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Ausgabe:

1978

Spalte:

458

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Kiefner, Theo

Titel/Untertitel:

Ein Stück Waldensergeschichte 1978

Rezensent:

Kiefner, Theo

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457

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 6

468

Vfn. versäunil es darüber hinaus nicht, kritisch anzumerken,
daß Tolstoi neben seiner Polemik gegen die Kirche kein klares
Bild von ihr entworfen habe, und auch die Mittel, mit denen
er gesellschaftliche Veränderungen durchsetzbar sah, unzureichend
gewesen sind.

Heinrich, Rolf: Promissio Crucis. Der Ansatz der Simul-Christo-
logie Hans-Joachim Iwands. Diss. Tübingen 1975. 581 S.

Die Abhandlung verfolgt das Ziel, die Einheit in der Perspektive
und Zielsetzung des christologischen Ansatzes Hans-
Joachim Iwands (1899-1960) zu zeigen, indem das dem einnehmenden
Griff systematischer Interpretation sich entziehende
Material zusammengestellt wird und die weitverstreuten Texte
mit häufig äquivokem Sprachgebrauch auf ihren einheitlichen
Ansatz hin untersucht werden, indem sein aphoristischer Ansatz
nachdenkend wiederholt und zusammenhängend dargestellt
wird. Andeutungsweise wird versucht, das Verhältnis von
wissenschaftlichem Denken, Biographie und politisch-gesellschaftlicher
Verantwortung zu erfassen.

Der Problem hör i z o n t der Christologic
Iwands (1. Teil) wird charakterisiert durch die Verbindung
von rcligionsphilosophischen Fragestellungen (1.) mit der
Kechllcrtigungslehrc Luthers als Ergebnis seiner Kreuzestheologie
(2.) und mit dem politisch-homiletischen Anliegen der
Göttinger Predigt-Meditationen (3.). Die Rekonstruktion und
Interpretation des Interesses Iwands an Kant (1.1.), Schleier-
"i.icher (1.2.) und Hegel (1.3.) ergibt im Hinblick auf diese Ver-
bindung, daß für eine Zuordnung von Glauben und Wissen die
Korrelation zwischen Rcchtfertigungslehre, Christologic und
Eschatologic als Problemhorizont anzusehen ist. Drei grundlegende
Tendenzen in der Luther-Interpretation Iwands werden
im Vergleich mit R. Hermanns und E. Bizers Position dar
gestellt: 1. der konstitutive Zusammenhang von Rechtfertigungsichre
und theologia crucis, wobei die Rechtfertigungslehrc
nicht eine Konsequenz, sondern das unausweichliche Ergebnis
der Christologie des Gekreuzigten ist, 2. das Rechtfertigungsgeschehen
, das im Rahmen der realen Lebenswelt des Menschen
zu begreifen ist, indem der Mensch als gesellschaftliches
Wesen in die Relation coram Deo gestellt wird, 3. die negative
Anthropologie des Leidens und des unfreien Willens.

In der Entfaltung des systematischen Hintergrundes der
Luther-Darstellung Iwands (2.) und des politisch-homiletischen
Anliegens der Göttingen Predigt-Meditationen (3.) wird die
Korrelation zwischen Rechtfertigungslehrc, Christologie und
Eschatologie insofern präzisiert, als das Ergebnisverhältnis
zwischen dem dialektischen Erkenntnisprinzip der theologia
crucis (2.1.) und der Rechtfertigungslehrc (2.2.) bedingt, daß
erkenntnistheoretische Aussagen (Zuordnung von Glauben und
Wissen) als Teil des theologischen Beitrages zur Bestimmung
der Zeit (3. Teil, 1.) innerhalb einer Beschreibung des Hand-
lungsprozesscs (3. Teil) zu formulieren sind. Kreuzestheologic,
Rechtfertigungsichre und erkenntnistheoretische Aussagen werden
verbunden im theologischen Ansatz der promissio crucis.

Im 2. Teil .Christologic als Simultantheo ric
der promissio crucis" werden die drei für die promissorische
Rechtfertigungsichre tragenden Begriffe „crux" (1.),
.promissio" (2.), .simul" (3.) eingegrenzt. Diese nachdenkende
Darstellung gibt den Verstchenshorizont für die konkrete Bestimmung
der promissorischen Rechtfertigungslehrc als Ergebnis
der Christologie (3. Teil) an. Die nachdenkende Beschreitung
der sich wechselseitig bedingenden Begriffe „crux", .promissio
" und .simul" zeigt, daß Eschatologic und Christologic in
einer negativen Prozcßtheologic des Leidens identisch werden.
Die Gottesfrage als Frage nach Gerechtigkeit (2. Teil, 4.) faßt
die signifikanten Aspekte dieses Identitätsverhältnisses zusammen
und weist auf das Ergebnisverhältnis zwischen Kreuzestheologie
und Rechtfertigungsichre hin. Die promisso-
""ischc Rechtfertigungslehrc als Ergebnis
der Christologie (3. Teil) entwickelt die Tragfähigkeit
des Iwandschen Ansatzes in der Verhältnisbestimmung von
vulgärem und cschatologischem Zeit- und Geschichtsverständnis
(1.), die von der Bedeutung des Kreuzes, der Auferstehung

(1.1.; 1.2.) und der Inkarnation (1.3.) aus (in Abgrenzung zu
Pannenbergs, Bruuners und Ragaz' Rede vom kommenden
Christus) entfaltet wird.

