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Ausgabe:

1978

Spalte:

559-560

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Schippmann, Klaus

Titel/Untertitel:

Die iranischen Feuerheiligtuemer 1978

Rezensent:

Eilers, Wilhelm

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 10t. Jahrgang ]5)78 Nr. 8

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" Vgl. dou instruktiven Aufsatz von Klaus Scholdcr: Neuere deutsche Geschichte
und protestantische Theologie, in: Evangelische Theologie, Jg. 1963,
S.510-536.

" Klaus Scholder: Einige Bemerkungen zur Haltung der Bekennenden Kirche
im Dritten Reich. 18 Thesen zur Diskussion mit Eberhard Bethge (hekt. 4 8.,
1974).

" Vgl. Anm.46. - Ferner: E.Bethge: Die Bekennende Kirche in der Hitlcrzelt.
Stellungnahme zu einem umstrittenen Aulsatz (hekt., 6 8., 1974).

" Klaus Mammaen (lirsg.): Die Brüsseler Konferenz der KPD (3.-15. Oktober
1935), Berlin 1976, passim: Insbesondere Bericht von Wilhelm Pieck: Erfahrun-
060 und lehren der deutschen Parteiarbeit im Zusammenhang mit den Beschlüssen
des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale, 8.61 bis
175. Hier auch Hinweis, daü es dem Faschismus, der in Deutschland „seine fast
vollständige Totalität aufgerichtet" habe, es auf Qrund schwerwiegender sozio-
politischer Differenzen, zu denen auch die systemstorendo Auswirkung kirchlicher
Auseinandersetzungen und Proteste (vor allem der katholischen Kirche,
aber auch im evangelischen Kirchenstreit) gerechnet wird, nicht gelungen sei, die
widerstrebenden Kräfte „der Totalität der Nazipartei" (S.162) unterzuordnen.
Die „gegenwärtige Kirchcnbewegung in Deutschland" gilt als „eine primitive
Form der Protestbewegung der Massen gegen die faschistische Unterdrückung"
(S.148). Auch anderwärts wird die funktionale systemstörende Bedeutung des
Kirchenkampfes betont, so durch den früheren kommunistischen Reichstags-
abgeordneten Peter Maslowski in der Neuen Weltbühne, die nach Verbot der
Weltbühne März 1933 ab April 1934 in Prag, 1938/39 in Paris erschien. Wiedergabe
der Passage nach Nachtkurier Wien vom 16. Mai 1934, abgedruckt bei Heinz
Boberach (Hrsg.): Berichte des SD und der Gestapo über Kirchen und Kirchen-
volk in Deutschland 1934-1944, Mainz 1971 (vgl. Rez. in ThLZ 101,1976 Sp. 211
bis 213.

" Zu staatsscliädigenden Auswirkungen des Kirchenkampfes vgl. Boberach,
a.a.O., passim (s. Anm.51).
" Ebda, passim.

" Vertrauliches Rundschreiben des Reichsministers des Innern an die Reichsstatthalter
und Oberpräsidenten vom 24. Juli 1940, in dem auf eine Weisung
Hitlers Bezug genommen wird (abgedruckt bei John S.Conway: Die nationalsozialistische
Kirchenpolitlk 1933-1945. Ihre Ziele, Widersprüche, Fehlschläge.
München 1969, 8.375 (vgl. Rez. in ThLZ 95,1970 Sp.685-687).

" Vgl. J örg Thierfelder: Das Kirchliche Einiguugswerk des württembergischen
J.andesbischofs Theophil Wurm. Göttingen, Arbeiten zur kirchlichen Zeitgeschichte
, Reihe Ii: Darstellungen, B.l.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Schippmann, Klaus: Die iranischen Feuerheiligtümer. Berlin -
New York: de Gruyter 1971. XII, 555 S. m. 85 Abb., 3 Falttaf.,
1 Faltkte gr. 8° = Religionsgeschichtl. Versuche u. Vorarbeiten,
hrsg. v. W. Burkert u. C. Colpe, XXXI. Lw. DM 148,-.

