Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1978

Spalte:

496-499

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Vogel, Martin

Titel/Untertitel:

Onos lyras 1978

Rezensent:

Seidel, Hans

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

495

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 7

Ulli

Cogan, Morton: Imperialism and Keligion: Assyna, Judah
and Israel in the Eighth and Seventh Centuries B. C. E.
Missoula, Montana (USA): Scholars Press [1974], XI, 136 S.
m. 3 Abb. gr. 8° = Society of Biblical Literature Mono-
graph Series, ed. by R. E. Kraft, Vol. 19.

Die vorgelegte Untersuchung stellt die überarbeitete Form
einer Dissertation dar, die 1971 von der Faculty of Oriental
Studies at the University of Pennsylvania angenommen
wurde. Die Darlegungen setzen sich mit einer Auffassung
auseinander, die sich wie Introduction (S. 1—7) aufweist, um
die Wende vom 19. zum 20. Jh. bei der kritischen Erforschung
der alttestamentlichen und altorientalischen Geschichte
herausgebildet hat. Danach haben die neuassyrischen
Eroberer die unterworfenen Völker genötigt, mit der
Unterwerfung auch die Verehrung des assyrischen Reichsgottes
zu übernehmen. Die Richtigkeit dieser Ansicht bezweifelt
der Autor. Seine Anfrage formuliert er wie folgt:
1. Haben die assyrische Eroberung und Gesetzgebung die
angestammten Kulte der unterworfenen Nationen angetastet
und in welchem Umfang? 2. Bestand die Großreichspolitik
darin, anderen die Verehrung der assyrischen Götter
aufzuerlegen? Welche speziellen Kultforderungen wurden
gemacht? Was bewirkte solche Politik in allen Territorien?
(S. 5). In bezug auf Juda und Israel bedeutet dies: 1. Welche
fremdartigen Veränderungen im israelitischen Kult sind
eigentümlich für das neuassyrische Reich? Kann deren Einführung
von der assyrischen Reichspolitik hergeleitet werden
? 2. Welche waren die unmittelbaren und die weiterreichenden
Wirkungen der assyrischen Politik auf die herkömmliche
israelitische Religion? (S. 6).

In Kapitel 1 The Assyrian Empire and Foreign Gods —
The Motive of Divine Abandonment (S. 9—21) wird anhand
kürzerer Textausschnitte und längerer Einheiten hauptsächlich
aus der Zeit Assarhaddons und Assurbanipals nachgewiesen
, daß mit der Unterwerfung von Völkern auch
deren Götter ihr Unterliegen dadurch zu spüren bekamen,
daß sie ihre Heimat verlassen mußten, d. h. die Götterbilder
nach Assur deportiert wurden. Das Kapitel 2 Assyrian Spo-
liation of Divine Images (S. 22—41) wendet sich danach der
Frage nach der Ausdrucksweise und der Beschreibung solcher
Götterentführungen und deren Rückwirkungen auf die
Unterworfenen und ihren Kult zu. Die Bezeichnungen werden
von den Verben und Wendungen salälu, wabälu, nasü,
süsü, nasähu, turru, ana mät Assur warü, harrän sepü
suskunu, abäku, habätu, ekemu genommen. Sie erstrecken
sich fast über die gesamte Zeit des neuassyrischen Reiches,
soweit dessen Herrscher die Eroberungspolitik betrieben.
Die Wirkung dieses Vorgehens scheint jedoch nicht allzu
tiefgehend gewesen zu sein. Die geplünderten Gottesbilder
wurden in ihren Tempeln nach geraumer Zeit entweder
durch andere ersetzt oder wieder — sei es auf Bitten, sei es
im Akt der Hochherzigkeit des Großkönigs — an ihren
Stammort zurückgebracht. Auf keinen Fall bedeutete die
Deportation eines Gottesstandbildes die Unterbrechung des
dort gepflegten Kultes.

Einer besonderen Unterscheidung dient Kapitel 3 Assyrian
Impositions in Provinces and Vassal States (S. 42—64).
Die Bindung abhängiger Staaten gründete sich auf einen
Vasallitätseid, adü, der sich allerdings lediglich auf politische
Angelegenheiten, nicht jedoch auf kultisch-religiöse bezog.
Bei der Aufnahme in das assyrische Provinzs3'stem wurde
der herkömmliche Kult eher gefördert, wenn auch in der
Gouvernementshauptstadt und anderwärts assyrische Waffen
, Standarten (vgl. Abb. S. 63) und auch assyrischer Kult
anzutreffen waren. Damit wurde jedoch der Provinz nicht
der assyrische Kult auferlegt.

