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Ausgabe:

1978

Spalte:

251-253

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Sawyer, Harry

Titel/Untertitel:

New Testament Christianity for Africa and the World. 1978

Rezensent:

Althausen, Johannes

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25]

Theologische Uteratiirzeitung 108. Jahrgang 1978 Nr. 4

252

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

(Sawyerr, Harry:] New Testament Christianity for Africa and the

World. Esaaya in honour of Harry Sawyerr, ed. by M. E. Qlaseell
and E. W. Fashole-Luke. London: SPCK 1974. XXII, 221 8.,
I Portrat 8°. Lw. £ 5.95.

Die erste Festschrift zu Ehren eines Theologen aus
Afrika ist einem Manne gewidmet, dessen theologische
Arbeil einen Kreis von Schülern und Freunden nicht nur
in seinem Heimatlande Sierra Leone gefunden hat. Auch
in England, vor allem im Wirkungsbereich der alten ehrwürdigen
Universität Durham, der Mutteruniversität des
Heimat -Kollege Sawyerrs, des Fourah Bay College, hört
man seine Stimme. Ja, darüber hinaus hat Sawyerr als
tangjähriges Mitglied der Kommission für Glauben und
Kirehenveifassung des ökumenischen Rates der Kirchen
im internationalen Bereich gewirkt sowie Vorlesungen und
Vorträge in mehreren Kontinenten gehalten. Und was für
den Umkreis seiner Tätigkeit gilt, spiegelt sich erst recht
in den Themen seines Schaffens wider. Die der Festschrift
beigefügte Bibliographie enthält drei Buchtitel und 49 Artikel
aus der Zeit zwischen 1948 bzw. 1957 und 1973. An
ihnen ist ablesbar, daß neutestamentliche Studien, ethnographische
Arbeiten und Fragen der allgemeinen Bildungstätigkeit
(1970-72 ist Sawyerr Vizekanzler der Universität
von Sierra Leone, nachdem das Fourah Bay College in
diese integriert worden war) das Lebenswerk dieses Mannes
auf der Brücke des interkontinentalen theologischen
Gespräches vor allem bestimmen. Sie gipfeln, wie aus den
Beiträgen zu dem Sammelband hervorgeht, in dem Bemühen
, Aufgaben, Grundlagen und Zielstellungen einer
Theologia Africana herauszuarbeiten. Hiermit beschäftigt
sich auch der einzige deutschsprachige Aufsatz, der in der
Titelliste enthalten ist: Grundlagen einer Theologie für
Afrika, in: Theologische Stimmen aus Afrika, Asien und
Lateinamerika I, Gensichen (Hrsg.) 1965.

Den Rahmen und die Plattform solcher internationalen
Bedeutung bilden der Kulturkreis des britischen Empire
und die Institutionen der Ecclesia Anglikana. Sawyerr ist
in ihnen zu Hause, ohne seine Herkunft und die Verant -
wortung für seinen eigenen Ort zu vergessen. Das ist der
Bewunderung wert. Eine Festschrift für ihn verdient allgemeine
Anerkennung. Der deutsche Leser bedarf freilich
zum vollen Verständnis dieses Werkes eines kulturellen
Brückenschlages. Daß dieser eigentlich nicht so sehr von
Afrika her als vielmehr vom angelsächsischen Bereich her
erforderlieh ist, darf als kritische Anmerkung nicht unterdrückt
werden. Aber so ist es eben: Will man in einen
Dialog mit anderen theologischen Denkansätzen eintreten,
etwa in Afrika, findet man sie weithin von anderen Kulturen
überlagert vor.

Neben einer Ehrung des Jubilars durch den Erzbischof
von Canterbury und einer Einführung durch die Herausgeber
enthält das Buch 18 Artikel. Neun behandeln biblisch
-theologische Fragen, vor allem aus dem Bereich der
neutestamentlichen Wissenschaft, die anderen neun Themen
aus dem biographischen, kirchlichen und missionarischen
Umkreis Sawyerrs. Vor allem der zweite Teil verdient
besondere Aufmerksamkeit, zumal man sich hier im
Bezugsfeld der Theologia Africana befindet.

In einer historischen Studie über die Beziehungen des
Erasmus von Rotterdam zu Bischöfen und Professoren in
Durham legt Greenslade einige humanistische Wurzeln
reformatorischer Wirksamkeit in England frei und kommt
dabei zu der Frage, ob nicht von diesem Erbe her das
europäische theologische Denken auch heute dialogisch
aufgeschlossen sein muß gegenüber afrikanischen Antworten
auf das Wort Gottes.

