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Ausgabe:

1978

Spalte:

256-258

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Herrmann, Siegfried

Titel/Untertitel:

Ursprung und Funktion der Prophetie im alten Israel 1978

Rezensent:

Wallis, Gerhard

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Theologische Literat ur/.eitiing KW. Jahrgang I97K Nr. 4

ALTES TESTAMENT

Weimar, L'eter, u. Kricli Zenger: Exodus. (jlcsclüchten und (fe-
schiehte der Befreiung Israels. Stuttgart: Katli. IJihelwerk
[1975]. 180 8. m. 1. Ktn. Skizze 8° = Stuttgarter Bibelstudien,
hrsg. v. H. Haag, R. Kilian u. VV. Pesch, 75. Kart. DM 18,—.

Die vorliegende Studie entstand, w ie die Verfasser, die
bereits mit anderen Veröffentlichungen zum Buche Exo-
diis hervorgetreten sind,1 im Vorwort sagen, bei ihrer gemeinsamen
Arbeil an einem Kommentar zu den Büchern
Exodus und Numeri, Die Darstellung ist in vier Kapitel
eingeteilt, die folgende Überschriften tragen: 1. Das Buch
Exodus - Eine Sammlung von Geschichten, 2. Die älteste
Kxodusgeschiehte, 3. Der Exodus als geschieht liehes Ereignis
, 4. Erinnerung an den Exodus Impulse zur Freiheit
. In einem Ausblick geht es um biblische Literaturgeschichte
als Provokationsgeschichte, Am Schluß findet
sich ein Literaturverzeichnis und eine Kartenskizze zur
Topographie des Exodus.

Im ersten Kapitel verdienl Beachtung, daß die Vf. -
entgegen der üblichen Dreiteilung des Buches Exodus
(Herausführung, Wüst enwanderung, Gotteserscheinung
am Sinai) - auf Grund von „Struktursignalen" (vgl. z. B.
die Liste in 1,1-5 und die Genealogie in 6,14-27) sieben
Teile erkennen wollen: Ex 1,1-6,27; 0,28-11,10: 12,1 bis
16,36; 17,1-24,18; 25.1 31,18; 32,1-34,35; 35,1 40.:57.

Das zweite Kapitel, in dem die literarische liest alt der
ältesten Exodusgeschichte, die schon dem Jahwisten vorlag
, nachgezeichnet wird. ist. wie die Vf. selbst im Vorwort
sagen, forschungsgeschichtlich am wichtigsten. In methodischer
Hinsicht werden Anregungen von W. Richter- aufgenommen
. Als Ergebnis ihrer Analyse, die nach S.23,
Anm.3 an anderer Stelle ausführlich begründet werden
soll, stellen die Vf. eine älteste Exodusgeschichte vor, die
nach ihrer Ansicht wegen der sprachlichen und theologischen
Grundstruktur von der jahwistischen Darstellung
zu unterscheiden ist. Sic besteht aus drei Teilen (5,6-18*;
7,14-12,31*; 14,5-31*), wobei der erste und dritte Teil
„kompositorisch wie strukturell eng aufeinander bezogen
sind'' (S.87). Folgende Stellen werden der ältesten Exodusgeschichte
zugewiesen: 5,6*.7*.10*.14a«.15*.16btt.
17a«.18; 7,14aa.l5aa*.16a.l7b*.18a*.21a<x; 9,lab«.3a.4b.
6a/?b; ll,la«.4a/3b.5a; 12,29a.30a«*.31aa,b«; 14,5a.9a<xb.
10b7.13a*.14.24a*b.25a.27b.28b.30a*.31a/3; 15,20a*b.21
(vgl. S.23). Der Gebrauch entsprechender Wendungen im
scheinbar unverbundenen ersten und zweiten Teil macht
deul lieh, daß das Volk vom Dienst des Pharao zum Dienst
Jahwes befreit werden soll (S.47). "Während sich das Geschehen
in den beiden ersten Teilen in Reden abspielt,
wird im dritten Teil, wo Jahwe rettend für sein Volk eingreift
, die Rede zugunsten der Handlung verlassen (S.49).
Entgegen der verbreiteten Ansicht, daß das Mirjamlied
dem Ereignis der Errettung am Meer zeitlich nahesteht,
halten es die Vf. für ein Dokument einer Bewegung, die an
Davids Machtanspruch nach seinen Philistersiegen Kritik
übte, wobei die „Blaßheit" in der Darstellung als Stilmittel
betrachtet wird, um gegenwärtiges Geschehen mit
Hilfe der Geschichte zu deuten. Erst als der Zusammenhang
des Liedes mit Davids Philistersiegen verloren ging,
wurde das Lied in die vorjahwistische Exodus-Geschichte
eingefügt.

Die älteste Exodusgeschichte, die das Theologumenon.
daß Jahwe allein an Israel handelt und handeln kann,
möglichst profiliert darstellen will, gehört zum Texttyp
theologischer Auseinandersetzungsliteratur. Sie stammt
nach Ansicht der Vf. wahrscheinlich von jahwetreuen
Kreisen des Nordreichs aus der Umgebung Sauls. In ihr
wird die Wirklichkeit „Jahwe" = „Er ist, Er erweist
sich"3 als die Mitte atl. Welt- und Lebenserfahrungen
ausgewiesen.

