Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1978

Spalte:

418-419

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Siegel, Jonathan P.

Titel/Untertitel:

The Severus Scroll and 1QIsa 1978

Rezensent:

Holm-Nielsen, Svend

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

417

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 6

418

überraschen, daö wir modernen Abendländer auf Differenzen durch, daß L. obendrein vermutet, daß die Umschreibung
stoßen, wenn wir die alttestamcnllichcn Anfänge einer Chrono- dieses Kanons in das Ctuadratschriftsystem bei der gleichen
logic in unser absolutes Zeitsystem, vom Jahr 0 aus gerechnet, Gelegenheit vorgenommen worden sei. Und da liegt vollends
einzugliedern versuchen. Zwar soll diese Feststellung chronolo- der eigentliche Widerspruch. Die samaritanischc Gemeinde hat
gischen Bemühung«!) nicht widerraten; doch wir müssen mit den Kanon des Pcntateuch (!) ja gerade in einem älteren
Mißverhältnissen rechnen. Diese müssen motivierbar sein. Duktus als dem der Quadratschrift überliefert. Gleichgültig,

L. stellt jedoch hinter diesen Mißhclligkciten eine Methode wann man im einzelnen das Schisma der Gemeinde von
fest und ist darum bemüht, dieses uns nicht durchschaubare Samaria auch ansetzen mag; es am Ende des 3. oder am An-
»Secret System" im Anschluß an Knut Stcnring zu entdecken. fang des 2. vorchristlichen Jahrhunderts anzunehmen, wie es
Er geht von der Ansicht aus, daß eine Sammlung von 12 nun nötig wird, dürfte schon deshalb nicht geraten erscheinen,
Büchern des alttcslamentlichcn Kanons: der Pentateuch, das da dem 12-Büchcr-Kanon das Chronistische Geschichtswerk an-
Dcuteronomistische Geschichtswerk, das Chronistische Gc- gehören soll, das eine deutlich antisamaritanische Tendenz
schichtswerk und zwei Prophetenbücher (1-5: Gen - Deut; erkennen läßt, also das Schisma bereits voraussetzt.
<>: Jos; 7: Jud; 8: l+2Sam; 9: l+2Kön; 10: l+2Chron, Wie sich zeigt, trägt der Vf. eine Fülle von Motivationen für
einschließlich Esr 1,1-3,7; 11: Jer; 12: Ez) eine umfassende seine bzw. für K. Stenrings These zusammen, um gewisser-
Rcdaktion erfahren haben. Der Redaktor oder Chronologe hat maßen einen Indizienbeweis zu führen, der indessen den hislo
die Überlieferung nach einem festen zeitlichen Schema über- rischen Anfragen schwerlich standzuhalten vermag. Er ist überarbeitet
und wird neben den Pcntateuchquellcn von J, E, D dies in seinen Einzelheiten alles andere als zwingend. Am
und P nunmehr „C" genannt. Er hat ungefähr in der Zeit zwi- stärksten belastet dieses Buch die sonderbare Kanon-Vorstel-
schen 230-235 (!) v.Chr. (S. 3) in der hellenistischen Gemeinde King des Autors. Wenn dieses Buch auch eine Reihe von be-
von Alexandria gewirkt, bei seinen chronologischen Ambitionen merkenswerten und scharfsinnigen Beobachtungen vermittelt,
allerdings drei verschiedene Jahresrechnungen nebeneinander so kann die hier vorgetragene Ansicht von der Tätigkeit eines
verwendet, wie bereits K. Stcnring angenommen hatte: das Redaktors C kaum überzeugen. In der Interpretation der alt-
Mondjahr mit 354 Tagen, das ägyptische Sonnenjahr mit 365 testamentlichen Chronologie werden wir wohl weiterhin mit
Tagen und das »Standard ycar", das Sonnenjahr mit der Ein- Unsicherheiten rechnen müssen, die wir kaum beheben kön-
schaltung je eines Tages in jedem vierten Jahr, den juliani- nen, welche aber einfach aus dem völlig anderen Verständnis
sehen Kalender also! Besagter Kalender sei übrigens im Jahr von geschichtlicher Kontinuität und umfassenden zeitlichen
238 v.Chr. in Ägypten eingeführt worden. Damit fallen die Rahmen herrühren. Und hier liegt der eigentliche methodische
Bemühungen von C eben in das Jahrhundert, in dem sowohl Fehler von K. Stcnring und G. Larsson.

der babylonische Priester Berossos als auch der ägyptische _ u, ...

