Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1978

Spalte:

28-29

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Vanhoye, Albert

Titel/Untertitel:

La structure littéraire de l'épitre aux hébreux 1978

Rezensent:

Delling, Gerhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

27

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 1

1>8

Buches als sukzessiver Ausbau der Urrollc durch Jeremia und
Baruch ist wohl zu einfach und übersieht eine Reihe literarischer
Probleme innerhalb dieses Buches. Es wird in der Folge
darauf ankommen, die strukturelle Analyse der Texte dem
Gesamtvorgang der Exegese zu integrieren, sie als eine methodische
Betrachtungsweise unter anderen zu handhaben und sie
durch die anderen methodischen Schritte zu präzisieren und zu
begrenzen.

Berlin Winfried Thiel

NEUES TESTAMENT

Leon-Dufour, Xavier, S. J.: Dictionnaire du Nouveau Testament.

Paris: Editions du Seuil [1975]. 570 S., 4 Taf. 8° = Parole de
Dieu.

Dieses nach französischen Stichwörtern geordnete Dictionnaire
ist ein Sachwörterbuch. In ihm werden (so das Vorwort
[8]) alle der Erklärung bedürftigen Ausdrücke und Namen behandelt
, also nicht nur die theologisch gefüllten Wörter. Überdies
bietet es vielfältige Informationen1 über den zeitgeschichtlichen
Rahmen des Neuen Testaments unter Stichwörtern, die
nicht im NT begegnen, wie Epiktet, Hillel, Pompejus, Hellenismus
, Dualismus, Septuaginta, Qumran, Pseudepigraphen
(apocryphes; dazu auch Einzelartikel), Midrasch, Nazareth
(inscription de). Nag Hammadi. Weiter wird der Leser z. B.
unterrichtet durch Artikel über Chronologie, Kalender, Proze5
Jesu, Koine, Eschatologie, goel, Jahwe2, Präexistenz, Theo-
phanie. Außerdem führt L.-D. in spezifische Gebiete der neu-
testamentlichen Forschung der Gegenwart ein, s. Q (sie),
Redaktionsgeschichte (sie), milieu de vie (Sitz im Leben),
pointe, strueture, adieu (discours de); auch über die historische
Kritik an den Textaussagen referiert L.-D. mitunter.

Dem eigentlichen Dictionnaire geht eine Introduction voraus
, die zunächst Jesus und das Urchristentum kurz in den
historischen Rahmen einfügt (23-28, vgl. 44-46) und mit
knappen Bemerkungen über Text, Schriften und Deutung des
Neuen Testaments schlieft (90-92), vor allem aber die Umwelt
Jesu und der Urchristenheit beschreibt, die Welt des Mittelmeers
(36-46, Staatswesen, Gesellschaft, Religionen usw.), insbesondere
jedoch die Palästinas3, das Land, die Menschen, das
kulturelle Erbe (Kosmologie, Anthropologie, Sprachen), die
politische Situation, Verwaltung, Recht, Leben in Haus und
Familie usw., Glaube, religiöse Gruppen. Diese gehaltvolle
Zusammenfassung, auf die im Dictionnaire mannigfach verwiesen
wird, bietet eine wichtige Hilfe dafür, die Erläuterungen
unter den einzelnen Stichwörtern zu Zeitgeschichte und
Umwelt in den größeren Rahmen einzuordnen.

Das Aufzeigen der zeitgeschichtlichen Zusammenhänge dient
im Dictionnaire letztlich ebenso wie das Erhellen der sprachlichen
'' und inhaltlichen Bezüge dem tieferen Verstehen der
neutestamentlichen Aussagen. L.-D. setzt die Kenntnis des
Griechischen nicht voraus, stellt aber die Philologie in den
Dienst der Erklärung des Neuen Testaments, seiner Weise, zu
reden und zu denken. Regelmäßig führt er in Umschrift die
zugehörige griechische Vokabel an, mitunter auch die entsprechende
hebräische. Komposita erläutert er gern durch Zerlegen
in ihre Bestandteile, die übersetzt werden.5 Unter einem
Stichwort werden gegebenenfalls mehrere gleichbedeutende
bzw. einander entsprechende Wörter zusammengefaßt (z. B.
unter croissance, cruche, debauche, esperer, exaltation du
Christ, exeommunier, folie, forme, guerir, orgueil, piete,
predestiner, pur; die im Text begegnenden griechischen Wörter
- über 1100 - werden am Schluß des Buches in Umschrift nach
dem Alphabet angeführt, unter Verweis auf die französischen
Stichwörter, unter denen sie in irgendeiner Weise0 vorkommen
). Andererseits wird die verschiedene Verwendungsart
desselben griechischen Wortes in verschiedenen Sachzusammenhängen
bzw. Bedeutungen vorgeführt. Durch beide Verfahren
wird der unterschiedliche Gebrauch der Wörter in der antiken

und der modernen Sprache sichtbar. Aus der Gliederung nach
dem Wortgehalt ergibt sich unter Umständen auch eine solche
nach Autoren. Belege werden (in Anmerkungen unter jedem
Absatz) z. T. reichlich angeführt (Vollständigkeit wird markiert
). Des öfteren wird auf spezielle Einflüsse des alttestament-
lichen Wortsinnes hingewiesen (gloire, verite usw.); über das
Lexikalische hinaus werden häufig sachliche Verbindungslinien
zum Alten Testament (bzw. zur LXX) aufgezeigt, ebenfalls unter
Angabe von Belegen. Mitunter werden auch Vergleiche mit
griechischem Denken gezogen.

