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Ausgabe:

1978

Spalte:

431-432

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Grzegorz z Nysy, Sw.

Titel/Untertitel:

Wybór pism 1978

Rezensent:

Starke, Arnold

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 6

432

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Grzegorz z Nysy, Sw.: Wybör pism. Tlumaczyl ks. W. Kania;
wstep i opracowanie ks. E. Stanula (St.Gregor von Nyssa,
Auswahl der Schriften, übersetzt v. W. Kania, eingeleitet und
bcarb. v. E. Stanula). Warszawa: Akad. teologii katolickiej
1974. 195 S. gr. 8° = Pisma starochrzescijariskich pisarzy,
XIV (Schriften altchristlicher Schriftsteller, 14).

Nachdem ich in früheren Jahrgängen seit 1971 (Nr. 8) neuere
polnische Ausgaben von Briefen Cyprians, von Schriften Ter-
tullians und zuletzt eine polnische Auswahl aus dem Erbe
syrischer Kirchenväter (Ephrem, Cyrillonas, Balai) besprechen
durfte, ist hier eine Auslese aus dem umfangreichen Werke
Gregors von Nyssa anzuzeigen, die in der gleichen Schriftenreihe
erschienen ist.

Stand Gregor von Nyssa auch geraume Zeit im Schatten seines
Bruders Basilius, so waren ihm doch nach dessen Tod im Jahre
379 noch etwa anderthalb Jahrzehnte zum Hervortreten in der
kirchlichen Öffentlichkeit wie zu reicher schriftstellerischer
Tätigkeit vergönnt. W. Jaeger nennt ihn in der RGG3 (1958)
den „größten christlichen Denker nach Origenes". Neuerdings
ist Gregor als großer mystischer Theologe wiederentdeckt, wie
H. Graef im Lexikon für Theologie und Kirche 1960 feststellt.
„Sein Stern ist im Steigen" - meint A. Hamman in seiner
„Kleinen Einführung in Leben Werk der Kirchenväter" (1967).
Aber schon 1937 schrieb Fr. Heiler in „Urkirche und Ostkirche":
„Durch Gregor von Nyssa ist das Tiefste und Wunderbarste
der platonischen Mystik in das christliche Glauben und Denken
der Ostkirche eingegangen, wie durch Augustinus in das
der Westkirche." So dürfen wir denn auch das Erscheinen dieser
Auswahl aus den Schriften des Nysseners in polnischer
Sprache freudig begrüßen. - Der Schriftleitung gehören an die
Pfarrer M. Michalski, W. Myszor und E. Stanula, ferner Frau
A. Slonczyriska und St. Kalinkowski.

In der Einleitung (S. 6-26) schildert E. Stanula Leben und
Werk Gregors, sodann die Häuptgcbietc und die Bedeutung
seiner theologischen Arbeit. Zuletzt charakterisiert er die einzelnen
Stücke der vorliegenden Auswahl. - Es folgen - von
W. Kania übersetzt - Gregors Zwiegespräch mit seiner
Schwester Makrina über die Seele und die Auferstehung, die
Grabreden für Bischof Melctius von Antiochien, die Prinzessin
Pulcheria und die Kaiserin Placilla sowie eine Rede zum Jahrestag
des Todes von Basilius dem Großen und Gregors „Große
Katechese". - Die ausführliche Einleitung bringt - besonders
auf S. 20 f. - Anführungen aus Gregors Schriften, die sich in
diesem Umfang erübrigt hätten, da sie ja im Hauptteil des
Buches zu finden sind. Stanula verweist in seiner Einführung
auf Arbeiten über die Kirchenväter von H. v. Campenhausen,
A. Hamman und besonders J. Quasten. Auch E. Gilsons Gc
schichte der christlichen Philosophie (polnische Ausgabe: 1962)
zieht er heran. - Im eigentlichen Texttcil werden in erklärenden
Fußnoten auch eine Reihe polnischer Erforscher der Philo
sophie wie der Kirchen- und Vätergeschichte angeführt. - Erfreulich
sind die reichlichen Hinweise auf Bibclstellcn wie auch
auf Aussprüche anderer Väter und Philosophen. Es ist dies ein
Vorzug gegenüber der Migneschen Ausgabe, wo für den
„Dialog mit Makrina" biblische Quellen fehlen. Auch in der
„Bibliothek der Kirchenväter" aus dem Verlag von Kösel &
Pustet fehlen manche biblischen Hinweise, die in der polnischen
Auswahl vermerkt sind. Diese kann freilich auch noch durch
weitere Schriftstellen ergänzt werden.

Stellenweise wünschte man sich die Übersetzung noch wörtlicher
, z. B. auf S. 95 Mitte (am Anfang der Grabrede für Pulcheria
) : „weise Ärzte" (statt: „gute"), ein „eisernes Herz"
statt: ein „hartes". Die „uns im Gedächtnis quälenden Schmerzen
" des Urtextes sind eindrücklicher als „proprzednic
przykrosci" (= „frühere Unannehmlichkeiten"). - Auf S. 113,
Z.4 wäre wohl hinter „Jego" ein betontes „my" (im griechischen
Urtext: „kai hemeis") einzufügen. Ist „diatithenta" durch das
Praesens „wyznacza" zutreffend übersetzt?

