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Ausgabe:

1978

Spalte:

303-305

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, 20. Bd. 1978

Rezensent:

Nagel, William

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Theologtahe Litentuneitung 108. Jahrgang 1978 Nr. 4

:sii4

„Wutkomplex" und „Angstkomplex") und gebietet Vorsicht
beider Benutzung den Buches. Dem wissenschaftlich
geschulten Seelsorger stellen bessere Informationsquellen
zur Verfügung.

Rostock Erust-lUuliger KfotOW

LITURGIEWISSENSCHAFT

1.1 In Imk Ii für Liturgik und Hymnologie. 20. Bd. 1976. IIinj:. v.
K. Ameln u. Ch. Mahrenholz. Kassel: Stauda 197(>. XVI, 269 8.
gr. 8°. Hlw. DM 88,—.

Seit 1956 ist das Jahrbuch in seinen nunmehr 20 Hau
den, darunter 2 Doppelbände, durch die umfassenden
Literaturberichte zur Liturgik (jetzt Gesamtredaktion:
A. Völker) und Hymnologie (K.Ameln mit Mitarbeitern),
sowie die zunehmend auch praktisch orientierten Forschungsbeiträge
für den Liturgiewissenschaftler wie den
Hymnologen zur unentbehrlichen Arbeitshilfe geworden.
Der Dank für das hier Geleistete gegenüber allen Beteiligten
, nicht zuletzt auch dem Verlag, der für eine Ausstattimg
auf hohem Niveau sorgt (in Bd.20 w ieder sieben
Faksimilewiedergaben), soll deshalb an erster Stelle stehen
.

Wieder muß ein Nachruf den Band eröff nen : er gilt dem
tschechischen Hymnologen und Mitarbeiter am Jahrbuch
Professor Kami Hlawiezka. Im Liturgik-Teil befaßt sich
zuerst H.Goltzen kenntnisreich mit einem Hauptstück
der durch das II. Vaticanum eingeleiteten Gottesdienst -
erneuerung: „Gratias agere - Das Hochgebet im neuen
Meßbuch". Ks wird gezeigt, wie die von der offiziellen
Kirche eröffnete pneumatische Erneuerung der Liturgie
sehr bald über die Bestimmungen der' Konzilskonstitut ion
von 1063 hinausgeführt hat, und zwar in Richtung der altkirchlichen
Eucharistie als „Entfaltung der Verba testa-
menti". Dem entspricht ein Raumgewinnen heilsgeschichtlicher
Motive in wechselnden Prälat ionen und vor allein
die Aufnahme der in der west lichen Tradit ion verkümmerten
Epiklese. Da aber hier die Konsekration wesentlich in
den Verba testamenti gesehen wird, mußte die Epiklese in
ihrer Beziehung auf die Elemente den Verba testamenti
unmittelbar vorangestellt werden, während die Bitte um
Heiligung der Empfänger durch den Geist der Anamnese
folgen kann. Der neuen Wertung der Gemeinde in ihrer
aktiven Beteiligung am priesterlichen Dienst entspricht
die an die Verba testamenti anschließende Akklamation,
eingeleitet durch den aus dem Kelchwort herausgenommenen
Ruf „Mysterium fidei". Am Ende des Hochgebets
stehen dann die Bitte um Annahme des Opfers und die
Fürbitten. Dementsprechend wurden nun die drei neuen
Hochgebiete des Missale von 1070 gestaltet. Vf. untersucht
sie zusammen mit dem bisherigen Canon Romanus
eingehend nach ihrer Entstehung und ihrer Struktur. Letztere
gewinnt weiterwirkende Bedeutung, indem die Liturgischen
Kommissionen des deutschen Sprachgebiets aus
diesen neuen Hochgebeten ein „Strukturmodell" für Gestaltung
weiterer solcher Gebete erschlossen haben, das
auch hier zum Abdruck kommt. Für den evangelischen
Leser ist natürlich der Exkurs „Das eucharistische Opfer"
wichtig. Bei all seiner Aufgeschlossenheit für die Rehabilitierung
eines neutestamentlich verstandenen Opfergedankens
sieht Vf. das Bedenken nicht ausgeräumt, „daß die
römisch-katholische Theologie dieses Sühnopfer von Golgatha
mit seinen Wirkungen und Frücht en in unsere Verfügbarkeit
stellt" (A.Buehrucker) (32). Für die ökumenisch
sich anbahnende Rückgewinnung der altkirchlichen
Eucharistie würden die neuen Eucharistiegebete nur bei
entsprechender Revision brauchbar. Insofern ist es von
weiterführender Bedeutung, daß Vf. selbst eine Neufassung
des Hochgebetes im Anschluß an Hippolyt vorlegt,
dessen Ordnung sich in den verschiedenen Küchen als die