Die theologischen Ausführungen fügen sich zu einer Darstellung
der Glaubensaussagen der Urchristenheit zusammen,
zumal für den Leser, der die vielfältigen Verweise (am Schluß
des Artikels häufig Verweisketten) auf andere Stichwörter sich
zunutze macht. (Ein bestimmter Nachdruck scheint mir u. a. auf
den Aussagen über die Neuschöpfung des Christen zu liegen,-
häufige Verweiswörter sind nach meinem Eindruck z. B. con-
version, dessein de Dieu, alliance.) Sind die Darlegungen zu
den Wörtern des urchristlichen Glaubens vergleichsweise nicht
besonders umfänglich, so sind diese Artikel dank L.-D.s Gabe
der präzisen Fassung gleichwohl reich gefüllt. Wie ausgewogen
L.-D. formuliert, wird u. a. bemerkbar bei diffizileren Stichwörtern
wie predestiner, endurcir, colere, mal, ciel, ange. Das
gilt auch für Sätze, in denen er bestimmte Aussage- oder Vorstellungsweisen
zunächst als zeitgegebene Ausdrucksformen
(langages) u. ä. kennzeichnet (z. B. zu enfer). Der Vf. rechnet
mit geistig aufgeschlossenen Lesern (anspruchsvolle Formulierungen
etwa unter figure, forme, eternel).

L.-D. hat sich bei seiner Arbeit teilweise der Unterstützung
anderer erfreut, die er im Vorwort aufführt (10), deren Anteil
aber offensichtlich nicht abgrenzbar ist; er verantwortet das
Ganze. Seine Handschrift ist m. E. denn auch zumal an den
spezifisch neutestamentlichen Artikeln zu erkennen. Der Benutzer
empfängt von Pater Leon-Dufour eine reife Frucht
langjähriger7 philologischer und theologischer Arbeit im Bereich
der Exegese des Neuen Testaments.

Halle (Saale) Gerhard Delling

1 Einige werden anschaulich gemacht durch neun tabellarische Ubersichten und
drei Karten. - Auf Literaturangaben ist verzichtet.

2 So sagt L.-D. in Darlegungen zum Alten Testament.

3 Zum Judentum der Diaspora s. 35.43f.49.

4 L.-D. stellt mit Recht heraus, dafj synchronische und diachronische Arbeitsweise
nicht voneinander zu trennen sind (92).

5 Gegebenenfalls dient ferner eine Ableitung des französischen Wortes (meist
aus dem Lateinischen) dessen Verständnis.

a Dieser Index ist also nicht etwa als Wörterbuch verwendbar.
7 Damit meinen wir nicht die drei Jahre der Ausarbeitung (10). Vgl. etwa
ThLZ 90. 1965 Sp.187-189; 97, 1972 Sp.906-908 mit Anm. 3.

Vanhoye, Albert, S. J.: La strueture litteraire de l'Epitre aux
Hebreux. Preface du R. P. S. Lyonnet. 2e edition revue et
augmentee. Paris: Desclee de Brouwer (1976). 331 S. 8°.

Die Anzeige der zweiten Auflage bietet vor allem willkommene
Gelegenheit, die Bedeutung dieser Arbeit erneut zu unterstreichen
. Für den Vf. ergab sich kein Anlaß zu grundlegender
Umarbeitung. Er kann auf eine Reihe von Kommentaren und
anderen Werken zum Hebr hinweisen, in denen seine Analyse
der literarischen Struktur des Briefes akzeptiert worden ist,
und auf weitere Arbeiten, in denen ein entsprechendes Verfahren
inzwischen mit Erfolg auch auf andere Texte - Mt, Mk,
IPt, Joh Schriften - angewandt wurde (310 f.). Demgemäß
bieten die neuen Passagen vor allem Präzisierungen der früheren
Darlegungen V.s. (Bemerkenswert sind etwa die Modifikationen
zu 3,1 ff. [86 f.], zu 8 f. [43], zu 13,1-6 [210], ferner ein
Zusatz zur Relation von 1,5-14 und 2,15-18 [84].)1 In der
Hauptsache sind sie - in der Länge von zwei Zeilen bis zu
einer knappen Seite (zu 3,3-6) - in einem Nachtrag untergebracht
(261-269); in ihm nennt V. zudem neueste Literatur
und setzt sich mit ihr auseinander. Für den Nachvollzug der
Analyse des Aufbaus ist die Aufnahme des 1966 gesondert
erschienenen griechischen Textes - in Sinnzeilen, mit verschie-