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Ausgabe:

1977

Spalte:

139-141

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Christenlehre und Katechumenat in der DDR 1977

Rezensent:

Kehnscherper, Günther

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Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 2

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Almes über Lk 14,16—24. In beiden Teilen der Sammlung
wird versucht, Texte und Entwürfe zum Teil nach dein
Kirchenjahr zu ordnen (so die „Psalmen und Gebete nach
dem Kirchenjahr", 27 ff., aber auch die „Gottesdienste
nach dem Kirchenjahr", 77 ff., mit Entwürfen für Christ-
vosper-, Weilmachts-, Passions-, Erntedank- und Totensonntagsgottesdienste
) .

Ein weiteres Geschäft, mit dem sich Rezensenten sonst
abgeben — nämlich Zensuren zu verteilen —, ist bei Publikationen
dieser Art im Grunde ebenfalls nicht sonderlich
sinnvoll: Für den, der das Buch nicht kennt, sind sie ohne
praktischen Wert, und dio anderen werden sich ihr Urteil
selber bilden. Trotzdem möchte ich mich bei den Mitarbeitern
der Sammlung bedanken, durch deren Texte; ich
mich besonders angesprochen fühlte und die mir Anregungen
für dio eigene Arbeit vermittelten: Das sind —
neben Marti und Lcscow — vor allem Klaus Eulenborgor
und die Pinneberger Vikare (mit ihrem gelungenen Meditationsgottesdienst
zu Weilmachten, 87 ff.).

Um so etwas wie „Tendenzen" aufzuzeigen, ist dio
Basis der vorliegenden Textsammlung einfach zu schmal.
Vielleicht nur dies: Die Hartnäckigkeit, mit der hier durchgängig
Gebete in Paränesen, Fürbitten in Appelle an die
eigene Einsicht und Einsatzbereitschaft umgewandelt werden
, ärgert — und langweilt. Meist /.eigen ganz bestimmte
Stereotypen diesen Vorgang an: „Laß uns ... gib uns,
daß wir . . . mache uns fähig . . . schenke uns. daß . . .
lehre uns . . . hilf uns, daß wir . . . stärke uns, damit . . .
milche uns bereit ..." usw. Natürlich steht hinter dieser
merkwürdigen Gebetssprache auch eine bestimmte (und
in gewisser Weise durchaus berechtigte) Vorstellung von
den Möglichkeiten und Grenzen christlichen Betens —
verbunden mit der Furcht, das Gehet, könne zum Ersatz
verantwortlichen Handelns worden. Ich (Vage mich nur,
oh dieses Verfahren in einem letzten Sinne wirklich ehrlieh
ist und sauber mit den Mitteln sprachlichen Ausdrucks
umgeht: Warum bloß müssen Appelle an Verstand, Gefühl
und Willen, so notwendig sie sind, in der Tarnung von
„Gebeten", von „Fürbitten" erscheinen'/ Was wird hier
eigentlich — sprachlich wie theologisch — verschleiert?
Daß es auch anders geht, zeigt Lescow in dem m. E. besten
Text der Sammlung (54 ff.); kein ..lehre uns" und. kein
„da 1.1 wir", sondern sein- schlicht und direkt: „Viele Menschen
fragen nach dir. Sie wollen wissen, warum so viel
gelitten worden muß in dieser Welt. Sie vermissen deinen
starken Arm. Sie haben das Beten verlernt. Sie sagen:
,Es hat doch keinen Zweck'. Wir bitten dich, o Herr: laß sie
nicht allein".

Leipzig Karl-Heinrioh Bieritz

KATECHETIK UND
RELIGIONSPÄDAGOGIK

Bloth, Peter Constantin: Ckrittenlehre und KateekauMMl in

der DDR. Grundlagen — Versuche — Modelle, hrsg. a. eingeleitet
. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus G. Mohn [1976].
35G S. gr. 8°. Kart. DM 32.—.

Seit 30 Jahren vollzieht sieh in Kirche und Theologie
ein tiefgreifender Wandel hinsichtlich der Präzisieiung
ihres Unterweisungsauftrages. Ks bedurfte mancherlei Anstöße
und Anstrengungen, bis sich die Kirche von Liberalismus
und Orthodoxie zugleich zu lösen begann. Den
Ertrag der religionspädagogischen Diskussion von Th.
Heckel bis O. Hammelsbeck legte H. Kittel im Jahre
1947 in einer Programmschrift vor: „Vom Religionsunterricht
zur Evangelischen Unterweisung" (19573). Sie wurde
nolens volens wegweisend für erste Begründung und anfängliche
Zielsetzung der Christenlehre in der DDP. Da
nach hat Evangelische Unterweisung nicht Religion zu

lehren, sondern rechten, sachgemäßen Umgang mit der
Bibel einzuüben, der die Kinder erfahren läßt, daß es in
der biblischen Geschichte nicht um historische Dokumente,
religiöse Theorien oder Moralgeschichte, sondern um Gottes
Anrede. Anspruch und Zuspruch geht.

