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Ausgabe:

1977

Spalte:

917-919

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Kugler, Georg

Titel/Untertitel:

Neue Familiengottesdienste 1977

Rezensent:

Kehnscherper, Günther

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917

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 12

918

Luther als nicht haltbar aufgegeben werden muß (219).
Luthers Position liegt vielmehr im Bereich der Väterzitate-
wie sie der Vf. eindrucksvoll nachgewiesen hat (270f.).

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß repräsentative Entwürfe
einer heutigen evangelischen Auferstehungstheologie
hinter dem biblischen Anspruch zurückbleiben. Die
eigenen Vorstöße, die der Vf. im letzten Teil seiner Untersuchung
unter Stichworten wie Trinitätslehre, Schöpfung
und Vollendung, Ekklesiologie und Sakramentenlehre
unternimmt, lassen die Ansätze einer neu zu konzipierenden
Auferstehungstheologie in der Fülle ihrer Aspekte
erkennen.

Hannover Ulrich Asendorf

Schellong, Dieter: Bürgertum und christliche Religion. Anpaasungs-
prohleme der Theologie seit Schleiermacher. München: Kaiser
[1975]. 115 S. 8° = Theologische Existenz heute, hrsg. v.
T. R*ndtorff u. K. G. Steck, 187. DM 12,80.

Der zur Verfügung stehende Raum läßt Rez. sich
darauf beschränken, einige Anregungen des Heftes hervorzuheben
:

Es wird theologisch reflektiert und theologisch aufgeklärt
über das, was „Bürgertum" ist und wie es „christliche
Religion" beeinflußt. Vf. unterstreicht die völlige
Fremdheit des Bürgertums gegenüber dem Christentum,
weil transzendente Infragestellungen durch dieses nicht
in das auf Verwendbarkeit hin organisierte und harmonisierte
Weltbild jener Klasse passen. Theologische Apologetik
des 19. Jhs. blieb in den durch ein solches Weltbild
vorgezeichneten Bahnen, wenn sie das Christliche als
nützlich zu verwenden offerierte. Universalität und Wahrheit
wurden in dieser Situation von privater, individualistischer
Religiosität verdrängt.

In diesen Zusammenhängen denkt Vf. auch über Notwendigkeit
und Problematik von „Anpassung" nach. Angesichts
der Aporien einer dem Bürgertum verpflichteten
Theologie zitiert er skeptische Gedanken von J. Burck-
hardt (aus den „Weltgeschichtlichen Betrachtungen"):
.. I rgendwie... wird sich das Christentum zurückziehen
auf seine Grundidee vom Leiden dieser Welt; wie sich
damit das Leben- und Schaffenwollen in derselben auf die
Länge ausgleichen wird, ahnen wir noch nicht" (69)1.

Berlin Jens Lanier

1 Tl. IV, 6 (Historisch-kritische Gesamtausgabe von R. Stadelmaim, o. J.,
196).

PRAKTISCHE THEOLOGIE:

kugler, Georg, u. Herbert Lindner: Neue Faniiliengottesdienste. 2.

Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus G. Mohn [1976]. 191 S. 8°
Kart. DM 16,80.

Familiengottesdienste werden in den verschiedenen
Landeskirchen unterschiedlich gewertet. Sicher sind sie
weder verkürzte Hauptgottesdienste noch eine „Vorform"
oder „Vorübung" für eine „höhere" Form des Gottesdienstes
. Sie sind vollgültige Gottesdienste für die ganze Gemeinde
. Aber selbst in Gemeinden, in denen sie bereits
fester Bestandteil des gottesdienstlichen Handelns - ge-
« i äsermaßen ein zweites Programm - der Kirchengemeinde
geworden sind, bedeuten sie immer noch einen Vorstoß in
Neuland. Nach den Bänden G. Kugler, Familiengottes^
dienste. 19722 und G. Kugler und H. Lindner, Neue
Fitmilienoottesdienste. Bd. I. 1(17:!. «erden ;ineh in 'lein
neuen Band wieder Materialien zur weiteren Erprobung
und dazu homiletische Besinnungen angeboten. Es ist
unverkennbar, daß seit den ersten Veröffentlichungen die
Probleme herangereift und teilweise bereits durch ihre

liturgische und didaktische Bearbeitung einer guten
Lösung zugeführt wurden.

