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Ausgabe:

1977

Spalte:

141-142

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Schmalenberg, Gerhard

Titel/Untertitel:

Pietismus - Schule - Religionsunterricht 1977

Rezensent:

Zeller, Winfried

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agogisohe Gospräch etwa durch die Erarbeitung des ebenfalls
abgedruckten „Modella eines kateehetischen I'<M-i-
kopon- und Themenplaus" entscheidend beeinflußt linbeu:
Walter Baltin, Klaue Frühauf, Herwig Bafa, Jürgen Hen-
kys, Eva Hessler, Karin Petoreit, Dieter Heilier, Bokart
Schwerin und Friedrich Winter.

Auffällig ist das Felden jeder Erwähnung von Arbeiten
der Fachvertreter an den sechs Sektionen Theologie an den
Universitäten in der DDK. Hier hätte der Vf. in Dissertation
!- und Habilitationsarbeiten, In verschiedenen Fachzeitschriften
und Sammelbänden wichtige Beiträge finden
können, die sieb mit der von ihm als so aktuell erachteten
Frage beschäftigen, wie ein echter, innerer Bezug zwischen
kirchlicher Unterweisung und dem christlich verantworteten
Leben eines jungen Gcinoindogliodcs in der sozialistischen
Gesellschaft gewonnen werden kann (IS). Gerade

an diesen Arbeiten hätte deutlich «i rden können, wie
evangelische Unterweisung als kirchlicher Auftrag in einer
neu gewonnenen Einheit von Lehrenden und Lernenden

beule in der DDK einen besonderen Bang erhält; denn
hier wird nach einein Verständnis des „Lebens mit Christus
in seiner Gemeinde" (11) gefragt, wie es junge Menseben
in einer sozialistisch geprägten Umwelt als Dienst und
Zeugnis führen können.

Erklärlich ist das Fohlen insofern, als diese Beiträge
Wenigorder Christenlehre als der Erwachsend Hinter Weisung,
dem Konnrmandenunterrioht, den Lehrplänen der Schule
und dein Kindergottesdienst gewidmet waren und deshalb
doch wohl besser Gegenstand einer gesonderten Untersuchung
sein werden.

Daß der Hrsg. hier den Kähmen niebt zu weit gesteckt
hat, auch bewußt im Schlußteil auf Prognosen oder Andeutung
von möglichen Trends verzichtet hat, unterstreicht
die Sachlichkeit der Darstellung und kommt der Zielstellung
des Bandes zugute, „manelio historische und systematische
Fehleinschätzung der DDK-Kateehctik" in der
BKD abbauen zu helfen. Hier ist tatsächlich mehr geschehen
, als nur historisch gewachsene katechetischo und
roligionspädagogischo Strukturen mit den Antworten der
jeweils „anderen Seito" darzustellen. Der kirchlichen
Eigenontwicklung in der DDK wird hier in einer überzeugenden
Weise Verständnis entgegengebracht, so daß man
hier — wie der Hrsg. es sich vorgenommen hatte — durchaus
von einem Modellfall für neuartige situations- und
sachgemäße „vergleichende Iteligionspädagogik" (7) sprechen
kann.

Greifswald Günther Kehnscherper

Schmalenberg, Qerhardi Pietismus Sehale Kellgiens-
Baterrieht. I>ie ohristliche Unterweisung im Spiegel der vom
l'iutisinus bestimmten Schulordnungen des IS. Jahrhunderte.
Bern: Beibert Lang; Frankfurt/M.: I'etei Lang 1!)74. 258 S.
8° - Theologie und Wirklichkeit. Beiträge aus den Fachbereichen
Religionswissenschaften der Johann Wolfgang
Goethe-Universität Frankfurt/M. und der Justus Licbig-
Bnivorsität Gießen, hrsg. v. B.-W. Bartsch, G. Rautzenberg,
P. Hahn und II. W. Offclc, 2.

Die von Friedrich Hahn angeregte Untersuchung sieht
sich der Forderung Carl Adolph Gerhard von Zezschwitzs
verpflichtet, die Disziplin der kirchlichen Erziehung und
»los kirchlich-religiösen Unterrichts „nach ihrem breiten
Zusammenhange mit der Entwicklung der ganzen theologischen
Wissenschaft" zu fassen und sie damit „über das
Niveau der Anleitung zur bloscn Technik" heraufzuhebon.
Gerhard Schmalenberg ist dieser Aufgabe dadurch gerecht
geworden, daß er zunächst das thoologiegeschichtliche Verständnis
von Erziehung im Pietismus untersucht und weiterhin
dio vom Pietismus bestimmten Schulordnungen des
Jahrhunderts geprüft hat, inwieweit, Gedanken der
Pietistischen Theologie in ihnen zum Ausdruck gelangt

sind.

