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Ausgabe:

1977

Spalte:

118-121

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Rhetorik 1977

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 2

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oft recht umfangreich. Entstehungs- und Wirkungsge- goschichte ist. Der Autor führt damit seine jahrzehnte-
schichte, Überlieferung (mit Stemma) und historische Zu- langen Forschungen zur schlesischen Kirchengeschichte,
sammenhänge werden ausfuhrlich dargestellt, die Texte die in einer Reihe von Veröffentlichungen ihren Niederselbst
durch erläuternde Anmerkungen und textkritischen schlag fanden, zusammenfassend fort. Im Mittelpunkt der
Apparat ausgeleuchtet. Arbeit stehen Leben und Wirken der Breslauer Bischöfe

Schon der erste Band bietet einigo kirchenhistorisch während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, ohne daß

wie theologisch bedeutsame Osianderzeugnisse. Der Band die Darstellung ins rein Biographische abgleitet,

führt bis zum Nürnberger Religionsgespräch im Jahre Ausgehend von den „vorreformatorischen Zuständen

1525. Hervorzuheben — ohne werten zu wollen — sind im Bistum Breslau unter Bischof Johannes Turzo (1506

,,Grund und Ursach", 1524 (Nr. 20, S. 175 ff), „Der große bis 1520)" (Kap. I) werden „Bischof Jakob von Salza

Nürnberger Ratschlag", 1524/25 (Nr. 25—28, S. 299 ff), (1520—1539) im Übergang der Zeitenwende" (Kap. II)

„Wider Kaspar Schatzgeyer", 1525 (Nr. 41, S. 471 ff), und „Bischof Promnitz (1539—1562), die Hoffnung auf

„Handlung mit den Prädikanten", 1525 (Nr. 42, S. die kirchliche Einheit im Bistum Breslau" (Kap. IV), vor-

501 ff) und dio „Schlußredo auf dem Religionsgespräch", gestellt. Promnitz, dessen „bischöfliche Tätigkeit bis /.um

1525 (Nr. 43, S. 541 ff). Jahre 1550 durch den ständig zunehmonden Niedergang

Bereits bei diesen frühen Schrifton wird die Wirkungs- der katholischen Kirche in Schlesien gekennzeichnet ist"
geschiente bis in die Königsborger Jahre und darüber (S. 83), gilt das besondere Interesse des Vfs. (Kap. V. VI),
hinaus greifbar. Die Aufgabe der Herausgeber war es, Die Ausführungen über „Fortschritte der reformatoriselien
solche Zusammenhängo deutlieh zu machen. Nach Müller Bewegung in Schlesien" (Kap. III) sind eine notwendige
wurde „die Wirkungsgeschichte der einzelnen Quellen . . . Ergänzung und Abrundung der stärker biographisch aus-
— soweit möglich — festgehalten" (S. 17). So berief sich gerichteten Teile der Arbeit. In einem Anhang wird u. a.
Oslander später auf seine früheren Äußerungen, z. B. den neben zwei bisher noch unveröffentlichten Schreiben von
„Nürnberger Ratschlag" (vgl. Gesamtausgabe, Bd 1, S. Papst Leo X. der Brief Melanchthons an Bisehof Promnitz
307 — 310). Besonders interessant ist in diesem Zusammen- wiedergegeben. Der Vf. ist neben der kritischen Analyse
hang die „Handlung mit den Prädikanten", 1525. Dieses altkirchlicher Persönlichkeiten und Verhältnisse bemüht.
Verhandlungsprotokoll wurdo 1553 in Königsberg erneut die Bischöfe Salza und Promnitz — wo immer ihm das
gedruckt. Osiander erwähnte diese Gespräche in seiner möglich erscheint — in ihrer Zeit zu würdigen. Jakob von
Schrift „Beweisung", Königsberg 1552, Bl. A3a — B3a. Salza, in dessen Regierungszeit die entscheidende Aus-
Zu den Teilnehmern gehörten damals Sebald Heyden, Jo- breitung der Reformation in Schlesien fällt, wird, im
hann Kotzmann und Leonhard Kulmann (Gesamtausgabe, Gegensatz zu manch andorem Forscher, recht positiv be-
Bd 1, S. 512). Der Kommentator hätte hier in einer An- urteilt. „Bischof Salza und seiner tapferen Hartnäckigkeit
merkung auf ihre spätere Rolle als Gegner bzw. Anhänger ist es zuzuschreiben, daß ein zwar geschwächtes, konfessio-
Osianders verweisen müssen, da der Streit um seine Recht- nell zerrissenes und von Auflösungserscheinungen be-
fertigungslohre die Stadt Nürnberg 1554/55 noch einmal drohtes, aber der Kirche noch nicht verlorenes Bistum
beunruhigte und dieso Personen dabei hervortraten (vgl. Breslau als Diözesanverband erhalten blieb und nicht ver-
hierzu Fligge: Osiandrismus, S. 136, 171 ff., 324 ff., 867 ff., weltlicht wurde" (S. 70). Die Beurteilung Balthasars von
896 f.). Ebenso lassen sich von der „Schlußrede auf dem Promnitz, der ein „christkatholischer Bischof" sein wollte
Religionsgespräch", 1525, dio Linien bis in die Königs- (S. 77), mußte dagegen negativer ausfallen. Er „war Poliberger
Jahre ausziehen, was in den Anmerkungen auch re- tiker und Bischof. . . . Bischof war er deshalb, weil diese
gistriert wird (Gesamtausgabe, Bd 1, S. 550, 553, 559, 561). Stellung ihm politischen Einfluß verbürgte" (S. 89). Der