Im Hinblick auf die hohe religionsgeschichtliche Bedeutung des
Zoroastrismus und Mazdaglaubens war die gelehrte Welt schon
immer für die Kultstätten desselben interessiert. Türme des
Schweigens zur Bestattung der Toten (da-/m&) und Feuertempel
für den Gottesdienst (dar-i-mihr) traten zuerst in Indien vor das
Auge des Europäers. Jedoch der dort am Leben erhaltene Parsis-
mus, bei allen wieder eingegangenen Bindungen mit der in Iran gebliebenen
Restgemeinde, ist seit vielen Jahrhunderten von der einstigen
Heimat getrennt und in manchen Stücken verändert. Die
kümmerlichen Verhältnisse der unter dem Islam lebenden Zoro-
astrier in Iran, die sich erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
entscheidend besserten, zeigten die „Gebern" den Fremden
gegenüber verschlossen. Die Feuertempel in Jesd und in Ker-
man lagen versteckt; der Anblick des heiligen Feuers war dem
Andersgläubigen verwehrt. Das ist heute im Iran sehr anders geworden
, und die Feuertempel bilden ein Stück Repräsentation der
wieder zu Wohlstand und Ansehen gelangten Verehrer der alten
„guten Religion" (bih den)1.

Die Frage: wie sehen die Feuertempel in der Blütezeit des
Mazda-Kultes, also in der Zeit vor dem Islam, in Iran aus? hat
seit langem Orientalisten und Archäologen beschäftigt. Die klassischen
Autoren und das Awesta selbst lassen die altiranische Religion
als eine derart geistige Institution dualistischer Prägung erscheinen
, daß es gebauter Tempel nicht bedarf. Anbetungsstätten
liegen in freier Natur, auf Bergeshöhen und in Flußtälern2. Statuen
von Göttern und Göttinnen, wie der Alte Orient, wie Griechen und
Römer sie fertigten, sind unbekannt. Im reinen Zoroastrismus der
Gathas sind sogar die altarischen Gottheiten verpönt und durch
die Ameschaspentas bzw. durch „verehrungswürdige" Geister
(yazata-) ersetzt. Auf diesem Boden bricht sich hingegen ein ausschließlicher
Feuerkult mit Feueraltären Bahn, kaum unter freiem
Himmel ausgeübt, sondern vermutlich sehr bald im abgednnkelt-
kahlen Kultraum3.

Hier setzt die Arbeit von Schippmann erfolgreich ein, welche diu
noch anstehenden oder ausgegrabenen Reste alter Feuertempel,
soweit sie bekannt geworden sind, nach den Provinzen dos heutigen
Irans ordnet und verbucht, unter Ausschluß also der Gebiete in
Afghanistan und Belutschistan, in der Sowjetunion, im Kaukasus,
im Irak und in der Türkei. Da stellt sieh nun, gegenüber mancher
früheren Mutmaßung, heraus, daß wir nichts von Feuertempeln
der Achämenidenzeit wissen4 und nur wenig von einem parthischen
Feuerkult6. Was einzig und allein sichersteht, ist die architektonische
Form des Öahär'ttüi, des vierbogig-quadratischen Kuppelbaues
, worin die Mazda-Priester der Sassaniden das heilige Feuer
hüteten. Jede kleine Ortschaft besaß ihren eigenen Feuertempel
(äSarän). Die Zahl der 6-7tAä/-'<«<7-Ruinen ist daher von vornherein
unabsehbar.