Am Anfang der „Großen Katechese" Gregors, S. 128 ist „bios
thes eusebeias" mit „religiöses Leben" etwas zu modern wiedergegeben
. - Der erste Satz der Katechese spricht in der
polnischen Übersetzung von der „Verkündigung der Glaubenswahrheiten
", der Urtext von der „Lehre des zuverlässigen
Wortes" (vgl. Titl,9). Auch im nächsten Satz des polnischen
Textes steht „Wort Gottes" für eine ausführlichere Bezeichnung
des Urtextes. Auf S. 5 spricht die Übersetzung von „verschiede
nen Ansichten der Hörer", der Urtext aber von „Unterschieden
der Kulte" (oder „der gottesdienstlichen Bräuche"). Auch der
folgende polnische Satz gibt den Urtext verkürzt wieder. Auf
S. 129 - zu Beginn eines neuen Abschnitts - hat der Übersetzer
ebenfalls den Urtext gekürzt. Auf S. 130, zu Beginn des 1. Ab
Schnitts der eigentlichen „katechetischen Rede" werden „diejenigen
, die außerhalb des bei uns - ergänze: gültigen - Dogmas
stehen", bezeichnet als die, „die unsere Weltanschauung
verwerfen". - Zu Kap. 11 (2. Hälfte): Von „historisch bezeugten
" Wundern spricht der Urtext wohl nicht, sondern von solchen
, die berichtet oder auch erfahren wurden. - Zu Kap. 32,
2. Abschnitt: „poueza" = »belehrt" reicht als Übersetzung nicht
hin für das „mystagogei" des Urtextes. - Zu Kap. 37, S. 178
Mitte heißt es nach dem griechischen Urtext nicht: „das Brot
war potentiell Leib und wurde geheiligt durch die Einwohnung
des Wortes", sondern: „jener Leib war durch die Kraft Brot.
Es wurde aber geheiligt durch die Einwohnung des Logos, der
im Fleische zeltete". Hier wäre auf Joh 1,14 zu verweisen. -
In Kap. 38 (S. 179) erinnert Gregor an „andere Arbeiten" seiner
Feder. Hier wünscht sich der Leser einen Hinweis auf die fraglichen
Schriften, wie ihn z. B. Joseph Bärbel in seiner Übersetzung
und Auslegung der großen Katechctischcn Rede
Gregors (Stuttgart 1971) auf S. 209 gibt. Ähnliche Hinweise
wären auch im Abschnitt 39 erwünscht, wo nach neuerer Forschung
Sonderichren eines Eunomius, der Anhomäcr und des
Paulus von Samosata angedeutet werden.

Auf den letzten Seiten der polnischen Auswahl aus den
Schriften Gregors von Nyssa finden sich Verzeichnisse der Bibel
stellen, der Personen-, Orts- und Ländernamen sowie das besonders
wertvolle Verzeichnis theologischer und philosophischer
Begriffe. Es folgen Übersichten über die wichtigeren Ausgaben
der Werke Gregors sowie über polnische Arbeiten, die
sich mit Gregor von Nyssa befassen. Leser nichtpolnischcr
Arbeiten über ihn werden auf das oben genannte Werk von
J. Bärbel und die darin gebotene Schrifttums-Übersicht verwiesen
. Den Beschluß bildet eine französische Übersetzung des
kurzen Vorwortes, mit dem die Schriftleitung den polnischen
Lesern dieses Buch, seinen Inhalt, seine Verfasser bzw. Übersetzer
auf S. 4 vorgestellt hatte.

Einige kritische Anmerkungen in dieser Besprechung sollen
die hohe Achtung und Anerkennung nicht verdrängen, die dem
hier vorgestellten Werk, bzw. seinen gelehrten und fleißige"
Autoren gebührt.

Lüneburg Arnold Starke

Bori, Pier Ccsarc: Chiesa primitiva. La imagine dclla comu-
nitä dellc origini - Atti 2,42-47; 4,32-37 - nella storia della
chiesa antica. Brescia: Paidcia Edilrice 1974, 307 S. 8" *j
Testi e ricerchc di Scienze religiöse, 10. kart. Lire 5.000-.

Von der Tatsache ausgehend, daß die der Untersuchung zugrunde
gelegten Texte der Apostelgeschichte in KrisensitUA"
tionen - Mittelalter, Reformation, nachkonziliare Stimmung
... - mit einer gewissen Konstanz als Rekurs galten, die
ekklesiologischc Gegenwart zu klären, macht sich der Vf. zur
Aufgabe, die Wirkungs und Auslegungsgcsthichtc genannter
Texte in der gesamtpatristischen Konstellation zu untersuchen.
Die Studie gliedert sich in zwei Teile auf: die Untersuchung
und Auswertung patristischcr Exegese und Interpretation und
die Dokumentation - jeweils im Urtext -, die der Untersuchung
zugrunde lag (S. 209-287). Mehrere Indiccs (S. 289
bis 307) machen die Studie zu einer brauchbaren Arbcitsgrund-
lage.