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Ausgabe:

1978

Spalte:

185-187

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Sabugal, Santos

Titel/Untertitel:

Análisis exegético sobre la conversión de San Pablo 1978

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 3

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sich aber „imgrunde keine Gemeinsamkeiten zwischen der
danielischen Deutung des Menschenähnlichen und dem
MS/Erw. der BR finden, die über allgemeine Aussagen hinausgingen
. Die Gemeinsamkeiten gehen aber in keinem
Fall über die mit Dan 7,9 f. 13 f. übereinstimmenden Aussagen
hinaus" (S. 46). Auch die nach S. 13 erst redaktionelle
Vergleichspartikel vor MS in Dan 7,13 ist durch die BR
nicht beibehalten! In den Bereich dieser Frage gehört weiter
auch der von Th. nicht hinreichend erklärte Tatbestand,
daß die BR die eschatologische Richtergestalt des Erwählten
gerade mit dem Menschenähnlichen von Dan 7 identifizieren
.

Halle (Saale) Traugott Holtz

1 Unter Ausklammerung von aeth Hen 71; der Vf. hält dieses Kap.
für einen späteren Anhang; er will diese Ansicht in einer gesonderten
Untersuchung über literarische und kompositorische Probleme
der BR begründen (S. 211, A. 17), auf die er öfters vorausweist.

Sabugal, S.: Anälisis exegetico sobre la Conversiön de San
Pablo. El problema teolögico e historico. Barcelona: Edi-
torial Herder [1976]. XXXII, 278 S., 1 Taf. 8°. Ptas 500,—.

Als vor wenigen Jahren J. O'Callaghan Versfragmente
des Mk und damit Spuren urchristlicher Literatur in Höhle
7 von Qumran gefunden zu haben meinte, wurde diese
Vermutung, der von sachkundiger Seite alsbald entschieden
widersprochen wurde, von eilfertiger Berichterstattung
als Sensation ausgebeutet1. Wenn jetzt die These vorgetragen
wird, daß jenes Damaskus, in das nach dem Bericht
der Acta Paulus als Verfolger entsandt wurde und in
dessen Nähe sich seine Lebenswende ereignete, nicht die
ktadt in Syrien meint, sondern in symbolisch verschlüsseltem
Namen die Region von Qumran, so wären auch hier
alle Elemente des Sensationellen gegeben. Autor und Präsentationsform
stehen diesmal freilich einer unsachgemäßen
Publizität entgegen. Autor ist ein am Augustinianum
Jn Rom wirkender, in seiner spanischen Muttersprache
v^r°ffentlichender Gelehrter, der seine Ansicht als Hypothese
klassifiziert im Rahmen der Schlußsequenz einer mit
Gründlichkeit und Umsicht gearbeiteten Untersuchung zu
den exegetischen und historischen Problemen der Bekehrung
des Paulus vorlegt. Wen es überrascht, ein Werk vor
sich zu sehen, das in Gestalt und Methode der Tradition
nutteleuropäischer exegetischer Arbeit stärker verpflichtet
ist als dem Vf. sprachlich und geographisch näherliegen-
n Bereichen, sollte wissen, daß er eine Frucht jenes Prozesses
vor sich hat, der sich während der letzten Jahrzehnte
in Spanien in aller Stille vollzog. In der Zeit der erzwungenen
Isolierung hat die deutschsprachige (katholische
) Theologie eine einzigartige Vorzugsstellung innegehabt
und eine Wirkung entfalten können, deren Bedeutung

ur die spanische Theologie sich erst allmählich abzuzeichnen
beginnt. Ein wichtiges Bindeglied war der spanische

weig des Herder Verlags in Barcelona, der ebenso wie

as vorangegangene Buch des Autors auch die vorliegende
Arbeit betreut hat.

Was der Rez. des ersten großen der johanneischen Chri-
stologie gewidmeten Werkes von S. Sabugal2 diesem bescheinigte
, gilt uneingeschränkt auch für das hier anzuzeigende
: methodische, philologisch begründete und systema-

isch orientierte Exegese, eine nahezu vollständige Aufarbeitung
der Literatur (18 Seiten Bibliographie!), dazu ein

egister, das mit seinem Nachweis der Bibelstellen, der
Judischen und patristischen Schriften, der älteren und mo-

ernen Autoren von der Belesenheit und Akribie des Verfassers
Zeugnis ablegt.

