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Ausgabe:

1977

Spalte:

138-139

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Nitschke, Horst

Titel/Untertitel:

Gottesdienst '75; Liturgische Texte und Entwürfe 1977

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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christlichen Anfänge zurückreichende und in der östlichen
Tradition immer beheimatete Stück aufgenommen und
damit der priesterlichen Gemeinde eine weitere Ausdrucksform
ihrer aktiven Beteiligung an der Eucharistie gegeben
haben, „gewinnt die Feier einen nouon wesentlichen ökumenischen
Zug" (194). Unter der Überschrift „Amtshandlungen
in neuer Gestalt" stellt der neue Mitherausgeber
A. Völker ein für die z. T« schon begonnene Reform der
Kasualagondon beachtliches Buch vor: F. K. Barth, G.
Grenz, P, Horst, Gottesdienst menschlich, Taufe, Konfirmation
, Abendmahl, Eheschließung, Beerdigung. Eine
Agende (Wuppertal 1973). Dabei sollte man sich aber der
Frage Völkers an dieses Buch nicht entziehen: „Die Amtshandlungen
dieser Agondo wollen ,das Besondere im Täglichen
finden' (S. 03); erfüllen sie, was sie intendieren, wenn
sie eher als permanentes Amtshandlungsgespräch (oder
Glaubenssominar) denn als Gottesdienst oder gar als Teil
eines Festes erscheinen?" (199).

Zur Hyinnologio legt A. Jung eine theologische Untersuchung
des Lutherliedcs „Nun freut euch, lieben Christen
gmoin" vor. Der Holländer J. Wit versucht die 2. Zeile
im 4. Vors von „Ein feste Burg", nämlich „und kein' Dank
dazu haben", aus dem Kontext neu zu interpretieren.
Indem er den folgenden Worten „Geist und Gaben" einen
Hinweis auf das Epiklesegobet der Eucharistie ontnimmt
und das Wort „Dank" ihn zugleich an deren „Danksagung
" erinnert, versteht er die fragliche Zeile dahin:
„Die Teufel dürfen, ja müssen das Wort schon anhören,
aber von der Eucharistie sind sie ausgeschlossen" (212).
ü. Bill erweist statt des im EKG zu Nr. 200 angegebenen
Hermann Bonnus Erasmus Alber als Dichter des Liedes
„Mein Beel, o Herr, muß loben dich". Unter dem Titel „Das
Kirchenlied in der luth. Erbauungsliteratur" geht W. [.
Sauer-Goppcrt der Vorwendung des Kirchenliedes in Philipp
Nicolais „Froudenspiogol dos owigon Lebens" (1599)
nach. Doch wird nur eine Ausweitung der Untersuchung
über Philipp Nicolai hinaus zeigen können, wieweit ihm
hierin exemplarische Bedeutung zukommt. Im Blick auf
den vorjährigen 300. Todestag P. Gerhardts ist W. Zellers
Beitrag aktuell: „Zur Textüberlieferung der Liedor Paul
Gorhardts". Die .Sammlung von .). G. Ebeling (1960/67),
deren Faksimiledruck zusammen mit anderen Neudrucken
wichtiger hymnologischer Quellen von K. Ameln angezeigt
wird (236 11'.), zeichnet sich liier durch sorgfältige Text-
wiodorgabe aus. Einen kritischen Bericht zu dem eine neue
Sicht vermittelnden Buch des 1972 verstorbenen Theo-
logon, Kirchenmusikors und Musikwissenschaftlers Karl
Honemeyer „Thomas Müntzer und Martin Luther. Ihr
Ringen um die Musik des Gottesdienstes. Untersuchungen
zum .Delitzsch Kirohenampt' 1523" (1974) erstattet W.
Blankenburg. Literaturberichto zu dem 1974 erschienenen
Teil „Die biblischen Historien" des ,,Handbuch der deutschen
ov. Kirchenmusik" (K. Ameln) und über die Festschrift
für K. Ameln „Traditionen und Reformen in der
Kirchenmusik" (1974) (W. Engelhardt) folgen, ebenso ein
Bericht über die „Achte internationale Tagung für Hyinnologio
" im Juli 1975 in Groningen/NL. (D. Schuberth).
Die Literaturberichte zur Liturgik (Redaktion: A. Völker),
auch mit einem solchen aus den Niederlanden (A. C. Hon-
ders), sowie zur Kymnologie (Redaktion: K. Ameln), dem
sich Berichte aus Frankreich (E Weber), Niederlande
(A. (J. Hondera), Polen (K. Hlawicka), Ungarn (K. C.
Töth) und den Vor. Staaten von Amerika (auf Grund von
Listen von G. M. Cartford und C. Riedel) anschließen, vervollständigen
das Jahrbuch. Angesichts der zunehmenden
Fülle von Veröffentlichungen aus beiden Gebieten sollte
'nan darauf verzichten, Artikel der MGG, die jedem Interessierten
dort zugänglich sind, hior einzeln vorzustellen,
tm übrigen können die liturgische und die hymnologischc
Forschung auch für diesen Band den Herausgoborn und
dem Verlag nur wieder herzlich dankbar sein.

