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Ausgabe:

1978

Spalte:

23-25

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Keel, Othmar

Titel/Untertitel:

Wirkmächtige Siegeszeichen im Alten Testament 1978

Rezensent:

Haag, Herbert

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 1

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pr' hifil mit 'm = „Volk" [vgl. auch Sir 31 (34), lb.2b in der
Hs. B: pr' hifil + Objekt] hat.

Die Erkenntnisse der nordwcstscmitischcn Philologie sind
auf gewohnte Weise angewandt, ihr Wert hängt offensichtlich
von ihrer Anwendbarkeit auf das übrige Alte Testament ab:
z. B. -m encliticum (von dem acht Fälle vorgeschlagen werden),
'ly comparativum (6,30, S. 21), -y Suffix der dritten Person
(fünf Fälle), b = „von" oder „nach". Einzelne Fälle müßten
hier gründlicher besprochen werden, da die Lösungen nicht
immer überzeugend und notwendig sind, aber man kann nicht
leugnen, daß für einige Stellen das von dieser Methode angebotene
Textverständnis ohne Zweifel besser ist (vgl. z. B.
das 1 vocativum in 41,1, S. 68 f.). In anderen Fällen hingegen
erscheint die Anwendung der Methode eher gezwungen, wie in
50,24 (S. 86 f.), wo in 24c 1' von 1' vkrt kaum als le' (= „the
Mighty One has concluded") verstanden werden kann, wenn
man bedenkt, daß ein ähnlicher Ausdruck in 40,17 in der
Masadarolle (l'tkrt) und in 41,11b in der Hs. B (1' ykrt) sowie
in der Masadarolle (1' ykrt) vorkommt, und im letzteren Text
übersetzt Penar selbst „will not be cut off".

Die zur Rechtfertigung des Sinnes und der Übersetzung der
analysierten Stellen aus dem Alten Testament, dem Ugarili-
schen, dem Phönizischen und den Qumrantexten vorgebrachten
Ausdrücke (vor allem die Wortpaare) und Parallelstcllen sind
meistens so zahlreich, daß sie sich manchmal ein wenig unangebracht
und geradezu überflüssig erweisen (z. B. in
4,23-24 N. 1°, S. 16: Welchen Sinn hat es, eine gewöhnliche
Reihe negativer Sätze anzuführen, die sich als solche in jeder
Sprache finden läßt? Weitere Beispiele von wenig bedeutsamem
Überfluß: 12,16c-d N. 2°, S. 41 f.; 13,16a, S. 43; 40,lc-d, S. 67;
44,11 N. 1°, S. 75 f.; 44,13-14 N. 1°, S. 76 f.).

Im wesentlichen zeigt der Versuch von Penar trotz aller Vorbehalte
und Einwände, die er erwecken kann, daß die nordwestsemitische
Philologie reich an Hilfsmitteln ist, die wirklich
nützlich dabei sein können, einen so dunklen Text wie den
von Ben Sira zu klären, der schon aus anderen Gründen unter
allen Büchern des Alten Testaments schwierig ist. Man darf
nicht die Methode zurückweisen, aber man muß sie in einem
weniger ausschließlichen Sinn anwenden und Fall für Fall
tiefer überprüfen. Die vorliegende Arbeit, die aus einer Dissertation
am päpstlichen Bibelinstitut von Rom unter der Leitung
von M. Dahood hervorging, ist in jeder Hinsicht ein Pionierwerk
und beschränkt sich außerdem auf die Untersuchung
von etwas mehr als 100 Tcxtstellcn. Ausgestattet unter andere n
mit ausgezeichneten Inhaltsverzeichnissen, verdient sie sicher,
mit Aufmerksamkeit erwogen und mit Anerkennung auf
genommen zu werden.

Rom Gian Luigi Prato

Keel, Othmar: Wirkmächtige Siegeszeichen im Alten Testament.

Ikonographische Studien zu Jos 8,18-26; Ex 17,8-13; 2 Kön
13,14-19 und 1 Kön 22,11. Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag
; Göttingen: Vandenhoeck fk Ruprecht 1974. 233 S. m.
78 Abb. i. Text gr. 8° = Orbis Biblicus et Oricntalis, hrsg. v.
O. Keel u. B. Tremel, 5. sfr. 32,-.

Keel, Othmar: Die Weisheit spielt vor Gott. Ein ikonogra-
phischer Beitrag zur Deutung des incsa'.'uqät in Spr 8,30f.
Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag; Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht [1974]. 79 S. m. 34 Abb. gr. 8°. sfr. 15,-.

I

Die erste der beiden interessanten Arbeilen setzt sich zum
Ziel, eine Gruppe von kurzen biblischen Berichten, in denen
symbolischen Zeichen sicgverschaffcndc Kraft zugesprochen
wird, im Lichte des altorientalischcn, vor allem ägyptischen
ikonographischen Materials zu deuten und damit zugleich die
Fragen nach der Herkunft der Motive zu stellen. Die unter
diesem gemeinsamen Gesichtspunkt ausgewählten Texte sind
Jos 8, 18-26; Ex 17, 8-13; 2 Kön 13, 14-19 und 1 Kön 22, 11.
Da in allen vier Texten von Zeichen die Rede ist, die aufgrund
einer Disposition Jahwes einen Sieg nicht nur symbolisieren.

sondern bewirken, trägt Vf. kein Bedenken, in der Terminologie
der katholischen Dogmatik, die das Sakrament als „signum
efficax" definiert, von „Sicgcssakramcnten" zu sprechen.