Es ist ein großes Verdienst dieses „Corpus" der Feuertempel,
daß es an Ruinen aufführt, was sieh bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
(1971) ermitteln ließ. Inzwischen ist weiteres Material
hinzugekommen, ergänzend und bestätigend. Schippmann begnügt
sich nicht mit der Schilderung des jeweiligen archäologischen
Befundes. Nach einem festen Schema, das mit der geographischen
Fixierung beginnt (I), zieht er, wie es sich gebührt, die zuweilen
reichlich fließenden Geschichtsquellen zu Rate. Das sind vornehmlich
die Mitteilungen mittelalterlich-islamischer Reisender, Historiker
und Geographen (II). Jüngere europäische Reiseberichte vervollständigen
das Bild (III). Mit der archäologischen Erforschung
in der Neuzeit rundet sich unsere Kenntnis der einzelnen Feuertempel
ab (IV).

Pläne und Grundrisse, alte und neue Buchillustrationen sowie
moderne Lichtbilder, z. T. vom Vf. selbst auf seinen ausgreifenden
Reisen aufgenommen, tragen wesentlich zur Veranschaulichung des
Vorgelegten bei. Nach den schweifend-schwankenden Urteilen der
Vorkriegszeit und der damals noch vereinzelten Bodenforschung
nimmt man nunmehr das klar darstellende vorbildlich übersichtliche
Buch mit einem Gefühl der Erleichterung in die Hand. Alle
künftige Arbeit auf dem Gebiet des mazdayasnischen Feuerkultes
wird auf Schippmanns hervorragend geplante und durchgefühl te
Publikation zurückgreifen6.

Würzburg Wilhelm Eilers

1 Abbildungen von zoroastrisrhen Kultstätteu und -gegenständen bei Josef
Bauer, Symbolik des Parsismus, Tafelband (1973).

2 Herodot 1, 131ff. Ähnliches erscheint später in den antiken Berichten über
die Germanen wieder: Tacitus, Germania 9.

3 Mit Recht betonen die Zoroastrier, daß sie das Feuer nicht in materialistischer
Weise anbeten, daß sie also keine ätas'parast im wörtlichen Sinne sind, daß
sie vielmehr im Feuer das Symbol Gottes (Ahura'mazdä) sehen. Immerhin heißt
Atar aber im Awesta „der Sohn Ahuramazdas" (Yt.19, 46ff.; Vd.18,18ff.).

4 Die Grabtürme von Pasargadae und Persepolis (Naqs-i Rustam) haben nichts
mit dem Feuerkult zu tun. S. Rez. in ZDMG Supplement« I (1969) p.l029f.
über die religiösen Verhältnisse der Arsakidenzeit referiert Carsten Colpe ebda
pp.1011-1020.

5 Reliefdarstellungen und Münzbilder mit dem Altar zeigen nie einen ganzen
Feuertempel.

6 S. auch die Rezension von Josef Bauer in OUS 72, 5 (1977) Sp.äl 7 f., ferner
A.D. H.ltivar in BSOAS 37 (1974) p.233f.

Lüling, Günter: Über den Ur-Qur' an. Ansätze zur Rekonstruktion
vorislamischer christlicher Strophenlieder im Qur'än. Erlangen:
Verlagsbuchhandlung H. Lüling 1974. XII, 542 S. 8°. Lw. DM
56,—

Mit dieser dem Andenken Martin Werners (1887-1964) gewidmeten
umfangreichen Abhandlung legt der mit Sprache und Kultur
des Islam bestens vertraute Theologe, Religions- (insbes.
Islam-) und Sozialwissenschaftler Günter Lüling ein Buch vor, an
dem die Islamwissenschaft, speziell die Qur'änforschung, nicht ungestraft
vorübergehen kann. Darüberhinaus ist das Buch aber auch
eine Fundgrube für diejenigen Leser, die an Sprachwissenschaft -
liehen Problemen und religionsgeschichtlichen Zusammenhängen
sowie an der Geschichte der Kirche im Vorderen Orient und speziell
an der Entstehung einer christlichen strophischen Hymnendichtung
ihr Interesse bekunden. Da es einfach unmöglich ist, auf
die Fülle der vom Vf. gegebenen Anregungen und die Vielzahl der
von ihm aufgeworfenen Probleme im Detail einzugchen, sieht der