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Ausgabe:

1978

Spalte:

523-526

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Schollmeier, Joseph

Titel/Untertitel:

Johann Joachim Spalding 1978

Rezensent:

Pältz, Eberhard Hermann

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 7

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15. Jhs. gewesen. Seine Zugehörigkeit zu den Brüdern vom
gemeinsamen Leben, seine Verbindungen zum Humanismus,
sein Einfluß auf bedeutende Freunde und Schüler, von denen
nur Bebel und Altenstaig, Eck, Staupitz und Geiler von Kaisersberg
genannt seien, sichern ihm eine eigenständige Bedeutung
, die seine Werke des Studiums wert erscheinen lassen
. Für die Hilfe hierzu ist den Herausgebern des Collec-
torium zu danken.

Bedauern mag man, daß das allen Drucken vorangestellte
Register (Inventarium generale) in der Neuausgabe fehlt.
Gewiß ist zu hoffen, daß deren Schlußregister ausführlicher
ist, doch wäre bis zu seinem Erscheinen das Inventarium
eine Orientierungshilfe gewesen. Das gleiche gilt für die
fortgelassenen Inhaltsschemata zu den einzelnen Büchern.

Greifswald Hans Georg Thümmel

Büttner, Manfred: Die Bedeutung der Reformation für die
Neuausrichtung der Geographie im protestantischen
Europa und ihre Folgen für die Entfaltung der Providen-
tiallehre (ARG 68, 1977 S. 209-225).

Elton, Geoffrey R.: Thomas Cromwell Redivivus (ARG 68,
1977 S. 192-208).

Grane Leif: Lutherforschung und Geistesgeschichte. Auseinandersetzung
mit Heiko A. Oberman (ARG 68, 1977
S. 302-315).

Guggisberg, Hans R.: Castellio und der Ausbruch der Religionskriege
in Frankreich. Einige Betrachtungen vom
Conseil ä la France desolee (ARG 68, 1977 S. 253-267).

Halkin, Leon-E.: La Mariologie d'Eiasme (ARG 68, 1977
S. 32-55).

Heller, Henry: Famine, Revolt and Heresy at Meaux: 1521
bis 1525 (ARG 68, 1977 S. 133-157).

Luther, Martin: Der große Katechismus. Die Schmalkaldi-
schen Artikel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd
Mohn (Lizenzausgabe des Calwer Verlages, Stuttgart)
[1977]. 223 S. 8° = Band 1 der Calwer Luther-Ausgabe,
hrsg. von W. Metzger. Gütersloher Taschenbücher Siebenstern
401. DM 10,80.
(s. Bespr. in ThLZ 94, 1969 Sp. 128).

Meinhold, Peter: Zeit- und Kirchenkritik beim jungen
Luther. Der Ansatz des reformatorischen Denkens und
Handelns in seiner Theologie. Wiesbaden: Steiner 1977.
62 S. 8° = Institut für Europäische Geschichte Mainz, Vorträge
67. DM 9,60.

Mentzer, Raymond A., Jr.: Calvinist Propaganda and the
Parlament of Toulouse (ARG 68, 1977 S. 268-283).

Müller, Gerhard: Duldung des deutschen Luthertums? Erwägungen
Kardinal Lorenzo Campeggios vom September
1530 (ARG 68, 1977 S. 158-172).

Oakley, Francis: Conciliarism in the Sixteenth Century:
Jacques Almain Again (ARG 68, 1977 S. 111-132).

Oberman, Heiko A.: Reformation: Epoche oder Episode
(ARG 68, 1977 S. 56-110).

Pater, Calvin Augustine: Melchior Hoffman's Explication
of the Song of Songs (ARG 68, 1977 S. 173-191).

Pedrini, Arnaldo: La devozione di S. Francesco di Sales allo
Spirito Santo nella vita e nelle opere (Salesianum 39, 1977
S. 255-292).

Reinhard, Wolfgang: Gegenreformation als Modernisierung
? Prolegomena zu einer Theorie des konfessionellen
Zeitalters (ARG 68, 1977 S. 226-252).

Schneider, Theodor: Opfer Jesu Christi und der Kirche. Zum
Verständnis der Aussagen des Konzils von Trient (Cath
31, 1977 S. 51-65).

Wieks, Jared: Thomism Between Renaissance and Reformation
. The Case of Cajetan (ARG 68, 1977 S. 9-31).

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Schollmeier, Joseph: Johann Joachim Spalding. Ein Beitrag
zur Theologie der Aufklärung. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn [1967]. 254 S. gr. 8°. Lw. DM 38,-.