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August Hermann Fraucko hat in seinem Denken und
Wirken Theologie und Pädagogik auf oino einzigartige
Weise verbunden. Mit Erhard Peschko bezeichnet Sehmalenberg
den Begriff der „Ordnung Gottes" als den Mittelpunkt
der Theologie F'ranckos. Der theozontrischo Aspekt
der Ehre Gottes findet bei ihm in der soteriologischen
Abzwockung der Theologie auf das Heil dos Menschen soino
Ergänzung. Von hier aus gewinnt Franckes Theologie zugleich
eine pädagogische Dimension.

Die vom Pietismus beeinflußten Schulordnungen des
18. Jahrhunderts nehmen das Anliegen des Pietismus insofern
auf, als sie dio Erlösungsbedürftigkeit des Menschen
und den Lebenszweck der Verherrlichung Gottes zur Grundlage
der Erziehung in Familie und Schule machen: „Christi
Versöhnungstat wird damit zum konstitutiven Element der
christlichen Unterweisung".

Das Ziel der christliehen Unterweisung ist nach Franeke
dio „heilige Übung der Gottseligkeit". Da diese in der
Übereinstimmung mit dem Willen Gottes besteht, muß
christliche Unterweisung nicht nur auf Wissen, sondern
auch auf Tun ausgerichtet sein. Freilich verlangen die pie-
tistischen Schulordnungen dabei nicht den Eros pädago-
gicus einer natürlichen Humanität, sondern vielmehr die
Agape des durch Christus zur Ehre Gottes und zum Dienst
dos Nächsten erneuerten Menschen. Indem der Pietismus
die. Pädagogik als ein roformatorischos Mittel zur Veränderung
des Menschen wertete, wollte er zugleich jene
universale Weltveränderung anbahnen, die bereits Comc-
nius als Ziel aller Erziehung angesehen hatte.

Die überlegenswerten Ergebnisse dieser Untersuchung
verdienen auch in theologischen Kreisen Beachtung.

.Marburg Winfried Zeller

(iöpfert, Hans: Rellgioniuatarriehf and treUaniehsuliche Mu«

riilifüf. Problem und Lösungsvorschlag für den Primar-
bersichi Stuttgart: C'alwer Verlag; München: Köscl-Verlag
[1974J. 208 S. gr. 8°. DM 22.—.

Der Verfasser entwirft in seiner von der Philosophischen
Fakultät der Universität Kogensburg angenommenen Dissertation
dio Theorie eines Religionsunterrichts als Welt-
anschauungsunterricht mit folgendem Globalziol: „Der
Schüler soll verschiedene, besonders auch alternative Weltanschauungen
kennenlernen und sich mit ihnen kritisch
auseinandersetzen, weil und insofern sio dio Wirklichkeit,
in der er lobt, mitbestimmen. Er soll so den Bereich der
Weltanschauungen als einen Freiheitsraum erfassen, in dem
er sich aufgrund kritischer Rationalität — erreichbar
durch Konfrontation mit alternativen Daseinsoriontic-
rungon — für die weltanschauliche Theorie entscheiden
kanni die die Wirklichkeit am besten erklärt" (S. 173).
Diosor Unterricht muß völlig ontkonfossionalisiert und ent-
dogmatisiort sein. Ihm fehlt jedo religiöso Praxis (Gobct).
Er erzieht dio Schüler zur Kritikoffenheit, zur Bereitschaft,
immer neu Fragen zu stellen und eigene Entscheidungen
zu revidieren. Er will sio bofähigon, eigene Probleme und
Probleme der Menschheit rational und nur rational zu
bowältigen. Am Maßstab dieses von ihm postulierton
Woltanschauungsunterrichts analysiert Göpfert vorhandene
Lehrpläne und Sehülerbücher dos Religionsunterrichts
und konstatiert, was zu erwarten war, daß die gegenwärtige
Praxis noch weit weg ist von der erwünschten kritischen
Rationalität.

Soino eigeno Theorie entfaltet der Vf. mit Überlegungen
aus soziologisch-pädagogischem Bereich und aus der Erkenntnistheorie
, in der er sich vor allem K. R. Popper
verpflichtet weiß. Er polemisiert gegen die Rezeption des
Tilliehschen Religionsbegriffs in der gegenwärtigen Religionspädagogik
, weil sie nach seiner Meinung einen versteckten
Dogmatismus enthält, der alle letzten individuellen
und sozialen Wertbozügo religiös interpretiert. Das
ist ein theologischer Herrschaftsanspruch über die,, welcho

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang PJ77 Nr. 2