgabe
der sechs waldcnsischcn Bekenntnisschriften nach 1532, der
Untertitel dann die der anderen acht herangezogenen Schriftstücke
. Vertreten die erstgenannten praktisch alle in Betracht
zu ziehenden Specimina der Gattung einer Confessio, so
erschöpfen die zweitgenannten doch nicht alle Möglichkeiten,
dem Gespräch zwischen der „ersten" und der „zweiten" Reformation
in den entscheidenden dreißiger Jahren des 16. Jhs.
quellenmäßig nachzugehen (siehe dazu meine Hinweise in
„Lcs Vaudois au moyen-äge", Torino 1974, S.317f.). Die von
Vinay in der Einleitung wiedergegebenen, aber scharfsinnig
aus dem Qucllenbefund ausgeklammerten 14 Artikel, die „kein
Glaubensbekenntnis der Waldenserkirche, für welche sie die
Historiker bis auf heute gehalten haben", wären (S.27), dürfen
m.E. kaum erst in das Jahr 1618 verlegt und dem Gespräch
der beiden Reformationen übereilt entzogen werden. Mit den