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Ausgabe:

1978

Spalte:

441

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Wendel, François

Titel/Untertitel:

Calvin et l'humanisme 1978

Rezensent:

Molnár, Amedeo

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441

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 6

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tretene Lehre vom himmlischen Fleisch Christi, ihre Grund- In dem vorliegenden Band V der als hisloriographischcs

Intention und ihre Problematik Meisterwerk anerkannten Biographie Jacob Burckhardts (vgl.

ThLZ 78, 1953 Sp. 356ff.; 82, 1957 Sp. 524f.; 96, 1971 Sp. 448f.)

Rostock Gert Wendelborn behandelt W. Kacgi das „Spätwerk B.s und das Erlebnis seiner

Gegenwart"; in acht Kapiteln stellt der Vf. in einer höchst eindrucksvollen
Geschlossenheit B.s Darstellung und Sicht der Gc

Wcndel, Francois: Calvin et l'Humanismc. Paris: Presscs Uni- schichtc Europas von 1250 bis 1888 dar; als Höhepunkte dürften

vcrsilaires de France 1976. 104 S. gr. 8° = Cahicrs de la dic Kapitel VII und VIII („Erlebnis der Gegenwart") anzuspre-

Rcvue d'Histoire et de Philosophie Rcligieuses, dir. par cnen sein, die mit Betrachtungen „Zur Prophctie B.s" abschlie-

M. Philonenko, 45. fjen. (Dem letzten Band vorbehalten bleiben die Behandlung

.. , , , . , ,. der Griechischen Kulturgeschichte, der Vorlesungen über das

Der fleißigen Fürsorge Rodolphc Peters verdanken wir die mtf*t*t und die „Weltgeschichtlichen Betrachtungen".)

Ausgabe dieser höchst umsichtigen Darstellung des intimen ..

,,„. ■ , , ... . „ .... . „ . . ,,..„,„■_,„. B.s Sicht der europäischen Geschichte seit dem Ausgang des

und doch kritischen Verhältnisses Calvins zum Humanismus, , . c _ • , f. r

,,• ■ , . „, ,. . . . , ■, . Mittelalters hat der Vf. aus umfangreichen, zu verschiedenen

die der verstorbene Straßburger Kirchenhislonkcr nachgelas- , . __. _„

.„ , . ■ j • „, u< j n„»^„^i Zeiten abgefaßten bzw. überarbeiteten, im ganzen bisher Unsen
hat. Man wird sie als Weiterfuhrung und Vervollstandi- 1?.. 1 -. , . , . , , . „

, , , . , ' , , 8 . . ... . . veröffentlichten Manuskripten der Vorlesungen (und z.T. aus

gung der großen theologischen Ca vinmonographic Wcndels vl-1"1 u « . . . _„ 7, v ,- .

Mr>r„, , . i_, . f. „. r"_. i____„ . ,. Vor esungsnachschriften) rekonstruiert. Da die Geschichte der

(1950) lesen, zugleich auch as ausgewogene Einbeziehung der ' , 'B , ' . . . . ,. . .

, . . ? j . . ., _ T „„,,.,.„,-. We t des modernen Menschen - neben der Kulturgeschichte Grie-

die Materie betreffenden bahnbrechenden Arbeiten J. Bohatec , . , , . _....., . , . . _ -.„,„„„,„ . v •

4 _ , ., , , „ , _ „, .. „ ■ i chenlands und der Kunstgeschichte - einen Schwerpunkt im

in das Gesamtbild des Genfer Reformators. Der Vf. lieft sich uicinaiiu» ui u u<= . , F. .. ,

• , , .7. :, , ..... „ _ . Wirken Bs darstellt, hat die hier erstmals zusammenhangend

nicht von der üblichen Vorsteung der prinzipiellen Humanis- wirrai o.b udnvc , ,-Ua„ ,•

, . , , V. i • • j t ii im Sinne B s dargestellte neuere Geschichte (über die - außer

musfemd hchkcit der Reformation verlocken. Calvin jedenfalls "™*~, "~ _ . , . , , . ,

, «. . ... , , , . ., , u n u der Kultur der Renaissance - keines seiner klassischen

war bewußt bemuht, das Erbe der Antike dem christlichen UL1 »^UJLU1 . M ,

, ... ,.,„j Werke qehandelt hat) für das Verstehen B.s (und zugleich

Denken zu bewahren und anzupassen. Diesem Ziele wurde "c . .. , , j- j u • mm

, ,. . , ... . * darüber h maus auch a s eigenständiges, durch eine Fülle von

schließlich der ganze Werdegang seiner Bildung und seiner udu,u" ~~ , „ • .._t— «r„,.v

... . , _ 3 . , , J PersDcktivcn und Ref cxioncn anregendes Werk zur neueren

^«ansehen Freundschaften dienstbar gcmadit Hatte Mathunn Ra des vicl,cljahl,uuv

Cordter die Empfindlichko, für das Stilistische in Calvin gc- ^ ^ Hauptarbeit B.s, dem die „Vor

weckt, so wurde sie im College de Montaign vollends verloren «gj bckanntlich fder eigentlkhe Inhalt seines Lebens

gegangen sein hatte sich Calvin nicht durch Vermittlung der ^ ° Gcsdiichtc der modernen Welt; da

Jamihe Cop der Pariser Elite der Gebildeten angeschlossen. ^^sen Vorlesungen bisher nur Fragmente bekannt waren