Schon der Themenkreis des Kap. 1 (11-24) ist von
erheblicher Aktualität: „Neue Liturgien für den Familiengottesdienst
". Ein Untertitel erläutert die Problematik:
„Spontaneität und Ritual'. Ein Blick in die uns überlieferte
Gottesdienstordnung der paulinischen Gemeinden
(14-15) läßt erkennen, was wir an liturgischem Gut eingebüßt
und aufgegeben haben. Andererseits haben in der
Vergangenheit Familiengottesdienste dadurch gelitten,
daß die liturgische Spontaneität zu groß gewesen ist. Das
feste Ritual hat in letzter Zeit wieder an Bedeutung gewonnen
. Die Vf. bemühen sich, im Zusammenhang mit
dem überkommenen Ritual neue, ansprechende Passagen
zu formulieren, wobei S. 18-20 besonders beachtenswert
erscheinen.

Gottesdienstformen haben eine Geschichte, die wir
nicht verleugnen können. Aber diese Formen dürfen nicht
erstarren. Der Gottesdienst ist für alle da. Erreicht seine
Sprache nicht mehr alle, müssen verschiedene Sprachformen
angeboten werden. Die hier vorgelegten Argumente
sind einleuchtend. Wenn die Kirche der Familie
für die wenigen Stunden ihres Beisammenseins in der
Woche ein Angebot macht, muß auch tatsächlich die
ganze Familie angesprochen werden und sich angenommen
und bestärkt finden. Im Familiengottesdienst wendet
sich die evangelische Kirche heute wieder einer ihrer
ursprünglichen Aufgaben zu. Ihre Veranstaltungen hätten
schon immer jung und alt ansprechen und zusammenführen
müssen, und zwar in einer Weise, bei der nicht nur die
Kinder den Eltern oder die Eltern den Kindern zusehen,
sondern alle erreicht werden, in Unheil, Undank. Einsamkeit
. Freude und Hoffnung vom Evangelium her Trost,
Heil. Zuspruch und Gewißheit erfahren, sich in Dankbarkeit
engagieren und zu Hause fühlen können.

Die Vf. gehen davon aus, daß sich die Hörergemeinde
unseres Sonntagsgottesdienstes aus kirchensoziologischen
Gründen immer mehr zu einer Gruppe mit spezieller
Hörersituation entwickelt, die bestimmte liturgische und
sprachliche Formen bevorzugt. Ihr Bezugsfeld, ihre Le-
bensprobleme, ihr Loben und Danken werden in einen
Erfahrungshorizont eingezeichnet, der nicht mehr dem
der ganzen Familie entspricht. Deshalb sind neue, die alte
Gemeinsamkeit (koinonia) wiederherstellende Gottes
dienstformen notwendig. Es kann nicht nur darum gehen,
die benutzten liturgischen Texte aufklare und leicht verständliche
Sprache hin zu überprüfen, sondern der gesamte
Ablauf der Liturgie muß durchsichtig sein. Nur so kann
die Mitvollziehbarkeit des Gottesdienstes für jeden Teilnehmer
erreicht werden. Für diese Zielstellung bieten die
Vi neue Modelle und Denkanstöße in erstaunlicher Vielfalt
an.

Kap. 2 behandelt die „Ansprache im Familiengottesdienst
" (21-24). Hier werden homiletische Möglichkeiten
und Grenzen einer zeitnahen, hilfreichen und von daher
auch liehältlichen Predigt aufgezeigt und kritisch reflektiert
.

Kap. 3 beschäftigt sieh mit dem „Gespräch im Familiengottesdienst
" (25-31). Christen brauchen das Glaubensgespräch
. Das hat die Nacharbeit der Familiengottesdienste
bewiesen. Sie benötigen das ständige Hin und
Her der gegenseitigen Bestätigung über Lehre, Bekenntnis,
Glaubensvollzug und über jene Gemeinsamkeiten der
Gewißheiten und Selbstverständlichkeiten, die unsere
christliche Lebenshaltung ausmachen. Schade, daß die
Vf. hier nicht konkrete methodische Hilfen für Gesprächsaufbau
und Gesprächsführung anbieten. Gegenüber dem
reichhaltigen Material und den großenteils überzeugenden
Modellen anderer Themenkreise kommt dieses Kapitel,
das der Leser nach Kenntnisnahme der Überschriften mit
großen Erwartungen aufschlägt, nicht über einige allgemeine
Wahrheiten und didaktische Schlagworte hinaus
(25-31).