Die hier getroffenen Feststellungen werden in Kapitel 4
Judah in the Orbit of Assyria (S. 65—96) gewissermaßen
einer Gegenprobe unterzogen. Die fremden Kulte, die sich
in Juda breitmachten, sind nachweislich nicht assyrischen
Ursprungs, sondern kanaanäischen. Offenbar haben sich bestimmte
Strömungen auf dem Weg über den aramäisch-

phönizischen Synkretismus in Juda eingebürgert. Dali damit
eine kultische Beeinflussung und Untergrabung angestammter
judäischer Gesittung einherging, kann nicht in
Zweifel gezogen werden. Von Assur auferlegt waren sie
nicht. Auch das Aufbegehren reformwilliger Könige in Juda
besagt nicht selbstverständlich eine Aufkündigung der Va-
sallität.

Nach Kapitel 5 Israel under Assyrian Rule (S. 97—110) ist
Israel, der nördliche Teil des ehemaligen israelitischen
Großreiches, den Weg vom Vasallenstaat zur Provinz geschritten
. Aber auch hier lassen sich neben politisch bedingten
synkretistischen Vorgängen in Samaria keine religiöskultischen
Konsequenzen der assyrischen Eroberung nachweisen
.

Damit ist für den Autor klar, das neuassyrische Reich hat
seine Machtbestrebungen nicht auf die Religionspolitik ausgedehnt
. Diese These ist bemerkenswert und muß gründlich
überdacht werden. Zu weiteren Schlußfolgerungen bedarf
es der Klärung des Verhaltens im neubabylonischen Reich.
Vor allem gewinnt die geläufige Gegenüberstellung der
Expansionspolitik des neuassyrisch-neubabylonischen Reiches
und der der Achämeniden ein anderes Gewicht. Wir
hätten somit keinen prinzipiellen als vielmehr einen graduellen
Unterschied in der religiösen Toleranz der altorientalischen
Großreiche, der sich jedoch positiv auf die Entwicklung
des neupersischen Reiches ausgewirkt hat. Woraus
mag er sich bei Cogans Sicht der Dinge ergeben? Und weshalb
haben religiöse Reformbestrebungen der Vasallen immer
die Großmacht politisch irgendwie herausgefordert?
Kann man politische und religiöse Bestrebungen im Altertum
so voneinander trennen? Fragen, zu denen diese
durchaus beachtliche Studie anregt.

Halle (Saale) Gerhard Wallis

Vogel, Martin: Onos Lyras. Der Esel mit der Leier. Textband
und Registerband. Düsseldorf: Verlag der Gesellschaft zur
Förderung der systematischen Musikwissenschaft 1973.
739 S. mit 190 Abb. im Text, gr. 8° = Orpheus. Schriftenreihe
zu Grundfragen der Musik, hrsg. von der Gesellschaft
zur Förderung der systematischen Musikwissenschaft
. 13. und 14. Lw. DM 145,-.

Das Buch soll von den Nachkommen des Kain handeln,
denen die Bibel drei wichtige Erfindungen, Nomadentum.
Erzarbeit und Musik zuschreibe (Gen 4,19ff.). In der Hauptsache
geht es um die Anfänge der Musik. Da die Nomaden
als Lasttier den Esel benutzen, sind die Kainiten Eselzüchter
, und die Frage des Vf. lautet: Wie kommt es, daß Eselzüchter
die Musik erfanden und Metallarbeit betrieben?
Zur Beantwortung dieser Frage sei ein gründliches Studium
der archaischen Eselzucht nötig, das nicht nur die alttesta-
mentliche Uberlieferung erschließe, sondern auch die Klärung
der sozialen Einbettung der altgriechischen Musik ermögliche
.

Im 1. Kapitel („Saumtier und Tierschlauch") wendet sich
der Vf. zuerst gegen die wissenschaftlichen und religiösen
Vorurteile, die einer solchen Untersuchung entgegenstünden
und ihn herausforderten, eine Materialsammlung vorzulegen
und zum Anwalt des Esels zu werden. So werden
S. 26—63 die rühmenswerten Eigenschaften des Esels beschrieben
. Danach wird bis S. 104 über Eselzucht, Verwendung
des Esels, seine Lebensgewohnheiten, Tierschlauch,
Blasebalg und Bergbau gehandelt. Schließlich wird am
Ende des Kapitels die These aufgestellt, daß die Kainiten
aus Afrika stammen, da sie den Wildesel domestizierten und
es diesen nur in Afrika gebe. Die Kainiten seien also „Eselmänner
" gewesen.

Damit ist das Stichwort für das 2. Kapitel gewonnen. Nach
30 Seiten Informationen über die Equidenarten, ihre Zucht,
Nutzung und Verbreitung kommt der Vf. auf Jericho zu