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Ausgabe:

1978

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

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Neuerscheinungen

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Krikkc, S.: Vcranderd Lebensbesef en Liturgie. Ken ver-
kenning van Godsdienstwijsgerige en Liturgische aspecten
der randkerkelijkheid. Assen/Amsterdam: van Gorcum 1976.
VI, 101 S. gr. 8° = Philosophia Religionis, red. R Bakker
en H. G. Hubbeling, XVIII. hfl. 29,50.

Vf. unternimmt «'s, den Ursachen der massenhaften Unkirch-
lichkeit in den Niederlanden und weithin in Europa im 20. Jh.
auf die Spur zu kommen; iri sozialen Faktoren kann er sie nicht
entscheidend begründet sehen. Er fragt weiter, inwieweit man
jenen Ursachen im Bereich des Gottesdienstes bisher Rechnung
getragen hat, kennzeichne! die Ausgangspunkte für eine zeitgemäße
Gottesdiensterneuerung und skizziert diese in ihren
Ilaupizügen. Ganz bewußt charakterisiert Vf. seine Studie als
„Verkenning" (Erkundung), vergleichbar einem „Aufklärungsflug
". Ein solcher „bietet /.war einen guten Überblick über die
Straften, die Knotenpunkte, die Städte und die Ballungsgebiete
einer bestimmten Gegend, es ist aber unmöglich, alle Einzelheiten
genau zu beobachten" I7(ij. Nur im Bereich des Kirchlich
-Liturgischen wurden die wichtigsten Punkte von ihm genau
untersucht. Die radikale Kritik, die sich hier für den Vf. ergibt,
zwingt schon nm der Bescheidenheit willen /.um Aufhorchen,
mit, der er von seinem Buch sagt: .,11öffentlich auch macht
diese Studie keinen hochmütigen, allzu anspruchsvollen Eindruck
. Im Gegenteil: ich möchte gerade das allzu Anspruchsvolle
und Selbstsichere ablehnen, eine Ablehnung, die mit dem
Bewußtsein der Relativität aller Dinge zusammenhängt, zu
der auch mein Bild des Christ-Seins, das von der .Bundkirrh-
lichkeir geprägt ist, gehört" (176). Für ihn beinhaltet dieser
seine Untersuchung bestimmende Ausgangsbegriff „Randkirch-
Lichkeit" zweierlei: einerseits solche „Christen", für die Kirchenzugehörigkeit
/u etwas rein Äußerlichem geworden ist und
keinerlei Beziehung zum Gottesdienst mehr besteht, andererseits
Menschen, die sich von der Kirche zwar angezogen fühlen,
aber ihr noch nicht beitreten wollen, wobei gerade der traditionelle
Gottesdienst zur Hemmung werden kann. In einein kurzen
Überblick über mögliche Ursachen der Randkirchlichkeil
sieht er die entscheidende in einer „Veränderung im Lebensbewußtsein
, einer Veränderung, die weilgehende Konsequenzen
für das religiöse Leben hat" (5).

Teil I untersucht diesen „Wandel im Lebensbewußtsein" anhand
von Gegebenheiten der kirchlichen Praxis und in Auswertung
einschlägiger Literatur; zwei Werke erseheinen dabei
in erstrangiger Bedeutung: W. Weischedel, Der doli der Philosophen
: Grundlegung einer philosophischen Theologie im Zeit-
alter des Nihilismus. '2. Bd. (1972), und (i. Waldmann, Christliches
Glauben und christliche Glaubenslosigkeit: Philosophische
I ntersuchungen zum Phänomen des christlichen Glaubensvorgangs
und zu seiner Bedeutung für die Situation der Gegenwart
(1968). Unter „Lebensbewußtsein' versteht Vf. Erfahrungsinhalte
unserer Existenz, soweit sie uns mehr oder weniger
bewußt geworden sind, wir darüber nachgedacht und uns (•inen
Begriff, eine Vorstellung davon gebildet haben (vgl. 1,1.). Nach
einer kurzen Besinnung auf die im folgenden angewandte Methode
(1,2.) wird der Wandel Im Lebensbewußtsein hinsichtlich
Christentum und Religion herausgearbeitet. Es ergeben sich
dafür folgende Symptome (1,3—11): religiöse' Zweifel, Entsakra-
lisierung, das Kraftloswerden jedes Absolutheitsanspruchs, die
endgültige Unergründlichkeit von Existenz und Geschichte,
christliche Glaubenslosigkeit, der Schwund des mythischen Bewußtseins
, eigenmächtige Regulierung des eigenen Lehens. Akzentverschiebung
bei der Suche nach dem Heil, und zwar vom
Individuellen zur Gemeinschaft, existentielle Angst.

