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Ausgabe:

1978

Spalte:

236-238

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Myszor, Wincenty

Titel/Untertitel:

Gnostycyzm w tekstach u Nag-Hammadi (Die Gnosis in den Texten von Nag Hammadi) 1978

Rezensent:

Myszor, Wincenty

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 3

236

läge empfehlen. Insgesamt folgten dieser ersten nd. Reformationsbibel
noch 25 weitere, die letzte im Jahre 1622. Von
der Zeit an tritt das Nd. als Kirchensprache mehr und
mehr in den Hintergrund. Im 19. Jh. wird das Thema der
pld. Kirchensprache von neuem ernsthaft verhandelt.
Allerdings ist von pld. Bibel und pld. Predigt nicht die
Rede, sondern nur vom seelsorgerlichen Gespräch, für das
freilich ein gehobenes Platt gefordert wird (Claus Harms).
Erst im 20. Jh. haben zwei Kirchenmänner in jahrelangen
Mühen die neue nd. Bibel geschaffen: Der eine ist der
Mecklenburger Ernst Voß, Pastor in Basedow (1918—1934),
der eine pld. Übersetzung des Neuen Testaments anfertigte;
der andere Übersetzer ist Johannes Jessen, damals Pastor
in Kiel, der sowohl das NT (vollständig) als auch das AT
(in Auswahl) in die Holsteiner Mundart übertrug.

In Abschnitte werden die Bemühungen von Voß und
Jessen um die nd. Bibel dargestellt und gewürdigt.

In einer ungedruckten Denkschrift hat E. Voß die Etappen
seiner Übersetzungsarbeit chronologisch festgehalten
und auch von den Schwierigkeiten berichtet, die der Übersetzung
und Drucklegung seines Werkes bereitet wurden.
1929 erschien „Dat Ni Testament för plattdütsch Lüd in ehr
Muddersprak oewerdragen". Durch die Satzungen der Brit.
Bibelgesellschaft waren Voß enge Grenzen gesetzt. Zum
Begutachter seiner Arbeit wurde der Sprachwissenschaftler
Konrad Borchling bestellt, dem seine Übersetzung als
zu frei erschien. Demgegenüber ist festzustellen, daß Voß
sehr gewissenhaft, unter Heranziehung der ihm erreichbaren
wissenschaftlichen Hilfsmittel, vom Urtext her
übersetzt hat. Neben der Zerschlagung von langen Perioden
hat er die Auflösung der zahlreichen Genitivverbindungen
in vorbildlicher Weise erreicht. Feststehende
theologische Begriffe, vor allem der Begriff „Gerechtigkeit
", wurden inhaltlich umgeprägt. Der vertraute Klang
der Lutherübersetzung kommt an manchen Stellen zu
Ehren. Auf Vulgärwendungen wurde grundsätzlich verzichtet
. In der Frage der Mundart hat sich Voß für das
Reutersche Platt entschieden um der Verbreitung und Lesbarkeit
seiner Übersetzung willen.

„Dat Nie Testament in unse Moderspraak" aus der Feder
von Joh. Jessen erschien im Jahre 1933, „Dat Ole Testament
in unse Moderspraak" kam 1937 heraus. In der „Festschrift
Hans Vollmer" (1941) hat sich Jessen auf Plattdeutsch über
seine Ubersetzung geäußert. Auch Jessen ist, ebenso wie
Voß, vom Urtext ausgegangen. Bei der Übersetzung des AT
ist vor allem die Übersetzung von H. Menge zu Rate gezogen
; die Übersetzung des NT bewegt sich zum größten Teil
in der Nähe der Lutherübersetzung. Kennzeichnend für
Jessens Übersetzung des AT sind weit ausholende Paraphrasen
. Die Perikopen-Überschriften sind volkstümlich
und sprichwortartig gehalten. Jessen bietet einen volkstümlichen
Kommentar; sein Werk ist eine sprachliche Meisterleistung
.

In Abschnitt D kommt der Vf. auf sein eigenes Übersetzungswerk
, das die Arbeit von Voß fortsetzen möchte, zu
sprechen. Es enthält die Geschichts- und Prophetenbücher
des AT in Auswahl; die Lehrbücher des AT sind vollständig
übersetzt. Den Auswahltexten sind Haupt- und Nebenüberschriften
vorangestellt. Die Übersetzung orientiert
sich an folgenden Grundsätzen: 1. Jede Übersetzung ist Erklärung
, 2. Der Philologe und der Volksmann haben verschiedene
Intentionen, 3. Eine pld. Bibelübersetzung kann
nicht umhin, sich auch sprachlich vom Luthertext zu entfernen
, 4. Der Urtext der Bibel muß in einer Übersetzung
geboten werden, die die Ergebnisse der neueren Theologie
berücksichtigt, 5. Eine Wort-für-Wort-Übersetzung ist abzulehnen
, ebenso eine unzulässige Vereinfachung, 6. Eine
Ubersetzung sollte nicht durch Paraphrasieren gewonnen
werden; der Text muß immer „das erste Wort" haben,
7. Die Sprache muß gottesdienstlich hörbar sein, 8. Eine
Übersetzung des AT ins Nd. ist nur in einer guten Auswahl
sinnvoll, 9. Die poetischen Stücke des AT sollten rhythmisch
auch im Pld. nachgeahmt werden, 10. Dem sprachlichen
Vulgarismus ist eine entschiedene Absage zu erteilen
; das Heilige muß „heilig" gebracht werden. — Die Termini
„Jahwe" und „Zebaoth" sind sprachlich neu geformt
worden; Zentralbegriffe wie „Gerechtigkeit" und „Heiligkeit
" sind in ihrer Bedeutungsfülle stehengelassen.