Im dritten Kapitel wird mit Hilfe des Rückschluß- und
Analogieverfahrens versucht, den Exodus als geschichtliches
Ereignis zu erfassen, und das letzte Kapitel ist der
Wirkungsgeschichte des Exodusgcsehchens (IKön 12;
Arnos, Ezechiel, Jesajanische Schule, Judit, Ester LXX,
Weisheit Salomos) gewidmet.

Im „Ausblick" wird herausgestellt, daß die biblische
Literaturgeschichte insofern provokatorischen Charakter
trägt, als sie zeigt, daß die älteste Exodusgeschichte von
geschehener Befreiung erzähl! und Impuls zu neuer Befreiung
sein will.

Die Vf. haben ein Teilergebnis ihrer intensiven Bemühungen
um ein neues Verständnis der Bücher Exodus und
Numeri mit I [ilfe lit erat orwissenschalt lieber Aspekte vorgelegt
, wofür man ihnen dankbar sein wird. Da die Analyse
, die zur Annahme einer ältesten Exodusgesehichte
führt, nicht vorgelegt werden konnte, ist eine eingehende
Auseinandersetzung nicht möglich. Es seien lediglich ein
paar Beobachtungen angeführt. Bei dem Überlieferungsgut
, das der ältesten Exodusgesehichte zugewiesen wird,
handelt es sich um jahwist isehe Best and teile mit Ausnahme
von Ex 12,31, das man gewöhnlich zu E rechnet. In der
rekonstruierten Exodusgesehichte erfährt man erst in 5,18,
daß die Verweigerung des Häcksels im Zusammenhang
mit der Ziegelfertigung steht. Die Vf. geben dafür eine
literatmwissenschaftliche Erklärung, indem sie darauf
hinweisen, daß es sieh bei dem Schlußsatz um eine klärende
Situationserhellung handelt (S.34). Gleichwohl
scheint die jahwistische Darstellung, wo schon in 5,7f.
gesagt wird, daß die Verweigerung des I läckselsdie Arbeitsbedingungen
bei der Ziegelnerstellung erschweren soll, den
Vorzug zu verdienen.

Ganz allgemein sollte nach meinem Dafürhalten die
(leschichte der Forschung eine Warnung sein, bei der Anwendung
neuer Methoden ..den Bogen zu überspannen".
Sonst ist die Gefahr gegeben, zu sehr ins Hypothetische
hineinzugeraten, was z.B. die Ausführungen über das
Lied der Mirjam sehr deutlich zeigen.

Jena Eva Oßwald

1P. Weimar, Untersuchungen zur priestersehriftlichen Exodusgesehichte
(fzb 9), Würzburu 1973. E. Zenker, Die Sinaithcophanie. Untersuchungen zum
jahwistischen und elohistisehen CJescliiehtswcrk (fzb 3), Würzburg 1971.

1 Exegese als Literaturwissenschaft. Entwurf einer aittestamentlichen Literaturtheorie
und Methodologie, Göttingen 1971.

* W. von Soden, „Er ist, Er erweist sich" = WO 3, 196(1. S. 177ff.

Herrmann, Siegfried: Ursprung und Funktion der Prophetie im
alten Israel. Opladen: Westdeutscher Verlag [1976]. S. gr. 8
= Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften. Geisteswissenschaften
, Vorträge G 208. Kart. DJ! 19,—.

Das alttestamentliche Prophetentum stellt die theologische
Forschung je nach dem Stande ihrer Erkenntnis
immer wieder vor neue Fragen. So ist es sehr verdienstvoll,
den Stand der Ergebnisse dann und wann einmal zu umreißen
, wie es der Vf. in seiner Akademievorlage auf der
199. Sitzung am 19.Dezember 1974 in Düsseldorf getan
hat. Seine Absicht beschreibt er zusammenfassend mit
folgenden Worten: „Der vorstehende Überblick konnte
nicht mehr leisten, als im Lichte neuerer Untersuchungen
Aul kommen und Sichwandeln israelitischer Prophet ie im
Laufe der Jahrhunderte zu verdeutlichen" (S.39). Dabei
wendel sich der Wurzel dieses Phänomens und seinem
W'esen mehr der erste Teil zu unter dem Titel: „Prophet
und Prophetie in Israel und seiner Umwelt - Die Quellen
und ihre Interpretation" (S. 10-43), während der zweite
unter dem Thema: „Der historische und religionsgeschichtliche
Kontext - Ursprung und Funktion der Prophetie in
Israel" (S. 44-61), mehr dem verändernden Wirken des
Prophetismus im Wandel der Geschichte und den Wandlungen
gewidmet ist, denen das IVophetentum dabei selbst
unterlag.

Wie es sich für eine akademische Vorlage gebührt, beginnt
der Autor mit einer Definition des Begriffes, die ver-