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Ausgabe:

1978

Spalte:

419-421

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Brandenburger, Egon

Titel/Untertitel:

Himmelfahrt Moses 1978

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 6

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drei Quellen, auch durch einen Vergleich mit denen Rabbi
Meir's, zeigt Siegel, daß sie eine alte Tradition repräsentieren,
nicht nur, was Text- und Schreibtechnik betrifft, sondern auch
theologisch-exegetisch, so wie es aus alter palästinensischer
Midrasj-Tradition hervorgeht.

Ein Vergleich der Orthographie in diesen Textvarianten mit
der des Jesaja-Ms. aus Qumran (IQIsa) zeigt nach Siegel
einen schrift- und textmäßigen Zusammenhang zwischen den
beiden. Besondere Aufmerksamkeit widmet er der Anwendung
der Finalbuchstaben, die in den Qumran-Mss. beim ersten Anblick
verwirrend zufällig aussehen. Siegel lehnt dabei die
These Malachi (in The Scribal Character of the Dead Sea
Scrolls, 1958, Bd. 2, S. 631 f.) ab, daß initiales-mediales mem
in einsilbigen Wörtern als Schlußbuchstabe verwendet werde,
weil das Wort sich syntaktisch an das folgende Wort anschließe.
Zwar muß Martin gestchen, daß seine Erklärung nicht für alle
Fälle zutreffe und vielleicht auch nicht ausreichend sei. Siegel
dagegen observiert eine systematische Verwendung der zwei
Formen des mem. In der Regel wird das Initial-mem am Schluß
geschrieben, wenn das einsilbige Wort ohne Präfix, das Final-
mem dagegen, wenn es mit Präfix steht. Wenn dieses System
nichl restlos durchgeführt ist und wenn die anderen Finalbuchstaben
nicht völlig entwickelt sind, hängt es nach Siegel damit
zusammen, daß es zur Zeit der Qumranschriften noch keine
halacha für die Anwendung der Finalbuchstaben gab; diese
wurde erst nach dem Bar Kochba-Kriegc in den 130'ern ausgearbeitet
. Was die Qumranschriften angeht, will Siegel daher
nicht von einer Regel ('rule') sprechen, sondern von einer
orthographischen Gewohnheit ('Convention').

Diese Analyse erhält nun auch Bedeutung für den überliefer
ten masoretischen Text, indem sie die Ansicht Orlinskys (in
Suppl. to VT 7, 1959 S. 184 ff.) bestätigt daß die Qerc-Les-
arten nicht - jedenfalls nicht nur - ein Wunsch der Masoreten
seien, den Konsonantentext zu korrigieren, sondern verschiedene
Lesarten in den Mss., die von den Masoreten verwendet
wurden, repräsentieren. Überzeugend demonstriert Siegel dieses
an Jes 9.6 und Neh 2.13, wo das Initial- und Final-mem in
der masoretischen Überlieferung unregelmäßig verwendet wird.
Dies zeigt in der Textüberlieferung eine traditionsmäßige Verbindung
rückwärts zu der orthographischen Lage der Qumranschriften
.

Das Buch enthält viele Druckfehler und Ungenauigkeiten.
Die Abbildung der lQIsa Rolle am Anfang des Buches ist auf
den Kopf gestellt. Trotzdem aber ist Siegels Buch eine wertvolle
Studie.

Kopenhagen Svend Holm-Nielsen

JUDAICA

Kümmel, Werner Georg: Jüdische Schriften aus hellenistischrömischer
Zeit, hrsg. in Zusammenarb. m. C. Habicht, O. Kaiser
, O. Plöger u. J. Schreiner. Bd. I: Historische und legendarische
Erzählungen, Lfg. 2: Walter, N.: Fragmente jüdisch
hellenistischer Historiker, S. 89-163. Kart. DM 36,-. Lfg. 3:
Habicht, C: 2. Makkabäerbuch, S. 164-285. Kart. DM 54,-.
Bd. V: Apokalypsen, Lfg. 2: Brandenburger, E.: Himmelfahrt
Moses; Müller, U. B.: Die griechische Esra-Apokalypse ;
Klijn, A. F. J.: Die syrische Baruch-Apokalypse, S. 56-191.
Kart. DM 60,-. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd
Mohn 1976, gr. 8°.

Es ist sehr zu begrüßen, daß in JSHRZ1 auch die Fragmente
jüdisch-hellenistischen Schrifttums vorgeführt werden, die uns
vor allem über Alexander Polyhistor bei Euseb, praep ev aufbewahrt
sind. Dadurch werden den Benutzern der JSHRZ im
Rahmen des Erhaltenen Gattungen der jüdisch-hellenistischen
Literatur vorgestellt, die das Bild dieses Schrifttums über die
als Apokryphen und Pscudcpigraphcn allgemeiner bekannten
Texte hinaus wesentlich vervollständigen. Mit Ausnahme des

umfänglicher erhaltenen Dramas Exagogc eines Ezekielos werden
die Bruchstücke durch N. Walter behandelt.

