Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1978

Spalte:

29-31

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Alsup, John E.

Titel/Untertitel:

The post-resurrection appearance-stories of the gospel tradition 1978

Rezensent:

Haufe, Günter

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

29

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 1

30

denen Typen und mit Angabe der Gliederung V.s - (271-303)
hilfreich (eine entsprechend arrangierte französische Übersetzung
ist in beiden Auflagen in die Darlegung eingeordnet).
Daß der Ertrag des Werkes weit über die Einsicht in die literarische
Struktur des Hebr hinausgeht, wurde schon in ThLZ 90,
1965 Sp. 41-43 herausgestellt.

Halle (Saale) Gerhard Delling

1 Ein Druckfehler schlich sich S. 81 Z. 12 ein: lies mit" p. 78. - Die Register
sind unverändert übernommen.

Alsup, John E.: The Post-Resurrection Appearance Stories of
the Gospel Tradition. A history-of-tradition analysis. With
Text-Synopsis. Stuttgart: Calwer Verlag [1975). 307 S., 1 Falt-
taf. 8° = Calwer Theologische Monographien, hrsg. v.
J. Baur, M. Brecht, H. Bürkle, L. Goppelt f, G. Kretschmar,
M. Seitz, C. Westermann. Reihe A: Bibelwissenschaft, hrsg.
v. L. Goppelt u. C. Westermann, 5. Kart. DM 28,-.

Der vorliegende Band ist die überarbeitete Fassung einer
von L. Goppelt angeregten und 1973 von der Evangelisch-theologischen
Faktultät der Universität München angenommenen
Dissertation. Der Vf. ist sich natürlich bewußt, ein reichlich beackertes
Feld erneut umzupflügen. Das ist nur sinnvoll, wenn
dem Unternehmen eine neue, jedenfalls bisher nicht mit dieser
Konsequenz durchgeführte Fragestellung zugrunde liegt. Das
ist tatsächlich der Fall: der Vf. fragt nach den traditions-
geschichtlichcn Ursprüngen der Ostererscheinungserzählungen
der Evangelien. Formgeschichtlich geht es um die Frage, ob
sich eine durch bestimmte Merkmale gekennzeichnete Gattung
erkennen und durch einen religionsgeschichtlichen Vergleich
theologisch näher bestimmen läßt. Die historische Frage nach
dem Ostergeschehen selbst wird bewußt abgeblendet und erst
auf den letzten Seiten kurz berührt. Dankenswerterweise läßt
der Vf. den Leser immer wieder an seinen methodologischen
Reflexionen teilnehmen, wie denn die ganze Arbeit schon rein
formal sehr durchsichtig und überzeugend aufgebaut ist. Ihre
entscheidenden Erkenntnisschritte sichtbar zu machen, hat
Rezensent als seine Aufgabe angesehen.

Das einleitende Kapitel (19-54) stellt die neuere Forschung
unter den Gesichtspunkten von Fragestellung und Arbeitsmethode
vor. Der Vf. gelangt zu dem Ergebnis, daß eine monographisch
durchgeführte traditionsgeschichtliche Analyse der
Erscheinungserzählungen der Evangelien bis heute aussteht.
Die damit wissenschaftsgeschichtlich bestimmte Aufgabe ist
freilich nur dann sachlich sinnvoll, wenn hier eine ursprünglich
selbständige, nicht nur sekundär gebildete Tradition vorliegt
. Um eben dies zu erweisen, bestimmt der Vf. in dem
umfangreichen zweiten Kapitel (55-146) Eigenart und Verwandtschaftsverhältnis
sämtlicher urchristlicher Auferstehungstraditionen
. Gegen M. Dibelius wird gezeigt, daß eine Abhängigkeit
der Erscheinungserzählungcn von der Kerygma-Tradi-
tion IKor 15,3-8 mangels eindeutiger Überschneidungen nicht
behauptet werden kann. Die einzige Überschneidung, nämlich
die Notiz von der Ersterscheinung vor Petrus Lk 24,34, ist unter
Anlehnung an diese Tradition rein redaktionell vom Evangelisten
gebildet worden. Dieselbe Unabhängigkeit der Erscheinungserzählungen
weist der Vf. gegenüber den Beiträgen der
Acta zum Osterthema nach. Sowohl die Erscheinungsszene
Act 1 als auch die summarischen Bemerkungen in den Predigten
Act 2. 3. 5. 10 und 13 gehen weithin auf die redaktionelle
Arbeit des Lk zurück und zeigen jedenfalls keine direkte Verbindung
mit der vorredaktionellen Gestalt der Erscheinungserzählungen
. Die durch das besondere Motiv des Lichtglanzes
bestimmten Erscheinungsberichte Act 7. 9. 22. und 26 stellen
ÜB Vergleich zu den anthropomorph gehaltenen Erscheinungserzählungcn
der Evangelien eine selbständige Gattung dar, so
daß ebenfalls keine traditionsgeschichtliche Abhängigkeit angenommen
werden kann. Vor allem gilt dies auch gegenüber
der von den jeweiligen redaktionellen Zutaten befreiten
Grabestradition, deren Selbständigkeit der Vf. in ihrem