Dialekt und Orthographie des „Oll Testament plattdütsch
" entsprechen dem Reuterschen Platt und weichen
in vielen Punkten von der Diktion des NT (Voß) ab; die
Orthographie ist vom Vf. in 15 Regeln begründet worden.

Abschnitt E wendet sich dem Adressaten aller Bemühungen
um die nd. Bibel zu, nämlich dem nd. Menschen
und seiner Sprachsituation heute. Wenn auch die Zahl der
aktiv nd. Sprechenden stark zurückgegangen ist, so ist dennoch
nicht zu übersehen, daß die Mundart immer noch von
einem nicht geringen Teil der Bevölkerung gesprochen und
von fast allen Hörern verstanden wird. Unter Berücksichtigung
der Sprachsituation bei Erwachsenen und Kindern
heute und den gegenwärtigen Entwicklungstendenzen des
Nd. kann festgestellt werden, daß die Entscheidung über
die Verwendung der Mundart mehr und mehr vom jeweiligen
Kommunikationspartner, von der besonderen Kommunikationssituation
und nicht zuletzt vom Kommunikationsgegenstand
abhängen wird. Das hat natürlich auch Konsequenzen
für die Verwendung des Nd. als Predigtsprache
und in der Seelsorge.

a) Pld. Predigten sind heute seltener geworden; dennoch
sollte es nicht an Mut zum Wagnis von pld. Predigten fehlen
, sofern der Prediger die Mundart aktiv beherrscht.
Allerdings verlangen die Würde des Verkündigungsinhalts
sowie die Heiligkeit des Gotteshauses ein edles und gehobenes
Platt ohne jeden Vulgarismus. Zu einer pld. Liturgie
kann nicht geraten werden, da die Worte der hd. Liturgie
jedem Kirchgänger zu vertraut sind.

b) Die Bedeutung der Mundart für die Seelsorge ist nie
umstritten gewesen. Wir denken insbesondere an die Hausbesuche
bei Pld. Sprechenden. Das Nd. wird eine legitime
Funktion vor allem im „Vorfeld" der Seelsorge zu bewähren
haben. Die Erfahrung bestätigt, daß die Zunge dort gelöst
wird, wo die Kommunikationspartner der pld. Rede
mächtig sind. In der Regel wird es zum alternierenden
Sprechen kommen. Gebete, Zitate von Bibelsprüchen und
Gesangbuchliedern sollten hd. gesprochen werden.

Die Diss. geht abschließend auf die Aufgabe der Bibelgesellschaften
ein. Was die nd. Bibel betrifft, so wird niemand
große Erfolge erwarten; aber der bisherige, nicht geringe
Erfolg sollte zu weiteren Schritten anspornen. Gedacht
wird an die Herausgabe von Teilheften in einer guten
Auswahl. Gottes Wort bleibt in Ewigkeit; auch die Geschichte
des Nd. ist noch nicht beendet. Der Gebrauch des
Nd. als Kirchensprache bleibt eine Frage an die Kirche,
heute und in kommenden Tagen!

Myszor, Wincenty: Gnostycyzm w tekstach u Nag-Hamma-
di (Die Gnosis in den Texten von Nag Hammadi). Theol.
Diss. Warszawa (Kath.-Theol. Akademie) 1973. 256 S.
[polnisch].

Die neuen, vorwiegend gnostischen Texte der Bibliothek
von Nag Hammadi ermöglichen u. a. eine detailliertere Beschreibung
der gnostischen Bewegung, eine kritische Überprüfung
der bisher über die Gnosis aufgestellten Hypothesen
und Theorien, den kritischen Vergleich mit den Berichten
der Kirchenväter und die Vermittlung neuer Einsichten
in die christliche Theologie des 2. und 3. Jh. In der
vorliegenden Dissertation geht es speziell um die Fragen,
welche literarischen und inhaltlichen Formen die Gnosis
in den neuen Texten aufweist und inwiefern diese Quellen
ein neues Licht auf das noch immer umstrittene Problem
der Entstehung der Gnosis werfen, das mit der Erforschung
ihres Wesens untrennbar verbunden ist. Ausgehend
von der Analyse der gegenwärtig zugänglichen Texte (d. h.
der edierten Schriften der Codices I—VI sowie einiger Co-