Der exegetisch-theologische Hauptteil (S. 11—162) wid-
met sich den einschlägigen Partien des Corpus Paulinum

und der Acta. Er setzt ein mit einer erneuten Analyse der
oft behandelten Stellen Gal 1,11—17; 1 Kor 9,1; 15,8—11; in
2 Kor 4,6 vermag er keinen unmittelbaren Bezug auf die
Bekehrung des Paulus zu erkennen, dagegen schließt er
2 Kor 11,32 f. wegen der Damaskusproblematik ein und
wertet neben Phil 3,5—8.12 auch 1 Tim 1,11—14 als unmittelbares
Zeugnis3. Er stimmt denen ausdrücklich zu, die im
Damaskusgeschehen den Schlüssel zur paulinischen Theologie
sehen (S. 5) und unterstreicht dessen österlichen Charakter
(S. 50 f.). An dieser Stelle gewinnt seine Deutung ein
klares theologisches Profil. Inhalt der Damaskusoffenbarung
und Kernpunkt des Kerygmas fallen zusammen: Paulus
ist Bote des auferstandenen und erhöhten Kyrios, der
in seiner Gemeinde gegenwärtig ist. Hier ist freilich auch
das Gefälle sichtbar zu einer Paulusdeutung im Sinne
einer theologia gloriae, die verkennt, daß die apokalypsis
kyriou die Offenbarung des Gekreuzigten als Ende des Gesetzes
meint. Die conversio erscheint als Trennung vom
Judentum, aber nicht (auch nicht in der Interpretation von
Phil 3) von der Gesetzesgerechtigkeit, wie denn die Einbettung
der Aussagen Gal 1 in die Verteidigung des eigenen
Evangeliums nicht recht zur Geltung kommt.

Die meisterliche Handhabung des Instrumentariums
zeigt sich vor allem bei der Analyse des dreifachen Zeugnisses
der Acta, deren Entstehungszeit um das Jahr 80 angenommen
wird (S. 51—150). Die Synopse der drei Berichte
9,1—19a, 22,1—21 und 26,4—18 und der sorgfältige Aufweis
der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen bilden die
Basis einer exegetischen Untersuchung, die zunächst die
Bestandteile der lukanischen Redaktion abzuheben sich
bemüht. Daß bei aller Eigenständigkeit gegenüber den
Vorgängern die erprobten Methoden der Stilanalyse und
Statistik im Vordergrund stehen, verdeutlicht eine gemeinsame
Grundhaltung.

Eine Bemerkung zur Komposition erweist sich für das
abschließende Urteil besonders schwerwiegend: 9,1—22 gehöre
in jenen Teil der Acta, der in Entfaltung des in 1,8 gegebenen
Programms — beginnend mit 8,1 — die Ausbreitung
des Evangeliums über Jerusalem hinaus in Judäa und
Samaria schildert (S. 82). Andererseits gehe es Lk darum,
mit der Berufungsgeschichte des Paulus, der er die Züge
einer alttestamentlichen Theophanie gegeben hat, auch
dessen künftiges Werk, die Heidenmission, als von Gott
selbst gewirkt darzustellen (S. 85). Der zweite Bericht 22,1
bis 21 (Analyse S. 87—101) ist stilisiert als Apologie der gegenwärtigen
Kirche, und zwar gegenüber dem Judentum,
das den Verdacht der Subversion auf die Gemeinde zu lenken
sucht und im Blick auf ein Judenchristentum, dem das
Heidenchristentum als Abfall vom Gott der Väter erschien.
In der dritten Darstellung 26,4—18 (Analyse S. 102—128)
zeigt sich Lk noch stärker an der Kontinuität von Judentum
und Christentum interessiert und will die am Beispiel
des Paulus zutage tretende Nutzlosigkeit und Absurdität
der Verfolgung des Christentums durch ein gesetzestreues
Judentum unterstreichen. Wichtig im Blick auf den
Schlußabschnitt ist die Deutung der Wendung eis tas exö
poleis Act 26,11b, die auf die regio von Jerusalem bezogen
wird (S. 1171).

In einem zweiten, an den traditionsgeschichtlich-analytischen
Teil anschließenden und auf seinen Ergebnissen aufbauenden
Durchgang versucht der Autor jene Elemente
zusammenzustellen, die nach seiner Ansicht der vorlukani-
schen Tradition zugehören, entweder der Formulierung
oder der Sache nach vorgegeben waren (S. 133—149). Es ergibt
sich, mißt man es an früheren Rekonstruktionen4, ein
Geflecht von beachtlicher Dichte. In Act 9 sind es: die Bezeichnung
der Gemeinde als „Weg" (für die abschließende
Einordnung wichtig!), das Gespräch zwischen Paulus und
dem Kyrios v. 4—5, Grundelemente der Christophanie, der
Kern der Ananiasgeschichte v. 17—19. In Act 22: Begriff
und Vorgang der Apologie, die Jugend in Tarsus und Jerusalem
, die Formulierung der Taufstelle v. 16. In Act 26 treten
zu den gegebenen präredaktionellen Elementen noch