Manctho jeweils eine Geschichte ihres Landes vertagen, ja Halle (Saale) Cuhaid Wallis

sogar ihr Unternehmen in ein absolutes chronologisches
System einpaßten, ungefähr auch in den Zeitraum, in dem das
Buch der Jubiläen entstand, das den gesamten Weltverlauf in

Jobeljahr-Abschnitte aufzugliedern versuchte. Um 240 v.Chr. Siegel, Jonathan Paul: The Severus Scroll and lQIs". Missoula,
hat auch der hellenistische Gelehrte Eratosthenes eine Chrono- Montana: Scholars Press for Society of Biblical Literature
logie vom Fall Trojas bis zu seiner Gegenwart zusammenge- and International Organization for Masoretic Studies 11975).
l'-agen. Es ist die Zeit der allgemeinen Bestandsaufnahme gc- XIV, 108 S., 2 Taf. 8° m Society of Biblical Literature,
Schichtlicher Vorgänge unter dem Vorzeichen der neupythago- Masoretic Studies, ed. by H. M. Orlmsky, 2.
fischen Wertschätzung der Zahl Dies also s,teht***** c dgs Gcsetz der Juden sjch unto ^

Redaktion der genannten 12 Bucher des alttestamenthchen bcfundcn ^ die im Jahre 7Q in Jcrusalcm

d"ons- . ■ von Titus erbeutet und nach Rom gebracht wurden. Während

Bei der Erhellung dieses chronologischen Systems geh dci ^ ^ ^ ^ (jm Jahre ?5 ym

Autor nun jedoch nicht heuristisch vor indem er den bib sen- y ^ cingewdht) aufbcwahrt wurde, blieb die Torarolle
exegetischen Befund im Zusammenhang «4t den auncr- kaiscrlichcn Pa,ast. Joscphus crzahlt abcr auch< da5 ihm

biblischen Gcschichtsdarstellungen und archäologischen IbigcD ^ Jerugalem heilige B{khei m haUcn< und

"'•ssen zu erheben und zu deuten bzw. miteinander in Emklang wahmheinlid, ^ Joscphus in Rom wegen Beiner ßekannt-
bringen versucht, sondern er bemuht sich daium, je ^ Vespaslan Zutritt zu der crbeulclen Torarolle ge-

.Becret System" nachzuweisen, das dem Ueaiou ci a ^ Jonathan sicgd ist sogar dcr Mcinung (s 53)< da§ dic
schwebt hat Dabei spielten Perioden von 40 Janrea Josephus. eigener Bibliothek einverleibt worden seien.

Tagen, sowie 70 Jahre und dergleichen, wie bcsondcic Wocncn- ^ Auskünfte des Josephus vergleicht Siegel mit der

tage oder Jahreszeiten eine hervorragende Roue. uie ayii Erkundigung des französisch-jüdischen Exegeten aus dem
"'sation der verschiedenen Kalender muß !°9,stl,"'WU^elften Jahrhundert, Moses ha-Darsjan. In seinem Midrasj
der Zeit des Bearbeiters C ausgehend (235-230 vamt.)ßeresjit Rabbati hat er 32 Lesarten angeführt, die von der

aet werden. Da diese in die Ptolcmacrzcit hinein a u ■ . masoretischen Tcxtüberliefcrung abweichen. Er gibt dabei an,

«klärbar, daß dieses Secret System sich in dem gesa me ^ ^ yarianten aus cinem ßuch des Gesetzes stammen,

«en Ptolcmäern beherrschten Bereich durchgesetzt am. ^ ^ ^ Eroberung Jcrusaicms in Rom in der kenisjta des

diese diffizilen Rcchencxcmpcl vorfuhren zu können y Severus deponiert wurde. Wer dieser Severus ist, ist nicht bc-
»Utor als Ergebnis eine Reihe von Einzcltabellen yicr Mögljchkeiten die vom 2. bjs zum

'Wei gesonderte Appcndices (S. 91-119) vor. ^ 8 Jh reichen_ wie cs sich nun auch darait verhält, scheint es

Abgesehen davon, daß der Vf. bei der v^rw?* g dcs c,ewi5 zu sein, daß eine vormasoretischc Torarolle aus Palästina

Quellen auch Ungenauigkeiten und bei der Bear 9 ^ ^ Ro|n aufbcwahrt worden ist. Die Liste seiner Tcxtväriantcn

Materials Freiheiten zugestehen muß, rechnet er m ist jQ zwei anderen Ausgaben bekannt: in der Einleitung zur

«er geschichtlichen Überlieferung keineswegs zu Oes«^»^ Farhi.Bibel aus dem 14. und in einem Ms. aus dem 15. Jh., das

«hl und Ausdehnung von Mitregentschaften. Als 18g7 m Paris von Adoiph Neubauer entdeckt wurde. Diese

empfindet der Vf. selbst die Tatsache der sam'""'lldnlS™ lcm bcidcn Mss. gehören zu sephardischen Kreisen, und Siegel

'«emde. Sie hatte ja von der jüdischen Gemeinde rn J ^ argumentiert, daß sie karaitischen Ursprungs seien. Das hohe

den Kanon des Pentateuch übernommen, und zw AIter dcr Listc wird dadurch bestätigt, daß drei von den

Form- die damals schon kanonischen CharaKtci g _ yf Variantcn dieselben sind, dic in der rabbinischen Literatur in

»Hifj. Die Priorität des masoretischen Kanons "c. « . des Rabbi Meir<s (palästinensischer Gelehrter des 2. Jhs., Schüler

«»Ch dadurch, daß er dic Abweichungen in der c. r« Rabbj Aquiba's) Bibelhandschriften als Varianten angegeben
Wmaritanu« wie übrigens auch der Scptuag ^ { ^ cjnc s01.gfaltj Analyse dcr Varianten nach allen

vom enteren beurteilt. Belastet wird das Pioblcm noen