In I 2 führt er auf der Grundlage eigener Vorarbeiten die
Fragmente der Geschichtsschreiber Eupolcmos, Thcophilos.
Klcodcmos Malchas, Artapanos, Pseudo-Eupolemos und Pscudo
Hekataios I und II vor, deren Abfassung man überwiegend für
das 2. Jh. v. Chr. ansetzen kann. Die Fragen ihrer speziellen
chronologischen-, literatur- und gcistcsgeschichtlichcn Einordnung
sind für diese besondere, zudem nur bruchstückhafl
zugängliche Literatur erheblich diffizil3; Inhalt und Skopus der
Schriften müssen durch Rückschlüsse aus Text und Tradition
aufgehellt werden. Entsprechend schwierig ist die Kommentierung
der Fragmente, die sich weithin auf die Frühgeschichte
Israels (Abraham, Mose) beziehen. Sie zeigen unter anderem,
welche z.T. recht besonderen Wege die jüdisch-hellenistischen
Autoren anfangs gingen, um die Geschichte des eigenen Volkes
in den Rahmen der hellenistischen Historiographie einzufügen.

In der Einleitung von I 3 erörtert C. Habicht ziemlich ein
gehend, auch in der Auseinandersetzung mit anderen Auflas
sungen, die Fragen um Entstehung, Quellen, zeitgeschichtlichen
Hintergrund, theologic- und litcraturgeschichtlichen Ort und
den Text4 des 2 Makk (167-194). In diesem Rahmen ergibt sich
weithin auch eine Rekonstruktion der Ereignisse. Nach H. gehören
den zugrunde liegenden 5 Büchern des Jason von Kyrene
nicht an 1,1-2,32; 3,24f.27f.30; 4,17; 5,17-20; 6,12-17; 7;
9,18-27; 15,37-39 (eventuell auch 12,43-45; 14,37-46, doch s.
H. 176). Der Auszug aus Jasons Werk (s. 2 Makk 2,23-31) entstand
124 v. Chr.1'. Er wurde später umgestaltet, woraus sich
bestimmte Unebenheiten erklären (175; eingefügt wurden damals
jedenfalls 1,10-2,18; 7). Jason selbst schrieb zwischen 161
und 152 v. Chr. (175). Der Grundstock seiner Darstellung kann
auf Sclbsterlebtem, Berichten von Augenzeugen und münd
liehen Auskünften beruhen; zugleich können bestimmte schriftliche
Vorlagen verwendet worden sein (177f.). Wohl hat der
Epitomator Jasons Werk stark gekürzt; das Übernommene
aber hat erheblichen Quellenwert (zumal, wenn auch keineswegs
nur, für die Vorgeschichte des Konflikts mit Antiochos IV.
[168]). Das gilt trotz der Zugehörigkeit des Opus Jasons zur
sog. pathetischen, „auf große Effekte abgestellten" Geschichtsschreibung
(189)1'. Zu dem weithin umfänglichen Kommentar
H.s sei hier nur noch gesagt, daß sich auch in ihm vielfältig
zeigt, wie der Vf. in der Geschichte der Seleukiden und ihrer
Zeit zu Hause ist.

E. Brandenburger prüft im Zusammenhang der Einleitungsfragen
(59-66) unter anderem die altkirchlichen Überlieferungen
über Moseschriften, die mit AssMos zu tun haben
(können), äußert sich zu literarkritischen Umstellungen bestimmter
Partien der Schrift oder deren Verteilung auf aus-
cinanderliegende Zeiten und erhellt demgegenüber den Aufbau
der Apokalypse in der vorliegenden Gestalt. Theologisch
bestimmend ist in AssMos der Bundesgedanke im deutcrono-
mistischen Aspekt. Der Bundesmittler Mose tritt als apokalyp
tischer Prophet auf. Die Schrift ist keiner der bekannten Gruppen
der Entstehungszeit (kurz nach 6 p. Chr.) zuzuordnen. Der
z.T. schlechte Zustand der einzigen Handschrift der nur lateinisch
erhaltenen AssMos macht zahlreiche Anmerkungen zur
Textgestalt nötig, die andeutende Sprache der fingierten Zukunftsschau
mannigfache Sacherläuterungen (68-81).

In ApkEsr (gr) ist eine jüdische Grundschrift mehrfach
christlich überarbeitet; abgesehen von einzelnen Glossen gehören
der Überarbeitung nach U. Müller hauptsächlich 4,5-5,5;
3,11-15 an. Hauptgegenstand der jüdischen Schrift ist die
Theodizeefrage, entsprechend dem Thema von 4 Esr, dessen
Autor ebenfalls mit Gott wegen des Geschicks der Sünder
rechtet (Einleitung: 87-90). Im Apparat kann M. bereits Lcs
arten aus einer noch nicht edierten Handschrift Paris gr. 399
anführen, die ihm O. Wahl zur Verfügung stellte (bisher war
nur ein Ms. Paris gr. 929 bekannt). Im übrigen bietet der
Kommentar (91-100) hilfreiche Sachhinwcisc.

Die Einleitung zu syrBar (107-119) widmet Klijn vor allem
den Fragen des Textes und seiner Überlieferung, der Quellen
und der Herkunft der Schrift sowie ihrer Theologic. Seiner
Übersetzung liegt die Ausgabe von M. Kniosko (1907) bzw.