Insgesamt gilt der erste Band der Gesamtauflgabe na- Vf. sieht in ihm den ersten „Fürst-Bischof" der Diözese

türlich der Nürnberger Tätigkeit Osianders. Er veranschau- Breslau (ebd.).

licht'seln frühes roformatorischos Wirken in der Reichs- Der wissenschaftliche Wert der Arbeit wird durch die

stadt und erweist sieh als wertvolle Quellensammlung. unaufdringlichen, in der Sache aber vorhandenen konfes-

Rhoinberg Jörg Fligge sionellen Prämissen des Vfs. nicht wesentlich beeinflußt.

Röckfragen von evangelischer Seite sollten gestellt werden.

~~ Hallo (Saale) Helmut Obst

Wenn Martin Hhipperich. der als Bearbeitet mehrerer Qucllenstfickc
i'.'l l hervortritt, In seiner Diss. (den.: (Isländerin PronDen l.r,4(i -1552.
in: Arbelten zur Kirchengeschichtc. lid. 44, s. 11) die These, ,.<laB Bich
Oslanders Theologie In Königsberg gegenüber der früheren Zelt (rewandelt
labe", für unwahrscheinlich halt (gegen .Tore ltainer Fligge: Herzog Alhrecht
nn Preußen und der Oa landrinn tu 1 522—1 MS. Blas, phll. Bonn 1072) und

die Einhell betont, so ist Ihm recht zu geben. Nur können die Termini Ir'IPf^l-ICMr^CCf^l-llr^l-ITP . MCI I7CIT

•■nürnberger" und ..Königshcrger Theologie" leicht mißverstanden werden. MrV^nCINVJEOV^rilV_.n I t. INLU/.I.I I
Sie wollten zumindest nicht zwei verschiedene Theologien Oslanders, sondern

einige llesonderheiten heider Zeitabschnitte ansprechen. Die Kontinuität ... ... . r u , Di..««-ii, n •■ 1 ri

'»t »Icher gegeben, ohne daß man die spätere eigentümliche Ansformung Schanz«, Helmul [Hrsg.]! Rhetorik. Beitrage zu ihrer Gr-

von Oslanders T.ehre wird (ibersehen können. Gerade die Osiandcransgahe schiente in Deutschland vom l(i. -20. Jahrhundert.. Frankfui I

».'.To' "f"*''"'" Historiker vorangingen, die theologischen Interpreten ftrn Main : Athenäum Fischer Taschenbuch Verlas 119741.

B**ChMU*roa «*™ Frn*° anregen. 355 g. r- - Fisher Athenäum Taschenbücher, 2095.
f-ni'"' *'0' Flil!l!0' Osiandrismus. S. 857. als ,.andere Ausgabe" deklarierte

F°" "»er Vorlage entspricht dem Wolfcnbüttlcr bzw. Münchner Exemplar. Rhetorik — noch bis zur Mitte der sechziger Jahre eine

a» gibt also nur eine Ausgabe. .. . 1 * * tv • r 1

vergessene, ungeliebte, ja, verachtete Disziplin, dann plötzlich
Gegenstand einer bemerkenswert lebhaften, vielschich-

SsMaoh Air 1 !»• »• lm 1. ■ ,•■•>, tigen Renaissance: Das ist der Wissenschaft»- und ceistes-

ossigcn, Alfred: Die Ibschole von Itrcslim und die Heformalion h , . , ... , TT , „ .. .. ,. „h

■n Schlesien. .Jakob von Salza (f IM9) und BaltbMar von geschichtliche Horizont, in dem die Beitrage dieses Sammel-

Promnitz (f 1502) in ihrer glaubensmüßigen und kirchen- bandes gelesen worden wollen (7). Bei aller — unerwar-

politisobni Auscinandcisctzung mit den Anhängern der Re- teten — Vitalität des Begriffs ist die Situation doch diffus

foimntion. Münster/W.: Aschendorff [1975]. 104 S. m. 1 Kte. genug: Wer eigentlich die vergessene Rhetorik aus ihrem

KT. H° - Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter Dornröschenschlaf geweckt hat, läßt sich nicht so leicht

(l-'i- tilaubensspaltung. Vereinsschriften der Gesellschaft zur au8rnachen; es sind sehr verschiedene Wissenschafts-

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;15 Kai l |')M lV-°rP,'H Cath"l,C°""n- hMg' v- ls"rl"h' bereiebe, die an jener Renaissance partizipieren und nun -

je auf ihre Weise und von ihren besonderen Vorausset-
Aus röm.-kath. Sicht legt der Vf. einen gut lesbaren zungen her — so etwas wie „Rhetorik" betreiben. Zum
Reitrag zur seblesischon Kirchengeschichte vor, der gleich- Exompol: Da ist jene Disziplin, dio unter der Bezeichnung
zeitig eine Bereicherung der allgemeinen Reformations- „Sprecherziehung" oder „Sprechwissenschaft" an „Hohen