Wohnars griechische Studienanlcitungen, denen Calvin auch ^esenj a Gesamtaus-

nod. in Bourges nachfolgen konnte, führen - in Verbindung 1929) Sr nd hier ein Material von rund 12 000

mit dem Fortschreiten seiner juristischen Bildung - bereits ^be^V Gesamtbildes verwendet wer-

1529 zum Heranreifen des aristokratischen Selbstbewußtseins sclten lur "".j1.^.8 .. a ._

h„ r- u u ^ • ^ i • ,-i j ul ■••-„- den konnte, wird mit diesem Band der Biographie ein wesent-

des Gebildeten in Calvin. Von links und rechts spurt er von £ Lebenswerkes B.s mit großer Akribie und

nun an sein humanistisches Trachten bedroht. Die Humanisten, hch^r Berf <-» ae' Leoenswei^es r.^ f . . ,

mit denen er verkehrte oder die er las, hielten viel vom Authentizität wieder erschlo. sen - Dem Band beigegeben sind

Stoizismus als Vorstufe des Christentums. Das erste selbslän- ^bÜ^^^^m^^Jf L^o» in di,se,- Zeit

dige Werk Calvins galt eben auch dem De dementia Senecas ^vor auf einige im Climen eniei Rezens on. m d,«ci^.t-

. . ° . _ . ,__„„ j_„f_n schrift besonders zu beachtende Themen eingegangen wiid,

k!' » bess« als Erasmus zu verstehen und zu deuten Überschriften der einzelnen Kapitel angegeben:

gkubte. Wendel Widmet dtewm ^■K6"^^! ^ I, Die Anfänge des modernen Europa - Die Reformation

s.nmgc Analyse. Calvin erwies sich hier als christliche! Huma- _ £ G .efo,.matlon und das konfessionelle

n.st der in origineller Weise dem Stoizismus eine august.n.sch ■ _ d ^

«efarbte christliche Menschlichkeit gegenüberzustellen wuß e, e _ Djc ^ ^ ^ _ Jy ; Dfls

Wenn er auch die theologische Fragestellung noch ^^S!" ZcitaltcJr ticr Revolution - 1. Gesamtansicht und Vorbau (S. 243

Erst die Bekehrung, die 1533 erfolgte, bedeutete eine Wende ^ _ y ^ ^ Rcvokuion _ 2 Revoluüon

indem Calvin nunmehr entschieden nicht nur den heidnisch ^ 321_3g6) _ yj ; Das Zcitalter der Rcvolution .

|les„,ntcn sondern auch den erasmischen Humanjmu. caesarismUS und Katastrophe (S. 387-444). - VII: Erlebnis

ehnte. Aber auch als eindeutiger Bekenner eines geicin.gtc Gegenwart, 1858-1871 (S. 445-497). - VIII.: Erlebnis der

ainstentumsverständnisscs in der Interpretation Lutheis und 1871-1888 (S.499-642).

Melanchthons blieb Calvin doch weiter Humanist in Sein« ^ ^ Reformation wirkten,

exegetischen Methode und in der Würdigung - d* intiken HerdeT und B s Lchrern K. R. Hagenbach und DeWette.

Wissenschaft als Gabe Gottes, die, wie schon Guilhiume Bude ^ Gcschichtsscureibung, v0l. allcm Rankcs, sowie

ehrte, im weltlichen Bereich ihre Unentbehrlichkeit behalt _ ^ _ Zciterlcbnis von Revolution und

Was er zahlreichen zeitgenössischen Humanisten vorhatt is Gegenrevolution, ein», die Folge war eine Akzentverlagerung

>ieht ihr Humanismus, wohl aber ihre feindliche EmsteUung ^ Thcologischen zum staatlichen und So

gegenüber der reformatorischen Deutung des ziakn mn B C1.kcnnt nüchtcrn dlc Verflechtung politisch-welt-

Eine generelle Ablehnung des Humanismus ist bei_ Calvin n Machtambitionen der „Obrigkeiten" mit der Förderung

Bend» zu finden. An der Reformation, ebenso wie er die soziale Gärung einschl.

Weisheits- und Wissensbegriff, Gcschichtsverstandn s Bil Auswirkungen deutlich erfaßt hat; den

JUngaideaJ. Ewigkoitsbegriff, Autorität Gottes, Ethos usw.) verrteht B. als eine markante Zäsur: „Der Pro-

«ägt endlkh der Vf. fein und überzeugend, wie sehr unü wie ^^^^ alg gt0^. populäre Bewegung war in Deutschland

"ewufit der Reformator hier an die Antike anknupttc. ^ ^ Baucrnkrieg erioschen" (S. 115). Ein auf umfassender

Prag Amedco Molnär Lektüre begründetes Luther-Verständnis fehlte B., so daß ihm

die Intentionen Luthers doch im wesentlichen verschlossen
blieben; seine Urteile (zusammengefaßt S. 45f.) treffen - nach
der Ansicht des Rez. - höchstens den möglichen 'Umschlag' der
KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT „Reformation" und die durch die geschichtlichen Mächte markierten
Grenzen der Reformationsepoche. (Sie dürfen jedoch
Kaegi, Werner- Jacob Burckhardt. Eine Biographie. V: Das bei einer Analyse des vielschichtigen Phänomens des Säkularisiere
Europa und das Erlebnis der Gegenwart. Basel - MÜS nicht übersehen^ werden.)

Stuttgart- Schwabe 11973) XX. 642 S„ 29 Taf. gr. 8°. Lw. Auf B.s Calvin-Darstellung (S. 90ff ) wirkte seine stadlbur-

sfr 65 &cnwaDC gerliche Gesinnung ein, die ihn Partei für die altgcnfer natio-