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Ausgabe:

1978

Spalte:

306-307

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Hopfenbeck, Albert

Titel/Untertitel:

Privilegium Petrinum 1978

Rezensent:

Schott, Erdmann

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 197S Xr. 4

300

Denkschrift „Versammelte Gemeinde. Struktur und Elemente
des Gottesdienstes. Zur Reform des Gottesdienstes
und der Agende". Dieses liturgiedidaktisch gedachte
Grundsatzpapier möchte der Erstarrung wie der Auflösung
der traditionellen Liturgie abhelfen und Hilfe zu
einer „lebendigen", d. h. sach- und situationsgerechten
Liturgie sein. Wenn sein Echo bisher zurückhaltend, ja
kritisch ist, liegt das wohl hauptsächlich an der unzureichenden
Verarbeitung gegenwärtiger humanwissenschaftlicher
Erkenntnisse über kirchliches und gottesdienstliches
Verhalten. Hier werden nun drei unterschiedliche Voten,
zwei aus den lutherischen Kirchen der BRD und Skandinaviens
und ein römisch-katholisches, abgedruckt. Bei
aller Kritik wird doch (). Jordahn viel Posit ivem im „Strukturpapier
"" gerecht. Um so ernstlicher sollte bei ihm der
Satz gehört werden: „Hier (sc. in dem „Versuch, Auseinanderstrebendes
zusammenzuführen") droht jede konfessionelle
Profilierung, die ja nicht nur Enge bedeuten muß,
sondern gerade als ökumenischer Reichtum erfahren werden
kann, in einen panchristlichen Einheitsbrei eingeebnet
zu werden" (136). Nicht minder richtig und wichtig seine
Schlußsätze: „Im übrigen kann nur eine systematische
kontinuierliche Erziehung der Pastoren und Gemeinden in
liturgischer Theorie und Praxis die Fähigkeit zu sinnvoller
Strukturierung des Gottesdienstes wachsen lassen. Nur so
wird die an sich wünschenswerte Variabilität vor dem alle
Gemeinsamkeit sprengenden Wildwuchs wie vor einem
aus Faulheit oder Unfähigkeit alle guten Ansätze erstik-
kenden protestantischen Minimalismus bewahrt" (140).
Der Katholik J.Bergsma wertet das „Strukturpapier" als
„klärende Antwort auf entscheidende liturgische Fragen"
und „Einladung zu weiteren Gesprächen, aber auch zu gemeinsamem
Gebet und Gottesdienst"' (1-14). Zu dem durch
die „Wiederentdeckung der Agape" gegebenen Gesamt Problem
äußert sichH.Riehm. Derselbe Vf. behandelt im Rahmen
eines Literaturberichtes,.Römisch-katholische Liturgie
und Kirchenlied im deutschsprachigen Raum". Rückwirkendkann
diese Studie auch evangelischen Lesern zu
einer Xeubesinnung auf die Liturgiefähigkeit und demge-
mäßc Nutzung des Kirchenliedes veranlassen. Unter der
Überschrift „Gefährdeter Sonntag" befaßt sich F. Schulz
mit der seit dem 1.1.76 auch in der BRD wirksam gewordenen
Verlegung des Wochenbeginns auf den Moni ag.

Im hymnologischen Teil weist der Ungar Jenö Sölyom
anhand einer umfassenden Bestandsaufnahme von Varianten
der letzten Zeile des Liedes „Ein feste Burg" nach,
daß auch sie die gegenwärtige Gottesherrschaft verkündet
und damit dem Bekenntnis der eisten St rophe entspricht.
In dem Artikel „Nochmals: Das älteste siebenbürgisch-
deutsche Gesangbuch" führt K.Reinerth seine in Bd. 17
des Jahrbuchs enthaltene Untersuchung zu dieser Frage
weiter, während A. Kadelbach „Daserste Schwenckfelder
Gesangbuch, Germantown 1762, und seine Entstehung"'
vorstellt. Welche Probleme Textänderungen an alten Liedern
aufwerfen, zeigt W. I. Sauer-Geppert am Beispiel von
„Nun bitten wir den heiligen Geist" in der Fassung des
katholischen Einheitsgesangbuchs „Gotteslob", mit dem
unter der Überschrift „Beachtlich und Bedenklich" sich
R.Granz kritisch befal.lt. Dem Andenken des Verlegers
Karl Vötterle widmet M.Jenny seinen Aufsatz ..Die gedruckten
musikalischen Quellen des deutschen Kirchenliedes
". Über „Neudrucke alter Quellen zur Musik" belichtet
K.Ameln.