historischen Ursprung begründet sieht. Wo sie dennoch mit
Elementen der Erscheinungstradition verbunden ist (Mt/Joh),
geht diese Verbindung auf die Redaktionsarbeit des Evangelisten
zurück. Die summarischen Notizen von Mk 16,9-20 und
die außerkanonischen Quellen tragen gleichfalls nichts zur
Frage nach den Anfängen der Erscheinungstradition bei. Endlich
kommen auch die von der kritischen Forschung mehrfach
für ursprüngliche Erscheinungserzählungen gehaltenen Wundergeschichten
(Lk 5,1-11; Mk 6,45-52 parr.; Mk 9,2-8 parr.
und Mk 4,35-41 parr.) nicht ernsthaft als solche in Betracht,
so daß die traditionsgeschichtliche Analyse mit ihrer Frage
nach Grundbestand und Gattung allein die Erscheinungserzählungen
der Evangelien zum Gegenstand haben kann.

Der damit bezeichneten Aufgabe wendet sich der Vf. im
dritten Kapitel zu (147-213). Mit dem Ziel der Trennung von
Tradition und Redaktion werden die Zeugnisse für den Typ
der Gruppenerscheinung (Mt 28,16-20; Lk 24,36-49;
Joh 20,19-23.24-29) und für den Typ der Einzelerscheinung
(Lk 24,13-33.35; Joh 21,1-4; Joh 20,14-18) analysiert. Der
Typus der Gruppenerscheinung zeigt folgende älteste Züge:
1. die Jünger sind versammelt, 2. Jesus kommt und spricht zu
ihnen, 3. ihre Reaktion ist teils Annahme, teils Skepsis, 4. Jesus
wird als der lebendige Gekreuzigte erkannt, 5. der Herr beauftragt
und sendet. Die drei Erzählungen des zweiten Typs
treffen sich nach Ausscheiden sekundärer Traditionselemente
und redaktioneller Zutaten in folgenden Punkten: 1. der Teilnehmer
ist in einer Krisis-Situation als Ergebnis des Todes
Jesu, 2. in diese Situation tritt unerwartet Jesus hinein, 3. Jesus
wird zwar gesehen, aber nicht erkannt, 4. Jesus redet den
Erscheinungsempfänger an, ein Wortwechsel folgt, 5. Höhepunkt
der Szene ist das Erkennen Jesu als des Herrn; ob
ursprünglich auch das Verschwinden Jesu berichtet wurde,
muß offenbleiben.

Die Merkmale der beiden Erscheinungstypen zeigen durchaus
Berührungen. Die Hauptdifferenzpunkte sind Auftragsmotiv
und das Mahlmotiv. Da letzteres, sofern es nicht redaktionell
ist, nur eine untergeordnete Rolle spielt, bleibt als einzige
wesentliche Differenz das Auftragsmotiv. Freilich sind die
Auftragsworte in Stil, Vokabular und theologischer Intention
des jeweiligen Evangelisten gefaßt. Trotzdem wird das Auftragsmotiv
als ursprünglich gelten dürfen. Als Ergebnis hält
der Vf. fest: eine vorredaktionelle Form mit Konstanten an
Motiven und Themen ist unbezweifelbar, so daß man von der
nachösterlichen Erscheinungserzählung als einer neutestament-
lichen Gattung reden darf.

Um Struktur und Motive dieser Gattung näher bestimmen zu
können, fragt der Vf. im vierten Kapitel (214-265) nach dem
religionsgeschichtlichen Hintergrund, auf den sie bezogen sind.
Zunächst beschreibt und analysiert er die Analogien aus der
hellenistischen Welt, die der theios-aner-Konzcption angehören
(Apollonius von Tyana, Romulus, Peregrinus u.a.). Trotz Berührungen
im Detail vermag er mehr als eine teilweise formale
Verwandtschaft mit den Evangelien-Erzählungen nicht zu konstatieren
. Entscheidend sind die sachlichen Unterschiede: während
es in den hellenistischen Texten primär um das Wohin
des Verschwindens und damit um die Bestätigung der Weiterexistenz
geht, stehen diese Momente nicht im Mittelpunkt der
zentralen Konzeption der Evangelientradition. Die Differenz
liegt weniger in den Details, für die die hellenistische Welt ein
brauchbares Gerüst bereitstellte, als vielmehr in der die
jeweilige Darstellung leitenden Intention. Die Intention der
neutestamentlichen Erscheinungserzählungcn läßt sich nicht aus
der hellenistischen Welt ableiten.

Zu einem anderen Ergebnis führt der Vergleich mit verwandten
Texten aus dem Alten Testament und der jüdischen
Welt. Die stark anthropomorph gehaltenen Theophanie-Erzäh-
lungen des Alten Testaments (voran Gen 18, weiter Ex 3 f.,
Ri 6 u. 13, 1 Sam 3) sowie der intertestamentarischen Literatur
(Tobit 5 u. 12, Test Abr) setzen zwar Tod und Auferstehung
nicht voraus, zeigen aber verschiedene realistische Züge und
ein betontes Interesse an Dialog und Verheißung, die in den
Erscheinungserzählungen der Evangelien in ähnlicher Weise
wiederkehren. Letztere partizipieren nach Terminologie,