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Ausgabe:

1977

Spalte:

147-150

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Golling, Ralf

Titel/Untertitel:

Zeugnisse von Menschenopfern im Alten Testament 1977

Rezensent:

Golling, Ralf

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Theologische Litersturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 2

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pflichtet sind Clive McBride (..Wie icli als Schwarzer Jesus
sehe") und Douglas T). L. Makhathini, der allerdings ausdrücklich
Über „Schwarze Theologie" sehreiht, deren Profil
vielleicht am stärksten von Simon Manuela („Die Relevanz
Schwarzer Theologie") herausgestellt wird. Drei Predigter
und eine Transkription von Ps 22 fügen den mehr theoretischen
Erwägungen Beispiele ans der Praxis der Verkündigung
hei. Ebenso eindrucksvoll illustriert ein Holzschnitt
von Azariah Mbatha (..Der Kindermord in Bethlehem
") Schwarze Theologie. Der Schnitt wird vom Herausgeber
heimtsam interpretiert. Schließlieh ist das SASO-
Manifest abgedruckt. (SASO — South African Student
Organisation, die sich 1967 entwickelte, als die schwarze
und weiße Studenten gemeinsam umfassenden Christlichen
Studentenbewegungen an rassistischen Spannungen
der Apaitheid zerbrachen.) Den Abschluß bildet ein Teil
einer Diplomarbeit aus dem Jahre 1972 von Aiynos Moyo
aus Khodesien am Luth, Theol. College in Umpumulo. an
dem der Herausgeher als Dozent arbeitet. Der Autor
vergleicht zu dem Thema „Christus, Befreier oder Versöhner
?" die Theologien von Martin Luther und James
H. Cone und entscheidet sieh für Luther. Allerdings nimmt
er. selber ein Anhänger der Schwarzen Theologie, diese
Position auch aus pragmatischen (Iiiinden ein: „Eine konsequent
durchgeführte Schwarze Theologie würde die oppositionellen
Kräfte Rhodesiens zersplittern. Das wäre in
diesem Augenblick katastrophal" lautet seine Argumentation
. Leider ein wenig deplaziert wirkt ein Gedicht
,,Gospel" von Wolfdietrich Schnurre zu Deginn des Bändchens
.

Die „Black Theology" kommt aus den USA, wo sie die
„Black-Power" theologisch legitimieren will. Nach Südafrika
hat sie — nach Sundermeier — ein Weißer, der me-
thodistischo Pfarrer Dr. Basil Moore, Generalsekretär des
University Christian Movement (UCM) importiert. Sie hat
sich dort allerdings gewandelt. Einmal ist sie nicht so sehr
an Systematik oder an Exegese, sondern an Hermeneutik
interessiert. Es geht ihr um Befreiung, aber in Aufnahme
pietistisch-missionarischer Traditionen um die Erneuerung
des Menschen, mit der die Erneuerung der Welt heginnen
müsse. Den Stellenwert, den Rom 1,16 für die Reformatoren
gehabt habe, nehme für die Schwarze Theologie
Lk 4,18 ein (S. 22). Kommt James Cone von „Black-
Power" her, das sich nur mit Mühe theologisch entfalten
läßt, so sind Schwarzes Bewußtsein und Schwarze Theologie
wie zwei konzentrische Kreise (S. 28), nicht nur für
Schwarze, sondern in gleicher Weise für Inder und die
Mischlinge relevant. Dabei geht es nicht um die Alternative
Integration oder Segregation, sondern eben um Befreiung
.

„Schwarzes Bewußtsein" — so E. N. Baartman — ...
ist die Antwort auf . . . tiefes Verletztwerden, dauernde
Demütigung, erlittene Entmenschlichung und aufgezwungene
Selbstverleugnung . . . Daß gerade diese Erfahrung
konstant verschwiegen wird, ist ein Grund dafür, daß für
schwarze Ohren alle christlichen Aussagen Aber Einheit
und Einssein so leer und heuchlerisch klingen müssen.