In den Literaturberichten zur Kiturgik wie zur Uymno-
logie und man wieder alle wichtigen und wesentlichen
Neuerscheinungen zusammengestellt und oft kurz besprochen
finden, Besonders dankenswert erscheint mir diesmal
die Besprechung der seit I 970 erschienenen Lit erat ur zum
TauFgottesdiensl durch 15.Jordahn. Dankbar wird man
auch wiedei' dafür sein, daß Beiträge ausländischer Mitarbeiter
Informationen über den deutschen Sprachraum
hinaus vermitteln.

(iroi1's«iil'l William Nagel

Lausberg, Heinrich: Der Hymnus „Ave maris Stella". Opladen:
Westdeutscher Verlag (1976]. 151 8. gr. 8° = Abhandlgn. der
Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, 61. Lw.
UM 56,—.

Der älteste unmittelbar an die Gottesmutter Maria gerichtete
Hymnus „Ave, maris Stella" ist im 7., spätestens
im 8. Jh. entstanden und seitdem der verbreitetste und
beliebteste der Kirche gewesen. Die Frage, wer ihn gedichtet
hat, wurde oft gestellt, bisher jedoch nie zuverlässig
beantwortet. Neben Venantius Fortunatus ist u. a.
Paulus Diaconus als Dichter genannt worden. Die Zuweisung
an Venantius, wie sie z. B. Ph.Waokernagel (Bd.I,
S.67f.) vert ritt. stützt sich auf eine 1786 in Rom erschienene
Ausgabe der ,Opera omnia', ist aber ebensowenig
beweiskräftig wie die Behauptung, für den Hymnus seien
Ausdrücke aus der Antiphon „Alma redemptoris mater"
von Hermannus Contractus entlehnt.

In der vorliegenden Arbeit wird der Hymnus dem Franken
Ambrosius Autpertus zugewiesen, der seit etwa 740
Mönch des Vinzenz-Klosters im Herzogtum Benevent,
777/778 dessen - bald resignierender - Abt war und 784
gestorben ist. Der Vf. stützt seine Hypothese einerseits
mit einer sehr genauen Untersuchung des Textes und seiner
Form sowie durch die interlineare Interpretation des
Hymnus und durch den Vergleich mit anderen Dichtungen
(darunter auch des Venantius Fortunatus), mit lehramtlichen
und liturgischen Texten. Die größte Übereinstimmung
findet er in Predigten des Autpertus, von denen
allerdings nur fünf von der Quellenkritik (R.Weber OSB,
Turnhout 1975) als echt anerkannt sind.

Andererseits wird die Zuweisung mit Ereignissen aus
dem Leben des Autpertus begründet, der als Mönch und
besonders als Abt in den Konflikt zwischen der .fränkischen
" und der .langobardischen' Partei des Klost ei s geriet
und seine Brüder immer wieder zur „concordia" und
„humilitas" mahnte. Eine Marien-Erscheinung soll ihn
zum Dichter gemacht haben, doch sind keine Gedichte
von ihm sonst nachweisbar.

Trotz des Aufwandes an Fleiß und Gelehrsamkeit bleibt
mithin die Frage offen, ob die festgestellten Übereinstimmungen
nicht damit zu erklären sind, daß Ambrosius Aut -
pertus durch den (älteren) Hymnus zu seinen Predigten
inspiriert worden ist.

Lüdenscheid Konr.td Ameln

KIRCHENRECHT

Hopfenbeck, Albert: Privilegium Petrinum. Eine rechtssprachlichc
und rechtsbegriff'Iichc Untersuchung. St. Ottilien: EOS Verlag
1976. XXXI, 205 S. gr. 8° = Münchener theologische Studien,
hrsg. v. K. Mörsdorf, W. Dürig, (}. Schwaiger. III. Kanonistische
Abt., 35. Kart. DM 44,—.

In der kanonistischen Literatur zur kirchlichen Ehe-
auflösung begegnet seit etwa dreißig Jahren der Ausdruck
Privilegium Petrinum. Er ist gebildet in Analogie zu der
beute allgemein üblichen Bezeichnung des Paulustextes
I Kor 7.Ii' I.") als Privilegium Paulinum, um Fälle kirch-
licher Eheauflösung zu Ol lassen, die durch das Prn Heinum
Paulinum nicht gedeckt sind. H. gliedert seine Studie über
das neue Wort in drei Teile: I. Kirchliche Eheauflösung in
ihrer begrifflichen Erfassung. II. Die Autoren und ihre
„Definitionen" des Privilegium Petrinum. HI. Kritische
Zusammenfassung.

Im Ergebnis erweist sieh der Terminus Privilegium Petrinum
als anbrauchbar, weil er unpassend, mehrdeutig
und irreführend ist (S.201). Man muß sich dabei folgendes
vor Augen halten: Unauflöslich ist nach kanonischem
Recht nur die sakramentale und als solche vollzogene Ehe,
also die vollzogene Ehe zwischen zwei Getauften. Jede
andere Ehe kann von der Kirche unter bestimmten Vor-