Die vorliegende Untersuchung über J. J. Spalding (1714
bis 1804), den „eigentlich führenden . .. Geist unter den

Kirchenmännern im Zeitalter Friedrichs des Großen"
(E. Hirsch), stellt einen beachtenswerten Beitrag zur Geschichte
der Theologie im Zeitalter der Aufklärung dar. Der
Vf., der 1965 mit diesem Thema an der Theologischen Fakultät
Marburg promovierte, hat die Theologie des profilierten
„Neologen" eingehend dargestellt und die Frage nach
den Quellen von Sp.s Theologie neu in Angriff genommen;
er führt dabei den Nachweis, daß Sp.s „neologische" Theologie
von spezifisch reformierten Impulsen getragen worden
ist.

Die Untersuchung der Rezeption der von Shaftesbury.
Hutcheson, J. Butler und vor allem von A. F. W. Sack übernommenen
Motive und der Intentionen der Theologie Sp.s
trägt zu einem differenzierteren Bild der Aufklärungstheologie
bei, das schablonenhafte Verallgemeinerungen und unzulässige
Vereinfachungen überwindet. Eine durch Erläuterungen
des Vfs. kommentierte Bibliographie der Veröffentlichungen
Sp.s (S. 233-248) ergänzt die Untersuchung.

In den Schriften Chr. Wolfis und der theologischen
Wolffianer (Bilfinger, Canz) empfing Sp. den ersten Anstoß;
hier fand er „Licht und Überzeugung", die der während
seines Studiums rein schulmäßig übermittelten Orthodoxie
mangelten; für seine innere Selbstfindung wurde der Einfluß
Shaftesburys, dessen „erhabenen Piatonismus" er bewunderte
, maßgebend. Die Begegnung mit dem Hofprediger
A. F. W. Sack in Berlin befestigte seine aufgeklärte Uberzeugung
(„Betrachtung über die Bestimmung des Menschen
", 1748) und bestärkte ihn in der Entscheidung für das
Predigtamt. Als Pfarrer in Lassahn und Barth (hier besuchte
ihn 1763/64 Lavater) und — seit 1764 — in der einflußreichen
Stellung des Propstes und Oberkonsistorialrates in Berlin
hat Sp. seinem Leitbild vom geistlichen Amt gemäß (..Uber
die Nutzbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung",
1772) gemeinsam mit seinen Gesinnungsfreunden gewirkt,
bis das Wöllnersche Edikt 1788 diese Entwicklung abbrach.

Sp.s „Bestimmung des Menschen" (in 13 Auflagen erschienen
) widmet der Vf. ein eigenes Kapitel (S. 56—69); eingehend
werden Sp.s Kritik an Orthodoxie und Pietismus
(S. 70—84) und dessen Versöhnungslehre dargestellt (S. 85
bis 107). — Im Rahmen dieser Anzeige sollen die auch für die
Geschichte des Pfarrerstandes aufschlußreichen Ausführungen
unter VI über Kirche, Predigt und Predigtamt besonders
herausgestellt werden. Sp., dessen „ernste Auffassung
vom Predigerberuf" bereits P. Drews hervorhob, sah
ohne Zweifel die Hauptaufgabe des Pfarrers im Predigtamt,
im Auftrag, „Weisheit zur Seligkeit zu lehren" (nicht in kulturellen
o. ä. Aktivitäten, wie sie pauschal , d e r Aufklärung
' unterstellt werden); zwei Voraussetzungen sind dazu
erforderlich: eine gediegene theologische Ausbildung (er hat
„es für sich selbst nötig, die christliche Wahrheit, die er predigt
, mit Verstand zu erkennen", S. 115) und die moralische
Integrität, die Einheit von Lehre und Leben: der Prediger
muß „sich durch eigne Frömmigkeit, Rechtschaffenheit und
Menschenliebe das Zutrauen der Gemüter erworben haben"
(S. 116). Eine gute Allgemeinbildung und spezialisierte
Kenntnisse — für den Landpfarrer medizinische und Rechtskenntnisse
, aber auch theoretische Kenntnisse in der Landwirtschaft
— sollen die Kontaktfähigkeit fördern.

Sp., der — auch im Urteil Herders — als einer der besten
Prediger seiner Zeit galt, ging als Prediger davon aus, daß
„nichts erbauen (kann), als was verstanden wird" (S. 138);
der Predigtinhalt läßt aber deutlich die Reduktion des Ke-
rygma erkennen: im Mittelpunkt der Predigt steht die Lehre
von der Tugend (die apologetische Funktion dieser Argumentation
darf dabei nicht übersehen werden; Sp. kann damit
die zeitgenössischen Anklagen, das Christentum gefährde
Moral und Gemeinwohl, abwehren). Obwohl theologiegeschichtliche
Darstellungen oft den Eindruck erwecken,
als sei für Sp. der wesentliche Punkt der Nutzen des Predigtamtes
für den Staat gewesen — Sp.s Auffassung der
Geistlichen als „Depositairs der öffentlichen Moralität"
(S. 123) leistete dem Vorschub — kann Schollmeier aufgrund
der Quellen ein differenzierteres Bild von Sp.s Auffassung