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Ausgabe:

1978

Spalte:

179-180

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Martin-Achard, Robert

Titel/Untertitel:

Essai biblique sur les fêtes d'Israel 1978

Rezensent:

Wächter, Ludwig

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und die vielfältigen theologischen Strömungen im nachexi-
lischen Judentum zu erklären sind, kommt der Vf. zu dem
Ergebnis, daß es im wesentlichen eine Aussage ist, die alle
miteinander verbindet: „die Erwartung eines Umschwungs
aller Dinge im Kommen der neuen Welt Gottes" (S. 101).
Die Wende — wie immer sie auch vorgestellt sein mag —
ist aber das Kriterium für Diesseitiges und Jenseitiges. Sie
bringt nicht nur eine zeitliche Unterscheidung, sondern zugleich
eine qualitative, weil sie die Herrschaft Gottes heraufführt
. Als deren Schauplatz wird in der Regel die Erde
vorgestellt. Der bekannte Dualismus irdisch-himmlisch,
materiell-geistig, immanent-transzendent oder ähnlich hat
bei diesen Vorstellungen offenbar keinen Platz. Man
wünschte sich manchmal, daß die Kennzeichen einer irdisch
-materiellen Jenseitigkeit etwas konkreter genannt
worden wären. Wenn auch die Einzelinterpretation nicht
immer ungeteilte Zustimmung finden wird, so ist es doch
gelungen, die Jenseitsvorstellungen des Judentums zwischen
AT und NT aus den einzelnen Schriften heraus und
nicht vorschnell verallgemeinernd und thematisierend darzustellen
. Damit ist thesenartig ein Ausgangspunkt für die
Untersuchung dieser Vorstellungen im AT und ihr Weiterwirken
im NT geschaffen. Bei aller Behutsamkeit der Andeutungen
, die der Vf. im zusammenfassenden Schluß seiner
Arbeit wagt, hätte ein Hinweis auf Deuterojesaja als
einer prophetischen Quelle für das Reden von der großen
Wende nichts vorweggenommen.

Halle (Saale) Karl-Martin Beyse

Martin-Achard, Robert, Prof.: Essai biblique sur les fetes
d'Israel. Genf: Labor et Fides; Paris: Librairie protestan-
te [1974]. 166 S. 8°. sfr. 26,40.

Auf einer breiten Literaturgrundlage aufbauend, die
freilich nicht an der knappen Bibliographie (S. 161—162)
erkennbar ist, sondern aus den Anmerkungen zu Beginn
der einzelnen Abschnitte hervorgeht, vermittelt der Vf.
einen geschichtlichen und theologischen Einblick in die
Feste Israels.

Vorangestellt wird eine Einführung in die biblischen Kalender
(S. 11—26), in der u. a. die israelitischen Monatsnamen
, die Festtermine nach dem traditionellen jüdischen
liturgischen Kalender und die Festkataloge des Alten Testaments
— Ex 23,14—19; Ex 34,18—26; Dtn 16,1—17; Lev
23,1—44 — gebracht werden. Das erste Kapitel (S. 29—72)
behandelt die Frühjahrsfeste: Passa-Massot und Wochenfest
; das zweite Kapitel (S. 73—119) die Herbstfeste: Laubhütten
, Neujahr und Versöhnungstag. Im dritten Kapitel
schließlich (S. 121—151) wird auf diejenigen Feste eingegangen
, die im liturgischen Kalender von Lev 23 noch
nicht vermerkt werden, hiermit in Israel erst später hinzugekommen
sind. Es handelt sich um die Begehung des
9. Ab als Volkstrauertag, das Fest der Tempelweihe (Cha-
nukka) sowie Purim. Umschlossen wird das Ganze von
einem „Avant-Propos" (S. 9—10) und einer „Conclusion"
(S. 153—155), welche das Anliegen der vorliegenden Untersuchung
begründen und erläutern.

Das Anliegen, um das es Martin-Achard geht, ist nicht
die historische Fragestellung. Der Schwerpunkt liegt nicht
bei der Ermittlung dessen, was der ursprüngliche Sinngehalt
eines Festes gewesen sein mag, sondern auf der religiösen
Interpretation, die Israel und später das Judentum
dem Feste gab. Dieser religiösen Interpretation wird in
jedem Kapitel immer zuerst in ihren alttestamentlichen
Belegen nachgegangen. Es folgt ein Abschnitt über das
Fest und seinen Sinngehalt zu Beginn der christlichen Ära,
wobei besonders das Buch der Jubiläen, die Texte von
Chirbet Qumran, Josephus, Philo und die Mischna herangezogen
werden. Hierbei ergeben sich stets bestimmte
Textgruppen aus dem Alten Testament, die in der jüdischen
Tradition mit dem Fest verbunden werden und dem-

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entsprechend bestimmte religiöse Grundgedanken, die es
beherrschen. Von diesen religiösen Grundgedanken wird
jeweils in einem abschließenden Abschnitt „Signification
theologique et lectures bibliques" ausgegangen. Sie werden
weiter vertieft und ausgewertet und es werden dem Leser
dann reichlich alttestamentliche Texte zur Lektüre angeboten
, um sich in das Fest einzustimmen.