Max Warren, der langjährige Direktor der evangelikalen
Mission der anglikanischen Kirche (CMS) und bekannte
Missions-Ökumeniker, erzählt in seiner bewährten, liebenswürdigen
Weise über die missionarische Ausbreitungs-

arbeit der Ecclesia Anglikana und unterstreicht ihre öku
menische Gesinnung. Die von ihm dabei bereits herausgestellte
Kiage nach der Bedeutung des Bisohofsamtes
apostolischer Sukzession für die Mission wird in einem besonderen
Artikel von Walls, derzeitigem Sekretär der
Internationalen Vereinigung für Missionsstudien und Religionswissenschaftler
in Aberdeen/Schottland, unter dem
Titel „Missionary Vocation and the Ministry" aufgegriffen.
Anhand einer Darstellung nur der ersten Generation von
Missionaren aus Großbritannien wird hier herausgearbeitet
, daß missionarische Motivation und Intention Charismen
bewährt haben, die konstitutiv sind für einen recht
verstandenen Amtsbegriff. Ihrer revolutionierenden Kraft
gegenüber der Institution des Amtes sollte man sieb deshalb
stets bewußt sein, wo die Kirche Mission treibt. Das
gilt natürlich mutatis mutandis auch bei den Kirchen, die
kein katholisches Bischofsamt haben.

Ein anderer ehemaliger Kollege Sawyerrs am Fourah
Bay College, Jeuan P.Ellis, setzt sich mit der seit Groves'
Missionsgeschichte Afrikas (1948) weit tradierten These
auseinander, daß die frühe Kirche in Nordafrika vor allem
wegen ihrer mangelnden missionarischen Aktivität nach
dem moslemischen Ansturm nach und nach ganz verschwunden
ist. Ellis' Forschungen haben ergeben, daß
diese und ähnliche Thesen von den Fakten nicht gedeckt
sind. Vielmehr bleibe es im Grunde ein Rätsel, warum
diese blühende Kirche unterging. Dennoch sei es richtig,
nach den Lehren dieser Kirche für die westliche Christenheit
unserer Tage zu fragen, gerade wenn wir Themen und
Fragen einer Theologia Africana entdecken wolIen.Unter
Rückgriff vor allem auf Tertullians Theologie stellt Ellis
hier die afrikanische Lehre vom Heiligen Geist als Grundlage
der Ekklesiologie heraus, die in der kirchlichen Praxis
dazu geführt hat, besondere Erfahrungen „verantwortlicher
Autonomie'" gegenüber mechanistisch verstandenen
Einheitsbemühungen zu bewähren, eine Erfahrung, die an
Aktualität gewonnen haben dürfte, nicht nur in Afrika.

Nach einer kurzen Studie über eine afrikanisch-moslemische
Sekte in Ostafrika von Noel King (ehemals Accra
und Kampala) und methodischen Überlegungen H.W.
Turners (ehemals Kollege von Sawyerr in Freetown), in
denen die Aufgabe aller theologischen Disziplinen zum
Dialog mit der Theologia Africana unterstrichen wird,
legt Matei Markwei, der eigentliche spiritus rector der
Festschrift, Freund Sawyerss in Sierra Leone, eine biographische
Skizze des „Patrons" des Jubilars, Bischof
T.S.Johnsons, des ersten einheimischen Bischofs der
anglikanischen Kirche in dem westafrikanischen Lande
vor.

Abschließend kommen zwei der bekanntesten afrikanischen
Theologen zu Worte. Kwesi Dickson aus Accra verteidigt
in seinem Beitrag „Towards a Theologia Africana"
Sawyerrs These, daß solche Theologie nur richtig ist,
wenn sie die biblische Antwort auf afrikanische Fragen
formuliert, nicht aber nur darum bemüht ist, bestimmte
Erfahrungen afrikanischen kulturellen oder religiösen Lebens
ausschnitthaft für das Christentum zu gewinnen und
zu adaptieren. Zu einem Teil dürfte auch der Artikel von
Edward Fashole-Luke über „Ancestor Veneration and the
Communion of Saints" unter dieses kritische Urteil fallen.
Doch darf nicht übersehen werden, daß sich der Theologieprofessor
am Fourah Bay College und Dekan der Faculty
of Arts an der Universität von Sierra Leone zumindest
teilweise der von Dickson geforderten komprehensiven,
in alle theologischen Disziplinen reichenden Argumentationsweise
bedient, wenn auch die Neutrisierung des Glaubenssatzes
von der communio sanctorum trotz des Rückgriffes
auf Karl Barth ein wenig als Mittel zum Zweck erscheinen
will. Eines bleibt jedenfalls offen: Eine afrikanische
Ekklesiologie wird praktische Erfahrungen und theologische
Kategorien aufnehmen müssen, die dem westlichen
Theologen fremd oder überflüssig erscheinen.

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