Den breitesten Raum (S. 11-88) nimmt die Behandlung von
Jos 8, 18-26 ein. K. macht sich die Erkenntnis zu eigen, daß
die Erzählung von der Eroberung Ais in Jos 8 eine jüngere
Variante der Überlieferung von der Einnahme Gibcas Ri 20
darstellt. Jedoch beteiligt der Erzähler von Jos 8 Gott insofern
stärker am Sieg als jener von Ri 20, daß Josua auf Befehl
Jahwes seinen kidön ausstreckt und in dieser Hallung verharrt
, bis Israel Ai eingenommen und an seinen Bewohnern
den Bann vollstreckt hat. Unter Herbeizichung eines reichen
ikonographischen und archäologischen Materials macht K.
wahrscheinlich, daß kidön nicht (wie üblich) mit .Lanze', sondern
mit „Sichelschwert" übersetzt werden muß (was durch 1 QM
bestätigt wird). In dieser Untersuchung dürfte das Hauptverdienst
der Arbeit liegen. K. macht darauf aufmerksam, daß
das Sichelschwert als Gebrauchswaffe am Ende des 2.Jts.v.Chr.
aus dem Vorderen Orient und Ägypten weitgehend verschwand,
daß jedoch der Gestus des ausgestreckten Sichelschwertes als
Ideogramm für gottgeschenkten Sieg in der ägyptischen und
der von ihr beeinflußten phönizischen Ikonographie ein langes
Nachleben führte.

Indes muß ernsthaft bezweifelt werden, daß in Jos 8 die
Vorstellung vorliegt, Josua sei im „sakramentalen" Gestus des
ausgestreckten Sichelschwerts verharrt, bis Israel den Sieg
über Ai und seine Bewohner errungen hatte. Um diese Vorstellung
durchzuhalten, sieht sich K. genötigt, V. 26 zu übersetzen
: „Josua nahm seine Hand, mit der er das Sichel seh wert
ausgestreckt hielt, nicht zurück, bis man alle Bewohner von
Ai gebannt hatte" (80). Wenn jedoch nach Vss. 15 und 21 Josua
mit seinen Leuten zunächst flieht, dann aber kehrtmacht und
die Männer von Ai schlägt, so verträgt sich dies kaum mit der
Vorstellung, er sei mit seinem ausgestreckten kidön verharrt,
bis alle Einwohner von Ai gebannt waren. In Wirklichkeit wird
in der Erzählung der kidön nicht als Symbolwaffe, sondern als
Kampfwaffe verstanden, mit der Josua kämpft (beachte die
auffällige Konstruktion von n(h mit der Präposition l>c in den
Vss. 18 und 26) bis zum siegreichen Ende. Von einem „sakramentalen
" Zeichen ist keine Rede.

Bedenken muß auch die Interpretation von Ex 17, 8-13
erwecken, wonach die erhobenen Hände des Mose durch
ägyptische Darstellungen beeinflußt wären, auf denen dem
den Feind niederschlagenden Pharao ein Verehrer mit erhobenen
Händen beigegeben ist, der den Sieg des Pharao verehrt,
der aber von den des Lesens unkundigen Israeliten mit einem
den Sieg bewirkenden Beter verwechselt worden wäre. Das
Erheben der Hände als Gebetsgestus ist in der Sprache Israels
so geläufig (vgl. Ps 41,2; 44,21; 63,5), daß eine Herleitung
von Ägypten sich erübrigen dürfte. - Überzeugend hingegen
wirkt K.s Deutung von 1 Kön 22 und 2 Kön 13: Bei den
Hörnern, die sich Zidkija macht, handelt es sich um eine
Hörnerkappe, die er dem König übergibt, um ihm durch Verwandlung
in einen siegreichen Stier den Sieg zu verbürgen
während das Pfeilschießen und -schlagen, zu dem Elischa den
König auffordert, eine in Ägypten praktizierte magische Vorausbildung
des Sieges darstellt, die aber nicht nur als Bildmotiv
(so K.), sondern als tatsächliche Praxis in Israel Eingang
gefunden haben dürfte. So zeigt das Buch interessante Zusammenhänge
auf. Sein Wert liegt allerdings mehr auf der ikono-
graphisch-archäologischcn als auf der theologischen Ebene.

II

Das gleiche gilt von der zweiten hier anzuzeigenden Arbeit,
einer Sonderveröffentlichung eines in der „Frciburger Zeitschrift
für Philosophie und Theologie" erschienenen Aufsatzes.
Die Aussagen von Spr 8, 22-31 über die bei Jahwes Schöpfungswerk
anwesende und vor ihm spielende Weisheit beschäftigt
die Auslegung noch immer ungewöhnlich stark. Das
in seiner Bedeutung umstrittene Wort 'tmön wird von K. als
„Werkmeister" verstanden, jedoch als Apposition auf Jahwe
und nicht auf die Weisheit als Subjekt bezogen, so daß sich