Teil II stellt „Heutige Liturgie und verändertes Lebensbe-
wußt&ein" einander gegenüber, indem in acht Abschnitten folgende
Liturgiehereiche untersucht werden: Agende für die Niederländische
Reformierte Kirche (Entwurf von 1955), Beitrag
zum reformierten Gottesdienst (1952), Kaderbuch des Niederländischen
Protestantenbundes (1963 und 19G5), Gesangbuch
für die Kirchen (197.1), Gebclszcitenbuch des Freisinnigen
christlichen Studenlenhundes (i960 und I96.'i), die Prof. Dr.
G. van der Leeuw-Gesellsdiaft in ihren mancherlei Studien und
Experimenten zur Liturgieerneuerung, die liturgische Beform

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in der Römisch-katholischen Kirche und schließlich.......h einige

Experimente und Ansichten". Im Ergebnis meint Vf. hei den

Kirchen und den zu ihnen gehörenden Gruppen kaum ein Eingehen
auf das verwandelte Lebensbewußtsein der (legen w all
feststellen zu können. Von grundsätzlichen Wandlungen in der
Liturgie könne auch hei nicht den Kirchen oder nur zum Teil
ihnen verbundenen Gruppen nur in sehr wenigen hallen gesprochen
werden. Dagegen erkennt er dem Verein „De Vrije
Gemeenle" (Die Freireligiöse Gemeinde, gegr. 1877) in seinem
Gedankengui wie in praktischen Bestrebungen eine wachsende
Bedeutung ZU. ../.war ist es geboten, diese Ideen nicht in der

Praxis anzuwenden, ohne die Kirchen daran zu beteiligen: man
muß, indem man von einem legitimen Pluralismus ausgeht,
auch eine Stelle für diese Ideen in den heutigen Kirchen beanspruchen
" (177). Diese Forderung kann freilich nur dein verständlich
werden, der mit dem f. im „Untergang eines orthodoxen
christlichen Glaubens" nicht auch den „Untergang der
gießen humanen Werte' erwartet, die mit dein Namen Christus
verbunden seien. „Ks scheint mir die Aufgabe der christlichen

Kirche zu sein, in ihrer Theologie und in ihrer Liturgie 'als
Formgebung dieser Theologie) diese Werte zu beleuchten und
weiterzureichen" (174).

Diese Aufgabe in ihren Grundzügen zu umreißen, setzt sieh
Teil III „Wandel im Lebensbewußtsein und Liturgieerneuerung"
zum Ziel. Im l. Abschnitt werden in Anwendung des dargestellten
Wandels der Mensch, das Mysterium, Christus, die Gemeinschaft
der Gruppe als Ausgangspunkte für einen erneuerten
Gottesdienst behandelt, und es wird auf den „Anschluß bei
einer Erneuerung an das Vorhandene" eingegangen. Der 2. Abschnitt
skizzieri die wichtigsten Ziele der angestrebten Erneuerung
hinsichtlich der Gemeinschaft der Gruppe, der Atmosphäre
des Kirchenraums und der Gruppe, des Baums der Zusammenkunft
,, des Volums (= Eingangswort), des Gebetes, des Gesanges
, des Credo, der Beichte und Absolution, der Sakramente
und der Predigt.

Einem kurzen Schluß und einer entsprechenden Zusammenfassung
folgen ein Personenregister und 11 Seilen Anmerkungen
, die eine umfassende Kenntnis internationaler Literatur
v erraten. —

Diese lieldringcmlc Studie vermittelt hilfreiche Erkenntnisse
für die bei jeder liturgischen Erneuerung heule gestellten Aufgaben
auch tür den, der wie der Bez.. nicht in der Situation
(im weitesten wie im tiefsten Sinn) den ausschlaggebenden
Faktor sehen kann, wo es doch um christlichen Gottesdienst
im Sinn der Verheißung .Vit 18,20 gehl.

GratftwaM William Nagel

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