QfehWald William Nagel

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Nitschke, Horst [Hrsg.]: dioltcHdiensf "75. Liturgische Texte
und Entwürfe. Meditationen und Reden. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn L1975J. 135 S. 8°. Kart.
DM 16.80.

Ein bunter Blumenstrauß aus allerlei Gebeten, Meditationen
, Transformationen, Gottesdionstentwürfen, Predigton
und anderen liturgischen Gebrauchstexten, den uns
der Herausgober da überreicht. Um im Bilde zu bleiben:
Manches Gänseblümchen wurde da vom Wegrand aufgelesen
. Nur wonige Nelken sind dabei in kräftigem Rot;
die ineisten Blüten lassen müde ihre Köpfo hängen —
längst haben sio Farbe und Goruch verloren. Mau kann sie
getrost in die Vase stellen, ohne sich an etwaigen Dornen
zu vorletzen.

Ein „Ahnanaoh des Gottesdienstes", ein „liturgisches
Vadomccum für viele" soll dioso Textsammlung nach dem
Willen dos Herausgebers sein. Leitendos Motiv für die
Auswahl und Zusammenstellung der Texte: ,,. . . da entsteht
so viel und gelingt so viel . . . Das soll hergezeigt
worden, daran sollon andore teilhaben" (8). Frage: Reicht
das aus, um ein solches Projekt zu begründen — zumal
dann, wenn man bei der Lektüro feststellen muß, daß es
mit dem „Gelingen" so eine Sache für sich ist I In seiner
Zufälligkeit macht das Unternehmen den Eindruck eines
Ausverkaufs zu herabgesetzten Preisen: Die Konjunktur
in „neuen Gottesdiensten" läßt nach; da muß man die
Schubladen räumen und an den Mann bringen, was sich
da noch so angesammelt hat . . . Dabei wäre gerade in der
gegenwärtigen Pliaso allseitiger Ermüdung ein qualifiziertes
Angebot liturgischer Texte und Entwürfe besonders
wichtig — Texto und Entwürfe, die freilich als stimulierende
, provozierende Modelle eingebaut sein sollten in eino
„Anleitung zum Selbcrmachen", in ein Lehrbuch über den
kreativen Umgang mit gottesdionstlicher Sprache, gottos-
dienstlichen Strukturen und Darstellungsformen. Viel
stärker, als das hior geschieht, sollten uns die Verfasser
der neuen Texte in ihre Werkstatt schauen lassen, sollton
uns zeigen, wie sio ihro „Einfälle" gewinnen, wie sie ihre
Texto produzieren, welche Techniken sie dabei vorwenden,
aber auch, mit welchen Schwierigkeiten und Fohlschlägen
sio daboi zu rechnen haben.

Dor Rez. jedenfalls will die Schwierigkeiten, die or mit
der Besprechung solcher und äludichor Publikationen hat,
nicht verschweigen: Es gibt keine eigentlichen „Inhalte"
zu referieren — allenfalls kann man so etwas wie ein Inhaltsverzeichnis
bekanntgeben. Das ist oben bereits in
Andeutungen geschehen: Dio Anordnung dor „Liturgischen
Texte" (11 — 64) folgt im wesentlichen dem Ablauf des
traditionellen Gottesdienstes; „Bogrüßungen, Eröffnungen,
Schuldbekenntnisse" machen den Anfang (wobei mir nicht
klar ist, worin dor liturgische Unterschied zwischen
„Schuldbekenntnissen", 11 ff., und „Sündenbekenntnissen
", 27 ff., besteht); Eingangsgebete, Psalmtransforina-
tionen, ein Gebet zu den Abkündigungen, Schluß- und
Kürbittengoboto (wiedor ist mir der Unterschied nicht ganz
deutlich geworden), eine Vaterunser-Varianto sowie Beicht-
und Abendmahlsgobeto schließen sich an. Der zweite Teil
dor Sammlung bringt „Gottesdienstentwürfo, Meditatio»
non, Reden" (67—134) und wird mit einem „Pfarrer-
gobet" („Aufrago beim Chef") beschlossen; erwähnenswert
— wenn auch nicht in jedem Fall im positiven Sinne —
sind hier die Entwürfe zu Familiengottesdiensten (70 ff.,
97 ff.. 103 ff.; daboi ist der „Fainiliengottosdienst am
Krntedanktag" an Phantasielosigkeit kaum noch zu unterbieten
; ein tröstliches Exempel für alle, dio auch schon
einmal auf diesem Gebiete gescheitert sind). Erwähnenswert
sind weiter dio beiden Predigten von Kurt Marti zum
..Muttertag" (gegen oin „vermäiinlichtes" Gottosbild!) und
zur Krage dor Schwangerschaftsunterbrechung wie auch
eine engagierte Predigt von Theodor LmOOW (Thema I
Haflbedingungen politischer Gefangener in dor BRD);
lernen kann man auch von dor „Perspektivpredigt" Lothar

Theologische Literaturzoitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 2