(icna.u diese Erfahrung macht es dein Schwarzen so schwer,

selbst den bestgesinnten weißen Prediger das Evangelium
verkünden zu hören" (S. 87). ..Schwarzes Bewußtsein
trachtet nach Macht . . . 10s sagt : ..Liehe (die Weißen) so
sehr, daß du ihnen dazu verhilfst. gegenüber Nicht-Weißen
menschlich zu werden und sie als ... Menschen anzusehen
" (S. 88). „Vor vielen Jahren schon begann der Protest
dagegen, daß die Bibel, das Evangelium und das
Christentum als Mittel mißbraucht würden, die Schwarzen
zu unterdrücken" (Maimela S. 115). Wenn Weiße sagen,
es könne keine Schwarze Theologie gehen, so hält Baartman
ihnen entgegen: ..Ich glaube auch, daß es für einen
Weißen keine Schwarze; oder Weiße Theologie geben kann.
Für den Schwarzen gibt es aber unbedingt die Sohwarze
Theologie. Er muß es immer neu und immer wieder boren,
daß Gott auf seiner Seite ist" (S. 89). Deshalb wollen sich
„die Sehwarzen eines Systems entledigen, das den Reichtum
des Landes in die Hände einiger weniger verschließt",

weshalb „jede schwarze Regierung aller Wahrscheinlichkeit
nach sozialistisch ist" (Biko S. 48 f.). Die Reaktion
aller Kirchen in Südafrika, als der Weltrat der Kirchen
sich in seinem Anti-Rassismus-Programm ein Stückchen

in die Richtung bewegte, die für den Kampf der Schwarzen
relevant ist, zeigte, daß die Theologie der Weißen darin
versagt hat, ein angemessenes Wort zum Befreiungskampf
der Schwarzen zu sprechen (Maimela S. 118). Schwarze
Theologie muß radikal sein. Sie muß radikal gegen die
Weißen sein. Deshalb findet sie eine solche Beweisführung:
„Für Jesus waren Armut und Unterdrückung in Unfreiheit
tägliche Existenzerfahrung. Das heißt aber nichts anderes,
als daß Jesus schwarz war" (S. 22). Einer historischen und
existentiellen Erfahrung, die den Weißen nicht anders
denn als Teufel kennenlernte und kennenlernt, bleibt
keine andere Alternative, als den Erlöser und Versöhner,
den Heiland schwarz zu sehen. Es fehlt die Erfahrung
Weißer, die ebenfalls Weiße als Teufel kennen. Nicht der
Weiße ist der Teufel, sondern unter den Weißen gibt es
Teufel. Doch diese Einsieht muß für die Schwarzen abstrakt
bleiben, solange Weiße es nicht schaffen, die Teufel
auszutreiben.

Das Büchlein, das anspruchslos erscheint, hat einen
reichen, erregenden und nachdenkenswerten Inhalt. Es
wäre lohnend, mehr über die Schwarze Theologie zu erfahren
und mit ihr in den Dialog'zu kommen, zumal einen
Dialog, der auf der „weißen" Seite von eindeutigen Gegnern
jedes Rassismus und Kämpfern gegen den Rassismus
geführt werden sollte.

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REFERATE ÜBER THEOLOGISCHE DISSERTATIONEN IN MASCHINENSCHRIFT

(Jolling, Ralf: Zeugnisse von Menschenopfern im Allen Testament
. Diss. Berlin/DDR 1975. 145, XV. 7 Bl.

Die Arbeit greift ein Thema wieder auf, das mit O.
Bißfeldte Aufsatz „Molk als Opferbegriff im Punisohen und
Hebräischen und das Ende des Gottes Moloch" (1935)

erledigt schien. Die Wiederaufnahme dieses Themas resultiert
aus folgenden Gründen: 1. Im deutschsprachigen
Raum liegen nur ältere zusammenfassende Arbeiten über
das Menschenopfer im alten Israel mit inzwischen veralteten
liternrkrit iseben und überlieferungsgeschielit liehen
Ansetzungen vor. 2. In jüngster Zeit sind gerade die beiden
größeren Erzählungen des AT's über Menschenopfer —
die nicht vollzogene Opferung Tsaaks (Gen 22, I — 19), die

Opferung der Tochter Jophtas auf Grund eines Gelübdes
( Ri 11, 30—40) — eingehenden Untersuchungen mit neuen
Aspekten unterzogen worden. 3. Die Deutung Eißfeldts
von molek als Opferbegriff ist in der internationalen Forschung
nicht unwidersprochen geblieben. Vielmehr wurde
die erledigt geglaubte Auffassung dieses Wortes als Gottes-
name oder Gottesepitheton mehrfach mit-guten Gründen
verfochten.

Das AT läßt eine verschiedene Haltung gegenüber dem
Menschenopfer erkennen, einerseits schroffe Ablehnung,
andererseits akzeptierende Einstellung. Daraus ist zu
schließen, daß die sehr häufig vertretene Ansicht einer
generellen Ablehnung derartiger Opfer nicht im Recht ist.