Das „Avant-Propos" nennt die Gründe für dieses Vorgehen
und spricht damit zugleich das Anliegen des Buches
aus: l.Zu zeigen, wie die Menschen des Alten Testaments
und nach ihnen die Juden, besonders zur Zeit Jesu, die
großen liturgischen Ereignisse erlebten. 2. Durch eine bessere
Kenntnis dieser religiösen Feierlichkeiten zu einer gerechteren
Würdigung der Bedeutung des Alten Testaments
und seiner Botschaft zu kommen. 3. Von den Festen her
einen Einstieg in die grundlegenden Gedanken der Heiligen
Schrift zu gewinnen.

Der Autor lädt seine Leser zu einer „itineraire biblique"
ein. Dieser Gang durch die Bibel ist etwas anderes als das,
was man unter „Bibelkunde" versteht; er ist auch keine
„Einleitung in das Alte Testament". Er bringt aber Wichtiges
von dem, was Aufgabe von Bibelkunde und Einleitung
sein sollte; denn er vermittelt bibelkundliches Wissen und
führt zugleich in das Alte Testament ein. Das geschieht auf
dem Wege des Einstiegs in die Tiefe religiöser Gedanken,
und so könnte man das Buch als eine erste Hineinführung
in die alttestamentliche Theologie bezeichnen.

Ein solcher Versuch, die gewohnten Bahnen verlassend,
den Glauben Israels zu veranschaulichen, ist sehr zu begrüßen
. Das Buch liest sich anregend und kann zur Lektüre
nur empfohlen werden.

Berlin Ludwig Wächter

NEUES TESTAMENT

Blass, Friedrich, u. Albert Debrunner: Grammatik des neu-
testamentlichen Griechisch, bearb. v. F. Rehkopf. 14.,
völlig neubearb. u. erweiterte Aufl. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht [1976]. XX, 511 S. gr. 8°. Lw. DM 40,-.

Der Wunsch, mit dem seinerzeit die Rezension der durch
Robert Funk vorgenommenen englischen Bearbeitung des
Blaß-Debrunner (ThLZ 88, 1963 Sp. 894 f.) schloß, ist nunmehr
in vollem Maß erfüllt worden. F. Rehkopf hat die
textlich seit 1943 unveränderte deutsche Fassung der
Grammatik gründlich überarbeitet. Erhalten blieb der alte
Aufbau bis in die Abfolge der einzelnen §§ hinein. Gelegentlich
ist auch einmal der Text eines kurzen § praktisch
unverändert übernommen worden (etwa 357.411, auch
das längere Korpus von 485; kaum variiert 307.489). Entscheidend
ist der Eindruck einer durchgehenden Umformung
des Werkes im einzelnen. Sie geschieht innerhalb
der §§ in verschiedener Weise. Regelmäßig werden die
maßgebenden Tatbestände in einem auch im Druck weitgehend
gegliederten Korpus dargestellt, möglichst unter
Anführung je eines typischen Beispiels. Weitere Belege,
entsprechende Befunde, Erläuterungen schwieriger Passagen
, zugehöriges Material aus LXX oder außerbiblischen
Texten und Literaturangaben werden in Anmerkungen angeführt
, die auch satztechnisch dem Korpus des jeweiligen
§ zugeordnet sind. Durch dieses Verfahren ist die Darstellung
weit übersichtlicher geworden; das gilt auch gegenüber
den in Korpus gesetzten Abschnitten der früheren
Auflagen, von den mannigfachen Zusätzen in den verschiedenen
Etappen der vorangehenden Bearbeitungen zu
schweigen. Werden die alten Bausteine auch der Fassung
nach weitgehend übernommen, so werden sie doch häufig
völlig neu zueinandergefügt (und das nicht nur innerhalb
desselben §). Weithin werden sie überdies neu bearbeitet.
Das gilt z. T. schon hinsichtlich der Beurteilung des dem

Theologische Literaturzeitung 103. Jahrgang 1978 Nr. 3