In der Christenlehre im Bereich der Landeskirchen in
der 1)1)1! bot sich nach 1946 die Möglichkeit, das traditionelle
Schul- und Lehrerchristentum eines Religionsunterrichts
im Bereich der Schule zu verlassen und die theologischen
Ansätze H. Kittels weiterzuführen. Im Zusammen
hang mit dem der Theologie erneut wichtig gewordenen
reformatorischen Verständnis von Kirche und Gemeinde
gelang es, evangelische Unterweisung im Bereich der
Kirche zu beheimaten. Reformatorische Lohro begegnete so
als Lehre, die zugleich zur Verkündigung werden sollte.
Sie forderte zu der Aufgabe heraus, zu oinor christlichen
Rede von Gott und vom Menschen alles das in Beziehung
zu bringen, was in Gesellschaft, Wissenschaft und Pädagogik
in dieser Sicht vom Evangelium her interessierte.

Bei gleichen t heologischen Einsichten über das Wo.« n
von Kirche und Gemeinde, über die theologische Begründung
evangelischen Unterweisens und über Glaube und
Handeln von Christen in der Gesellschaft ergaben sieh aus
der Dialektik von Distanz und Nähe zu ihren gesellschaft lichen
Systemen, jeweils unterschiedliche religionsdidaktische
Konsequenzen für dio Christen in beiden deutschen
Staaten.

Hier setzt, nun P. C. Bloth mit seiner instruktiven
Dokumentation ein. die zweiundzwanzig kateohetische Arbeiten
von Autoren aus der DDK wiedergibt und kommentiert
. Die Aufsätze sind ii.....rhalb der letzten sechs

Jahre zumeist, in der Zeitschrift „Die Christenlehre" erschienen
.

Theologie und Kirche weiden in der DDR erstmalig
daraufhin befragt, welche Denkkategorien und Hillen sie
bereitgestellt haben für eine evangelische Unterweisung,
die sich aufgrund didaktischer Bedingungen und Notwendigkeiten
in funktional und material kritischer Verbundenheit
zu eben dieser Kirche in einer sozialistischen Gesellschaft
erkennt.

Die Auswahl kann tatsächlich ii......hrfacher Hinsieht

als repräsentativ bezeichnet werden, weil sio sowohl einen
Hinblick in dio Breite theologischer Grundlagenforschung
zum Katechuinenatsvorständnis als auch in dio didaktischen
Hauptprobleme der Christeidehre bietet und zudem
noch neue katechetische Modelle aus dem Raum der DDR
zur Kenntnis bringt:

Teil I Grundlagen des Katechumenats in der DDR
(27—119)

Teil II Grundfragen der Christenlehre in der DDR
(123-214)

Teil III Neuo katechetische Modelle in der DDR
(217—333)

Jeder Beitrag des Buches hat eine eigene! Überschrift und
oft auch eine eingegrenzte, aber deswegen nicht abgeschlossene
Thomatik. Der Hrsg. ist sehr behutsam vorgegangen
, damit nicht der Eindruck entstehen könnte, daß
er zu den gestellten Themen und Fragen nach Art eines
katcchctisch-prinzipiellcn Lehrsystems endgültige Antworten
historisch konstatiert oder durch soino Auswahl
bestimmte Entwicklungslinien betont hätte.

Dio Stärke des Bandes liegt in der überzeugend erreichten
Zielstellung, daß nämlich durch dio systematische
Zusammenstellung der Aufsätze „der Gesprüchsgegonstand
erkennbar und die Konsequenzen gezogen werden, aus
denen die Katechet Lk in der DDR ihre während der letzten
Jahre oft genug erstaunliche Lebendigkeit erhält" (16).

Die Aufzählung der Namen zeigt,, daß hier das „Erfah-
rungsmaterittl" derjenigen Fachleute in dio Darstollung
eingebracht wird, die auch in der Sicht der Kirche in der
DDR in den letzten Jahren tatsächlich das religionspäd-