am häufigsten verwendete erwiesen hat. „Der Gottesdienst
als synodales Thema" hat 1073 die Synode der
westfälischen und 1075 die der rheinischen Kirche beschäftigt
. H.Sehröer vergleicht und beurteilt nun das, was
auf diesen Synoden geschah. Ihn leiten dabei vier Fragen :
..I. Welche .Möglichkeiten und Grenzen hat die Beratung
dieses Themas im Rahmen einer Synode? 2. Welche Untersuchungen
und Ergebnisse aus dem Bereich der Forschungen
zum Gottesdienst wurden in die synodale Arbeit
einbezogen? 3. Welche Rückwirkung könnte von den Synoden
auf die wissenschaftliche Arbeit ausgehen? 4. Was
hat sich für eine realistische Einschätzung der Stellung
und der Möglichkeiten des Gottesdienstes in Gegenwart
und Zukunft ergeben?" (44) Statt der Antworten auf diese
Fragen im Blick auf beide Synoden kann ich hier nur daraus
gewonnene weiterführende Erkenntnisse kurz umreißen
: Für Synoden möglich erscheinen die Förderung prak-
tisch-theologischer Schritte, aber auch grundsätzliche Er-
klärungen, soweit solche langfristig vorbereitet sind und
hinsichtlich der Substanz des Gottesdienstes nicht das
Bemühen um Konsensus pointierte Aussagen vermeidet.
Die theologische Grundlegung wird gegenüber einem derzeit
weitgehenden Vacat in dem .Maß zum Zug kommen, in
welchem es der Liturgik gelingt, „die Impulse von Taizö,
der neuen Abendmahlsversuche und die Grundlinien einer
Theologie des Spiels sowie einer neuen Würdigung der Beziehungen
von Theologie und Ästhetik" (62) zu verarbeiten
. Generell kommt Vf. bezüglich der' Rückwirkung auf
die wissenschaftliche Arbeit m der Feststellung, „daß das
Verhältnis von Theologie und empirischer Forschung wie
von Gottesdienst und gelebter Alltagsexistenz die Angelpunkte
bilden, die die Liturgiewissenschaft in ihre theologische
Verantwortung rufen" (51). Jedenfalls haben beule
Synoden sichtbar gemacht, „daß die Bedeutung des Gottesdienstes
w ieder besser begriffen wird". „Wenn wir im
Regelkreis von theologischer Praxis und Theorie ernst hal t
am Gottesdienst weiterarbeiten, bleibt er unser wichtigster
Beitrag für die Tagesordnung der Welt, weil er Dienst
an der Offenheit Gottes für alle Welt sein will und sein
kann" (62).

Der Hymnologie eilt die Fortsetzung der Dissertation
von W.Mertens aus dem vorigen Band „Die /Psalmodra'
des Lucas Lossius. II. Die liturgischen Texte und ihre
musikalische Gestalt". Die Untersuchung der textlichen
Abweichungen in der „Psalmodia" in ihren Folgen für die
Struktur der Melodien ergibt, daß nur in wenigen Fällen
kleine Einschübe in die Melodie vorkommen. Tropierun-
gen veranlagten von Fall zu Fall kleine Melodieänderungen
, während eine Neuschöpfung von Melodien nicht fest -
zustellen ist. Soweit es sieh um die Übernahme des gregorianischen
Chorals handelt, orientiert sich also die „Psalmodia
" in ihren Texten und Melodien an vorreformatori-
schen Quellen. E.Beifrage untersucht unter dem Titel
„Morgen- und Abendlieder. Das Kunstgerechte und die
Tradition" einerseits die Beziehungen dieser geistlichen
Lieder zur kirchlichen Tradition, andererseits ihre Beeinflussung
durch kunstmäßige und rhetorische Stiltendenzen
ihrer Zeit. Dabei gilt grundsätzlich, daß literarische
Kunst in der Kirchenlieddichtung sich nur beschränkt geltend
machen kann. Erst durch M. Opitz haben hier Fragen
des kunstgerechten Stils und der Metrik an Bedeutung gewonnen
. Das war bei den Tageszeitenliedern am ehesten
möglich, weil sie ihren „Sitz im Leben" in der Haus- und
Privatandacht hatten. Dem geht Vf. an zahlreichen Beispielen
aus dem 17. Jh. nach. Auch der Einfluß des Erbauungsschrifttums
auf die Rhetorik des geistlichen Liedes
wird untersucht. Die Ausführungen zu „Nun ruhen alle
Wälder" bedeuten zugleich einen dankenswerten Nachtrag
zum Paul-Gerhardt-Jahr.

Tn den „Kleinen Beiträgen und Miszellen" eröffnen den
Liturgik-Teil unter' dem Thema „Ver ständigung über den
Gottesdienst ?" drei krit ische Stellungnahmen zu der' 1074
von der Lutherischen Liturgischen Konferenz vorgelegten