Wie Iwand die Zeit der Geschichte des kommenden Christus
als Zeit des Handelns erklärt, das wird in der promissorischen
Versöhnungslchrc (2.) deutlich. Die Dialektik des Handelns
wird theologisch präzisiert, indem die „Versöhnung des Sünders
" (2.1.) handlungsthcorctisch beschrieben wird.

Der einheitliche Ansatz einer negativen Rechtfertigungslehrc,
die eine promissorische Prozcötheologic des Leidens ist, zeigt
sich abschließend 1. in der deskriptiven Ethik der Geschichte
(2.2.) (in Abgrenzung zur Widcrspiegelungstheorie von
G. Lukäcs, zur Überordnung des Nomos über den Logos bei
R. Bultmann und zur Überordnung des Logos über den Nomos
bei K. Barth) und 2. in der konkreten Analyse des Lebensprozesses
(2.3.) im Hinblick auf die Beziehung zwischen Staat -
Kirche - Gesellschaft, auf die Bedeutung des politischen Gewissens
und der Kategorien 'Offenhcit'/'Öffentlichkeit'.

Kiefner, Theo: Ein Stück Waldensergeschichte: Das Israel der
Alpen auf seinem Weg aus dem Val Cluson durch die
Schweiz nach Deutschland 1532-1755. I: Reformation und
Gegenreformation im Val Cluson 1532-1730. Diss. Tübingen
1977.

Teil A bringt die Voraussetzungen und Grundlagen. Zuerst
wird der Herkunft der Waldenscr (Waldes) nachgegangen und
eine Begriffsbestimmung gegeben (S. 17-26). Dann wird das
mittelalterliche Waldenscrtum gegenüber der katholischen und
der reformierten Kirche dargestellt und der Anschluß an die
Reformation in der Synode von Chanforan 1532 geschildert
(S. 27-39). Da ein Teil der Waldenser in Frankreich lebte und
der andere in Savoyen, wird auf diese beiden Länder und ihre
gegenseitigen Beziehungen eingegangen (S. 40-61 und 67-72).
Die Geschichte der katholischen Kirche' im Val Cluson mit
seinen beiden Talteilen Val Pragela und Val Perouse wird
untersucht (S. 62-66).

Teil B bringt im I. Kapitel die Reformation des Val Cluson
von 1532 bis zum Fall von La Rochellc 1628 (S. 73-127). Dann
wird der kirchliche Aufbau beschrieben: die Synode, die con-
sistoires, die ministres und tcmples (S. 128-142). Es folgt im
III. Kapitel die Rekatholisicrung des Val Cluson bis zur Widerrufung
des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV. 1685 (S. 143
bis 242).

Da es im Val Pragela noch einmal Reformierte gab, wird
darüber im Teil C berichtet, wobei die beiden Kriege (pfälzischer
Erbfolgekricg 1686-1697 und spanischer Erbfolgckricg
1703-1713) eine besondere Rolle spielen (S. 243-322).

Teil D bringt die Entwicklung der Bevölkerung nach Zahl
und Konfession für jeden Ort und die beiden Talhälftcn von
1630 bis heute (S. 323-366).

Teil E enthält eine Zusammenfassung und einen Ausblick
(S. 367-369).

Das Leitwort der Arbeit ist das Wort von Josuc Janaval:
„Nichts sei stärker als euer Glaube".
Es folgen sechs Anhänge:

Anhang I bringt Bilder und Dokumente zur Geschichte und
Geographie des Val Cluson (S. 371-401).

Anhang II enthält die Glaubensbekenntnisse und die Kirchenordnung
der Waldenser (S. 402-423).

In Anhang III finden sich die Ortslisten und die 100 Lebensläufe
der ministres (S. 424-512).

Anhang IV schildert die Schicksale der Kirchen, Kapellen
und tcmples des Tales (S. 513-537). ■

Anhang V beinhaltet das Ortssippenbuch von Mcntoulles,
das fortgeführt wurde bis 17:50/40, und Aufschluß gibt, wer im
Tal blieb und wer nach Holzappel-Charlottenberg, Waldensberg
oder Nordhausen auswanderte (S. 538-668).

In Anhang VI wird die in Paris gefundene Chronik des
ancien Jacob Perron wiedergegeben (S. 669-680).

Den Schluß bilden die Angaben über ungedrucktc und gedruckte
Quellen, Mitteilungen und Hinweise sowie über die
Literatur (S. 681-715).